Spiel mit dem Joker

https://www.youtube.com/watch?v=OyTeEXmM_Mc

 

Zur Zeit läuft in den Kinos der Film „Joker“, der einen Nerv der Zeit und einer kranken Gesellschaft getroffen hat.

 

Joker

 

Der Joker ist ein absolut psychopathischer Verbrecher, der sich jeder genaueren Klassifizierung seiner Vorgehensweise und Motiven entzieht, was immer wieder dazu führt, dass er unterschätzt wird. Das Einzige, was immer gleich bleibt, ist sein ungebremster Hang zur Komik, welche jedoch in den meisten Fällen tödlich endet. Nachdem er als üblicher Gegner von Batman in den 1940er Jahren eingeführt wurde, etablierte sich der Joker langsam über die Jahrzehnte zum totalen Erzfeind des Dunklen Ritters.

Zur Herkunft des Jokers und seinem bürgerlichen Namen gibt es keine einheitlichen Versionen. Einige jüngere Batman-Geschichten, die nach der 1989er Verfilmung entstanden, in welcher dem Joker der bürgerliche Name Jack Napier gegeben wurde, greifen Jack als seinen Vornamen auf, lassen dabei jedoch seinen Nachnamen offen. In den meisten Geschichten werden die Bezüge auf seinen wahren Namen jedoch einfach ausgelassen.

Die Entstehung des Schurken Joker mit dem charakteristischen Aussehen wird meist auf einen Unfall zurückgeführt, bei dem er in einen Behälter mit Chemikalien gefallen ist, wodurch seine Haut ausbleichte, seine Haare und Lippen sich grün bzw. rot verfärbten und sich seine Gesichtszüge zu einem ewigen Grinsen verformten. Erstmals wurde die Ursprungsgeschichte 1951, rund elf Jahre nach dem ersten Auftreten des Jokers, in der Detective Comics-Ausgabe 168 geschildert …

In den 1950er und in den 1960er Jahren wurde die Figur als ein alberner Spaßvogel charakterisiert, der seine Umwelt mit infantilen Streichen piesackte, ohne dabei wirklich gefährlich zu sein.

Im Gegensatz dazu porträtierten die frühesten Batman-Geschichten der vierziger Jahre, sowie die gewaltige Mehrheit der neueren Batman-Interpretationen seit den 1970er Jahren den Joker als einen gewalttätigen Psychopathen, der aus purer Freude mordet und Chaos verursachen will. In dieser Interpretation der Figur ist der Joker der Urheber von zwei zentralen Tragödien in Batmans Leben, nämlich die Ermordung von Batmans Mündel Jason Todd, dem zweiten Robin, und die Querschnittslähmung von Barbara Gordon. Sein Markenzeichen ist eine Jokerkarte.“

https://batman.fandom.com/de/wiki/Joker

 

Der Film

 

Im Jahr 1981 in Gotham City: Der sensible Außenseiter Arthur Fleck lebt zusammen mit seiner Mutter Penny in einem schäbigen Apartment. Arthur, der seit seiner Kindheit selbst in unpassendsten Situationen aufgrund einer Krankheit anfängt, laut zu lachen, arbeitet als Partyclown, träumt aber von einer Karriere als Stand-up-Comedian. Sein großes Vorbild ist der Talkmaster Murray Franklin, der eine Late-Night-Show moderiert, in der Fleck gerne auftreten würde. In ihm sieht er eine Art Vaterfigur. Schon zu Beginn des Films wird angedeutet, dass Arthur schon des Öfteren Opfer von Spott und gewaltsamen Übergriffen gegen ihn wurde, weswegen sein Arbeitskollege Randall ihm, dem Waffenbesitz eigentlich verboten ist, unvermittelt einen Revolver und Patronen zusteckt, um sich zukünftig verteidigen zu können. Arthurs Mutter Penny schreibt immer wieder Briefe mit Hilfsgesuchen an den superreichen Investor Thomas Wayne, bei dem sie vor Jahrzehnten angestellt war, erhält jedoch nie eine Antwort.

