Bei Ankunft Mord

Aus „Wikipedia“: „Qasem Soleimani war ein iranischer Offizier, zuletzt Divisionskommandeur. Er war Kommandeur der Quds-Einheit, einer Unterabteilung der iranischen Revolutionsgarde, die Spezialeinsätze außerhalb des Iran durchführt. Soleimanis Einfluss reichte weit über das Militärische hinaus; viele Beobachter sehen ihn als einen der Hauptverantwortlichen für die Ausweitung des iranischen Einflusses auf weite Teile des Nahen Ostens. Er handelte dabei stets in enger Zusammenarbeit mit dem iranischen Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei …

Qasem Soleimani wurde bei einem gezielten Raketenangriff am 3. Januar 2020 am Flughafen Bagdad getötet. Kurz nachdem das Linienflugzeug von Damaskus kommend auf dem Flughafen gelandet war, wurde die Fahrzeugkolonne, die ihn abgeholt hatte, beim Verlassen des Komplexes von einer amerikanischen MQ-9-Reaper-Drohne mit Raketen beschossen.

Der Angriff wurde von US-Präsident Donald Trump befohlen. Bei dem Drohnenangriff starben auch der irakische Brigadegeneral Abu Mahdi al-Muhandis, Vizekommandeur der Miliz al-Haschd asch-Schaʿbī, und Anführer der Kataib Hizbollah, und mindestens fünf weitere Menschen, darunter auch Soleimanis Schwiegersohn sowie ein ziviler Flughafenangestellter, der sich in der Nähe aufhielt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Qasem_Soleimani

Es handelt sich um einen Mord, der gegen jegliches Völkerrecht verstößt.

Schien die Welt nach diesem Mord kurz vor einem Krieg mit den Hauptakteuren USA und Iran, hat sich die Lage mittlerweile beruhigt. Der Mord an Qasem Soleimani hat zwar nichts besser gemacht – macht allerdings für alle Welt deutlich, dass im Untergrund der Diplomatie einiges läuft, das vor Kurzem kaum jemand für möglich gehalten hätte: unter Vermittlung Russlands ein Friedens-Prozess im Mittleren Osten, vor allem zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

 

Qasem Soleimani und sein Wirken

 

Aus „Wikipedia“: „Während der Islamischen Revolution trat Soleimani mit 23 Jahren der Revolutionsgarde bei, zwei Jahre später war er Brigadegeneral. Sein Aufstieg begann im Iran-Irak-Krieg in den 1980er Jahren, in denen er durch Kommandounternehmen jenseits der Grenze national bekannt wurde. Er selbst beteiligte sich an zahlreichen geheimen Militärmissionen im Ausland.

Ab 1998 war er Kommandeur der Quds-Einheit und ließ im Lauf der Zeit das militärische, finanzielle, nachrichtendienstliche und politische Potential der Eliteeinheit wesentlich ausbauen. Dabei schuf er im Lauf der Zeit in jedem Land, in dem Schiiten lebten ein Netzwerk aus Hilfsorganisationen, Schulen, religiösen Zentren, die vom Iran finanziert wurden, die Bevölkerung an sich banden und auch der Anwerbung neuer Kämpfer dienten.

Nach Medienberichten stimmte er nach den Anschlägen des 11. September 2001 „indirekt mit Washington das Vorgehen gegen die Taliban ab, ohne eine schriftliche Spur zu hinterlassen.“ Er baute außerdem die Zusammenarbeit zwischen der Quds-Einheit und der Hisbollah aus, um Letztere bei der Rückeroberung des Südlibanon zu unterstützen. Als der US-Präsident George W. Bush den Iran zur Achse des Bösen rechnete, stellte er die Zusammenarbeit ein. Im Afghanistan-Krieg war er mit seinen Quds ein Verbündeter der USA und wesentlich an dem Sieg über die Taliban in Herat beteiligt und am Vormarsch der Nordallianz auf Kabul. Im Zuge des Rücktritts von General Yahya Rahim Safavi im September 2007 galt er als möglicher Nachfolger für das Amt des Kommandeurs der Pasdaran (Iranische Revolutionsgarden).

