Ansichten eines Regenwurms

Mit dem Regenwurm ist es so eine Sache. Meist nimmt ihn keiner wahr und ernst nehmen tut ihn kaum jemand. Und doch: meist ist er da und oft auch wichtig. Ein eigenes Leben hat er allemal, wenn auch überwiegend unter der Erde - da wühlt und gräbt er sich durch alles durch und kommt mit allem in Kontakt, was es da so gibt im Wurzelbereich und drunterhinaus. Was dahin gerät - und das meiste kommt früher oder später mal da an - betrifft ihn und seine Freunde. Ab und zu kommt Rupert (so der Name des Regenwurms) an die Erdoberfläche, um zu sehen, was die da oben schon wieder alles treiben. Und gibt Kunde davon seinen staunenden Kumpels im Erdreich und jenen über der Erde, die sich für ihn interessieren.

Und so einen Waffenstillstand muss auch jemand überwachen … aber diesmal bitte mit der Bundeswehr

Johannes Stern: „Am Sonntag findet in Berlin eine hochrangige Libyen-Konferenz statt. Unter der Schirmherrschaft der deutschen Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen die Führer der zentralen imperialistischen Mächte Europas und der USA zusammen, um über das weitere Schicksal des rohstoffreichen Landes und letztlich des gesamten Kontinents zu bestimmen. Erwartet werden neben den Präsidenten Russlands und Chinas und der wichtigsten Regionalmächte – darunter Ägypten, Algerien und die Türkei – auch die Kontrahenten im libyschen Bürgerkrieg, Premierminister Fayiz as-Sarradsch und General Chalifa Haftar, sowie Vertreter der Afrikanischen Union.“

https://www.wsws.org/de/articles/2020/01/18/pers-j18.html

Mittlerweile ist die Konferenz zu Ende und wird allgemein gelobt. Allerdings hat der Wurm große Zweifel daran, dass für Libyen selbst eine gute Zukunft bevor steht.

Ein Ziel wurde zumindest erreicht: Deutschland wird militärisch verstärkt im Ausland agieren. Angeblich für einen guten Zweck.

 

Bei Ankunft Mord

Aus „Wikipedia“: „Qasem Soleimani war ein iranischer Offizier, zuletzt Divisionskommandeur. Er war Kommandeur der Quds-Einheit, einer Unterabteilung der iranischen Revolutionsgarde, die Spezialeinsätze außerhalb des Iran durchführt. Soleimanis Einfluss reichte weit über das Militärische hinaus; viele Beobachter sehen ihn als einen der Hauptverantwortlichen für die Ausweitung des iranischen Einflusses auf weite Teile des Nahen Ostens. Er handelte dabei stets in enger Zusammenarbeit mit dem iranischen Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei …

Qasem Soleimani wurde bei einem gezielten Raketenangriff am 3. Januar 2020 am Flughafen Bagdad getötet. Kurz nachdem das Linienflugzeug von Damaskus kommend auf dem Flughafen gelandet war, wurde die Fahrzeugkolonne, die ihn abgeholt hatte, beim Verlassen des Komplexes von einer amerikanischen MQ-9-Reaper-Drohne mit Raketen beschossen.

Der Angriff wurde von US-Präsident Donald Trump befohlen. Bei dem Drohnenangriff starben auch der irakische Brigadegeneral Abu Mahdi al-Muhandis, Vizekommandeur der Miliz al-Haschd asch-Schaʿbī, und Anführer der Kataib Hizbollah, und mindestens fünf weitere Menschen, darunter auch Soleimanis Schwiegersohn sowie ein ziviler Flughafenangestellter, der sich in der Nähe aufhielt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Qasem_Soleimani

Es handelt sich um einen Mord, der gegen jegliches Völkerrecht verstößt.

Schien die Welt nach diesem Mord kurz vor einem Krieg mit den Hauptakteuren USA und Iran, hat sich die Lage mittlerweile beruhigt. Der Mord an Qasem Soleimani hat zwar nichts besser gemacht – macht allerdings für alle Welt deutlich, dass im Untergrund der Diplomatie einiges läuft, das vor Kurzem kaum jemand für möglich gehalten hätte: unter Vermittlung Russlands ein Friedens-Prozess im Mittleren Osten, vor allem zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

 

Scherze in Zeiten des Ernstes

Der Kinder-Chor des WDR, also einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, singt folgendes Lied:

Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motorrad, Motorrad. Das sind 1000 Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ne alte Umweltsau!

Meine Oma sagt Motorradfahren ist voll cool, echt voll cool, echt voll cool. Sie benutzt das Ding im Altersheim als Rollstuhl, meine Oma ist ne alte Umweltsau.

Meine Oma fährt im SUV beim Arzt vor, beim Arzt vor, beim Arzt vor. Sie überfährt dabei zwei Opis mit Rollator, meine Oma ist ne alte Umweltsau.

Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett, ein Kotelett, ein Kotelett. Weil Discounterfleisch so gut wie gar nichts kostet, meine Oma ist ne alte Umweltsau.

Meine Oma fliegt nicht mehr, sie ist geläutert, geläutert, geläutert. Stattdessen macht sie jetzt zehnmal im Jahr ne Kreuzfahrt, meine Oma ist doch keine Umweltsau.

Es folgt ein Audiozitat von Greta Thunberg: „We will not let you get away with this“ (Deutsch: „Wir werden euch damit nicht davonkommen lassen!“)“

https://www.merkur.de/politik/kinderchor-wdr-oma-umweltsau-lied-text-video-zr-13391381.html

Was den Machern des Liedes auch immer vorzuwerfen sein mag: es war nicht böse gemeint. War sogar ursprünglich eine gute Satire (was der Wurm noch zeigen wird) – was aber aus dem Lied des Kinder-Chors nicht unbedingt hervorgeht.

Allerdings zeigen die Reaktionen auf dieses Lied die Verworfenheit der Gegenwart.

 

Zettel-Wirtschaft

Der Kassenbon ist seit Januar 2020 Pflicht. Egal ob beim Bäcker, Frisuer, Kiosk oder der Eisdiele: Geschäfte, die über elektronische Kassensysteme verfügen, müssen ihren Kunden beim Bezahlen einen Kassenbon aushändigen. Die Bon-Pflicht ist Teil der "Kassensicherungsverordnung", die 2016 beschlossen wurde. Die neue Regelung wirkt sich nun vor allem auf Geschäfte aus, die viele, günstige Produkte verkaufen - beispielsweise Bäckereien oder Eisdielen. Ob der Kunde den Beleg überhaupt haben möchte, ist dann egal.“

 

https://www.youtube.com/watch?v=WoK3LJedJz8

 

Im Jahre 2016 wurde ein Gesetz beschlossen, das seit dem 1. Januar 2020 gilt.

Wer gegen dieses Gesetz ist, braucht jetzt auch nicht mehr daherzukommen und sich Vorwände dagegen ausdenken.

Die Umwelt! Die Umwelt!

Oder, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier, auf den fahrenden Zug der Kritiker aufzuspringen und sich kurz vor Toresschluss einfallen zu lassen, dass das jetzt doch keine so gute Idee sei.

Auch, wenn es für den Konsumenten auf den ersten Blick nach bürokratischem Unfug aussehen mag – letztendlich ist die Kassensicherungsverordnung eine gute Sache.

 

Verloren haben Anstand, Aufrichtigkeit und Integrität

Sahra Wagenknecht: „Was für eine bittere Niederlage für Labour. Und das trotz des mutigsten Programms, das eine sozialdemokratische Partei in Europa in den letzten Jahren hervorgebracht hat: Labour wollte das Gesundheitswesen, die Bahn, die Post, die Wasser- und Energiebetriebe sowie einen Teil der British Telecom wieder in öffentliche Verantwortung zurückholen, eine Million Jobs in den verarmten ehemaligen Industriegebieten im Norden schaffen, den Sozialstaat erneuern und ausbauen.

Ist ein solches Programm unpopulär?

Umfragen in Großbritannien belegen das Gegenteil. Viele wünschen sich nach Jahrzehnten neoliberaler Demütigung nichts sehnlicher als einen Staat, der das Heft des Handelns zurückgewinnt, aktiv für Arbeitsplätze und soziale Sicherheit sorgt und sie vor den Unbilden der Globalisierung schützt.

Warum hat Labour dann so dramatisch verloren?

Weil es in diesem Wahlkampf letztlich nur ein zentrales Thema gab: den Brexit. Eine Partei, die sich dazu nur ein verzagtes Jein leisten konnte, weil sie in dieser Schlüsselfrage selbst gespalten war, hatte in einem solchen Umfeld keine Chance. Boris Johnsons „Get Brexit done“ war eine klare Antwort – wo Labour überhaupt keine gab. Hätte Corbyn Johnsons Plänen einen entschlossenen Left Brexit entgegensetzen können, also das Vorhaben, ein Ende der neoliberalen EU-Verträge für einen sozialen Umbau der britischen Gesellschaft zu nutzen, wäre ein anderes Ergebnis durchaus möglich gewesen. Traurige Ironie dieses Wahlkampfes: Labours großes Sozialstaatsprogramm ist innerhalb der heutigen EU überhaupt nicht umsetzbar.

Man muss bedenken: Selbst das Geld, das die Bundesregierung im Rahmen des Klimapakts für einen Ausbau des Bahnnetzes zur Verfügung stellen will, scheitert voraussichtlich an den EU-Beihilferegeln. Eine Ausweitung öffentlichen Eigentums an Schlüsselbereichen der Daseinsvorsorge, Vorrang für Gemeinwohl statt Rendite, all das ist mit den Vorgaben der EU-Verträge schlicht unvereinbar.

Wähler haben einen feinen Instinkt für solche Widersprüche. Dass vor allem die obere Mittelschicht und die gebildeten Großstädter in Großbritannien gegen den Brexit waren, während ehemalige Industriearbeiter und die Ärmeren für ihn stimmten, ist nicht irrational. Irrational ist, dass sie einen neoliberalen Tory wählen mussten, der ihnen noch weniger Schutz, noch weniger soziale Leistungen und noch miesere Löhne bringen wird, um die endlose Bexit-Hängepartie zu beenden.

Bitter, dass es nun so ausgegangen ist. Doch bei aller Dramatik sollte man auch nicht vergessen: Von einem Ergebnis von mehr als 32 Prozent können andere sozialdemokratische Parteien in Europa nur träumen.

Das Scheitern von Labour ist daher definitiv kein Grund, eine Linkswende der Sozialdemokratie andernorts abzublasen.“

https://www.facebook.com/sahra.wagenknecht/posts/3207989379218437