Doch nach und nach verschlimmert sich Arthurs ohnehin verzwickte Lage. Zunächst verliert er seinen Job, weil er den Revolver zu einem Clownauftritt in einem Kinderkrankenhaus mitbrachte. Der Sozialarbeiterin, über die er seine Medikamente bezieht, werden alle städtischen Mittel gestrichen. Als er in der U-Bahn sitzt, belästigen drei betrunkene Anzugträger eine Mitreisende. Arthur, noch im Clownkostüm, bekommt daraufhin einen zwanghaften Lachanfall, und die drei fangen an, ihn zu verspotten und zu verprügeln. Doch diesmal zieht Arthur seinen Revolver und erschießt die drei Männer. Nach der Flucht vom Tatort genießt Arthur die durch die Morde gewonnene Aufmerksamkeit und Beachtung. Als Thomas Wayne, bei dem die drei Erschossenen angestellt waren, sich in einem Fernsehinterview zu den Morden abfällig über „nicht-reiche“ Menschen äußert, deren Neid für die Morde verantwortlich sei, und diese missverständlich als Clowns bezeichnet, entsteht auf den Straßen eine Protestbewegung gegen das Establishment, deren Teilnehmer – als Tribut an den der Öffentlichkeit unbekannten Mörder und Verursacher der Proteste – Clownskostüme und -masken tragen.

In Gotham City regieren schon lange Rücksichtslosigkeit und Gewalt, durch einen Streik der Müllabfuhr versinkt die Stadt im Dreck. Thomas Wayne erklärt nun seine lange erwartete Kandidatur für das Bürgermeisteramt der Stadt und präsentiert sich als der Einzige, der Gotham aus dem Chaos retten kann.

Als Arthur einen Brief seiner Mutter an Wayne öffnet, erfährt er, dass er selbst der Spross einer Liebesaffäre seiner Mutter mit ihrem damaligen Arbeitgeber Wayne ist. Er geht daraufhin zu Waynes Privatanwesen und trifft dort zunächst auf Waynes noch jungen Sohn Bruce. Wenig später kommt ein Wachmann – Alfred Pennyworth – dazu, dem er mitteilt, er sei der Sohn von Penny Fleck und wolle Thomas Wayne sprechen. Pennyworth erwidert ihm daraufhin, ob er denn nicht wisse, dass er von seiner Mutter adoptiert worden sei, Mrs. Fleck habe damals „eine Menge Papiere unterschrieben“.

Über seinen ehemaligen Arbeitgeber kommt Arthur ins Blickfeld der Polizei. Als zwei Ermittler Arthurs Wohnung aufsuchen und dort nur seine Mutter Penny vorfinden, kommt es zu einer Auseinandersetzung, an deren Ende Penny mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus kommt und in der Folge im Koma liegt. Parallel versucht sich Arthur weiter als Stand-Up-Comedian, doch ein Auftritt bei einer Talentschau wird zur Blamage. Zudem wird eine Aufnahme dieses Auftritts der Sendung von Murray Franklin zugespielt, wo er als erfolgloser „Joker“ der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Die Redaktion erhält jedoch viele positive Zuschauerreaktionen auf Arthur, so dass er für eine der nächsten Shows eingeladen wird. Arthur schleicht sich bei einer Wohltätigkeitsgala ein und stellt auf der Besuchertoilette Thomas Wayne zur Rede, er sei sein Sohn. Wayne wahrt zunächst die Fassung und geht nicht auf Arthur ein, entledigt sich seiner aber dann mit einem Faustschlag, nachdem Arthur wieder einen Lachanfall bekommt.