Soleimani wird für den Aufbau der unter iranischem Einfluss stehenden schiitischen Milizen im Irak verantwortlich gemacht, die ein Gegengewicht zu der „Koalition der Willigen“ bildeten. Er vermittelte auch ein Zusammengehen ursprünglich verfeindeter schiitischer Milizen im Irak und konnte auch eine Zusammenarbeit mit sunnitischen Kräften erreichen. 2008 schlug er dem amerikanischen Oberkommandierenden im Irak General David Petraeus vor, im Zuge eines Treffens die Sicherheit im Irak zu diskutieren, was dieser ablehnte. Gegenüber Petraeus stellte er sich, wie durch Wikileaks bekannt wurde, als derjenige vor, der die iranische Politik in Afghanistan, dem Libanon und im Gaza-Streifen befehligte. Im selben Jahr leitete er eine Gruppe iranischer Ermittler, die den Tod von Imad Mughniyya untersuchten. Anhänger des iranischen Regimes und speziell der Revolutionsgarde versehen ihn häufig mit dem Ehrennamen Hāddsch.

Als im Bürgerkrieg in Syrien die Niederlage der mit dem Iran verbündeten Regierung von Baschar al-Assad unabwendbar schien, soll Soleimani einen Plan zur militärischen Unterstützung Assads entwickelt haben. Zu diesem Zweck reiste er im Juli 2015 nach Moskau und stellte sein Konzept vor, das letztlich zur russischen Intervention im Herbst 2015 beigetragen haben soll. Schon vorher hatte er 2012 zehntausende schiitische Milizionäre aus dem Iran, Afghanistan, Pakistan und dem Irak nach Syrien entsandt, um Assad zu unterstützen, und konnte so die unmittelbare Niederlage Assads verhindern. Dabei vermied er systematisch wie auch grundsätzlich bei den Auslands-Einsätzen die Verwendung iranischer Kämpfer, um später eine Verantwortung des Irans leugnen zu können.

Im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) im Irak im Sommer 2014 unterstützte Soleimani als Militärberater die irakischen Milizen in Amerli.

In der Großoffensive auf Tikrit im März 2015 übernahm Soleimani das Kommando über die schiitische Badr-Brigade, es war der bis dahin größte Angriff gegen den IS. US-Außenminister John Kerry erkannte öffentlich die Rolle Soleimanis in Tikrit an, die militärische Kooperation galt als weitere Annäherung Washingtons an die Regierung in Teheran.

Sein Einfluss reichte aber auch über den Nahen Osten hinaus zum Beispiel nach Westafrika und Venezuela, wobei er die schiitischen Gemeinden in den jeweiligen Ländern einspannte. In der westlichen Öffentlichkeit war er dagegen kaum bekannt. Westlichen Journalisten gab er keine Interviews und er trat äußerlich bescheiden und mit leiser Stimme sprechend auf. Nachdem er 2006 Nuri al-Maliki als Nachfolger des irakischen Ministerpräsidenten Ibrahim al-Dschafari unterstützt hatte, erhielten die Revolutionsgarden in Zeiten des boomenden Ölgeschäfts Milliarden Dollar aus den Öl-Erlösen. Auf einem der letzten bekannt gewordenen Treffen in Bagdad im November 2019, als er versuchte, das irakische Kabinett und alle anderen entscheidenden Führungsfiguren auf einen harten Kurs gegen die eskalierenden Proteste im Land einzuschwören, wagte nur Ex-Premier Haider al-Abadi, ihm zu widersprechen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Qasem_Soleimani

 

Friedens-Mission

 

Aus „Wikipedia“: „Nach Angaben des irakischen Ministerpräsidenten Adil Abd al-Mahdi in der Sondersitzung des Parlaments am 5. Januar 2020 war Soleimani nach Bagdad gereist, um sich mit ihm um 8:30 Uhr Ortszeit zu treffen. Denn um die Deeskalation in der Region (Jemen, Saudi-Arabien, VAE, Irak, Iran, Syrien, Libanon) voranzutreiben, hatten die Regierungen in Riad und Teheran in den Wochen zuvor zu gemeinsamen, von Bagdad vermittelten Gesprächen angesetzt. Stephan Roll, Forschungsgruppenleiter für den Nahen/Mittleren Osten und Afrika der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik bestätigte gegenüber der Deutschen Welle, dass mit den von Irak vermittelten Gesprächen Kanäle geöffnet wurden, „die es vorher nicht gab“. Dafür war Soleimani mit einem Diplomatenpass von Teheran als Bote geschickt worden, um persönlich die Antwort auf eine diplomatische Note aus Riad zu übermitteln. Diese Gesprächsvermittlungen waren von der Trump-Administration ersucht worden. Weiter gab Al-Mahdi bekannt, dass er sich persönlich um Deeskalation bei den gewalttätigen Protesten vor der US-Botschaft in Bagdad bemüht habe, die zum Zeitpunkt der Tötung von Soleimani schon beendet waren, und dass Präsident Trump sich bei ihm dafür bedankt hatte. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung spricht in diesem Zusammenhang von einem frappierenden Kollateralschaden: „Trump führt militärisch einen Hieb gegen einen General aus dem Iran – und verliert politisch den Irak. Trump hat das zarte Pflänzchen neuer Beziehungen zwischen Bagdad und Washington, das nach dem Krieg gewachsen war und theoretisch die Region hätte stabilisieren können, zertrampelt.““

https://de.wikipedia.org/wiki/Qasem_Soleimani

Thomas Röper: „Iran und Saudi-Arabien sind Erzfeinde am Golf. Die „iranische Bedrohung“ ist einer der wichtigsten Vorwände, warum die USA große Militärbasen in Saudi-Arabien unterhalten. Wenn die beiden Länder sich anfreunden, hätte die saudische Regierung keinen Grund mehr, die unbeliebte Anwesenheit von so vielen „Ungläubigen“ im Land zu rechtfertigen. Außerdem würde ein Ende des Konflikts die Gefahr bergen, dass sich die Öl-Staaten am Golf einig werden, das würde den US-Einfluss auf die Ölpreise beenden, den sie nur ausüben können, weil vor allem die Saudis das Spiel mitspielen.

Es geht also um sehr viel für die USA. Aber ist eine Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien realistisch?

Putin war Ende Oktober auf einem großen Staatsbesuch in Saudi-Arabien und ihm wurde dort der rote Teppich ausgerollt, wie sonst kaum jemandem. Das russische Fernsehen hatte darüber ausführlich berichtet. Aber interessanter als die Berichte über Putins Besuch war ein Interview, das Putin im Vorfeld des Besuches drei arabischen TV-Sendern gegeben hat. In dem Interview wurde Putin auch zum Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran befragt und Putin kündigte an, in dem Konflikt vermitteln zu wollen. Zu einem Annäherungsprozess zwischen den Ländern sagte Putin damals:

Was Russland betrifft, so werden wir alles tun, um die notwendigen Voraussetzungen für eine solche positive Dynamik zu schaffen. Ich denke, dass Russland gute Beziehungen zum Iran und sehr gute Beziehungen zu unseren arabischen Freunden hat. (…) Wenn wir unsere guten Beziehungen, sowohl zum Iran, als auch zur arabischen Welt, zu Saudi-Arabien, zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, nutzen, können wir meiner Meinung nach etwas finden, das von gemeinsamem Interesse sein kann.“

Danach kam Ende Oktober Putins Staatsbesuch in Saudi-Arabien.

Und nun kommen wir zu der Meldung, die ich mir seinerzeit ins „Archiv“ gelegt habe: Am 4. November, also keine zwei Wochen später, hat der Sprecher des iranischen Präsidenten mitgeteilt, dass der Iran Saudi-Arabien offiziell den Vorschlag unterbreitet hat, in Fragen der regionalen Sicherheit zusammenzuarbeiten. Die russische Nachrichtenagentur TASS zitierte den Sprecher des iranischen Präsidenten folgendermaßen:

Der iranische Präsident hat dem König von Saudi-Arabien einen Brief über regionale Sicherheit, Frieden und Stabilität geschickt (…) Der Druck der USA sollte die Nachbarn in der Region nicht spalten. (…) Um Frieden zu erreichen, brauchen wir eine kollektive Zusammenarbeit“

Ich hatte, als es um den Auftritt des irakischen Premierministers am 5. Januar vor seinem Parlament ging, das auf seinen Vorschlag hin am Sonntag den Abzug aller westlichen Truppen aus dem Irak gefordert hat, in einem Nebensatz auch irgendwo gelesen, dass der Premierminister gesagt habe, Soleimani sei in einer diplomatischen Mission in Bagdad gewesen. Mustafa Salim ist Reporter für die Washington Post in Bagdad und der hat die Rede des irakischen Premierministers vor dem Parlament teilweise ins Englische übersetzt und auf Twitter veröffentlicht. Unter anderem sagte der irakische Premierminister demnach:

Ich sollte Soleimani an dem Morgen treffen, an dem er getötet wurde, er kam, um eine iranische Nachricht als Antwort auf die Nachricht aus Saudi-Arabien, die wir übermittelt haben, zu überbringen.“

Kein Wort findet sich davon in den „Qualitätsmedien“. Es scheint aber tatsächlich so zu sein, dass Putin im Oktober einen Dialog zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angestoßen hat, der über geheime diplomatische Noten geführt wurde, die – zumindest teilweise – über Bagdad gelaufen sind. Das ist übrigens auch verständlich, denn der Irak hat recht ordentliche Beziehungen zu beiden Nachbarn, also zum Iran und zu den Saudis. Der Irak ist als Vermittler wie geschaffen.

Die Anzeichen, dass es so ist, sind mehr als deutlich. Und es ist klar, dass eine Annäherung oder gar Zusammenarbeit zwischen den Saudis und dem Iran für die Vorherrschaft der USA am Golf der Super-GAU wäre. Die USA wären dort schlagartig überflüssig, sie begründen ihre massive Militärpräsenz ja mit den Spannungen und der instabilen Lage am Golf. Wenn die Spannungen sich morgen auflösen und sich die Lage stabilisiert, dann würden die Stimmen in den arabischen Ländern, die einen Abzug der USA fordern, sehr laut werden.

Ich hatte mich übrigens auch über die saudische Reaktion auf das Attentat und die folgenden Spannungen sehr gewundert. Saudi-Arabien war immer am lautesten, wenn es darum ging, iranische „Untaten“ zu verteufeln und harte Reaktionen gegen den Iran zu fordern. Um so überraschender war für mich, dass die Saudis in diesem Zusammenhang nicht – wie sonst üblich – laut im Chor der US-Falken mitgesungen haben. Stattdessen enthielt die offizielle Erklärung aus Saudi-Arabien ganz neue Töne:

Wir sind äußerst interessiert daran, dass die Situation in der Region nicht weiter eskaliert. Natürlich ist jetzt ein sehr gefährlicher Moment, darum müssen wir alle Risiken und Gefahren, nicht nur für die Sicherheit der Region, sondern im globalen Maßstab, anerkennen. Wir hoffen, dass alle Player die nötigen Schritte unternehmen, um eine weitere Eskalation oder Provokationen nicht zuzulassen.“

Kein Wort gegen den Iran in der Erklärung, das ist ein Novum.

Die USA versuchen nun, ihre Verbündeten hinter sich zu versammeln. Am 6. Januar gab es ein außerplanmäßiges Treffen bei der Nato und die TASS berichtete unter Berufung auf einen nicht genannten Teilnehmer, dass die USA mit allen Mitteln versuchen, von den Nato-Partnern eine Erklärung zu bekommen, dass sie die US-Politik in der Region und auch den Drohnenangriff auf Soleimani unterstützen.

Möglicherweise hat auch Trump inzwischen verstanden, dass er auf´s Glatteis geführt worden ist. Nachdem er tagelang heftigste Tweets in Richtung Teheran abgefeuert hat, hat einer seiner Berater ebenfalls am 6. Januar mitgeteilt, Trump sei nach wie vor bereit, mit dem Iran direkt über das Atomabkommen zu verhandeln. Ich würde diese Meldung nicht überbewerten, aber sie fällt doch sehr aus dem Rahmen dessen, was Trump in den letzten Tagen von sich gegeben hat.

Die Version, dass Soleimani von Kräften umgebracht wurde, die eine Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien verhindern wollen, scheint mir in Anbetracht all dieser Meldungen mehr als wahrscheinlich. Die Frage ist, wie weit der Iran und Saudi-Arabien in den letzten zwei Monaten gekommen sind. Haben sie ein Grundvertrauen entwickelt, das groß genug ist, um den Bemühungen derer zu widerstehen, die die Annäherung verhindern wollen?“

https://www.anti-spiegel.ru/2020/waren-geheimverhandlungen-zwischen-dem-iran-und-saudi-arabien-der-grund-fuer-den-us-angriff/

 

Deutsche Reaktionen

 

Jens Berger: „Die NachDenkSeiten hatten bereits Montag darauf hingewiesen, dass ein wichtiges Detail des US-Attentats auf den iranischen General Soleimani von den allermeisten Medien nicht erwähnt wird – und zwar, dass der General nach Aussagen des irakischen Ministerpräsidenten als Emissär der iranischen Regierung in den Irak gekommen ist, um ihm die Antwort Irans auf eine Friedensinitiative zu übermitteln, die Irak zwischen den verfeindeten Golfstaaten Saudi-Arabien und Iran vermittelt. Eine Überprüfung der Archive der großen deutschen Medien ergab, dass diese Meldung zwar sehr wohl von einigen wenigen Medien veröffentlicht wurde, aber allen voran die großen meinungsbildenden Nachrichtenformate der Öffentlich-Rechtlichen diese Meldung bis heute komplett ignoriert haben. Dieses Fallbeispiel zeigt, wie prekär es um diese großen Nachrichtenformate bestellt ist. Wer sich nur über die Tagesschau und Heute informiert, bleibt im besten Falle uninformiert und wird im schlimmsten Falle desinformiert.

Es ist schon erstaunlich. Am 5. Januar verschickte die Nachrichtenagentur Reuters in ihrem von allen größeren Medien abonnierten „World-News“-Feed einen recht umfassenden Bericht zur Debatte im irakischen Parlament, in der Ministerpräsident Mahdi den Hintergrund der Bagdad-Reise des iranischen Generals erklärte. Deutsche Medien, wie der SPIEGEL, berichteten zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Reuters von dieser Debatte, erwähnten aber Mahdis Äußerungen zur diplomatischen Mission Soleimanis nicht. Quer durch die Bank fehlt dieses nicht eben unwichtige Detail in allen in den großen Medien gesichteten Nachrichtenmeldungen zur Debatte.

Wie es besser gehen kann, zeigte der WDR, der in seinem Rundfunkformat „Echo des Tages“ auf WDR 5 (Sendung vom 5. Januar ab Minute 6:50) sogar O-Töne aus der Debatte brachte und sie ausführlich und lückenlos wiedergab. Ein Leser wies darauf hin, dass auch Bayern 5 diese Meldung brachte, was aber leider aufgrund der eingeschränkten BR-Mediathek nicht mehr zu überprüfen ist. Als weitere vereinzelte Ausnahmen sind lediglich drei Artikel zu nennen – die Deutsche Welle brachte die Meldung eingerahmt in einen redaktionellen Hintergrundartikel, die Süddeutsche erwähnte die Meldung ebenfalls in einem Hintergrundartikel und sogar auf SPIEGEL Online wird die Aussage Mahdis in einem Artikel zumindest als Nebensatz erwähnt.

Doch diese Ausnahmen muss man ins Verhältnis setzen. SPIEGEL Online hat beispielsweise zum Attentat insgesamt 43 Artikel veröffentlicht und in 42 davon fehlt diese Information. Der Höhepunkt ist dabei eine nur für Abonnenten zugängliche ausführliche „Rekonstruktion“ der letzten Stunden von General Soleimani, in der die beiden Redakteure Roland Nelles und Maximilian Popp „SPIEGEL-typisch“ den Eindruck erwecken, über intime Insiderkenntnisse zu verfügen, und dabei beispielsweise die Automarken des beschossenen Konvois sowie zahlreiche Details zur Bagdad-Reise nennen, den Grund dieser Reise aber mit keinem einzigen Wort erwähnen. Ähnlich verhält es sich mit der Süddeutschen, die in keinem der zahlreichen Leitartikel zum Thema noch einmal auf die Meldung eingeht, die in einem einzigen Artikel zum Thema aufgegriffen wurde.

Wie es besser gehen kann, zeigte unter anderem die BBC. Aber auch zahlreiche andere britische und amerikanische Zeitungen griffen die Hintergründe auf – oft mit Verweis auf die Washington Post, die als erste darüber berichtete. Sogar die US-amerikanische Truppenzeitung Stars & Stripes brachte die Meldung, die die meisten deutschen Medien verschwiegen.

Besonders bemerkenswert ist das vollkommene Verschweigen der Meldung in den Nachrichtenformaten von ARD und ZDF. In den beiden Meldungen von tagesschau.de zum Thema vom 5. Januar und vom 6. Januar fehlt die Meldung. Auch im zwei Minuten langen Tagesschau-Bericht vom 5. Januar sowie im 10 Minuten langen Beitrag in den Tagesthemen vom gleichen Tag fehlt sie. Dort zeigt man zwar O-Töne des irakischen Ministerpräsidenten – jedoch nicht den O-Ton zum Grund des Besuchs des Generals. Dafür kommt US-Außenminister Pompeo sehr ausführlich zu Wort und darf die US-Version schildern, nach der Soleimani im Irak Anschläge geplant haben soll.

Auch im Morgenmagazin vom 6. Januar geht man zwar kritisch auf Trumps Begründung ein, erwähnt die irakische Version indes mit keinem Wort. Ganze 13 Minuten widmeten am Abend des 6. Januars die Tagesthemen dem Themenkomplex, inklusive eines Kommentars der ARD-Iran-Korrespondentin Natalie Amiri. Auch hier kein Wort zum Grund des Besuches. Das ist besonders interessant, da Amiri in einer auf Facebook gestreamten Beantwortung von Zuschauerfragen sehr wohl auf das Thema eingeht und die Meldung, dass Soleimani eine „Message“ Irans an den irakischen Premier überbracht habe, die im Kontext der Gespräche mit Saudi-Arabien steht, sogar als „Fakt“ bezeichnet. Unverständlich, dass dieser wichtige „Fakt“ in den 13 Minuten Berichterstattung keine einzige Erwähnung findet. Auch in einem gestern erschienenen ausführlichen Beitrag zur „US-Begründung zu Soleimani-Tod“ erwähnt die Tagesschau diesen „Fakt“ nicht.

Ähnlich düster sah es in dieser Woche beim ZDF aus. Weder in den Heute-Sendungen noch in den beiden Heute-Journals vom 5. Januar und vom 6. Januar wurde auch nur ein Wort zum Grund des Aufenthalts Soleimanis in Bagdad verloren und dabei nahm man sich bei der Sendung vom 6. Januar sogar ganze 15 Minuten Zeit für den Themenkomplex. Dafür schaffen es Marietta Slomka und Claus Kleber sogar – was nicht einmal einfach ist – einen den USA gegenüber noch unkritischeren Ton und einen noch einseitigeren Anti-Iran-Bias einzubringen als ihre Kollegen von den Tagesthemen. Mit dem Zweiten sieht man einmal mehr schlechter, doch auch mit dem Ersten war man in dieser Woche weitestgehend blind. Beide Formate interviewten beispielsweise sehr ausführlich Heiko Maas; Kritiker an der US-Außenpolitik kamen indes nicht zu Wort. Im Vergleich zu den deutschen Nachrichtenflaggschiffen wirken sogar die US-Networks „ultrakritisch“.

Wie es besser gehen kann, zeigte beispielsweise CNN, wo der Iran-Experte Trita Parsi ausführlich zur besten Sendezeit zu Wort kam und dort seine Einschätzung zum Grund des Besuchs Soleimanis abgeben durfte, ohne dass ihm ein Moderator penetrant ins Wort fällt. Im deutschen Fernsehen durfte am Mittwochabend Michael Lüders zu Wort kommen; doch nicht im Heute-Journal, sondern im Talkformat Markus Lanz. Auch Lüders unterstrich dabei die Wichtigkeit der Meldung zum Grund für Soleimanis Bagdad-Reise, wurde im weiteren Verlauf der Sendung aber von Markus Lanz, der sich offenbar eher als Sprecher der US-Regierung denn als Journalist versteht, penetrant unterbrochen.

Da stellt sich natürlich die Frage, ob Tagesschau, Heute, SPIEGEL und Co. diese Meldung vorsätzlich unterdrückten oder schlicht nicht wichtig genug fanden, um sie zu erwähnen. Für mich ist Letzteres wahrscheinlicher und das ist keinesfalls ein gutes Zeichen. Der Job eines Nachrichten-Redakteurs besteht vor allem darin, wichtige Nachrichten von unwichtigen zu trennen und die wichtigen Nachrichten dann kompakt zusammenzufassen, um dem Zuschauer oder Leser einen möglichst umfassenden Überblick über das Tagesgeschehen zu vermitteln. Wenn durch die Reihe weg – mit den wenigen genannten Ausnahmen – die zuständigen Redakteure es für unwichtig halten, dass die USA einen General, der als diplomatischer Emissär in einer Friedensinitiative unterwegs war, vorsätzlich ermordet haben, wirft dies ein erschreckendes Bild auf die Urteilsfähigkeit dieser Journalisten.

Diese sehr selektive Sicht des Weltgeschehens spiegelt dabei wohl auch das Weltbild der Redakteure dieser Medien wider. Hier scheint es – aller oberflächlichen Kritik an der Person Trump zum Trotz – eine recht klare transatlantische Ordinate zu geben, an deren Koordinaten man die Wichtigkeit und Unwichtigkeit von Meldungen einsortiert. In dieser Gedankenwelt sind die USA eine „liberale Demokratie“ und eine „Ordnungsmacht“ und Fakten, die für Menschen mit einem weniger transatlantischen Weltbild wichtig sind, stören da nur. Dies betrifft im konkreten Fall nicht nur die Mission Soleimanis, sondern auch den Umstand, dass der Mord – wie tausende weitere Drohnenmorde – über die US-Basis im Ramstein ausgeführt wurde. Dies ist den zuständigen Redakteuren natürlich bekannt, aber nicht erwähnenswert.

Was für ein Meinungs- oder Kommentarformat natürlich hinnehmbar ist, ist für ein Nachrichtenformat eine professionelle Bankrotterklärung. Denn gerade bei den Nachrichten muss Journalismus möglichst objektiv sein und nicht durch eine selektive Vorauswahl der Meldungen letztlich doch nur subjektiven Journalismus im objektiven Mäntelchen bieten. Genau dies ist jedoch bei der Tagesschau und Heute sowie deren großen Schwestern Tagesthemen und dem Heute-Journal der Fall. Auch ohne vorsätzliche Manipulationen kann diese Form des „Scheuklappen-Journalismus“ hoch manipulativ sein. Das ist – wie Albrecht Müller es in seinen „Methoden der Manipulation“ aufführt – „Manipulation durch Verschweigen“.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=57548

Peter Schwarz: „Die herrschenden Kreise Deutschlands reagieren auf die jüngste Krise im Nahen Osten, indem sie sich für die kriminellen Methoden von US-Präsident Donald Trump begeistern und ihre eigenen imperialistischen Interessen aggressiver verfolgen.

Bereits nach der Ermordung des iranischen Generals Qassim Soleimani durch eine US-Drohne war aus dem offiziellen Berlin kein Wort zu vernehmen, das die gezielte Tötung des hochrangigen Vertreters eines souveränen Staats auf dem Boden eines Drittlands verurteilt hätte, obwohl sie gegen internationales wie amerikanisches Recht verstieß. Soweit die deutsche Regierung – wie in einem gemeinsamen Statement mit der französischen und der britischen – zur Deeskalation aufrief, richtete sie ihren Appell ausschließlich gegen den Iran.

Inzwischen verteidigt die servile deutsche Presse offen die verbrecherischen Methoden der US-Außenpolitik. Symptomatisch dafür ist ein Leitkommentar von Hubert Wetzel, der am Montag in der Süddeutschen Zeitung erschien, die früher im Gegensatz zu konservativen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Welt als relativ liberal galt. Der Washington-Korrespondent der in München erscheinenden Tageszeitung rechtfertigt und verteidigt darin ausdrücklich die Ermordung Soleimanis.

Vor einer Woche seien „halb Amerika und ganz Europa davon überzeugt“ gewesen, „dass Trump den Nahen Osten in ein Inferno verwandeln würde“, höhnt Wetzel. Trump habe zwar „als Präsident viele dumme und erratische Dinge getan“. Aber das bedeute nicht, „dass alles, was er tut, dumm, erratisch und von Ignoranz und Egomanie getrieben ist“. Man müsse Trumps Entscheidung, Soleimani töten zu lassen, nicht richtig finden. „Aber man sollte nicht so tun, als gäbe es keinen Nutzen; und als sei jeder, der bei der Abwägung des Für und Wider zu einem anderen Schluss kommt, ein Kriegstreiber.“

Der Anschlag auf Soleimani habe aus Washingtoner Sicht dazu gedient, „einem alten und eigentlich sehr rationalen sicherheitspolitischen Prinzip wieder Geltung zu verschaffen: der Abschreckung“. Trump habe Iran klarmachen wollen, „wo für ihn die rote Linie verläuft: keine toten Amerikaner mehr“. Dies sei „einfach und klar. Und Klarheit ist in einem Umfeld, in dem Provokationen und Missverständnisse Kriege auslösen können, zuweilen sehr hilfreich.“ Dass Soleimani „ein legitimes militärisches Ziel“ gewesen sei, lasse „sich kaum bestreiten“. Teheran wisse jetzt, „wo Trumps Grenzen sind, und was es kostet, sie zu überschreiten“.

Die Argumentation der Süddeutschen erinnert an die berüchtigte „Hunnenrede“ von Kaiser Wilhelm II., der die deutschen Soldaten, die 1900 zur Niederschlagung des Boxeraufstands nach China fuhren, aufrief, dafür zu sorgen, dass es 1000 Jahre lang „niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen“. Sie zeigt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Deutschland wegen der Verbrechen der Nazis Hemmungen hatte, seine außenpolitischen Interessen mit rücksichtsloser Gewalt zu verfolgen.

Dies zeichnet sich seit langem ab. Die Behauptung, die Verteidigung deutscher Interessen erfordere einen „moralischen Preis“, durchzieht die außenpolitische Debatte seit Jahren wie ein roter Faden. So hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble letztes Jahr in einer Rede über „Deutschlands Rolle in der globalisierten Welt“ erklärt, „die pazifistische Grundhaltung der meisten Deutschen“ sei zwar „historisch nachvollziehbar“, aber „unsere Geschichte kann kein Feigenblatt sein. Sie darf nicht als Ausrede für Verantwortungslosigkeit dienen.“

Parallel zur Rechtfertigung der Ermordung Soleimanis entwickelt die Bundesregierung fieberhafte politische und militärische Aktivitäten, um ihren eigenen Einfluss im Nahen Osten und in Afrika zu stärken.

Am Sonntag veröffentlichten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Boris Johnson eine weitere gemeinsame Erklärung, in der sie den Iran ultimativ auffordern, „zur vollumfänglichen Einhaltung seiner Verpflichtung aus der Wiener Nuklearvereinbarung“ zurückzukehren, und mit der Verhängung eigener Sanktionen drohen. Die USA hatten sich vor einem Jahr einseitig aus dem Nuklearabkommen zurückgezogen und Sanktionen gegen den Iran verhängt, ohne dass die Europäer, wie sie es versprochen hatten, den Handel mit dem Land trotz der US-Sanktionen aufrecht erhielten.

Nun drohen die drei Regierungschefs sicherzustellen, „dass der Iran niemals eine Atomwaffe entwickelt“. Sie denunzieren „die destabilisierende Rolle des Irans in der Region, inklusive der iranischen Revolutionsgarden und der Al-Quds-Kräfte“, und erklären: „Unser Bekenntnis zur Sicherheit unserer Alliierten und Partner in der Region [d.h. der USA] ist unerschütterlich.““

https://www.wsws.org/de/articles/2020/01/14/deut-j14.html

https://www.sueddeutsche.de/meinung/usa-iran-trump-1.4753609

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm