Oktoberfest-Attentat

Vor 40 Jahren war der bisher größte Terror-Anschlag in Deutschland mit 13 Toten und über 200 Verletzten.

Das ist lange her und doch sehr aktuell.

Nicht nur deshalb, weil darin der deutsche Geheimdienst verwickelt war.

 

Gladio

 

Nachweislich hatte der deutsche Geheimdienst die sich formierende RAF mit Sprengstoffen ausgestattet und somit radikalisiert, war involviert in die Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Ermordung des Bankiers Alfred Herrhausen.

Siehe dazu unter anderem http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/124-herrhausens-ende.html und http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/274-buback.html

Ausnahmslos alles deutet darauf hin, dass der Geheimdienst auch in das Oktoberfest-Attentat verwickelt war.

Ob mensch diese ganzen Terror-Operationen unter „Gladio“ bzw. „Stay Behind“ (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/196-gladio.html ) einordnen möchte, bleibt ihm selbst überlassen. Im Grunde ist dies auch egal.

Der Terror der eigenen Bevölkerung mit dem Ziel, Angst und Schrecken zu verbreiten, geht munter weiter. Unter anderem mit den NSU-Morden, siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/339-staatlicher-untergrund.html

Wolf Wetzel im Jahr 2016: „Der Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 liegt heute über 35 Jahre zurück, aber die Art und Weise, wie dieser damals „aufgeklärt“ wurde, kann einiges erhellen, was heute im Kontext der NSU-Terror- und Mordserie noch im Dunkel verweilt. Gerade hat der Mitteldeutsche Rundfunk eine „Pannenchronik“ zum NSU-Komplex veröffentlicht (Verfassungsschutz und NSU – eine Pannenchronik vom 12. 5.2016), die überwiegend als einmalig bis bedauerlich qualifiziert wird. Wenn man zum Vergleich dazu die „Pannenchronik“ zum Oktoberfestanschlag in München danebenlegt, wird man verblüffende Parallelen feststellen: Akten, Asservate und Beweismittel verschwinden, V-Mann-Akten bleiben verschlossen, falsche Fährten werden gelegt, wichtige Spuren unterschlagen, die Aufklärungssabotage als Staatswohl ausgelobt.

Der Terroranschlag auf das Oktoberfest in München ereignete sich am 26. September 1980. Dreizehn Personen wurden ermordet, über 200 zum Teil schwer verletzt. Kurz und doch lang genug wurde dieser Anschlag der Roten Armee Fraktion/RAF zugeschrieben. Dann wurde daraus ein schrecklicher Anschlag eines verwirrten und unpolitischen Einzeltäters. Daran hielt man sich – auch ohne Fakten, denn diese machten einen neonazistischen Anschlag, der von mehreren Personen geplant und ausgeführt wurde, viel wahrscheinlicher, als die ›Einzeltäterthese‹. Auch mehrere Versuche, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen einzufordern, wurden abgewiesen. Die Weigerung, mehr als einen (toten) Täter finden zu wollen, dauerte über 30 Jahre.

Ende 2014 erklärte die Generalbundesanwaltschaft, dass sie das Ermittlungsverfahren wieder aufnehmen werde: »Es gebe nun Hinweise, die auf ›bislang unbekannte Mitwisser‹ hindeuten könnten, sagte Generalbundesanwalt Range.« (DER SPIEGEL vom 11.12.2014)

Das ist vor allem der unermüdlichen Arbeit des Opferanwaltes Werner Dietrich zu verdanken. Genau das, was Aufgabe der Ermittlungsbehörden wäre, hat er getan: Hinweisen und Zeugenaussagen zu folgen, die bis heute ›unter den Tisch fielen‹, die der Einzeltäterthese vehement widersprechen.

Der Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980

Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 1980 läuft auf Hochtouren. Die maßgeblichen Parteien, die um die Macht ringen, stimmen ihre WählerInnen auf eine tragödienhafte Schicksalsentscheidung ein, ganz vorneweg CSU/CDU. Ihre Parole lautet nicht mehr und nicht weniger: ›Freiheit statt Sozialismus‹.

Das Gespenst des Kommunismus sollte wieder umgehen, ein Gespenst, mit dem man einen Weltkrieg begann und verlor. Ein Gespenst, das schon so verwirrt ist, dass es gar die SPD systemüberwindender Vorstellungen verdächtigte. Nun galt es wieder einmal, zusammenzustehen: die Christlichen, die Nationalen, die Deutschen, die Vaterländischen, die Konservativen. Eine Einladung nach ganz rechts. Mit mörderischen Folgen.

Am 26. September 1980 explodierte im Herzen Bayerns, auf dem Oktoberfest in München, eine Bombe – dieses Mal mit militärischem Sprengstoff, am Zugang zur Wiesn in einem Mülleimer deponiert, mit dem klaren Kalkül, x-beliebige BesucherInnen zu töten. Der Plan ging auf blutige Weise auf. Dreizehn Menschen wurden ermordet, über 200 zum Teil schwer verletzt.

Renate Martinez war Mitarbeiterin im Papierhandel. Sie hatte vor, auszuwandern und wollte mit einem Bummel über das Oktoberfest Abschied nehmen. Sie befand sich am Ausgang, »als mich die Druckwelle von hinten traf. Fast gleichzeitig konnte ich den Feuerschein sehen. (…) Ich bin geflogen, und noch im Fliegen habe ich gedacht: Das werden sie den Linken in die Schuhe schieben.« (Es war ein Alptraum, SZ vom 12.12.2014)

Renate Martinez sollte Recht behalten.

Die Spuren waren noch nicht gesichert, geschweige denn ausgewertet, da ließ der Bundeskanzlerkandidat von CSU/CDU, Franz Josef Strauß, die nächste Bombe platzen. Er bezichtigte die RAF des Anschlages und bot sich sogleich als der Mann an, der mit diesem ›Terror von links‹ ein für alle Mal aufräumen würde.

Sowohl die Bombe als auch die Rettervision passten in die Schicksalsinszenierung. Nur einer der Toten nicht. Bereits einen Tag später stand fest, dass sich auch ein Attentäter unter den Opfern befand: Gundolf Köhler. Seine persönliche und politische Biografie war nicht zu übersehen. Er hatte ein Hitlerbild über seinem Bett hängen. Die RAF verschwand, das Hitlerbild auch. Aus Gundolf Köhler wurde in den folgenden zwei Jahren ein junger verwirrter Mann, ein Einzeltäter, der alles hatte, nur kein politisches Motiv. Das war dann auch das Ermittlungsergebnis – bis heute.

Was macht also das Wiederaufnahmeverfahren so brisant, während gleichzeitig der NSU-Prozess in München läuft, der sich der lückenlosen Aufklärung der Mord- und Terrorserie des NSU verschrieben hat?

Es gibt drei Ebenen, die sich hier ineinanderschieben und sich auf verblüffende Weise überschneiden:

1. ZeugInnen, Rechtsanwälte, Journalisten bezweifeln seit Jahren die Einzeltätertheorie und werfen den Ermittlungsbehörden vor, Spuren und Erkenntnissen nicht zu folgen, die einen neonazistischen Hintergrund belegen und die Beteiligung von mehreren Personen verifizieren.