Arthur entwendet nun aus der Anstalt, in der seine Mutter während seiner Kindheit einsaß, deren Akte, welche die Version des Wachmanns offiziell belegt. Demnach sei sie in der Psychiatrie gelandet, nachdem sie zugelassen habe, dass ihr Lebensgefährte ihren Adoptivsohn misshandelt habe.

Arthur verliert zunehmend den Verstand. Er erstickt seine Mutter im Krankenhausbett mit einem Kissen und probt im Wohnzimmer seinen Auftritt bei Murray Franklin, einschließlich Selbstmord vor Live-Publikum. Er erhält Besuch von seinem Ex-Kollegen Randall, der ihm zum Tod seiner Mutter kondoliert, vor allem aber dafür sorgen möchte, dass Arthur bei der Befragung durch die Polizei nicht seine eigene Aussage konterkariert. Daraufhin wird er von Arthur erstochen, der sich anschließend auf den Weg zum Auftritt macht. Auf dem Weg versuchen ihn die beiden Ermittler aufzuhalten. Arthur flieht vor ihnen. Bei der Flucht treffen sie in einer U-Bahn auf eine größere Gruppe als Joker kostümierter Demonstranten. Einer von ihnen wird von einem der Polizisten versehentlich erschossen. Beide werden im daraufhin beginnenden Aufruhr schwer verletzt, während Arthur entkommen kann. Beim Auftritt in Murray Franklins Show trägt Arthur seine fortan typische Erscheinung: rötlicher Anzug, grün gefärbtes Haar, Clownschminke im Gesicht. Er lässt sich als „Joker“ vorstellen, verhält sich affektiert und unangepasst und gibt zum Besten, er habe die drei Männer in der U-Bahn getötet und dass die Morde aus seiner Sicht niemanden interessiert hätten, wenn Leute wie er selbst dabei umgekommen wären. Franklin weiß nicht, ob er das für einen sehr schlechten Witz oder die Wahrheit halten soll und reagiert mit professionell höflicher Empörung. Daraufhin erschießt der Joker den Moderator.

In Gotham City ist dies das Signal für gewalttätige Aufstände der Clownmasken-Bewegung, was der Joker auf seinem Gefangenentransport durch die Stadt sichtlich genießt. Er kann von den Protestierenden aus dem Streifenwagen befreit werden, die ihn nun als ihren Helden feiern. Im Laufe der Unruhen werden auch Thomas und Martha Wayne in einer Seitenstraße von einem Protestierenden ermordet, ihr Sohn Bruce bleibt jedoch verschont.

Der Film endet mit einer Szene in einer Psychiatrie, wo Arthur seiner Psychiaterin erklärt, sie würde den Witz, der ihn gerade zum Lachen bringt, sowieso nicht verstehen. Anschließend verlässt er das Behandlungszimmer mit blutigen Schuhabdrücken und wird daraufhin von einem Pfleger gejagt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Joker_(Film)

Arthur ist kein durchweg guter Mensch: der bedrängten Frau in der U-Bahn hilft er nicht.

Allerdings ist er auch in Extrem-Situationen nicht durchweg böse. Das zeigt sich in der Szene, nachdem er seinen Ex-Kollegen Randall brutal niedergestochen hat und emotional aufgewühlt ist. Mit dabei war nämlich ein weiterer Ex-Kollege, der total verängstigt ist und an Arthur vorbei zur Tür geht. Da er kleinwüchsig ist, kann er die Tür nicht öffnen. Arthur öffnet sie ihm und lässt ihn gehen mit dem Hinweis, dass dieser ihm nie etwas Böses angetan hätte.

 

Kranke Gesellschaft

 

Hanns-Georg Rodek: „In dem Anti-Superheldenfilm „Joker“ lacht Joaquin Phoenix den ganzen Film hindurch. Es ist ein Lachen, bei dem uns das Lachen vergeht. Dem Zuschauer werden Symptome einer kranken Gesellschaft vorgeführt, die nun zum Ausbruch gelangen …

Phillips gönnt uns einen kurzen Blick auf eine Fassade, wo die Filme „Blow out“ und „Zorro: The Gay Blade“ zu erhaschen sind, beide 1981. Es ist das Jahr des Amtsantritts von Ronald Reagan, der ersten Attacken auf die Sozialbudgets.

Arthur Fleck, seit seiner Kindheit psychisch instabil, sitzt bei seiner Sozialarbeiterin und bittet sie darum, ihm noch mehr Psychopharmaka zu verschreiben (er nimmt schon sieben verschiedene). Sie kann seinen Wunsch nicht erfüllen, im Gegenteil, sie muss ihm mitteilen, dass ihre Abteilung aufgelöst wird – wegen Kürzungen im Sozialetat. „Haben Sie auch das Gefühl, dass es immer verrückter wird da draußen?“, fragt Arthur sie. Draußen, auf den Straßen von New York, entlädt sich der Protest, türmt sich der Müll, weil die Müllwerker die Lohnkürzungen nicht hinnehmen wollen, die Boulevardzeitungen wollen „Superratten“ entdeckt haben, und Moderator De Niro empfiehlt als Abhilfe „Superkatzen!“ …

Phillips’ Film ist ein Außenseiter, der nichts mit der Superheldenmaschinerie zu tun haben möchte. Anstelle der Batcave steht das Irrenhaus, wo sich schlimme Geheimnisse verbergen, und statt mit dem Batmobil fährt man U-Bahn. Charles Bronson in „Ein Mann sieht rot“ erschoss dort Drogenabschaum, Joaquin Phoenix knallt drei übergriffige Wall-Street-Jungarschlöcher ab. Beide Filme suggerieren: Die haben es verdient.

Joker“ lässt sich durchaus in das Batman-Universum einpassen. Er eröffnet nur sozusagen einen Parallel-Kosmos. Jack Nicholson hat seinen „Joker“-Wahnsinn noch mit einem frühen Sturz in den Säuretank erklärt, einem individuellen Unglücksfall. Der Ursprung von Joaquin Phoenix’ wachsendem Irrsinn liegt in einer Gesellschaft, in der Ausbreitung einer mitleidlosen Ideologie.

Phillips’ Film deutet den Batman-Mythos gründlich um. In der Mitte seines Films begibt sich Phoenix zu dem Haus des Großindustriellen Thomas Wayne (und trifft dort dessen kleinen Sohn, aus dem Batman werden wird), der bisher stets als Wohltäter gezeichnet wurde. Hier ist er skrupel- und empathielos (und vielleicht Jokers unehelicher Vater, aber der Film verfolgt das nicht, es ist ihm nicht wichtig), eine frühe Trump-Figur, der die Straßenprotestler als „Clowns“ verhöhnt.

Der größten Umwertung wird der Joker selbst unterzogen. Schon Christopher Nolans „Dark Knight“ hatte ihn uminterpretiert, vom Kind mit der Freude an der reinen Anarchie zum speziellen Feind der Ein-Prozent-Kapitalisten. Joaquin Phoenix ist zuvorderst ein Opfer, das bei jeder Gelegenheit etwas auf die Fresse kriegt, von den Reichen, von den Verarmten und von der Mittelklasse, die jemanden unter sich braucht, auf den auch sie eintreten kann …

In Venedig, wo „Joker“ den Goldenen Löwen gewann, schwärmte der Festivaldirektor davon, Phoenix habe mit dieser Rolle den „Zustand der Gnade“ erreicht. Womit er durchaus Recht haben kann, denn Phoenix’ Identifikation ist total, es passt kein Blatt Seidenpapier zwischen den Darsteller und die Hoffnungen, Erniedrigungen und den Zorn der Figur, die er verkörpert. Er ist wie ein dunkler Messias, und falls es eine Fortsetzung geben sollte (was die heilige Klara, Schutzpatronin des Kinos, verhindern möge), müsste er sich an die Spitze des Mobs mit den Clownsmasken stellen, der beginnt, die Stadt anzuzünden.

Man kann den phoenixschen Joker nicht mehr als sadistischen Horrorclown wegerklären, wie in den Comics und allen Filmen vor Heath Ledger. Möglicherweise sind seine Symptome die einer kranken Gesellschaft, die zum Ausbruch gelangen, wenn man sie nicht mehr mit sozialer Linderung unter die Oberfläche therapiert. Sein fiebriges Lachen beschreibt den Irrsinn der Welt, sein ungehemmtes Schluchzen betrauert ihre Unrettbarkeit.

Wir beobachten, wie Arthur Fleck sich Schritt für Schritt in einen mörderischen Wahnsinnigen verwandelt, den Titel „Joker“ nimmt er erst am Schluss in Anspruch. Und doch ermutigt uns Regisseur Todd Phillips, so etwas wie Sympathie für ihn zu empfinden, denn die Verwandlung von Unschuld in etwas Übles, die sich in ihm vollzieht, wird von einem magischen, tragischen Leuchten begleitet. Das Böse wohnt ihm nicht inne, das Böse dringt vielmehr in ihn ein, und es kriecht aus der Gesellschaft.“

https://www.welt.de/kultur/kino/article201647834/Joker-mit-Joaquin-Phoenix-Trailer-und-Kritik.html

 

Unzuverlässige Erzählung

 

Der Film vermittelt Sympathie mit dem von allen Drangsalierten, analysiert die „kranke Gesellschaft“, bietet aber keine Lösung an und lässt alles offen. Es gibt mehrere wichtige Seitenstränge, die angedeutet, aber nicht weiter verfolgt oder gar aufgeklärt werden und es gibt mehrere Szenen, bei denen mensch sich fragt, ob sie „real“ sind.

Katja Nicodemus: „Letztlich lässt der Film offen, ob es "reale" Ereignisse sind, die den Joker zum Joker machen - oder ob es sich um Wahnvorstellungen aus Arthur Flecks paranoider Psyche handelt. Man kann das ambivalent und komplex nennen. Man könnte aber auch sagen, dass dieser Film keine Haltung zu seiner Figur und zur Welt einnimmt - und dass er sich mit immer neuen doppelten Böden virtuos aus der Affäre zieht.“

https://www.ndr.de/kultur/film/Joker-Kino-Film-Joaquin-Phoenix-Clown,joker110.html

 

https://www.youtube.com/watch?v=vaz2U2bYPi8

 

Was bleibt?

 

Kranke Gesellschaft

 

Die Reichen werden immer reicher, Arbeiter erhalten geringere Löhne, werden zusammen mit anderen „Abgehängten" als „Clowns“ beschimpft, die es zu nichts gebracht hätten und an ihrem Schicksal selbst schuld seien, notwendige Sozial-Ausgaben werden zusammen-gestrichen.

Kommt mensch das bekannt vor?

 

Amok

 

Arthur Fleck pflegt liebevoll seine Mutter, will die Menschen erfreuen, und will von niemandem etwas Böses. Aber die Menschen sind böse zu ihm. Sie wollen ihn nicht verstehen, sie mobben ihn, sie verprügeln ihn, sie entziehen ihm seine Lebens-Grundlage, sie verweigern ihm seine Medikamente, sie streichen seine psychische Betreuung.

Er, der die Menschen zum Lachen bringen will, wird ausgelacht. Bis zu dem Moment, wo er gewalttätig wird. Dann wird er ernst genommen.

An dieser Stelle verweist der Wurm gerne auf einen früheren Beitrag: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/116-amok.html

 

Indifferenz

 

Durch sein bewusstes offen lassen, von Fährten legen, die nicht weiter verfolgt werden, bezieht der Film nicht eindeutig Stellung. Das ist typisch für die heutige Zeit, wo es kaum Intellektuelle gibt, die noch Stellung beziehen. Wenn es schon Thematisierungen in eine gewisse Richtung gibt, dann gleich mit dem Hinweis versehen, dass es so auch wieder nicht gemeint gewesen sei.

Das ist das Petrus-Syndrom: mensch macht etwas; wenn es aber ernst wird, wird gesagt „ich war nicht dabei".

 

Vernichtung des Unerwünschten

 

Zur kranken derzeitigen Gesellschaft gehört das Gutmenschentum, das „das Böse“ vernichtet sehen will. In deren Definition ist ein Mensch schon böse, auch dann, wenn er gegen kein Gesetz der Welt verstoßen hat. Der Wurm hat das schon mehrfach beschrieben, unter anderem im Fall Akif Pirincci, der nach einer missverständlichen Aussage seine harmlosen Katzen-Bücher nicht mehr verkaufen durfte, siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/192-die-vernichtung-des-akif-pirincci.html

In diesem Fall herrscht Aufregung über ein Musik-Stück von Gary Glitter aus den 1970er Jahren, das zwar extrem gut zum Film passt, aber von einem verurteilten im Gefängnis sitzenden Pädophilen stammt – der auch noch Geld dafür bekommt. In den Augen der Gutmenschen das Allerletzte!

Aus dem „Rolling Stone“: „Wie schlichte Provokation von Regisseur Phillips wirkt es da, dass sein Joker ausgerechnet zu den Klängen von „Rock andRoll“ eine Treppe herunterstolziert – dessen Interpret Gary Glitter ist ein verurteilter Sexualstraftäter, dessen Musik zu Recht kaum noch öffentlich gespielt wird.“ 

https://www.rollingstone.de/reviews/kritik-joker-joaquin-phoenix/

Große Aufregung um einen Song-Einspieler im „Joker“-Film: Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) tanzt zu den Klängen von „Rock and Roll Part 2“ eine Treppe hinunter, wie ein Showstar. Das schwungvolle Lied stammt von Gary Glitter, einem verurteilten Sexualstraftäter …

Gary Glitter bekäme vielleicht 30 Prozent der Einnahmen, die ihm als Interpret des Stücks zustünden, und „wahrscheinlich weniger“ für die Komposition, weil er nur Co-Songwriter ist (Mike Leander schrieb damals mit). Der „Guardian“ kommt zum Schluss, dass Glitter weit weniger als „Hunderttausende“ durch den Film-Einsatz verdienen werde.

Es gibt natürlich kein „Verbot“ für Songs Gary Glitters. Und er verdient z.B. auch am Oasis-Lied „Hello“ mit, weil die Band darin dessen „Hello! Hello! I’m Back Again“ zitiert, und seit Veröffentlichung 1995 hat er angeblich bereits mehr als eine Million Euro eingenommen.

Allerdings gibt es ausreichend Gründe, die Musik Paul Francis Gadds, wie Glitter bürgerlich heißt, nicht zu feiern. Über die Jahre wurde ihm vielfach und an vielen Orten sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen, in Vietnam saß er 2006 bereits eine Gefängnisstrafe ab.

Nach seiner Abschiebung aus Asien folgten weitere Anklagen. In seiner Heimat Großbritannien wurden gegen ihn in acht Sexualdelikten gegenüber minderjährigen Mädchen in den Jahren 1977 bis 1980 ermittelt. Die spätere Anklage lautete u.a. unzüchtige Handlungen und ein versuchter Missbrauch von Kindern in sieben Fällen. 2015 wurde er zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Haftstrafe verbüßt Glitter im für Sexualstraftäter vorgesehenen Gefängnis „The Verne“.“

https://www.rollingstone.de/joker-gary-glitter-rock-and-roll-2-tantiemen-1777127/

Hier ist das Stück mit Szenen aus dem Film:

 

https://www.youtube.com/watch?v=bW-OLcZ4tGY

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm