Ansichten eines Regenwurms

Mit dem Regenwurm ist es so eine Sache. Meist nimmt ihn keiner wahr und ernst nehmen tut ihn kaum jemand. Und doch: meist ist er da und oft auch wichtig. Ein eigenes Leben hat er allemal, wenn auch überwiegend unter der Erde - da wühlt und gräbt er sich durch alles durch und kommt mit allem in Kontakt, was es da so gibt im Wurzelbereich und drunterhinaus. Was dahin gerät - und das meiste kommt früher oder später mal da an - betrifft ihn und seine Freunde. Ab und zu kommt Rupert (so der Name des Regenwurms) an die Erdoberfläche, um zu sehen, was die da oben schon wieder alles treiben. Und gibt Kunde davon seinen staunenden Kumpels im Erdreich und jenen über der Erde, die sich für ihn interessieren.

Unmoralische Blumenfreunde

Letzten Sonntag war Valentinstag. Ein Tag, um den mensch nicht drum rum kommt, da Medien und Werbung diesen Tag und die entsprechenden Geschenke immer wieder betonen.

Dabei gab es diesen Tag in Deutschland vor 100 Jahren gar nicht. Wie auch viele andere Tage nicht, die heute gefeiert werden und zum entsprechenden Konsum führen.

Propaganda

“Wir haben ja das Problem, dass – jetzt spreche ich wieder überwiegend vom Öffentlich-Rechtlichen – dass wir eine Regierungsnähe haben. Nicht nur dadurch, dass überwiegend so kommentiert wird, wie es der Großen Koalition entspricht, dem Meinungsspektrum, sondern auch dadurch, dass wir vollkommen der Agenda auf den Leim gehen, die die Politik vorgibt. Das heißt, die Themen, über die berichtet wird, werden von der Regierung vorgegeben. Es gibt aber viele Themen, die wären wichtiger, als das, was die Regierung – die natürlich auch ablenken will von dem was nicht passiert, aber das, was nicht passiert, ist oft wichtiger als das, was passiert – wichtiger als die Symbolpolitik, die betrieben wird“ …

“Also wir gehen der Agenda auf den Leim. Und es gibt tatsächlich, das muss ich jetzt an der Stelle doch nochmal sagen, weil es ja in der öffentlichen Diskussion ist, es gibt tatsächlich Anweisungen von oben. Auch im ZDF sagt der Chefredakteur: Freunde, wir müssen so berichten, dass es Europa und dem Gemeinwohl dient und da braucht er in Klammern gar nicht mehr dazusagen, wie es der Frau Merkel gefällt. Solche Anweisungen gibt es. Die gab es auch zu meiner Zeit. Es gab eine schriftliche Anweisung, dass das ZDF der Herstellung der Einheit Deutschlands zu dienen habe und das ist was anderes, als zu berichten, was ist. Wir durften damals nichts Negatives über die neuen Bundesländer sagen. Heute darf man nichts Negatives über die Flüchtlinge sagen. Das ist Regierungsjournalismus und das führt dazu, dass Leute das Vertrauen in uns verlieren. Das ist der Skandal.”

https://propagandaschau.wordpress.com/2016/01/30/wolfgang-herles-es-gibt-in-den-oeffentlich-rechtlichen-anweisungen-von-oben/#more-19338

Diese Worte stammen von Wolfgang Herles, ehemals Leiter des ZDF-Studios Bonn. Also von einem, der es wissen muss.

Europäisches Selbstverständnis

Der iranische Präsident Hassan Rohani war nach langen Jahren westlichen Boykotts zu Staatsbesuch in Italien und Frankreich. Das lief alles recht gut. Mit einer Ausnahme: in vorauseilendem Gehorsam wurden in Rom nackte antike Statuen verhüllt, damit die Staatsgäste aus dem Iran nicht erregt werden konnten.

Anscheinend wurde die Maßnahme von den Iranern noch nicht mal gewünscht oder gar gefordert. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, stellt sich die Frage, welches Selbstverständnis Europa von sich selbst hat und inwiefern es vor anderen Ansichten als den eigenen einknickt.

Donald Trump als Witzbold, Trottel, Rassist und Hassprediger

„Es ist noch nicht allzu lange her, da forderte Donald Trump ein generelles Einreiseverbot für Muslime in die USA. Nun könnte der republikanische Präsidentschaftskandidat bald selbst mit einem Einreiseverbot belegt werden: Am Dienstag hat das britische Parlament entschieden, am 18. Januar über eine Online-Petition zu debattieren, die von mehr als einer halben Million Menschen unterzeichnet wurde.

Eingereicht wurde die Petition Anfang Dezember 2015 durch eine Frau namens Suzanne Kelly. Im Text der Petition, die nur aus wenigen Sätzen besteht, führt sie an, dass das Königreich auch schon anderen Personen wegen "Hassrede" die Einreise verweigert habe. Wenn das Land auch weiterhin Menschen auf der Basis von "unakzeptablem Verhalten" die Einreise verweigern wolle, schreibt Kelly, müssten die Kriterien gleichermaßen für "Reiche und Arme, Mächtige und Machtlose" gelten. Dem britischen Telegraph zufolge war Kelly schon einmal in eine Auseinandersetzung mit dem Milliardär verwickelt: Sie soll eine Kampagne gegen einen Golfplatz angeführt haben, den Trump im schottischen Aberdeenshire bauen lassen wollte.

Jede Petition, die von mehr als 100 000 Briten unterzeichnet wird, muss automatisch vom Parlament geprüft werden. In diesem Fall hat es außerdem eine Gegenpetition gegeben, die bisher knapp 40 000 Stimmen erhalten hat. Aufgrund des großen Zuspruchs, den beide Petitionen erhalten hätten, habe das zuständige Komitee beschlossen, die Anträge zu debattieren, sagte Komitee-Mitglied Steve Double der Online-Nachrichtenseite BuzzFeed. "Es ist eine interessante Frage: Wie gehen wir, als offene Demokratie, mit Menschen um, die Dinge sagen, mit denen wir nicht übereinstimmen? Meine persönliche Meinung ist, dass wir Menschen wie Donald Trump nicht bannen sollten, sondern dass wir den Mut haben sollten, für das einzustehen, an das wir glauben, eine offene Debatte zu führen und solche Ansichten auf diesem Wege zu besiegen."

In ihrer Antwort auf die Petition betont die Regierung, die Einreise ins Vereinigte Königreich sei ein Privileg und Innenministerin Theresa May werde es denjenigen entziehen, "die unserer Gesellschaft schaden wollen und unsere Grundwerte nicht teilen". Dieses Recht werde aber "nicht leichthin" ausgeübt, sondern auf Grundlage von Beweisen. Die Regierung erkenne die heftigen Reaktionen auf Trumps Aussagen an. Schon im Dezember hatte Premierminister Cameron diese als "spalterisch, dumm und schlicht falsch" verurteilt. Gleichzeitig sprach er sich aber gegen ein Einreiseverbot des Geschäftsmannes aus.

Der britischen BBC zufolge kann das Innenministerium Personen die Einreise verweigern, wenn diese sich "extremistisch" oder "unakzeptabel" verhalten. Innenministerin Theresa May gab an, allein im vergangenen Jahr "Hunderten" Menschen auf Grundlage dieser Richtlinie die Einreise verweigert zu haben - darunter nicht nur Islamistenprediger, sondern auch Mitglieder des Ku Klux Clans und der christlich-fundamentalistischen Westboro Baptist Church, sowie zwei anti-muslimische Blogger.“

http://www.sueddeutsche.de/politik/petition-im-britischen-unterhaus-britisches-parlament-diskutiert-einreiseverbot-fuer-donald-trump-1.2806481

Kipling

„Alles an dem Autor, für den ich in diesem Jahr als allerersten die Trommel rühren möchte, giert nach dem Superlativ:

- Er hat als Jüngster aller Zeiten den Literaturnobelpreis erhalten.

- Seine Millionen Leser haben ihn geliebt und verehrt und seine Figuren unsterblich gemacht.

- Sein Wortschatz ist der größte der angloamerikanischen Literatur seit Shakespeare.

- Kein Geringerer als Henry James, der mit Kollegenlob nun wahrlich knauserte, nannte ihn "das kompletteste Genie", das er je kennenlernen durfte.

Heute aber spaltet dieser Autor wie kein zweiter: In Teilen der akademischen Welt gilt er als eine Art leibhaftiger "Gottseibeiuns" der Literatur, die Erwähnung seines Namens ruft unter den politisch Korrekten konditionierte Reaktionen hervor wie die von Lord Voldemort in der Welt von Harry Potter. Ich spreche von Rudyard Kipling, geboren 1865 in Bombay, dem Autor des nicht genug zu rühmenden Indien-Romans "Kim", einem der besten Dichter der englischen Sprache und dem Verfasser so brillanter Erzählungen wie "Der Mann, der König sein wollte".

Seit Jahrzehnten versucht man, Rudyard Kipling mit zwei Einwänden aus dem Kanon der Weltliteratur zu verbannen. Einwand Nummer eins: War der Mann nicht Imperialist? Für einen Autor mit Kiplings Geburtsdatum und Herkunft ist das in etwa so belastend wie für einen Deutschen heute die Mitgliedschaft im Schäferhundverein.

Der zweite Einwand wiegt da schon schwerer – in Deutschland ist es sogar immer noch ein richtiges Totschlagargument. Ist Kipling kein Kinderbuchautor? Eine neue Übersetzung von Kiplings "Dschungelbücher" bietet Gelegenheit, sich vom Gegenteil zu überzeugen.

Andreas Nohl hat die Erzählungen über den Menschenwelpen Mowgli – den Wölfe im indischen Dschungel adoptierten, der eine Todfeindschaft mit dem lahmen Tiger Schir Kahn pflegt, dessen Mentoren der sinnenfrohe Panther Baghira, der rechtsgläubige Bär Balu und die weise Schlange Kaa sind – in ein vortreffliches Deutsch übersetzt.

Wer dieses Buches aufschlägt, wird mit dem "Gesetz des Dschungels" konfrontiert und mit einem Bild der Natur jenseits eines bloßen Spiegels der menschlichen Seele.

Auf den Seiten dieses Buches tanzen Elefanten, machen Mungos Jagd auf Kobras und Kobras Jagd auf Mungos. Und im Fluss lauern sieben Meter lange menschenfressende Krokodile mit der Parole im Rachen: "Achtet die Alten und Schwachen!"

Wer bei Kipling gelernt hat, solchen Krokodilen zu misstrauen, hat eine politische Lektion fürs Leben erhalten. Also vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich tue, lassen Sie sich eines der großen Vergnügen der Weltliteratur nicht entgehen und lesen Sie "Das Dschungelbuch – Eins und Zwei" von Rudyard Kipling in der neuen Übersetzung von Andreas Nohl, erschienen im Steidl Verlag.“

http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/druckfrisch/sendung/dschungelbuch-kipling-100.html

Nun ist der Wurm nicht immer der selben Meinung wie Denis Scheck, aber hier hat er Recht: ohne Wenn und Aber ist Rudyard Kipling, der vor 150 Jahren geboren wurde und vor 80 Jahren gestorben ist, einer der Großen der Weltliteratur.