Mensch überlege sich, wie viele deutsche Könige und Kaiser er kennt. Den meisten Menschen fallen nicht mehr als 5 Namen ein (wenn überhaupt) und kaum Ereignisse aus deren Leben.
Bei denjenigen, die auch nur ein wenig an Geschichte interessiert sind, steht an vorderster Stelle Friedrich II. - und es fallen mensch mehrere Sachen über sein Leben ein (auch, wenn sie nicht immer der Wirklichkeit entsprechen).
Viele fühlen sich magisch von ihm angezogen, werden in ihrer Phantasie von ihm beflügelt, schreiben sogar Bücher über ihn. Zu jenen zählte auch Horst Stern (siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/370-bemerkungen-ueber-horst-stern.html ).
Warum? Neben Exotik und Italien-Sehnsucht ist es vor allem seine Rationalität, die beeindruckt. Gegen Widerstände jeglicher Art macht er sein Ding, zieht seine Rationalität durch. Sich an Traditionen zu halten, ist dazu kein Widerspruch.
Vor 800 Jahren wurde Friedrich II. zum Kaiser gekrönt. Und er ist immer noch aktuell.
Kurze Einschätzungen
Schüler der Stephanusschule Krefeld haben eine sehr schöne thematische Einführung geschaffen:
Friedrich II "Stupor Mundi - das Staunen der Welt"
https://www.youtube.com/watch?v=chpikf09oRA
https://www.youtube.com/watch?v=1rXK5JyJP5E
Petra Riha: „Friedrich II. durch Gottes Gnade immer erhabener Kaiser der Römer, König von Jerusalem und Sizilien, Herzog von Schwaben, war eine der herausragendsten Herrschergestalten des Mittelalters. Der Enkel Friedrich Barbarossas und Sohn Kaiser Heinrichs VI. hatte ab 1218 die alleinige Macht im deutschen Reich.
1220 wurde er zum Kaiser gekrönt und beeindruckte seine Zeitgenossen in den folgenden drei Jahrzehnten durch seinen ausgeprägten Willen zur Macht und seinen unbändigen Wissensdrang. Er galt als Liebhaber sarazenischer Lebensart und wurde von mehreren Päpsten als Antichrist verteufelt. Nicht umsonst nannte ihn die Nachwelt Stupor Mundi, das Erstaunen der Welt …
Mit seinem Falkenbuch schuf er ein Pionierwerk abendländischer Ornithologie – Vogelkunde - , das ihn zum ersten empirischen Forscher seiner Epoche machte – noch vor Roger Bacon.“
http://www.nibelungenlied-gesellschaft.de/03_beitrag/riha/fs10_riha.html
„Friedrich II. (* 26. Dezember 1194 in Jesi bei Ancona; † 13. Dezember 1250 in Castel Fiorentino bei Lucera) aus dem Haus der Staufer war von 1220 bis zu seinem Tod römisch-deutscher Kaiser. Er war der Sohn Kaiser Heinrichs VI. und Konstanzes von Sizilien.
Der Kaiser über das Heilige Römische Reich wurde auch "stupor mundi" – das Erstaunen der Welt - genannt. Er war hochgebildet und beherrschte mehrere Sprachen, angeblich unter anderem Italienisch, Französisch, Latein, Griechisch, Mittelhochdeutsch und Arabisch. Er gilt allgemein als ein „Wunderwesen“ unter den deutschen Herrschern des Mittelalters und wurde sogar als der „erste moderne Mensch auf dem Thron“ (Jacob Burckhardt) bezeichnet.
Der Grund für diese Einschätzung war vor allem, dass er teilweise mit modern anmutenden Mitteln versuchte, das universale Kaisertum zu behaupten. Mit seinem Tod wird in der modernen Forschung der Beginn des so genannten Interregnums von 1250 bis 1273 angesetzt.“
„Später haben ihn nicht nur die Aufklärer und moderne Denker wie Nietzsche bewundert, der ihn als ‚ersten Europäer‘ feierte, sondern auch Hitler und Mussolini. In Italien galt Friedrich bis weit ins 20. Jahrhundert als Gründervater der Nation. An seinem Sarg in Palermo legen die Menschen bis heute Blumen nieder.“
Staat
Er drückt es nicht so aus, aber im Grunde versucht Friedrich in seinen Besitztümern den idealen Staat zu errichten, wozu unter anderem gut ausgebildete, nicht-korrupte Beamte zählen.
Die Größe einer Führungs-Persönlichkeit erkennt mensch darin, welches Personal er um sich schart. Als Minister, Beamte, Diplomaten. Bei Friedrich sind es die Besten seiner Zeit. Idealistisch, fähig, kritisch, loyal. Zu ihnen zählt etwa der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza:
„Aus dem Dunkel der Geschichte tritt er erstmals 1209, als er in Akkon - im heutigen Israel, fern seiner Heimat, zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt wird – ein Amt, das er dreißig Jahre lang, bis zu seinem Tod ausfüllen wird. In dieser Zeit erwirbt er sich Verdienste, die ihm einen festen Platz in der Geschichtsschreibung des Abendlandes sichern. Hermann von Salza baut den kleinen, ursprünglich karitativ ausgerichteten Orden systematisch zu einem militärisch schlagkräftigen Verband aus. Als brillanter Vermittler zwischen Papst und Kaiser avanciert er gleichzeitig zu einem der besten Diplomaten seiner Zeit. Hermann von Salza ist ein Glücksfall – für das Reich, den Kaiser und die Ritter seines Ordens …
Bald zählen auch Fürsten, Bischöfe, Päpste und selbst der Kaiser zu den Unterstützern des Ordens. 1214 überträgt König Friedrich II. dem Deutschen Orden ein Hospital und Besitz in Altenburg. In diese Zeit fällt auch dessen Bekanntschaft mit Hermann von Salza. Seit 1216 weilt Hermann als Gesandter der Kurie am Hofe Friedrichs. Der schätzt die diplomatischen Fähigkeiten des Hochmeisters. Bald schon zählt Hermann zu dessen Vertrauten, später auch zu den Freunden des Herrschers …
Im Auftrag Friedrichs engagiert sich Hermann für den Kreuzzug, welchen der Staufer dem Papst als Gegenleistung für die Kaiserkrönung versprochen hatte. Seit der vernichtenden Niederlage der Kreuzritter bei Hattin 1187, befindet sich Jerusalem in der Hand der Muslime. Geschickt fädelt Hermann die Heirat des Kaisers mit Isabella von Brienne, der Erbtochter des Königreichs Jerusalem, ein. Als 1225 in Brindisi Hochzeit gefeiert wird, erhält Friedrich einen neuen Titel und Hermann sichert für seinen Orden den Anspruch auf das beim Fall Jerusalems verloren gegangene deutsche Hospital …
Maßgeblich ist der thüringische Ordensmann 1229, als er Friedrich II. auf dem endlich eingelösten Kreuzzug begleitet, an den Verhandlungen mit dem ägyptischen Sultan beteiligt, die zur friedlichen Übergabe Jerusalems an die Christen führen.“
https://www.mdr.de/zeitreise/artikel12626.html
Aus „Wikipedia“: „Der Erzbischof von Palermo, Berard von Castagna, der Hochmeister des Deutschen Ordens Hermann von Salza und der später gestürzte Kanzler Petrus de Vinea hielten sich als enge Vertraute über Jahre in der Umgebung des kaiserlichen Hofes auf und standen Friedrich bei seinen politischen Entscheidungen beratend zur Seite.
Der wichtigste Bestandteil des Hofes war die Kanzlei, die für die Ausstellung der Urkunden zuständig war. Aus der Herrschaftszeit Friedrichs sind etwa 2700 Urkunden bekannt. Die Kanzlei wurde als „Sprachrohr kaiserlichen Willens“ aufgefasst, da die dort verfassten Texte die Selbststilisierung des Kaisers widerspiegelten. Die Kanzleitätigkeit verdeutlicht die gemeinsame Regierung von König und Fürsten. In den Einleitungen (Arengen) der Urkunden Friedrichs wird auf den gegenseitigen Nutzen gemeinsamer Entscheidungen von König und Fürsten verwiesen. Für wesentliche politische Entscheidungen versammelte Friedrich auf Hoftagen die wichtigsten geistlichen und weltlichen Großen. Die Hoftage galten im 12. und 13. Jahrhundert als „bedeutendste politische Verdichtungspunkte“ im Reich …
Nach acht Jahren Abwesenheit kehrte Friedrich im Dezember 1220 nach Sizilien zurück. Am 20. Dezember 1220 hielt er in Capua einen Hoftag ab und erließ eine kleine Sammlung von 20 Gesetzen für das Königreich Sizilien, die als Assisen von Capua bekannt wurden …
Für die Umsetzung der Assisen war eine leistungsstarke Verwaltung notwendig. Für deren Aufbau wurde auch eine neue einheitliche Silberwährung (Denare) eingeführt, welche die Einbindung Süditaliens in den europäischen Wirtschaftsraum ermöglichte. Unter Friedrichs Herrschaft wurde das Königreich Sizilien in Provinzen mit klar umrissenen Grenzen eingeteilt. Dies war in Europa eine bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Neuerung. Friedrichs Provinzeinteilung blieb bis zur Einigung Italiens 1860 in Kraft. Im Sommer 1224 gründete Friedrich eine Universität in Neapel. Es war die erste von einem Kaiser gegründete und von kirchlichem Einfluss unabhängige Universität in Europa. Die Universitätsgründung sollte den Nachwuchs an kaisertreuen Fachleuten, vor allem an Juristen, im Königreich Sizilien gewährleisten und dies unabhängig vom stauferfeindlichen Bologna oder anderen oberitalienischen Rechtsschulen. Friedrichs sizilische Untertanen sollten künftig nur noch an dieser Universität studieren.
Zur Herrschaftsstabilisierung gehörte auch Friedrichs Kampf gegen die Muslime auf Sizilien. Diese lebten dort seit dem 9. Jahrhundert, doch hatte sich die Bevölkerungsstruktur seit Roger II. zum Vorteil des lateinisch-christlichen Bevölkerungsanteiles und zu Lasten der Muslime verändert; die Muslime hatten sich in den mittleren Westen der Insel in schwer zugängliche Höhlenburgen zurückgezogen. Durch Raubzüge einiger aufständischer Muslime entstanden Unruhen und Ausfälle an königlichen Einkünften. Daher ging Friedrich 1222 militärisch gegen sie vor. Die Muslime leisteten bis zum Frühjahr 1225 erheblichen Widerstand und Friedrich musste mehrmals zur Finanzierung des Krieges von seinen Untertanen eine Sarazenensteuer einfordern. Zwischen 1224 und 1245 wurden Tausende sizilische Muslime in das über 800 Kilometer entfernte apulische Lucera deportiert, wo sie ungestört ihre Religion ausüben konnten. Friedrich gestand ihnen das Recht zur Religionsausübung, eine eigene Rechtsprechung und Selbstverwaltung zu. Die Muslime arrangierten sich mit der Situation, wurden treue Anhänger des Kaisers und dienten ihm als Soldaten und Hofpersonal. Mit Friedrichs Herrschaft endeten 1246 die arabische Besiedlung Siziliens und das Zusammenleben der christlichen und muslimischen Kulturen auf der Insel. Den Kampf gegen die Muslime nutzte Friedrich auch, um sich der Hochadligen zu entledigen, deren Gefolgschaft unsicher war. Die Grafen, die dem Kampf gegen die Muslime nachlässig nachgingen, wurden verhaftet und ihre Güter eingezogen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._(HRR)
Mathias Schreiber: „Seine Politik ist zukunftweisend, weit über das Mittelalter hinaus. Wie kaum ein Herrscher zuvor begreift er die "staatliche Verantwortung für das äußere Wohl und das Recht der Untertanen" (Friedrich-Biograf Wolfgang Stürner). So werden schließlich, 1231, die berühmten "Konstitutionen von Melfi" formuliert, ein imposantes Konvolut von 219 Einzelgesetzen in drei Büchern.
Etliche dieser Gesetze, mit denen Friedrich einem kirchenrechtlichen Vorstoß des Vatikans zuvorkommt, sind faktisch seit normannischer Zeit gültig; zum Beispiel hat schon König Wilhelm, Friedrichs Onkel, verfügt, was jetzt noch einmal festgeschrieben wird: Es "sollen auch die unglücklichen Weiber, welche in dem schändlichen Gewerbe der Unzucht ihr Geld verdienen, sich unseres Wohlwollens erfreuen in der frohen Empfindung, dass niemand sie gegen ihren Willen nötigen darf, seine Lust zu befriedigen".
Erstaunlich hart ist die Anweisung Friedrichs gegen Korruption: "Staatsbeamte oder Richter, die zur Zeit ihrer Amtstätigkeit öffentliche Gelder heimlich beiseite geschafft haben, werden mit dem Tode bestraft." Das "Staatsverbrechen" der Bestechung wird mit hoher Geldstrafe geahndet. Außerdem wird angeordnet, dass Ärzte eine Prüfung an der medizinischen Hochschule in Salerno bestehen müssen; es gibt sogar Vorschriften zur Reinhaltung der Luft und der Tiefe der Grabstätten.
Mit solcher Ratio ist das Verbot, vom "katholischen Glauben" abzufallen - den "Abtrünnigen" wird "ihr ganzes Vermögen" entzogen -, kaum zu vereinbaren, erst recht für das Verdikt, den christlichen Glauben "unverkennbar zu beschimpfen" - darauf steht die Todesstrafe. Für diese Gesetze gibt es vor allem politische Gründe: "Wer die göttliche Ordnung in Zweifel zog und gegen sie agierte, griff die gottgewollte Majestät des Kaisers an", so der Historiker Ekkehart Rotter in seiner Biografie "Friedrich II. von Hohenstaufen". Häresie ist Hochverrat. In dem Gesetz steckt indirekt die Anmaßung, der Kaiser sei so unmittelbar Gott zugeordnet wie der Papst. Dennoch soll dieser fromm wirkende Paragraf wohl auch den Papst besänftigen.
Diese erste umfassende mittelalterliche Kodifizierung von Rechten und Pflichten bleibt bis ins 19. Jahrhundert in Süditalien mehr oder weniger gültig und ist bis heute, neben dem römischen Recht, der Inbegriff einer rational um "Grundsätze der Gerechtigkeit" (Friedrich II.) bemühten, allerdings stark zentralisierten Staatsverwaltung. In ihr muss selbst der oberste Herrscher dem Gesetz gehorchen.“
https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-72327426.html
„Aufbauend auf der auf Rationalisierung und Territorialisierung ausgerichteten zentralen Verwaltung seines Großvaters, Roger II. (1095-1154), baute Friedrich ein ihm unterstehendes Beamtentum auf. Damit überwand er die zentrifugalen Kräfte des Lehnswesens. Die Beamten wurden auf Zeit ernannt, durften nicht aus der Region, in der sie tätig waren, stammen, und dort auch keinen Besitz haben oder heiraten.
Bezahlt wurden sie von der Krone, ausgebildet auf der 1224 von Friedrich gegründeten Universität von Neapel, der ersten, von kirchlichem Einfluß freien Hochschule Europas. Außerdem führte er eine neue einheitliche Silberwährung, die Denare, ein. Die alten Münzen mußten zwangsweise umgetauscht werden. Damit wurde Süditalien in den auf Silberwährung basierenden europäischen Wirtschaftsraum integriert.
Auch das Rechts- und Justizwesen wurde zentralisiert. Vom König eingesetzte Großjustitiare und Justitiare behandelten sämtliche Rechtssachen. Waffentragen in der Öffentlichkeit wurde verboten, ebenso Selbstjustiz und Zwangsmaßnahmen auf eigene Faust sowie Fehden. Die königlichen Kastelle erhielten eine ständige Besatzung, die eine Art polizeiliche Gewalt ausübte. Einen weiteren Schritt zur Festigung seiner Verwaltung setzte er 1231 mit den Konstitutionen von Melfi.
Friedrich schuf keinen modernen Zentralstaat, seine Herrschaft war keineswegs die „erste absolute Monarchie des Abendlandes” (Kantorowicz). Der Begriff „Beamte” für das Verwaltungspersonal ist anachronistisch; die Beamtenschaft war keine Institution, sondern existierte nur durch ihn und für ihn. Eine Verbundenheit zu einem Staat gab es nicht, da es diesen Staat im modernen Sinn nicht gab.“
https://www.bilderreisen.at/portraets/portraets-sizilien-friedrich.php
König von Jerusalem
„… Noch dazu erzürnte Friedrich den Papst mit seiner Offenheit gegenüber anderen Religionen. Sizilien war traditionell arabisch geprägt, an Friedrichs Hof in Palermo wirkten jüdische und muslimische Gelehrte. Dazu Michael Menzel:
„Das war wiederum jetzt nicht so einmalig, dass ein Herrscher sich einen intellektuellen Hofstaat leistete, aber dass das aus Muslimen, Juden und Christen gleichberechtigt alles nebeneinander war, das ist schon was Besonderes. Er hat Schriften aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzen lassen, in großem Maße, so etwas gab es nur an wenigen Übersetzerschulen in ganz Europa.““
„Friedrich hatte sich selbst gegenüber dem Papst zum Kreuzzug in das Heilige Land verpflichtet. Am 9. November 1225 hatte er in Brindisi die Königin von Jerusalem, Isabella II. (Jolande) geheiratet und sich selbst am gleichen Tag zum König von Jerusalem erklärt. Isabella starb bereits 1228 bei der Geburt des späteren Konrad IV., hatte aber damit den Anspruch auf Jerusalem an die staufische Dynastie weitergegeben.
Ein Beispiel dafür, wie sehr sich Friedrich von seinen Zeitgenossen unterschied, war der Kreuzzug in das Heilige Land. Als intimer Kenner der arabischen Mentalität „eroberte“ er Jerusalem durch langwierige Verhandlungen und einen Vertragsschluss.
Dass in der christlichen Welt friedliche Verhandlungen anstelle einer kriegerischen Eroberung als Hochverrat betrachtet wurden, war Friedrich gleichgültig. Seither betonten Friedrich und seine zahlreichen Anhänger, darunter auch Theologen, den messianischen Charakter seines Kaisertums, was im Kampf mit dem Papsttum dahingehend umgedeutet wurde, Friedrich sei der Kaiser der Endzeit, der Friedenskaiser.“
Wissenschaft
Aus „Wikipedia“: „Der Hof war nicht nur politischer, sondern auch kultureller Anlaufpunkt. Am Hof Friedrichs sammelten sich christliche, muslimische und jüdische Gelehrte. Aus diesen Gründen wurde sein Hof in der Mediävistik als „Drehscheibe des Kulturtransfers“ bezeichnet. Der wichtigste wissenschaftliche Berater und Übersetzer für arabische philosophische Texte war am Hof der Schotte Michael Scotus. Sein Liber introductorius („Buch der Einführung“) gehört zu den bedeutendsten Werken, die am Hof Friedrichs entstanden. Das Interesse des Kaisers galt auch der Mathematik. Diskussionen über mathematische Probleme führten am Hof der Mathematiker Johannes von Palermo und der Hofarzt Theodor von Antiochia. Auch der bedeutende Mathematiker Leonardo da Pisa kam mit Friedrich zusammen; im Juli 1226 diskutierte er mit ihm über Probleme der Arithmetik. Am Hof Friedrichs versammelte sich auch ein Kreis von Dichtern. Neben Friedrich selbst und seinen Söhnen Manfred, Enzio und Friedrich von Antiochia gehörten Jakob von Morra, Arrigo Testa, Jakob Mostacci, Giacomo da Lentini, Guido delle Colonne, Rainald von Aquino und Petrus de Vinea der so genannten Sizilischen Dichterschule an. Von den 320 am Hof entstandenen und noch erhaltenen Gedichten sind mehr als die Hälfte anonym überliefert. In diesem Umfeld entstanden nicht nur neue Gedichte, sondern auch durch Giacomo da Lentini das aus vierzehn elfsilbigen Versen bestehende Sonett als völlig neue lyrische Form. Friedrichs Interesse für Medizin und die Naturwissenschaften schlug sich auch in der Realität nieder. Der Kaiser erließ Gesetze gegen Luft- und Wasserverschmutzungen sowie eine Approbationsordnung für Ärzte und Apotheker.
Seine bevorzugte Freizeitbeschäftigung war die Falkenjagd. Wohl kein anderer mittelalterlicher Herrscher hat sich so sehr für die Jagd mit Falken begeistert wie Friedrich II. Zeitweise standen bis zu 50 Falkner in Friedrichs Diensten. Die Jagd mit abgerichteten Falken oder Habichten war aber nicht nur höfisches Statussymbol oder bloßer Zeitvertreib, sondern für Friedrich eine Wissenschaft. Er ließ dazu die Literatur zur Vogelkunde herbeischaffen. Die arabische Jagdliteratur ließ er ins Lateinische übersetzen. Zahlreiche muslimische Falkner aus Ägypten und Arabien zog der Kaiser an seinen Hof. Angeregt durch den Kontakt mit Sarazenen führte Friedrich die Falkenhaube in die abendländische Falknerei ein und entwickelte sie weiter. Eine weitere Innovation lag in der Verwendung von Geparden für die Beizjagd.
Unter Friedrich II. erreichte die didaktische Jagdliteratur einen Höhepunkt. In seinem letzten Lebensjahrzehnt verfasste der Kaiser sein Buch De arte venandi cum avibus („Über die Kunst mit Vögeln zu jagen“). Das Falkenbuch beschreibt verschiedene Ansätze bei Fang und Zähmung von Falken. Außerdem schildert es Experimente, die wissenschaftliche Fragen klären sollten. Einem Falken wurden die Augen zugenäht, um herauszufinden, ob diese Raubvögel Fleisch mit dem Geruchssinn oder optisch wahrnehmen. Ein anderer Versuch sollte klären, ob Straußeneier durch die Kraft der Sonne ausgebrütet werden können. Über einhundert Vogelarten werden beschrieben, einige davon zum ersten Mal. Das Werk ist eine äußerst wichtige Quelle für die Zoologie im 13. Jahrhundert. Bei Friedrichs Tod war das Buch noch nicht fertiggestellt. Sein Sohn Manfred war ebenfalls ein begeisterter Falkner und setzte die Arbeit fort. Bereits im 13. und 15. Jahrhundert erfuhr das Werk (Teil)-Übersetzungen ins Französische. Ein weiteres wichtiges Buch über die Falkenjagd ist der sogenannte Moamin. Beim Moamin handelt es sich um zwei arabische Falknereitraktate aus dem 8. und 9. Jahrhundert. Friedrich gab die Übersetzung aus dem Arabischen ins Lateinische 1240 seinem Arzt Theodor von Antiochia in Auftrag und nahm selbst umfangreiche Ergänzungen vor, so dass von einem zweiten Falkenbuch des Kaisers gesprochen wird.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_II._(HRR)
Mathias Schreiber: „Friedrichs vielgerühmte Offenheit für die Naturwissenschaft war kaum sensationeller als die eines spanischen Kollegen jener Zeit, des kastilischen Königs Alfons X. (1221 bis 1284), der ein Enkel Philipps von Schwaben war. Alfons verband das Interesse für Wissenschaft, vor allem Astronomie, für Poesie, Geschichtsschreibung, Würfelspiel (über das er ein Handbuch verfasste), Jagd und römisches Recht mit praktischer religiöser Toleranz - er ließ den Koran und den Talmud ins Kastilische übersetzen. Friedrichs Neigung zur Naturwissenschaft wird auch durch die päpstliche Propaganda übertrieben, um ihn als Jesus-Verräter brandmarken zu können, der nichts glaube, "was nicht durch die Natur und die Wissenschaft bewiesen werden könne".
In diesen Kontext gehört die Horrorstory von Friedrichs Obsession, die menschliche Ur-Sprache durch Experimente mit Säuglingen zu erkunden. Der Kaiser soll Ammen befohlen haben, ausgesuchte Babys zwar zu versorgen, aber mit ihnen kein Wort zu sprechen. So wollte er angeblich herausfinden, ob die ersten Sprechversuche der Kleinen auf Hebräisch, Griechisch, Arabisch, Lateinisch oder bloß in der Sprache ihrer Eltern stattfänden. Doch ohne die Koseworte ihrer Ammen seien die Babys verkümmert und gestorben.
Aufgeschrieben hat diese Geschichte, nach dem Tod des Kaisers, der Chronist Salimbene de Adam; sie enthält "zweifellos Produkte der Phantasie des Franziskaners", wie Hubert Houben in seiner 2008 publizierten Friedrich-Biografie urteilt. Salimbene liebt es, Friedrich, den er irgendwie bewundert, gleichwohl als gottlosen Herrscher und genießerischen Epikureer anzuschwärzen. Von ihm stammt auch die Geschichte, Friedrich habe einen zum Tode Verurteilten in ein Weinfass einschließen lassen, um zu sehen, ob bei dessen Exitus die Seele aus dem Loch huscht. Nach diesem Experiment habe Friedrich den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele verloren.
Schreckensanekdoten und Lobeshymnen sind fast die einzigen zeitgenössischen Quellen, die über die Persönlichkeit Friedrichs Auskunft geben. Beiden Sichtweisen dürfen wir nicht trauen. Authentisch daran ist der Streit, dem sie jeweils dienen; die von ihnen verbreitete Charakterisierung der Person des Herrschers ist historisch nur sehr begrenzt brauchbar.“
https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-72327426.html
Petra Riha schreibt Lesens- und Wissenswertes zu „Das Falkenbuch Friedrichs II.“: http://www.nibelungenlied-gesellschaft.de/03_beitrag/riha/fs10_riha.html
Das Falkenbuch Friedrichs II.
https://www.youtube.com/watch?v=tFf09OHkrM4
Exotik
„Am 15. Juli 1235 heiratete Friedrich II. in vierter Ehe im Wormser Dom Isabella Plantagenet, auch Elisabeth genannt (* 1214; † 1. Dezember 1241 in Foggia). Sie war eine Tochter von König Johann Ohneland, Nichte von Richard Löwenherz und zu jener Zeit die Schwester des englischen Königs Heinrich III. Friedrich war etwa 20 Jahre älter als sie.
Die Vermählung wurde mit einem aufwändigen exotischen Festzug gefeiert. Der zeitgenössische Chronist Gottfried von Viterbo schreibt:
„Er aber fuhr, wie es der kaiserlichen Majestät geziemt, in großer Pracht und Herrlichkeit einher, mit vielen Wagen, beladen mit Gold und Silber, Batist und Purpur, Edelsteinen und kostbaren Geräten, mit vielen Tieren, nämlich Kamelen und Dromedaren, angeführt von Sarazenen, die verschiedener Künste kundig waren, schließlich Affen und Leoparden, geführt von Äthiopiern, die sein Geld und seine Schätze bewachten.“
Der Festzug endete am Dom.“
Mathias Schreiber: „… Er sieht sich aber gezwungen, auf dem Reichstag in Ravenna diese Rechte urkundlich zu bestätigen.
Zu diesem Reichstag erscheint Friedrich wie ein orientalischer Herrscher: mit einem prächtig herausgeputzten Gefolge, mit Falknern samt Vögeln, Reitern auf Araberpferden, Gauklern, Tänzerinnen, mit Elefanten, Kamelen, Affen, Panthern, Löwen und Leoparden.“
https://www.spiegel.de/spiegel/spiegelgeschichte/d-72327426.html
Danach
„Friedrich II. von Staufen, der Erbe Barbarossas war römischer Kaiser deutscher Nation und König von Jerusalem. Der Papst erklärte ihn zum Anti-Christ. Man versteht diesen mächtigen Kaiser, der keinen Nachfolger seines Formates hatte, am besten, wenn man ihn aus dem Geiste des Mittelmeers und nicht als deutschen Nationalgeist deutet. Nach seinem Tode brach das Stauferreich zusammen.
Dr. Olaf Rader von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften widmete dem Kaiser ein faszinierendes Buch.“
https://www.dctp.tv/filme/der-deutschen-liebster-kaiser?thema=die-stauferkaiser
Das Video mit Olaf Rader im Gespräch ist im Link eingebettet.
„Mit dem Machtverlust des Königtums im Interregnum nach Friedrichs Tod entstand in Deutschland die Legende vom Kaiser Friedrich, der im Kyffhäuser-Gebirge schlafe (in Sizilien schlief er allerdings im Ätna) und nach seinem Aufwachen das Reich zur Größe zurückführen werde.
Erst im 16. Jahrhundert wurde diese Legende auf seinen Großvater, Friedrich I. Barbarossa, übertragen.“
Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass ein Freigeist wie Friedrich II. aus Sicht der Obrigkeit weder als Vorbild noch als Hoffnungsträger dienen sollte.
Aus deutscher Sicht interessieren an ihm vor allem Exotik, Italien-Sehnsucht und seine Rationalität.
Aus italienischer Sicht die Kultivierung von (süd-)italienischer Volkssprache und Musik. Zusätzlich sein Widerstand gegen Papst bzw. den Kirchenstaat, also aus späterer Sicht für die italienische Einigung ohne eben diesen Kirchenstaat.
Aus muslimischer Sicht die Toleranz, der Austausch und das Zusammenleben der Religionen. So ziemlich jeder halbwegs gebildete Araber kennt diese Periode der Geschichte. Sofern er noch nicht mit den geschichtslosen Europäern zu tun hatte, wird er darüber enttäuscht sein, dass diese darüber nichts wissen.
Immerhin gibt es doch einige Interessierte, die zu den zahlreichen noch existierenden Stätten in Sizilien und Apulien reisen, die an Friedrich II. und seine Zeit erinnern. Darunter der Dom in Palermo und das Castel del Monte in Apulien.
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm
Das Böse verlachen
- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -
Besondere Helden
Die ersten drei Videos stammen von der Bundesregierung und sind ernst gemeint
https://www.youtube.com/watch?v=krJfMyW87vU
https://www.youtube.com/watch?v=UH1757U0aeg
https://www.youtube.com/watch?v=BpYZvtmkGw4
https://www.youtube.com/watch?v=lthzJTK__5E&feature=emb_logo
https://www.youtube.com/watch?v=r9bHbivT0jk
https://www.youtube.com/watch?v=jiP32ttfwsM
Im CORONA-Denunziationsbüro
https://www.youtube.com/watch?v=-6HDXBhumps
Das Wilde Schaf: Sendung #3