2. Während immer wieder unterschlagene Fakten und neue öffentlich werden, werden asservierte Beweise Zug um Zug vernichtet. Bereits ein knappes Jahr nach dem Oktoberfestanschlag werden 48 Zigarettenkippen aus Köhlers Auto entsorgt. Dann werden die sichergestellten Bombensplitter für eine spätere Beweiswürdigung vernichtet. Und als wären diese Straftaten im Amt nicht genug, verschwindet ein Arm auf unerklärliche Weise: »Die Bundesanwaltschaft bestätigte (…), dass keine Spuren des Attentats mehr vorhanden sind. ›Die Asservate wurden Ende des Jahres 1997 vernichtet, weil der Fall als aufgeklärt gilt und sämtliche Ermittlungen nach eventuellen Mittätern ergebnislos verlaufen sind‹, sagte Sprecher Frank Wallenta.« (SZ vom 17.5.2010) Begleitend und unterstützend verschwinden Akten bzw. werden unter Verschluss gehalten.

3. Die Frage steht im Raum: Warum weigern sich staatliche Behörden so vehement dagegen, den neonazistischen Hintergrund dieses Anschlages aufzuklären? Gibt es etwas zu verteidigen, zu schützen, was weit über eine neonazistische Tat hinausreicht? Welches Motiv haben Politiker, Ermittler und Journalisten, die ›Einzeltäterthese‹ zu decken? Warum wird bis heute jeder Zusammenhang zur neonazistischen ›Wehrsportgruppe Hoffmann‹ und anderen paramilitärisch organisierten Neonazis (wie den ›Deutschen Aktionsgruppen‹) geleugnet?

Was macht also diesen neonazistischen Mordanschlag in München 1980 so brisant und aktuell?

Der neonazistische Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 wirft lange Schatten – bis in die Gegenwart

Wer glaubt und hofft, vorsätzlich falsche Ermittlungen, Vernichtung von Beweisen, Falschaussagen im Amt, das (Ver-)Decken neonazistischer Strukturen und der politische und mediale Wille, all die zu schützen, beschreiben nur den NSU-VS-Komplex, der sollte sich in gutem Sinnen desillusionieren lassen.

Denn das, was (im besten Fall) als Ermittlungspannen (damals wie heute) ausgegeben wird, wird eben nicht durch ›bedauerliche Zufälle‹ zusammengehalten, sondern durch die Zusammenarbeit aller Behörden und aller politischen Institutionen, die an der (Nicht-)Aufklärung beteiligt waren und sind. Die Hoffnung auf etwas Einmaliges, auf eine Vielzahl von Zufällen dient vielleicht auch dem Schutz vor der Tatsache, dass dies eine lange, ungestörte Kontinuität hat.

Kaum eindringlicher lässt sich dies am Oktoberfestanschlag in München 1980 nachzeichnen.

Aber es gibt noch eine viel wichtigere Überschneidung. Im NSU-Kontext kann man an Details belegen, wo und wie staatliche Behörden den Aufbau eines neonazistischen Untergrundes ermöglicht bzw. nicht verhindert haben. Ob diese vielen Puzzles ein Bild ergeben, ob sie nur ›spontan‹ zusammenwirken oder eine Systematik abbilden, ist noch offen. Auch die Frage, ob und wann staatliches Handeln zentral veranlasst, koordiniert und gedeckt wurde (wie z.B. die Aktenvernichtungen in allen Behörden ab November 2011).

Die Linie zwischen aktiver Unterlassung und passiver Aktivierung eines neonazistischen Untergrundes, zwischen aktivem Gewährenlassen und direkter Unterstützung ist im NSU-Kontext schwer zu ziehen, vor allem im Hinblick auf den Gesamtkomplex.

Ganz anders sieht es hingegen mit dem neonazistischen Terror der 70er und 80er Jahre aus. Was auch damals als schriller Alarmismus und blanke Verschwörungstheorie abgetan wurde, trägt spätestens seit 2013 ein staatliches Hoheitssiegel: Seit über 40 Jahren wurden neonazistische Gruppierungen als legale und terroristische Variante gestärkt und gedeckt und in einen staatlichen Untergrund integriert. Dieser staatseigene Untergrund bekam den Namen ›stay behind‹. Bewaffnet, angeleitet und instruiert wurde er vom Bundesnachrichtendienst/BND.

Das hört sich auch heute noch ungeheuerlich an. Man fühlt sich gleichzeitig an die ›Banalität des Bösen‹ (Hannah Arndt) erinnert, wenn man dazu die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Partei DIE LINKE liest, die im Plenarprotokoll 17/236 dokumentiert ist. Auf die parlamentarische Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE), »welche eigenen Anstrengungen (…) die Bundesregierung in den letzten 20 Jahren unternommen (hat), um die Beteiligung ihrer Behörden an weiteren Tätigkeiten der besagten ›Gladio/Stay behind‹-Truppe der NATO auszuschließen oder zu bestätigen«, erklärte der Staatsminister Eckard von Klaeden:

»Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst.« (Plenarprotokoll 17/236, Anlage Nr.15, S. 64 vom 24.4.2013)

Was hier in einem Satz ad acta gelegt wird, ist keine Verordnung für alte Glühbirnen, sondern die jahrzehntelange Zusammenarbeit von Neonazis und Geheimdienst, mit einer Blutspur, die sich durch ganz Europa zieht.

Ende der 50er Jahre wurde auf NATO-Ebene beschlossen, Faschisten in einem geheimen Programm zu bewaffnen und auszubilden, um sie als irreguläre Einheiten einzusetzen. Das Szenario, das die Wiederbewaffnung von Faschisten in Europa rechtfertigen sollte, ging von einem militärischen Überfall der Sowjetunion auf den friedliebenden Westen aus. Die Faschisten sollten darin die Aufgabe übernehmen, sich ›überrollen‹ zu lassen, um dann hinter den Linien den kommunistischen Feind zu bekämpfen. Aus dieser Zeit stammt auch der Name dieses Programmes: stay behind. Dazu legte man über die ganze Bundesrepublik verteilt geheime Waffendepots an und unterrichtete die Neofaschisten in Techniken des Nachrichtenwesens und der Sabotage.

In den 70er Jahren passte man das Bedrohungsszenarium den veränderten Bedingungen an. Die ›Russen‹ kamen nicht – aber der Feind, der die ›rote Gefahr‹ ersetzen sollte, war schon da. Durch die zahlreichen Proteste und Bewegungen in Europa im Anschluss an die 68er-Revolten sah man Regierungen oder gar die kapitalistische Ordnung in Gefahr. Was mit legalen Mitteln nicht mehr unterdrückt werden konnte, sollte mithilfe dieser faschistischen Reserve bekämpft werden. In Italien bekam diese Form des Staatsterrorismus den Namen ›Gladio‹. Faschisten sollten durch gezielte Angriffe auf AntifaschistInnen die Linke schwächen, und durch Anschläge auf linke Parlamentarier ein Klima schaffen, das der Regierung freie Hand dabei geben sollte, Schutzrechte außer Kraft zu setzen oder gar einen Militärputsch zu legitimieren (wie dies als Worst Case geplant war). Hunderte von Toten und Dutzende von Bombenanschlägen gehen auf das Konto dieser ›stay-behind-Operationen‹.

In einigen Ländern wurde die Geschichte dieses Staatsterrorismus politisch aufgearbeitet, zumindest in Angriff genommen, wie in Italien, der Schweiz und zuletzt in Luxemburg.

Und in Deutschland? Hat die lapidare Erklärung der Bundesregierung aus dem Jahre 2013 Entrüstung, Empörung ausgelöst? Wurde auch nur einmal im Parlament die Frage laut gestellt: Wer hat diesen Staatsterrorismus politisch befürwortet und gedeckt? Wer ist bis heute politisch und strafrechtlich dafür verantwortlich? Welche Terroranschläge tragen die Handschrift von ›stay-behind‹? Dabei geht es nicht nur um den Oktoberfestanschlag in München, sondern auch um das Attentat auf einen jüdischen Buchhändler in Nürnberg 1980 oder den Brandanschlag auf das jüdische Altersheim und Gästehaus in München 1970, bei dem sieben Menschen ermordet wurden. Anschläge, die bis heute ›unaufgeklärt‹ sind.

Auch wenn die Entscheidung der Bundesanwaltschaft guttut, die Ermittlungen im Fall des Oktoberfestanschlages 1980 wieder aufzunehmen, so wundert doch sehr, dass mit keinem einzigen Wort ein möglicher Zusammenhang zu besagten ›stay-behind‹- Terrorgruppen hergestellt wird.

Die Frage, wer hat diesen Staatsterrorismus ermöglicht und gedeckt, ist nicht nur im Hinblick auf diesen staatseigenen Untergrund von grundsätzlicher Bedeutung. Nicht minder wichtig ist es, öffentlich und vernehmbar die Frage zu beantworten: Warum wurde die Einzeltäterthese bis zuletzt – auf Teufel komm raus – verteidigt? Wohin kommt man, wenn man den zahlreichen Spuren zu weiteren Neonazis folgt?

Wenn heute unbestritten ist, dass (Neo-)Nazis vom deutschen Auslandsgeheimdienst BND in ›stay-behind‹-Operationsgruppen organisiert wurden, dann ist es Aufgabe dieses Geheimdienstes und dieser Bundesregierung, im Detail zu belegen, woran sich diese Terrorgruppen beteiligt haben, woran sie nicht beteiligt waren!

Kann es also sein, dass die Einzeltäterthese nicht von Fakten gedeckt wird, sondern einzig und allein von dem geballten Willen, den Weg zu Mittätern zu versperren, die in Verbindung zu ›stay-behind‹ stehen? Ja.

Gundolf Köhler war nur in den Augen der Ermittlungsbehörden ein Unpolitischer. Um diese Lüge nicht zu gefährden, war man bereit, selbst die Beweislage zu manipulieren: »In Gundolf Köhlers Zimmer in Donaueschingen fanden die Polizisten seinen Wikingjugend-Ausweis – und ließen ihn liegen.« (Vernichtete Spuren – Ermittlungsfehler mit Tradition, BR vom 31.1.2015)

Auch seine engen Verbindungen zur neonazistischen ›Wehrsportgruppe Hoffmann/WGH‹ waren den Ermittlern bekannt, was auch zahlreiche Zeugen zu Protokoll gegeben hatten. Diese Begeisterung ging so weit, dass er selbst eine ›Wehrsportgruppe‹ im Raum Donaueschingen gründen wollte (Bundestagsdrucksache 18/3117, S.17)

Er war nicht alleine am Tatort. Zeugen hatten mindestens zwei weitere Personen an jenem Mülleimer gesehen, in dem die Bombe platziert worden war. Eine Zeugenbeobachtung, die so präzise war, dass sie auch von einem Streit zwischen drei Personen berichten konnte.

Der ehemalige Beamte, der sich jetzt als Zeuge bei Rechtsanwalt Dietrich meldete, würde nicht nur die bisherigen Zeugenaussagen bestätigen. Er würde den Tatablauf um ein entscheidendes Puzzle ergänzen. Der Beamte war am Tag des Oktoberfestanschlages mit fünf weiteren Arbeitskollegen auf dem Weg zur Wiesn. Kurz vor der Detonation standen sie zusammen vor dem Ausgang des Oktoberfestes. In dieser Zeit beobachtete er »einen jungen Mann, der zunächst zu einem schwarzen Auto gegangen sei, das am Bavariaring geparkt war. Darin sollen vorne zwei, hinten mindestens eine Person gesessen haben. Mit diesen habe er durch das heruntergekurbelte Fenster gesprochen. Dann sei der Mann, den er bis heute sicher für Gundolf Köhler hält, zu jenem Papierkorb gegangen, in dem dieser den Ermittlungen zufolge die Bombe zündete.« (SZ vom 8.12.2014)

Kurze Zeit später detonierte die Bombe. Dass der Beamte diesen Anschlag überlebt hatte, verdankte er einer Person, die vor ihm stand und durch die Wucht der Explosion auf ihn fiel – und wenig später an den schweren Verletzungen starb. Diesem tragischen Umstand verdankt er, dass ihn ›nur‹ einige Metallsplitter trafen, die er bis heute mit sich herumträgt. Genauso lang trägt er den Ärger mit sich herum, dass seine damaligen Aussagen keinen Eingang in die Ermittlungen gefunden hatten – im Gegenteil: sie störten nur: »Doch jetzt will er sich mit dem Vergangenen auseinandersetzen – damit den 13 Toten und 211 Verletzten des Anschlags mit einer neuen Suche nach den Hintergründen der Tat Gerechtigkeit widerfahren kann.« (s.o.)

Lassen sich seine Aussagen verifizieren, dann müssten Polizei und Staatsanwalt die Frage beantworten, warum sie diesen Aussagen, die der Beamte bereits damals gegenüber der Polizei gemacht hatte, nicht nachgegangen sind. Außerdem müssten sie eine Erklärung dafür finden, warum sich nach Kenntnis des Rechtsanwaltes diese Aussagen nicht mehr in den Ermittlungsakten finden, was einer Manipulation von Ermittlungserkenntnissen gleichkäme.

Auch die Spezifika der Bombe könnten zu Mitwissern führen. Belegt ist, dass es sich um militärischen Sprengstoff handelte. Genau dieser Spur ging ein ›Frontal 21‹-Beitrag vom 25.3.2014 nach: »Am 27. September, einen Tag nach dem Anschlag in München, sagten zwei deutsche Rechtsextremisten bei der bayrischen Polizei aus. Sie wiesen auf einen Gleichgesinnten hin, auf Heinz Lembke, einen Förster aus Uelzen. Die Neonazis machten klare Angaben: ›Herr Lembke zeigte uns verschiedene Sprengstoffarten, Zünder, Lunten, Plastiksprengstoff und militärischen Sprengstoff … Er sagte uns, dass er mehrere Waffenverstecke im Wald habe.‹«

Obwohl die Ermittler sowohl von diesen Aussagen wussten als auch Kenntnis davon hatten, dass Heinz Lembke »enge Kontakte zur WSG Hoffmann« (taz vom 7.8.2009) und zu verschiedenen neonazistischen Organisationen hatte, unternahmen sie lange nichts.

Ein Jahr später, im Oktober 1981, wurde man – dank eines Waldarbeiters – rund um die Försterei Lembke fündig: Auf über 30 Erddepots verteilt wurden u.a. 156 Kilo militärischer Sprengstoff, 230 Kilo Sprengkörper, 256 Handgranaten, 50 Panzerfäuste entdeckt. Heinz Lembke arbeitete anhand einer von ihm selbst erstellten Liste beim Auffinden dieser Waffenlager bereitwillig mit, bis auf ein Depot, das die Nummer 82 trug: »Er verweigerte die Lokalisierung eines als Depot 82 bezeichneten Verstecks, weil dessen Inhalt geeignet sei, andere Personen zu belasten. Dieses Versteck konnte nicht aufgefunden werden.« (Bundestagsdrucksache 18/3117, S.7)

Liest man die Antwort der Bundesregierung aufmerksam, müsste man doch die Frage stellen: Warum wurde das Depot Nr. 82 nicht gefunden? Denn selbst wenn Herr Lembke hier nicht mitgearbeitet haben soll, wäre es doch ein Leichtes, anhand der Liste und der dort verzeichneten Lokalisierungsdaten, das Depot zu finden. Hatten der Neonazi Lembke und die Ermittler ein gemeinsames Interesse daran, genau jenes Depot nicht zu finden, das zu weiteren Beteiligten führen würde? Die Spekulation darüber könnte sehr schnell beendet werden, indem man die Liste öffentlich zugängig macht und dabei von unabhängigen Gutachtern überprüfen lässt, ob an diesem Originaldokument Manipulationen vorgenommen wurden.

Wer dermaßen kalkuliert kooperiert, hat nicht mit dem Leben abgeschlossen. Genau das soll aber passiert sein:

»Nach seiner Verhaftung kündigt Lembke an, seine Hintermänner zu nennen. Doch dann fand man ihn erhängt in seiner Zelle.« (s.o.)

Wenn man sich die Dimension dieser paramilitärischen Anlage vergegenwärtigt, dann deckt sich all das mit der Infrastruktur der stay-behind-Operationen, die für Sabotageaktionen klandestine Waffen- und Sprengstoffdepots angelegt hatten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Lembke nicht nur für Neonazis, sondern im Auftrag des BND diese Depots angelegt hatte, ist naheliegend. Dann war er auch Angestellter dieser staatlichen Terrorgruppen.

Aus diesem Grunde wurde in einer Kleinen Anfrage (Bundestagsdrucksache 18/3117) auch die Frage gestellt, welche Beziehungen Heinz Lembke zu stay-behind-Operationsgruppen unterhielt. Die Antwort darf man als vorsätzliche Lüge bezeichnen: »Zu dieser Frage (…) liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.« (S. 14)

Denn bei der nächsten Frage, ob Heinz Lembke als V-Mann oder auf eine ähnliche Weise für den Geheimdienst tätig war, schnellten die Schutzinteressen des Staates so dermaßen in die Höhe, dass die Rechte des Parlaments darunter begraben wurden. Dabei greift die gängigste und auch hier lang ausgeführte Schutzbehauptung, man habe ggf. die Unversehrtheit eines ›V-Mannes‹ zu schützen, nicht wirklich. Er ist bereits sehr lange tot. Was vielmehr – bis heute – gedeckt wird, sind staatsterroristische Strukturen.

Ob sich hier ein Kreis schließt, kann u.a. der BND bzw. das Bundeskanzleramt beantworten, indem sie alle Unterlagen zu stay-behind freigeben und endlich Aufklärung darüber betreiben, welche Neonazis und welche neonazistischen Organisationen in ihrem staatseigenen Untergrund integriert waren. Dazu zählt auch, die politische und juristische Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Bundesregierung bis heute keine Ahnung habe, was mit dem Waffenarsenal passierte, als man Ende 1991 ›stay-behind‹ für aufgelöst erklärte.

Wenn statt Sabotage der Ermittlungen Aufklärung betrieben werden würde, könnte anhand der ›stay behind‹ -Akten auch geklärt werden, ob die von Lembke angelegten und verwalteten Waffendepots zum Bestand dieser staatsterroristischen Struktur gehört haben.

Der Nebel, der über dem Oktoberfestanschlag liegt, ist kein Naturereignis

Die Bundesanwaltschaft hat vor über fünfzehn Monaten an das Bundeskanzleramt, den Bundesnachrichtendienst und den Inlandsgeheimdienst/VS eine lange Liste an Suchbegriffen geschickt –

von Karlheinz Hoffmann, dem Anführer der paramilitärischen Wehrsportgruppe Hoffmann, mit der Gundolf Köhler trainierte, bis hin zum Neonazi Heinz Lembke, der im Verdacht stand, den Sprengstoff für das Attentat geliefert zu haben. Lembke erhängte sich in seiner Zelle, kurz bevor er vor einem Staatsanwalt aussagen sollte. In seinen Akten steht der Sperrvermerk ‚Nur zum Teil gerichtsverwertbar’, was auf eine V-Mann-Tätigkeit schließen lässt.“ (SZ vom 12.5.2016)

Die Bundesregierung hat bereits geantwortet und sich geweigert. Sie untersagt es, die Klarnamen der V-Leute zu nennen, die möglicherweise zur Tataufklärung beitragen könnten, „weil angeblich immer noch Leib und Leben der früheren V-Leute bedroht sein könnten“. (s.o.)

Dass „Leib und Leben“ von betagten V-Männern schützenswerter sind als die Aufklärung eines neonazistischen Terroranschlages, ist heute keine Aufregung mehr wert.

Auch der BND hat Medienberichten zufolge Akten geliefert, wobei das Wichtigste fehlt: die Namen der V-Leute. Sie sind geschwärzt worden.

Die abgestufte Aufklärungssabotage komplettiert der Inlandsgeheimdienst. Er sucht bis heute nach den angeforderten Akten. Das liegt wahrscheinlich am Nebel.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=33409

 

Fidelius Schmid im September 2020: „Die Bundesregierung verweigert auch 40 Jahre nach dem Oktoberfestattentat Angaben, ob damals im Umfeld des Täters Quellen der Sicherheitsbehörden eingesetzt waren. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic und Konstantin von Notz hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.

"Nähere Auskünfte", heißt es in der auf den 7. September datierten Antwort der Bundesregierung, "würden die Enttarnung etwaiger V-Leute mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ermöglichen". Auch angesichts des Kontroll- und Informationsrechts des Parlaments sei "von einem Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses auszugehen".

Hintergrund: Am 26. September 1980 hatte der damals 21-jährige Gundolf Köhler am Eingang zum Oktoberfestgelände auf der Münchener Theresienwiese in einem Papierkorb eine Bombe platziert. Ihre Explosion um 22.19 Uhr tötete 13 Menschen, mehr als 200 wurden teilweise schwerst verletzt. Köhler selbst war unter den Toten.

Die Bundesanwaltschaft hielt Köhler damals für einen Einzeltäter. Tief greifendere Ermittlungen in die rechtsextreme Szene erfolgten nicht. Zweifel an der Einzeltätertheorie wurden vielfach geäußert - insbesondere, weil Köhler in der rechtsextremen "Wehrsportgruppe Hoffmann" aktiv gewesen war.

Als mögliches Motiv für einen Anschlag wurde mehrfach vermutet, die rechtsextreme Szene habe den Bundestagswahlkampf zugunsten des damaligen Unionskanzlerkandidaten Franz-Josef Strauß (CSU) beeinflussen wollen. Im Jahr 2014 wurden die Ermittlungen wegen neuer Hinweise neuerlich aufgenommen. Sie wurden allerdings im Juli 2020 ohne belastbare neue Erkenntnisse wieder eingestellt. Anders als in den Achtzigerjahren bewerten die Ermittler der Bundesanwaltschaft den Anschlag allerdings inzwischen offiziell als rechtsextremistisch.

Die aktuelle Weigerung der Bundesregierung, über den Einsatz möglicher V-Leute im Umfeld von Köhler und der Wehrsportgruppe zu informieren, verärgert die Grünen. Von Notz nannte die Antwort der Regierung "an vielen Stellen sehr dürftig".

Die Verweigerung einer Antwort werde "nicht nur für anhaltende Spekulationen sorgen", sagte von Notz dem SPIEGEL: Sie werde auch "verloren gegangenes Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste garantiert nicht wieder herzustellen helfen". Er forderte "so etwas wie ein Verfallsdatum für Staatsgeheimnisse nach spätestens drei Jahrzehnten".

Der Vorgang hat besondere Brisanz, da das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung 2017 im Prinzip verpflichtet hat, V-Personen im Umfeld des Attentäters und möglicher Hintermänner bei der Wehrsportgruppe Hoffmann offenzulegen. Die Bundesregierung habe nicht ausreichend begründet, warum man deren Identität geheim halten wolle. Ausgenommen hatte das Bundesverfassungsgericht damals mögliche Quellen des Bundesnachrichtendienstes.“

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/oktoberfest-attentat-1980-bundesregierung-schweigt-zu-v-leuten-a-f848dbdc-8c92-448a-b9d4-883ffe65356f

 

Wiederaufnahme des Verfahrens

 

Wolf Wetzel: „2014 wurde mit der Wiederaufnahme des Verfahrens begonnen, das den Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 aufklären sollte. Nach sechs Jahren wurde es eingestellt. Das Ergebnis ist deprimierend, weil sich das Gericht außerstande sah, mögliche Mittäter und Unterstützer zu ermitteln. Es ist ein Lehrstück, denn das Gericht führt aus, dass ein entscheidender Grund für diese Erfolglosigkeit die Ermittlungsbehörden selbst sind.

Der Terroranschlag auf das Münchner Oktoberfest ereignete sich am 26. September 1980. Dazu wurden 1,39 Kilogramm TNT (also gewerblicher Sprengstoff) in einem Mülleimer deponiert. Das Ziel war es, wahllos so viele Menschen wie möglich zu töten. Dreizehn Personen wurden ermordet, über 200 zum Teil schwer verletzt.

Die polizeilichen Ermittlungen ergaben ziemlich schnell, dass es sich um einen lebensunlustigen Einzeltäter handelte, der bei dem Anschlag ebenfalls ums Leben kam. Außerdem stand fast genauso schnell fest, dass er keine politischen Motive hatte, sondern ganz "private". Nachdem der Name des "Einzeltäters" bekannt war, Gundolf Köhler, und Informationen über seine neonazistische Gesinnung und seine Kontakte zu neofaschistischen Organisationen nicht mehr zu verheimlichen waren, blieben die Ermittler bei diesem faktenfreien Profiling. Die Widersprüche wurden als "wilde Spekulationen" abgetan, wozu man heute "Verschwörungstheorien" sagen würde. Die Staatsanwaltschaft übernahm die Polizeiversion und ließ alles, was dagegen vorgebracht wurde, ins Leere laufen.

Dank der Hartnäckigkeit und Entschiedenheit der Nebenklage führten 2014 neue Indizien und Zeugen zur Wiederaufnahme des Verfahrens. Nach sechs Jahren wurde es eingestellt:

Nach den Ergebnissen der neuen Ermittlungen handelte der Attentäter Gundolf Köhler damals aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus. Hinweise auf Hintermänner oder Komplizen wurden aber auch nach mehr als tausend Vernehmungen und der Prüfung von Hunderten Spuren nicht gefunden. "Wir haben keine zureichenden, tatsächlichen Anhaltspunkte für die Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen an der Tat des Gundolf Köhler", sagte der Sprecher.

faz.de vom 7.7.2020

Was bringt diese Einstellung an Erkenntnis? Warum lohnt es sich, darauf einzugehen?

Die Einstellung, vor allem die Begründung ist sehr hilfreich, das einzuordnen, was sich bei der "Aufklärung" der NSU-Mordserie 30 Jahre später ereignete, was sich vor Gericht im Mordfall Lübcke abspielt. Denn es geht um die sehr entscheidende Frage, ob "Pannen" und "Zufälle" eine Aufklärung erschweren oder verunmöglichen oder ob es sich um ein systematisches Vorgehen handelt. Und wenn man diese Frage stellt und sie über die letzten 40 Jahre spannt, dann kommt man an der sich anschließenden Frage nicht vorbei: Warum werden gegebenenfalls (weitere) Mörder geschützt, warum werden neonazistische Strukturen geleugnet?

Ein Urteil ist nicht (unbedingt) die Wahrheit, sondern die Entscheidung eines Gerichtes. Ein Urteil muss ganz und gar nicht nach Abwägung aller vorliegenden Indizien und Beweise gefällt werden, es kann auch gegen sie getroffen werden

In der Einstellungsbegründung sind zwei Dinge von besonderer Bedeutung. In einem zentralen Punkt widerspricht das Gericht dem Urteil aus den 1980er Jahren deutlich: Gundolf Köhler war kein "verwirrter", unpolitischer Attentäter, sondern ein Neonazi mit einem faschistischen Weltbild. Man könne meinen, dass diese späte Revision unbedeutsam ist, da außer Polizei und Staatsanwaltschaft kaum jemand an die "Einzeltäterthese" glaubte. Der Grund ist ein klein wenig versteckt: Die jetzt urteilende Staatsanwaltschaft hat keine neuen Fakten zu dem Attentäter Gundolf Köhler. Alles, was man über Gundolf Köhler weiß, wusste die Staatsanwaltschaft bereits vor 40 Jahren.

An der Faktenlage hat sich nichts, gar nichts geändert, aber ganz offensichtlich an der Bereitschaft, sie wahrzunehmen, zu "würdigen". Diese späte Berücksichtigung beweist also, dass der neonazistisch motivierte Mordanschlag 1980 von der Staatsanwaltschaft vorsätzlich und im Wissen um die Fakten entpolitisiert wurde.

Wenn wir also heute von Einzeltätern hören wie im Mordfall Lübcke, von Neonazis ohne Neonazismus, dann sind nicht nur Zweifel erlaubt, die dann in geübter Ohnmacht enden. Es gibt allen Grund dazu, dass diese Art der Aufklärung keinen Mord aufklärt, sondern die nächsten "Einzeltäter" geradezu anwirbt.

Die "Pannen" bei der Aufklärung des Terroranschlages auf das Oktoberfest in München haben System

Der Terroranschlag auf das Oktoberfest in München ereignete sich am 26. September 1980. Dreizehn Personen wurden ermordet, über 200 zum Teil schwer verletzt. Kurz und doch lang genug wurde dieser Anschlag der Roten Armee Fraktion/RAF zugeschrieben. Dann wurde daraus ein schrecklicher Anschlag eines verwirrten und unpolitischen Einzeltäters.

Daran hielt man sich - auch ohne Fakten, denn diese machten einen neonazistischen Anschlag, der von mehreren Personen geplant und ausgeführt wurde, viel wahrscheinlicher als die "Einzeltäterthese". Auch mehrere Versuche, eine Wiederaufnahme der Ermittlungen einzufordern, wurden abgewiesen. Die Weigerung, mehr als einen (toten) Täter finden zu wollen, dauerte über 30 Jahre.

Ende 2014 erklärte die Generalbundesanwaltschaft, dass sie das Ermittlungsverfahren wiederaufnehmen werde:

Es gebe nun Hinweise, die auf "bislang unbekannte Mitwisser" hindeuten könnten, sagte Generalbundesanwalt Range.

Der Spiegel vom 11.12.2014

Das ist vor allem der unermüdlichen Arbeit des Opferanwaltes Werner Dietrich zu verdanken. Genau das, was Aufgabe der Ermittlungsbehörden wäre, hat er getan: Hinweisen und Zeugenaussagen zu folgen, die bis heute unter den Tisch fielen, die der Einzeltäterthese vehement widersprechen ...

 

Die Bundesanwaltschaft hatte im Zuge der wieder aufgenommenen Ermittlungen an das Bundeskanzleramt, den Bundesnachrichtendienst und den Inlandsgeheimdienst/VS eine lange Liste an Suchbegriffen geschickt …

von Karlheinz Hoffmann, dem Anführer der paramilitärischen Wehrsportgruppe Hoffmann, mit der Gundolf Köhler trainierte, bis hin zum Neonazi Heinz Lembke, der im Verdacht stand, den Sprengstoff für das Attentat geliefert zu haben. Lembke erhängte sich in seiner Zelle, kurz bevor er vor einem Staatsanwalt aussagen sollte. In seinen Akten steht der Sperrvermerk "Nur zum Teil gerichtsverwertbar", was auf eine V-Mann-Tätigkeit schließen lässt.

SZ vom 12.5.2016

Die Bundesregierung zog schnell und eindeutig die rote Linie. Sie untersagte es, die Klarnamen der V-Leute zu nennen, die möglicherweise zur Tataufklärung beitragen könnten, "weil angeblich immer noch Leib und Leben der früheren V-Leute bedroht sein könnten". (s.o.)

Unter diesem Schutz- und Rettungsschirm fühlte sich auch der Inlandsgeheimdienst "Verfassungsschutz" wohl und sicher. Als wäre der Verfassungsschutz eine außerstaatliche und außerrechtliche Institution, weigerte er sich, sein Wissen preiszugeben und die Fragen nach möglichen Verstrickungen zu beantworten. Nach Angaben der Bild-Zeitung gab das Bundesamt für Verfassungsschutz/BfV nach einem Rechtsstreit und einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen preis:

Erstmals räumt der Verfassungsschutz offiziell ein: "Es gibt in der beim BfV geführten Sachakte 'Sprengstoffanschlag am 26. September 1980' Hinweise auf und Recherchen nach weiteren Tätern außer Gundolf Köhler." Gundolf Köhler also doch kein Einzeltäter? Auf wen sich die Hinweise zu möglichen Mittätern beziehen, darüber schweigt der Verfassungsschutz allerdings weiter.

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Um welche möglichen Täter es sich handelt, welche V-Leute im Umfeld des "Einzeltäters" aktiv waren, darüber schweigt das BfV. Dass ein Inlandsgeheimdienst über 30, 40 Jahre nicht eigenmächtig handelt, sondern im Dienst seiner Vorgesetzten, sollte erwähnt und bedacht werden.

Wenn das Ermittlungsergebnis falsch ist, dann beseitigt man alle Spuren, die dies beweisen könnten

Es gab im Zuge der Ermittlungen Tausenden von Spuren. Auch die Ermittler, die den Fall 2014 neu aufrollten, überprüften Hunderte von Spuren. Die entscheidenden Spuren, die zu möglichen (Mit-)Tätern führen könnten, wurden jedoch bereits aus dem Weg geräumt.

Vieles, was in den Ermittlungen damals falsch gelaufen war, hatte man als "Pannen" entschuldigt und erklärt. Das ist bis heute die einzige Erklärung. Dabei zeigen sie jedoch alles andere als Einfühlvermögen, sondern die Bereitschaft zur fortgesetzten Vertuschung.

Nehmen wir einmal an, dass man Zeugenaussagen falsch gewichtet, dass man Spuren übersehen hatte, also all das, was so ganz menschlich ist und eben auch mal gehäuft vorkommen kann.

Warum beseitigt man dann - ohne jede Hektik und Ermittlungsdruck - all die Spuren, die zu weiteren möglichen Attentätern führen könnten?

Warum beseitigt man kurz nach Abschluss der Beweissicherung im Februar 1981 die 48 Zigarettenkippen, die sich in Köhlers Wagen befanden?

Warum beseitigt man die Sprengstoffproben, die Auskunft über deren Herkunft geben könnten?

Warum geht man siebzehn Jahre später (1997) ganz sicher und lässt Fragmente eines abgetrennten Arms "entsorgen", der am Tatort gefunden wurde?

All das macht man mit Bedacht und Weitsicht und im klaren Wissen um die Strafbarkeit, denn Beweisstücke müssen aufbewahrt (asserviert) werden, solange die in diesem Zusammenhang begangenen Straftaten nicht verjährt sind. Mord und Beihilfe zu Mord verjähren jedoch nicht. Diese "tickenden Zeitbomben" mussten beseitigt werden, damit man bei einer Wiederaufnahme des Verfahrens nicht auf diese Spuren zurückgreifen kann.

Münchens Oberbürgermeister Reiter nennt immerhin den wesentlichen Grund für die Einstellung der Ermittlungen:

Die Gründe hierfür liegen sicher insbesondere in den massiven Verfehlungen und Versäumnissen der ursprünglichen Ermittlungen unmittelbar nach der Tat.

sueddeutsche.de vom 8. Juli 2020

Und es sind genau jene Ermittlungsbehörden, die ungestört weitermachen, wenn sie aus dem NSU exakt drei Mitglieder machen, wenn sie aus Stephan Ernst einen Einzeltäter kreieren, wenn sie die Rolle von V-Leuten vertuschen, wenn sie dieselben "Pannen" an den Tag legen wie bei der Ermittlungstätigkeit in München 1980."

https://www.heise.de/tp/features/Der-Oktoberfestanschlag-in-Muenchen-1980-4843402.html

 

Aus „Wikipedia“: „Ulrich Chaussy, dessen jahrzehntelange Recherchen die neuen Ermittlungen ermöglicht hatten, urteilte im Juli 2020: Klar sei nun, dass die ursprüngliche Einordnung der Tat völlig absurd gewesen sei. Schon 2014 habe weder der Generalbundesanwalt noch sonst ein Experte mehr an eine apolitische, nicht rechtsextrem motivierte Tat geglaubt. Doch die entscheidenden Fragen nach Köhlers Stichwortgebern, Kontakten und Mittätern seien offen geblieben. Dass sie nicht gefunden wurden, sei Folge der irreparablen Versäumnisse der ersten Sonderkommission. Inakzeptabel sei jedoch, dass auch die neuen Ermittler die abgetrennte Hand Köhler zuordneten, obwohl ein Sprengstoffexperte des BKA dies 2014 naturwissenschaftlich ausgeschlossen und gezeigt hatte, dass die Explosion Köhlers Hände komplett pulverisiert haben müsse. Dass die Hand nur einer anderen Person gehört haben könne, habe auch die damalige serologische Analyse betätigt. Das müsse solide untersucht werden. Die neuen Ermittler seien gegenüber dem Finder der Hand stark voreingenommen aufgetreten. Auch ihr Urteil, ihre Vorgänger hätten keine Ermittlungserfolge vereitelt, sei falsch. Durch Hans Langemanns Weitergabe des Täternamens an eine Zeitschrift seien alle Bekannten Köhlers vorgewarnt gewesen, auch der dann zum Kronzeugen erhobene Peter Wiegand. Erwartungsgemäß hätten sie Spuren verwischt und sich abgesprochen. Auch das Verschwinden der DNA-haltigen Asservate sei nicht nur mit Schlamperei oder Zufall zu erklären. Das systematische Beseitigen der Spuren müsse untersucht werden: „Wer hat da vertuscht und warum?“ Dazu sollten Bayerns Landtag und der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einsetzen.

Am 7. September 2020 verweigerte die Bundesregierung trotz des Verfassungsgerichtsurteils von 2017 erneut Auskünfte zu V-Personen des Verfassungsschutzes im Umfeld Köhlers und der WSG. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic und Konstantin von Notz (Grüne) ging sie von einem „Überwiegen des Geheimhaltungsinteresses“ gegenüber dem Kontroll- und Informationsrecht des Parlaments aus. Nähere Auskünfte „würden die Enttarnung etwaiger V-Leute mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ermöglichen“. Von Notz kritisierte, diese Antwort werde für anhaltende Spekulationen sorgen und verlorenes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste nicht wiederherzustellen helfen. Er forderte „ein Verfallsdatum für Staatsgeheimnisse nach spätestens drei Jahrzehnten“. Mihalic warf der Bundesregierung vor, sie verkenne „die Traditionslinie des rechten Terrors“ seit und nach den NSU-Morden.

Am 15. September 2020 antwortete die Bundesregierung auf einen Fragenkatalog der Linken im Bundestag und bestätigte dabei die Ergebnisse der Bundesanwaltschaft:

- Die Beobachtungen zu Gesprächspartnern Köhlers kurz vor der Bombenexplosion seien zu verschieden, um auf Tatbeteiligte schließen zu können.

- Der WSG-Angehörige Albert K. habe München am Anschlagstag aus anderen Gründen besucht. Roter Phosphor, den er wenige Tage danach beseitigte, sei zum Bombenbau nicht verwendet worden.

- Das verschwundene Handfragment sei wahrscheinlich mit Köhlers Leiche verbrannt worden. Ein Eintrag zur Übergabe dieses Asservats an das gerichtsmedizinische Institut fehle. Das dort beantragte serologische Gutachten sei wohl nicht mehr erstellt worden, weil die Hand wegen ihrer Fingerabdrücke Köhler zugeordnet worden war. Es gebe keine Hinweise, dass das unauffindbare Laborbuch des Instituts entwendet worden sei.

- Ein gefundener Geldschein, auf dem genaue Notizen zum Anschlag standen, sei 1980 einer Bank gegeben worden und habe daher nicht untersucht werden können. Laut der ersten Kommission habe ein Zeuge die Notizen am 28. September 1980 gegen 11:00 Uhr verfasst, als er im Radio Details zum Anschlag erfuhr. Hinweise auf seine Tatbeteiligung hätten sich nicht ergeben.

- Die Kommission habe die Aussagen früherer Zeugen, sie hätten Karl-Heinz Hoffmann am 25. September 1980 abends in Nürnberg sowie am 26. September spätnachmittags in München gesehen, überprüft und entkräftet: Hoffmann habe sich am Tattag nicht in München aufgehalten.

- Die in Köhlers Pkw gefundenen Zigarettenreste seien verschiedenen Personen zuzuordnen, die zu verschiedenen Zeitpunkten in dem Pkw mitfuhren, der seiner Familie gehörte. Weil man Speichelanhaftungen im November 1980 serologisch ausgewertet habe, seien die Reste drei Monate später vernichtet worden.

- Die Herkunft einzelner Bombenteile wie des Sprengstoffs habe nicht zurückverfolgt werden können.

- Die Bombe sei durch eine Leitfeuerzündung (Kombination von Zündschnur und Sprengkapsel) gezündet worden.

- Verfassungsschutzämter und BND hätten dem Generalbundesanwalt alle relevanten Akten zugesandt. Dieser habe keine Offenlegung der Identität von V-Leuten beantragt.

- Wie oft V-Leute als Zeugen oder Beschuldigte befragt wurden und wie viele V-Leute Mitglieder der WSG waren, könne die Bundesregierung wegen der möglichen Gefährdung des Bundes oder eines Landes nicht beantworten.

- Die Kommission habe das Anlegen von Depots im Raum Lüneburg/Uelzen durch einen Rechtsextremisten (Heinz Lembke), etwaige Bezüge zum Anschlag in Bologna und die Behauptungen eines Historikers (Andreas Kramer) zur Verantwortlichkeit konkreter Personen umfangreich untersucht, aber nicht genug Anhaltspunkte für etwaige Mittäter, Anstifter oder Helfer einer SBO am Anschlag gefunden.

-Die Kommission habe auch geprüft, ob Hans Langemanns Weitergabe von Informationen etwaige Mittäter gewarnt haben könnte, aber keine Vereitelung des Ermittlungserfolgs feststellen können.

Am Jahrestag des Attentats kritisierten Martina Renner und der Sozialwissenschaftler Sebastian Wehrhahn: Der Ergebnisbericht der Bundesanwaltschaft zeige das „Scheitern der obersten Ermittlungsbehörde“. Die bloße Menge ihrer Maßnahmen wiege ihre Versäumnisse nicht auf:

Wegen dort verschwundener oder entwendeter Beweismittel sei es falsch gewesen, auch die neuen Ermittlungen dem LKA Bayern anzuvertrauen.

- Die Fehler der ersten Sonderkommission, deren Ausmaß, Motive, Wirkungen und Beteiligte hätten eigenständig ermittelt werden müssen.

- Die abgetrennte Hand sei erneut Köhler zugeordnet worden, obwohl dies schon 1980 serologisch und wegen fehlender Nitrocellulose-Spuren, 2020 zudem von einem BKA-Sprengstoffexperten ausgeschlossen wurde.

-Die unaufgeklärten Fragen hätten im Zentrum ihres Ergebnisberichts stehen müssen:

wer die mehrfach bei Köhler beobachteten Männer in grünen Parkas waren,

wem ein grüner Parka in Köhlers Pkw gehörte,

wer die 48 darin gefundenen Zigaretten konsumiert hatte,

wie die Bombe gezündet wurde,

wie Köhler an den Sprengstoff gelangte,

wo und von wem die Bombe gebaut wurde,

wem die am Tatort gefundene Hand gehörte,

wer diese verschwinden ließ.

Anders als in Deutschland hätten in Italien Nachermittlungen zum Anschlag von Bologna 1980 dazu geführt, dass ein Rechtsterrorist nach 40 Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Dagegen habe die Bundesanwaltschaft erneut nichts zur Aufklärung beigetragen und nur die Banalität verkündet, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei. Die Einstellung der Ermittlungen verrate den Anspruch von Hinterbliebenen, Verletzten und Toten auf umfassende Aufklärung der Tat und Täter, lege die schädliche Konstruktion des rechten Einzeltäters historisch dauerhaft fest und trage dazu bei, Rechtsterrorismus weiterhin nicht als das Werk von Netzwerken zu verstehen. „So bleiben Opfer ungesühnt und Täter unbekannt.““

https://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberfestattentat#Erneute_Ermittlungen_(2014_bis_2020)

 

Heutzutage

 

Beim Gedenken zum 40. Jahrestag des Attentats auf das Oktoberfest hat Bundespräsident Steinmeier ein konsequenteres Vorgehen gegen Rechtsextremisten angemahnt. Auch möglichen Defiziten bei der Strafverfolgung müsse nachgegangen werden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum entschlosseneren Kampf gegen Rechtsextremismus aufgerufen - auch unter Polizisten. "Feinde der Freiheit und der Demokratie dürfen in der Polizei nicht geduldet werden", sagte Steinmeier beim Gedenken zum 40. Jahrestag des Oktoberfestattentats in München. "Es muss jede Anstrengung unternommen werden, rechtsextreme Netzwerke zu enttarnen, wo es sie gibt."

Mit Blick auf rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen sprach Steinmeier von tiefen Wurzeln, die der Rechtsextremismus in der Gesellschaft habe. Er vertraue der Polizei und wisse, was die Beamten leisteten. Sie verdienten Vertrauen. Jedoch dürften die Spitzen der Polizei und die politisch Verantwortlichen "kein Klima dulden, in dem solche Netzwerke entstehen und von anderen gedeckt werden können".

Steinmeier warf die Frage nach Defiziten bei der Verfolgung rechtsextremistischer Taten auf. Es stelle sich die Frage, ob "rechtsextreme Netzwerke in der Strafverfolgung zu selten wahr- und noch seltener ernstgenommen worden" seien. Die Geschichte rechtsextremer Taten lasse zwei Antworten zu. "Entweder hat sich die Erkenntnis, dass auch diese Attentäter ein Umfeld haben, in Netzwerke eingebunden sind oder sich von ihnen inspirieren lassen, erst spät - zu spät - durchgesetzt. Oder, zweite Alternative: Diese Erkenntnis wurde bewusst missachtet."

Steinmeier verwies auf die jahrelang verkannten Morde der Terrorzelle NSU. Sie waren von den Ermittlern lange nicht als rechtsextremistische Taten eingestuft worden. Der Schrecken rechten Terrors sei wieder nah, unter anderem nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. "Wegschauen ist nicht mehr erlaubt", sagte Steinmeier. Er forderte ein Nachdenken darüber, ob es "typische, sich wiederholende Defizite" in der Strafverfolgung beim damaligen Oktoberfestattentat und noch heute gebe ...

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder entschuldigte sich für Fehleinschätzungen und Versäumnisse nach dem Attentat. "Es tut mir leid und ich entschuldige mich für die Fehler, die in den Ermittlungen, aber auch in der Einschätzung zu der Tat gemacht wurden", sagte Söder. Er spreche dabei als Rechtsnachfolger aller anderen Ministerpräsidenten, zugleich als Verantwortlicher für den Freistaat.

"Wer Rechtsradikale unterschätzt, versündigt sich an der Demokratie", sagte Söder. Er gebe ein "Schutzversprechen" ab: "Wir werden nicht zulassen, dass Rechtsextremismus, Hass, Antisemitismus, Rassismus geduldet, akzeptiert oder irgendwie unterschätzt werden." Dagegen werde sich Bayern mit ganzer Kraft stellen.“

https://www.tagesschau.de/inland/steinmeier-gedenkakt-oktoberfestanschlag-101.html

 

Das hört sich alles gut und schön an.

Fast zu sehr nach „Sonntagsreden“.

Und es stellt sich die Frage „warum jetzt“? Die letzten 40 Jahre war kein Bundespräsident bei den jährlich stattfindenden Gedenkfeiern zu sehen. Warum jetzt?

Was wollte Frank-Walter Steinmeier zum Ausdruck bringen?

Dass Frank-Walter Steinmeier auf einmal die Macht der Geheimdienste beschneiden will? Das ist nicht auszuschließen, passt aber überhaupt nicht zu ihm.

Zufällig dort gewesen? Ohne die Absicht gehabt zu haben, etwas Wichtiges zu sagen? Nicht auszuschließen, dass es sich um eine belanglose Schönwetter-Rede handelte.

Oder geht es darum, gegen „Rechte“ im Sicherheits-Apparat vorzugehen? Gegen jene „rechtsextremen Verdachtsfälle“ in Polizei, Militär, Geheimdienst? Wenn Markus Söder gegen „Rechtsextremismus, Hass, Antisemitismus, Rassismus“ vorgehen will, passt das genauso ins Bild.

Das hört sich ja ganz gut und beinahe selbstverständlich an. Allerdings sind das exakt dieselben Bezeichnungen, mit denen aufrechte Demokraten seit Jahren verleumdet werden und auf die diese Begriffe nicht im Entferntesten zutreffen.

Der Wurm möchte sich nicht darauf festlegen, aber er tippt darauf, dass in den Sicherheitsdiensten eine Säuberungs-Aktion bevorsteht: es sollen nur noch „verlässliche“ Kräfte dabei sein, die alles machen, was ihnen von oben vorgegeben wird. „Kritische“ Kräfte, die etwa auf der Seite des Volkes stehen und nicht gegen dieses vorgehen würden, werden wg. „Rechtsextremismus, Hass, Antisemitismus, Rassismus“ entfernt.

Das ist lediglich eine Vermutung – die bei den derzeit handelnden Akteuren allerdings nicht auszuschließen ist.

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm