iGod

Zur Zeit läuft in den Kinos der Film „Steve Jobs“.

Für diejenigen, die mit dem Namen Steve Jobs nichts anfangen können, ein kurzer Einblick von Walter Isaacson:

„Manche Führungspersönlichkeiten treiben Innovationen voran, weil sie das große Ganze gut überblicken. Andere realisieren dies durch die Beherrschung der Details. Jobs tat beides, unermüdlich. Die Folge war, dass er über drei Jahrzehnte hinweg eine Reihe von Produkten auf den Markt brachte, die ganze Industriezweige veränderten:

- den Apple II, in dem Wozniaks Platine verwendet wurde: Woz verwandelte diese in den ersten Personal Computer, der nicht nur für Freaks geeignet war

- den Macintosh, der die Heimcomputer-Revolution einleitete und grafische Benutzeroberflächen populär machte

- Toy Story und weitere Kassenschlager von Pixar, durch die sich neue Perspektiven auf das Wunder digitaler Vorstellungswelten eröffneten

- die Apple Stores, mit denen man die Rolle eines Ladens bei der Definition einer Marke neu erfand

- den iTunes Store, durch den die Musikindustrie neu geboren wurde

- den iPod, durch den die Art und Weise, wie wir konsumieren, verändert wurde

- das iPhone, durch das Handys zu Geräten wurden, mit denen man Musik hören, Fotos machen, Videos aufnehmen, E-Mails lesen und schreiben und im Internet surfen kann

- den App Store, der eine neue inhaltproduzierende Industrie hervorbrachte

- das iPad, mit dem Tablet-Geräte eingeführt wurden und gleichzeitig eine Plattform für digitale Zeitungen, Zeitschriften, Bücher und Videos angeboten wurde

- die iCloud, durch die der Computer von seiner zentralen Position bei der Verwaltung unserer Inhalte verwiesen wurde, und die ermöglichte, dass alle unsere Geräte nahtlos miteinander synchronisiert werden können

- und schließlich das Unternehmen Apple selbst, das Jobs als sein größtes Werk betrachtete, ein Ort, wo die Vorstellungskraft gehegt und gepflegt, angewendet und in die Tat umgesetzt wurde – und das auf eine derart kreative Art und Weise, dass aus Apple das wertvollste Unternehmen der Welt wurde.“

 

Der Film

 

„Gott schickte seinen Sohn auf eine Selbstmord-Mission. Und dennoch ist er beliebt. Warum? – Weil er Bäume wachsen lässt.“

Die Stärke des Films sind gute Dialoge (wie der eben erwähnte) und gute Schauspieler. Damit hat es sich aber auch schon.

„Steve Jobs“ zeigt drei Ereignisse zu verschiedenen Zeiten:

- 1984 die Produktpräsentation des „Macintosh“

- 1988 die Produktpräsentation von „NeXT“

- 1998 die Produktpräsentation des „iMac“

Genau vor diesen drei Präsentationen tauchen Leute auf, die jeweils meinen, unbedingt mit Steve Jobs unmittelbar vorher reden zu müssen. Meistens handelt es sich um dieselben Leute. Dadurch wird die Entwicklung von Jobs‘ Persönlichkeit und seinen Geschäften deutlich. Bei diesen Gesprächen gib es manchmal Rückblenden.

Die große „Action“ ist da tatsächlich nicht. Die muss ja auch nicht sein, aber der Film ist nur für diejenigen verständlich, die das Buch über ihn gelesen haben bzw. sich sehr gut mit Steve Jobs und Apple auskennen. Alle anderen werden fassungslos in den Kinostühlen sitzen und nicht verstehen, worum es geht.

Da kommt etwa jedes Mal ein Steve Wozniak daher und bittet Steve Jobs darum, in seinen Präsentationen lobend das Team des „Apple II“ zu erwähnen. Die Antwort lautet jedes Mal, dass es sich um eine Neueinführung handelt und daher nicht auf die Vergangenheit eingegangen werden sollte. Was ja nicht verkehrt ist.

Was will dieser Steve Wozniak denn immer mit diesem Unfug, ausgerechnet kurz vor den Präsentationen aufzutauchen, wo der Meister sich konzentrieren muss, und schon wieder den gleichen Sermon vorzutragen?

Wer das Buch kennt, weiss, dass Steve Jobs dem Team von „Apple II“, das die Firma am Leben hielt, tatsächlich die Anerkennung verweigerte, da es nicht sein Erfolg war und seine eigenen Erfolge bis dahin bei Apple geringer waren.

Da denkt sich der Zuschauer „aha, damit sollte dieses ausgedrückt werden“. Solche „Aha“-Effekte gibt es recht häufig – aber halt nur für diejenigen, die vorher das Buch gelesen hatten. Der „normale“ Zuschauer wird diese Feinheiten nicht verstehen und sich wg. für ihn belangloser oder unverständlicher Aussagen wundern und wahrscheinlich langweilen.

Hier der Trailer zum Film:

 

 

Das Buch

 

Das Standardwerk über Steve Jobs lautet „Steve Jobs – Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers“ von Walter Isaacson.

„Autorisierte Biografie“ hört sich langweilig an, ist es aber nicht. Den Tod vor Augen hatte Steve Jobs Walter Isaacson gebeten, die ungeschönte Wahrheit über ihn zu schreiben, bevor irgend ein Unfug über ihn verzapft wird.

Axel Postinett schreibt über das Buch:

„Für seine Biographie über Steve Jobs kam Walter Isaacson ganz nah an den Apple-Gründer heran. In dem Buch zeichnet der Autor ein durchaus komplexes Bild des „iGods“ - und spart auch die dunklen Seiten nicht aus.

Es ist das mit der größten Spannung erwartete Buch des Jahres: Walter Isaacsons autorisierte Biografie des verstorbenen Apple-Mitgründers Steve Jobs. In 40 langen Gesprächen und Telefonaten ist er Jobs so nahe gekommen wie wohl kein anderer Journalist zuvor. Herausgekommen ist ein tiefer Einblick in ein Leben, das geprägt war von tiefen Abstürzen und überwältigenden Erfolgen.

Wie bei jeder autorisierten Biografie bestand auch diesmal das Risiko, in schön geschriebener Belanglosigkeit zu versinken und ein verzerrtes Abbild einer sorgsam zurechtfrisierten Teilwahrheit abzuliefern. Isaacson hat diese Gefahr meisterlich überwunden. Er zeichnet ein lebendiges Bild eines faszinierenden Menschen mit einer komplexen Persönlichkeit.

Isaacson betont im Vorwort, dass Jobs den Inhalt des Buchs in keiner Weise beeinflusst und auch nicht das Recht verlangt hat, es vor Veröffentlichung zu lesen. Mehr noch: Jobs’ Ehefrau Laurene Powell ermunterte Isaacson ausdrücklich, die Wahrheit zu schreiben. „Es gibt Teile in seinem Leben und seiner Persönlichkeit, die ziemlich übel sind, und das ist die Wahrheit. Ich will nicht, dass es weißgewaschen wird“, zitiert der Autor den Wunsch Powells, die seit 1991 mit Steve Jobs verheiratet war.

Mit der Zeit öffnete sich Jobs selbst immer mehr. Zunächst reagierte er reserviert auf eine lange Liste von Interviewpartnern, die Isaacson zusätzlich befragen wollte, von alten Weggefährten bis zu notorischen Gegnern und Menschen, die Jobs am Rande des Weges zerbrochen zurückgelassen hat. Später ermunterte er diese Personen, offen zu sprechen und nichts auszulassen. Die Interviews mit Jobs fanden alle in einer schweren Zeit statt, als nach 2009 bereits abzusehen war, dass die gesundheitlichen Probleme dramatischer waren als gedacht. Das letzte Gespräch war noch kurz vor dem Tod Steve Jobs’ am 5. Oktober. So bekommt der Leser das ungeschminkte Bild eines Mannes, dessen Leben von früher Kindheit an von Dramen und einem unbeugsamen Sendungsbewusstsein geprägt war. Ein Mensch mit zwei Gesichtern, eine Art moderner Jekyll & Hyde.

Wir erfahren von Angestellten, die er übel behandelt hat, lernen, warum seine frühere Management-Inkompetenz und seine Sturheit seinen Rauswurf bei Apple praktisch unumgänglich machten, wie er in einem, wie er selbst einräumt und zutiefst bereut, seiner wohl schwärzesten Momente seine erste Tochter für Jahre verstieß, verleugnete. Er, der selbst adoptiert worden war. „Diese hässliche Seite seiner Persönlichkeit war nicht nötig“, urteilt Isaacson. Im Gegenteil habe sie ihm mehr geschadet als geholfen. Aber selbst Interviewpartner, meist Angestellte, die schwer unter Jobs gelitten hatten, hätten ihre Horrorerzählungen mit der Bemerkung beendet, er habe sie dazu gebracht, Dinge zu vollbringen, die sie niemals für möglich gehalten hätten.

Dem gegenüber steht das Genie Steve Jobs. Das Buch huldigt einem der wohl größten Visionäre unserer Zeit. Er hat mit seinen Produkten ganze Industrien verändert. Seinen Fokus auf Einfachheit und Funktionalität führt er nicht zuletzt auf sein Studium des Zen während seiner Zeit in Indien zurück, auf Konzentration auf das Wesentliche, das Hier und Jetzt und Meditation. Isaacson, der schon viel beachtete Biografien über Albert Einstein und Benjamin Franklin geschrieben hat, setzt Jobs in eine Reihe mit Thomas Edison und Henry Ford, den amerikanischen Erfinder- und Industrietitanen, und kann sich damit letztlich wohl nicht ganz dem Charisma des Steve Jobs entziehen, dem das sagenumwobene „reality distortion field“ zugeschrieben wird. Alle Lebewesen, die in den Bann dieses „Realitätskrümmungsfeldes“ gelangen, sind restlos und immer davon überzeugt, dass nur einer recht hat – Jobs.

Die Biografie ist gleichzeitig eine Hommage an das Silicon Valley, wo der amerikanische Traum noch Bestand hat. Junge Menschen mit auf den ersten Blick unrealistischen Ideen bauen aus der Garage der Eltern heraus Weltimperien auf. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Reise in eine Zeit, als Computer noch große Kästen voll mit Elektronik waren und nur von Spezialisten bedient werden konnten. Viele Szenen und Anekdoten sind zumindest den technisch interessierten Lesern bekannt – der Jugendstreich der „Blue Box“, mit der man sich kostenlos Telefongespräche erschleichen konnte, die erste Zeit beim Spielehersteller Atari, wo Jobs die Nachtschicht übernehmen musste, weil andere Angestellte seinen Körpergeruch nicht ertragen konnten. Dann die Gründung von Apple, erste Erfolge und Niederlagen, sein Rauswurf, die Gründung von Next und der Kauf des Animationsfilmstudios Pixar, der der eigentliche Grundstein seines Vermögens werden sollte.

Ausführlich widmet sich Isaacson dem zweiten Aufstieg von Jobs bei Apple, beschreibt seine unnachahmliche Art, jeden Produktlaunch wie das Hochamt der High-Tech-Industrie zu zelebrieren. Das Kapitel, in dem er sich detailliert und einfühlsam mit dem aussichtslosen Kampf gegen den zurückkehrenden Krebs befasst, zeigt deutlich, wie nah der Journalist Isaacson dem Objekt seines Buchs zum Schuss gekommen sein muss.

Steve Jobs rechnete in vielen Gesprächen schonungslos mit den Menschen ab, die in seinem Leben auftauchten, aber nicht seinen Vorstellungen nach Perfektion entsprachen oder von denen er sich schlicht hintergangen fühlte. Das Verhältnis zu Google etwa war zum Schluss nur noch als hasserfüllt zu bezeichnen. Der ehemalige Verbündete war mit Android in den Smartphonemarkt eingestiegen und hatte sogar Apples iPhone den Rang abgelaufen. Isaacson berichtet von einem Gespräch mit Jobs über Google und Android, bei dem er Jobs so wütend wie noch nie erlebte. Google habe ihn betrogen, bestohlen und belogen. Er werde „bis zum letzten Atemzug“ kämpfen, um dieses Unrecht zu beseitigen und, wenn es sein müsse, sogar den „letzten Cent“ der 40 Milliarden Dollar des Apple-Vermögens ausgeben, um Android zu vernichten.

Doch dann ist da sofort auch wieder der andere Steve Jobs. Während seiner zweiten Karriere bei Apple verstand er sich gerne als väterlicher Mentor des Silicon Valley und bot jungen Gründern Rat und Hilfe an.

Google-Mitgründer Larry Page hatte gerade Anfang 2011 von Eric Schmidt - den Jobs zuvor aus dem Apple-Board geworfen hatte - den CEO-Posten übernommen. Er rief bei Jobs an, um dessen Rat einzuholen, wie er ein besserer CEO sein könne. „Mein erster Gedanke war ‚Fuck you’“, gesteht er Isaacson im Interview. Aber dann habe er sich erinnert, wie ihm selbst HP-Mitgründer William Hewlett früher selbstlos geholfen habe und er habe mit Page gesprochen.

Er habe ihm geraten, sich zu fokussieren und Produkte abzustoßen, die ihn in die Gefahr brächten, so zu enden wie Microsoft. Das Treffen habe in Jobs Haus stattgefunden. Page, so Jobs’ Rat, solle sich auf die fünf Produkte konzentrieren, die Google ausmachen sollen. Der Rest solle weg: „Die Dinge machen dich zu Microsoft.“

Doch nicht nur andere geht Jobs schonungslos an. Er geht auch mit sich selbst hart ins Gericht. Er, der bei seinen magischen Produkten so oft den richtigen Riecher hatte, versagte ausgerechnet bei seiner wichtigsten eigenen Entscheidung, was ihn letztlich vielleicht das Leben gekostet hat.

Nach der Entdeckung seiner Krebserkrankung habe man ihm gesagt, es sei einer der fünf Prozent weniger aggressiven Arten des Bauchspeicheldrüsenkrebs und man könne es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Operation in den Griff bekommen. Jobs zögerte, versuchte alternative Heilmethoden, spirituelle Heilung und anderes um der Krankheit Herr zu werden. Er wollte einfach nicht, dass sein Körper geöffnet, verletzt wird, sagt er Isaacson. Als er nach neun Monaten doch noch einer Operation zustimmt, war es schon zu spät.

Der Tumor hatte sich ausgebreitet. Das lange Leiden begann, ständig in der Hoffnung auf die neue Medizin, die entscheidende Therapie, die noch einmal alles ändern würde. Doch das erlösende „One More Thing“, mit dem er so oft revolutionäre Neuerungen ankündigte, die alles verändern konnten, kam für ihn nicht mehr.

Am Ende ist Walter Isaacsons Buch eine Liebeserklärung an einen Mann, der sein Leben mit Konsequenz gelebt hat. In jeder Beziehung.“

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/steve-jobs-biographie-die-dunklen-seiten-des-igods/5768152.html

Tatsächlich berührt das Buch ein Stück Zeitgeschichte, das nicht nur für diejenigen interessant ist, die sich für die Anfänge und Entwicklung des Heim-Computers interessieren. Wenn nicht weiter ausgeführt, stammen die angegeben Zitate aus Walter Isaacsons Buch.

 

Der iGod

 

„Steve Jobs, an Krebs gestorbener Apple-Gründer, war der Prophet unserer Zeit und einer ihrer Mächtigen, ein Verkäufer, ein Visionär, aber kein netter Mensch.

Wer kann das von sich behaupten: eine Gruppe von Menschen verändert zu haben, eine Stadt, ein Land, die Welt?

Und wenn so einer stirbt, wie nennt man ihn dann? Wenn alle Begriffe zu Lebzeiten schon verbraucht wurden? "iGod" hatte das "New York Magazine" ihn getauft, scheinspöttisch und in Wahrheit anbetend.“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818246.html

Der Buchstabe „i“ bedeutet im Englischen groß geschrieben „ich“; „god“ heisst „Gott“. Das „i“ vor den Apple-Produkten passt zu den Anwendern wie auch zu Steve Jobs selbst – für ihn zählten nur er selbst und eventuell noch einige wenige, die er auf Augenhöhe respektierte.

Der „Spiegel“ über ihn nach seinem Tod 2011:

„Er war nicht nett. Die ehemalige Freundin Chris-Ann und seine Tochter Lisa lebten von staatlicher Unterstützung, bis ein Gericht Jobs zwang, 385 Dollar Unterhalt im Monat zu zahlen. Er war bereits Millionär, zuletzt besaß er rund sieben Milliarden Dollar.

Er war gnadenlos. Wer ihn verehrt wie der Deutsche-Telekom-Chef René Obermann, preist Jobs' "unnachgiebige Konsequenz"; das trifft es bedingt. Jobs befehligte eine mehr als 46.000 Mann starke Apple-Armee, die von vielen tausend Fußsoldaten in China unterstützt wurde. Für umgerechnet ein paar Dollar arbeiteten dort Kinder und manchmal deren Mütter für Apple, bessere Löhne, menschliche Arbeitsbedingungen hätten Jobs nicht viel gekostet.

Er war ein despotischer Chef, launisch, cholerisch. Er verklärte das gern: Er müsse streng sein, sagte Steve Jobs, er müsse seine Leute fordern, die Leistung des Konzerns spreche für sich.

Wahr ist das Gegenteil: Apple wurde absurd geführt und war dennoch gut. All die Teams der Firma, diese 8, manchmal 10, manchmal 25 Leute, die an einem Projekt arbeiteten, warteten ständig auf Rauchzeichen von Steve. Lobte der? Hasste der? Keiner wusste, was kommen würde, "manchmal duschte Steve zu heiß", sagt der ehemalige Apple-Mann David Sobotta, "danach verdammte er das, was er gestern gefeiert hatte". Zwischen "Genie" und "Arschloch" lag wenig und selten etwas, das die Angestellten hätten nachvollziehen können. Wie gut hätte Apple sein können, wenn es auch noch gut geführt worden wäre?“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818246.html

Walter Isaacson beschreibt Steve Jobs‘ Benehmen häufig und ausführlich. Kurz ausgedrückt: unter aller Sau.

„Bei den folgenden Besichtigungen weiterer japanischer Firmen zeigte sich Jobs von seiner schlimmsten Seite. Er erschien in Jeans und Turnschuhen zu Terminen mit Managern in dunklen Anzügen. Die förmlichen kleinen Begrüßungsgeschenke, die zu derartigen Gelegenheiten üblich sind, vergaß er oft mitzunehmen, selbst machte er nie welche. Er grinste verächtlich, wenn Ingenieure zu seiner Begrüßung in Reih und Glied antraten, sich verbeugten und höflich ihre Produkte zur Inspektion bereithielten. Jobs hasste die Geräte wie auch die Beflissenheit. ‚Das ist Müll! Jeder kann ein besseres Laufwerk bauen!‘ Die meisten seiner Gastgeber waren entsetzt, einige aber auch amüsiert. Sie hatten die Geschichten über sein unmögliches Benehmen schon gehört und konnten sich jetzt davon überzeugen, dass sie der Wahrheit entsprachen.“

Über Steve Jobs‘ Beziehung zu Tina Redse: „Ihre Beziehung taumelte fünf Jahre lang durch Höhen und Tiefen … Sie war von ihm bezaubert, aber auch verwirrt, wie kaltschnäuzig er sein konnte. Später erinnerte sie sich daran, wie unglaublich weh es tat, jemanden zu lieben, der so egozentrisch war …

Wenn sie über längere Zeit zusammen waren, lief es nicht gut. Waren sie aber getrennt, hatte Jobs Sehnsucht nach ihr. Im Sommer 1989 bat er sie, ihn zu heiraten. Sie konnte es nicht. Er würde sie in den Wahnsinn treiben, erzählte sie ihren Freunden …‘Ich wäre der Ikone Steve Jobs keine gute Ehefrau gewesen‘, erklärte sie später. ‚Es hätte zu vieles gegeben, woran ich etwas auszusetzen gehabt hätte. In unserem persönlichen Umgang konnte ich sein rüdes Verhalten nicht tolerieren. Ich wollte ihn nicht verletzen, aber ich wollte auch nicht danebenstehen und zusehen, wie er andere Menschen verletzte. Es war schmerzhaft und kräfteraubend'.

Nach ihrer Trennung unterstützte Redse die Gründung von OpenMind, einem psychiatrischen Netzwerk in Kalifornien. Zufällig las sie in einem Psychiatrie-Handbuch über narzisstische Persönlichkeitsstörungen und fand, dass die Beschreibung exakt auf Jobs zutraf. ‚Es passte so genau und erklärte so vieles, worüber wir uns gestritten hatten. Ich erkannte, dass der Wunsch, er solle netter oder weniger egozentrisch sein, ebenso unrealistisch war, als wenn man einem Blinden befehlen würde, zu sehen‘, sagte sie. ‚Es erklärte auch einige der Entscheidungen, die er damals in Bezug auf seine Tochter Lisa getroffen hatte. Ich glaube, das Problem ist Empathie – die Fähigkeit zur Empathie fehlt.‘“

„Jobs hatte die Angewohnheit, sich mit wahnsinniger Intensität eine Zeit lang auf etwas zu konzentrieren und sich dann ganz plötzlich davon abzuwenden. Bei der Arbeit fokussierte er sich auf was er wollte und wann er es wollte. Auf andere Belange reagierte er überhaupt nicht, ganz egal, wie sehr man sich um seine Beteiligung bemühte. In seinem Privatleben war er genauso … ‚Steve schwankte immer zwischen einer intensiven Haltung, in dem sie (Laurence Powell) der Mittelpunkt des Universums war, und einer kalten, abweisenden und auf die Arbeit konzentrierte Haltung‘, sagte Kat Smith. ‚Er besaß die mentale Kraft, sich mit der Präzision eines Laserstrahls auf etwas zu konzentrieren, und wenn man von diesem Laserstrahl erwischt wurde, sonnte man sich im Licht seiner Aufmerksamkeit. Wanderte der Laserstrahl aber zu einem anderen Brennpunkt weiter, wurde es um einen herum sehr, sehr dunkel.‘“

Spiritualität

„‘Für mich war es eine ernsthafte Sache‘, sagte er. ‚Ich war beseelt von der Vorstellung der Erleuchtung und wollte herausfinden, wer ich war und wie ich mich in den Lauf der Dinge einfügte.‘“ – 1974, im Alter von 19 Jahren, bricht Steve Jobs nach Indien zu einem zwischenzeitlich verstorbenen Guru auf, bleibt aber eine Weile in Indien.

„Inzwischen war Jobs nicht mehr auf der Suche nach einem Guru, der ihm Weisheit vermitteln würde, sondern nach Erleuchtung durch Askese, Entbehrung und Einfachheit. Aber es gelang ihm nicht, inneren Frieden zu finden …

Jobs‘ Interesse an östlicher Spiritualität, Hinduismus und Zen-Buddhismus und seine Suche nach Erleuchtung waren nicht nur die vorübergehende Phase eines 19-jährigen. Sein Leben lang würde er versuchen, sich an einige Grundsätze der östlichen Religionen zu halten, wie zum Beispiel die Betonung des Prajna – Weisheit und kognitives Verständnis, die durch geistige Konzentration intuitiv erfahren werden. Als er Jahre später in seinem Garten in Palo Alto saß, dachte er über den nachhaltigen Einfluss seiner Indien-Reise nach: …

‚Seit damals hat der Zen-Buddhismus einen starken Einfluss auf mein Leben. Einmal erwog ich sogar, nach Japan zu gehen, um ins Eiheiji-Kloster einzutreten, aber mein spiritueller Berater drängte mich, hierzubleiben. Er sagte, dort sei nichts zu finden, was man nicht auch hier finden könne, und er hatte recht. Ich verinnerlichte die Zen-Weisheit, die besagt: Wenn du bereit bist, rund um die Welt zu reisen, um einen Lehrer zu finden, findest du einen nebenan.‘“

Extreme Egoisten und Streithansel fühlen sich besonders gerne zu fernöstlichen Religionen hingezogen. Anstatt ihre Kraft aus sich selbst zu ziehen (etwa dadurch, dass sie sich ethisch so verhalten, wie es einem bestimmten Ideal zumindest nahe kommt, ob das jetzt „Goldene Regel“, „Kategorischer Imperativ“ oder wie auch immer genannt wird) – wozu es keiner Meditation bedarf, sondern einem Wollen – leben sie ihren Ungeist im Alltag aus und beginnen dann zu meditieren.

Während die westlichen Religionen, vor allem der Islam, meistens eine soziale Gemeinschaft und eine zumindest theoretisch soziale Ader haben, ist das bei den fernöstlichen Religionen nicht so. Da zählt der Einzelne, der für sich selbst verantwortlich ist. Tun und Schicksal der anderen ist da nicht nur zweitrangig – es ist egal. Kein Wunder, haben diese Religionen in den letzten Jahrzehnten in der westlichen Welt einen massiven Aufschwung erlebt.

Religiöser und esoterischer Mumpitz haben schließlich auch ihren Beitrag zum frühen Ableben von Steve Jobs geleistet:

„Zum Entsetzen seiner Freunde und seiner Frau entschied sich Jobs gegen eine chirurgische Entfernung des Tumors – die einzige wirksame Therapie … Konkret hieß das, er hielt sich an eine streng vegane Diät mit einer Menge Möhren und viel Obstsaft. Dazu kamen noch Akupunktur, alle möglichen Kräuterpillen und verschiedene andere Mittelchen, die er im Internet oder von irgendwelchen Leuten bekam, die er um Rat fragte, darunter auch ein Hellseher. Eine Zeit lang hielt er viel von einem Naturheilkundler, der eine Klinik in Südkalifornien betrieb und die Anwendung von Biokräutern, Saftfasten, häufigen Abführmittelgebrauch, Hydrotherapie und das Herauslassen aller negativen Gefühle empfahl …

Jobs hielt seinen Widerstand nach der Diagnose vom Oktober 2003 neun Monate lang durch. In gewisser Weise zeigte sich hier die dunkle Seite seines Reality Distortion Field … Die Schattenseite seiner ungeheuren Konzentrationsfähigkeit war seine beängstigende Tendenz, alles auszufiltern, womit er sich nicht befassen wollte.“

Es waren neun Monate zu lang. Steve Jobs könnte heute noch leben, wenn er sich zum richtigen Zeitpunkt hätte operieren lassen.

Frühe Jahre

„Nachdem Jobs im Sommer 1972 sein Abschlussexamen gemacht hatte, zog er mit Chrisann in eine Hütte in den Hügeln von Los Altos. Eines Tages verkündete er es seinen Eltern. Sein Vater war wütend. ‚Nein, das wirst du nicht, nur über meine Leiche‘. Erst vor Kurzem hatten sie Streit wegen Marihuana gehabt, und wieder einmal setzte Jobs junior seinen Willen durch. Er verabschiedete sich einfach und ging.“

„Er beharrte darauf, aufs Reed College zu gehen, ein privates, liberales, kunstorientiertes College, das zugleich eines der kostspieligsten des Landes war. Als sein Vater ihn anrief, um ihm mitzuteilen, dass Reed eine Zusage erteilt hatte, war er gerade zu Besuch bei Woz in Berkeley. Sein Vater versuchte, ihm Reed auszureden, seine Mutter ebenfalls. Sie sagten, die Kosten überstiegen bei Weitem ihre Verhältnisse. Doch ihr Sohn reagierte mit einem Ultimatum. Wenn er nicht aufs Reed dürfe, würde er überhaupt nicht aufs College gehen. Wie üblich gaben sie nach.“

„Vegetariertum und Zen-Buddhismus, Meditation und Spiritualität, LSD und Rockmusik – Jobs vereinte auf seine Weise die vielfachen Impulse der nach Erleuchtung suchenden Campus-Subkultur jener Zeit.“

„Das College langweilte Jobs schon nach kürzester Zeit … Jobs bekam allmählich auch Schuldgefühle, erklärte er später, weil seine Eltern so viel Geld für ein Studium ausgaben, das sich nicht zu lohnen schien. ‚Die gesamten Ersparnisse meiner Eltern, die zur Arbeiterklasse gehörten, wurden in mein Studium gesteckt‘, berichtete er bei seiner berühmten Eröffnungsansprache in Stanford im Juni 2005. ‚Ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anstellen wollte, und keine Idee, wie das College mir dabei helfen würde, es herauszufinden. Und ich verbrauchte das gesamte Geld, das meine Eltern ihr ganzes Leben lang gespart hatten. Also beschloss ich, vom College zu gehen und darauf zu vertrauen, dass sich alles richten würde.‘“

Über einen Kalligrafiekurs: „‘Ich erfuhr alles über Serifen und serifenlose Schriftarten, wie man den Zwischenraum zwischen verschiedenen Buchstabenkombinationen variiert und was großartige Typografie so großartig macht. Es war schön, historisch, künstlerisch subtil, und zwar auf eine Art und Weise, die die Wissenschaft nicht erfassen kann. Ich fand es faszinierend‘ …

Er sollte sich damit hervortun, ansprechende grafische Benutzeroberflächen zu kreieren. In dieser Hinsicht erwies sich der Kurs in Kalligrafie als entscheidend. ‚Wenn ich diesen Kurs am College nicht entdeckt hätte, hätte der Mac niemals eine Vielzahl von Schriftarten oder Proportionalschriften aufgewiesen. Und da Windows den Mac einfach nachgeahmt hat, ist anzunehmen, dass kein PC sie haben würde.‘“

„Nachdem er 18 Monate lang auf dem Campus des Reed College herumgehangen hatte, beschloss Jobs im Februar 1974, zu seinen Eltern nach Los Altos zurückzukehren und sich nach einem Job umzusehen … Noch am selben Tag marschierte er in den Empfangsraum des Videospiel-Herstellers Atari und erklärte dem Personalchef – den Jobs‘ wirres Haar und ungepflegtes Äußeres verwunderten -, dass er nicht wieder gehen werde, ehe er einen Job habe …

Als Jobs in Sandalen im Empfangsraum von Atari um Arbeit ersuchte, wurde Alcorn herbeizitiert. ‚Man hat mir berichtet, wir hätten hier einen Hippie im Empfangsraum. Er sagt, er rühre sich nicht von der Stelle, bis wir ihm einen Job gegeben haben. Sollen wir die Bullen rufen oder ihn reinlassen? Ich ordnete an, ihn zu mir zu bringen‘ …

Alcorn wies ihn einem geradlinigen Ingenieur namens Don Lang zu, der sich schon am nächsten Tag beklagte: ‚Dieser Kerl ist ein verdammter stinkender Hippie. Warum habt ihr mir das angetan? Er ist unzumutbar‘ …

Lang und die anderen Mitarbeiter wollten, dass man Jobs wieder vor die Tür setzte, aber Bushnell fand eine Lösung. ‚Der Körpergeruch und sein Verhalten waren kein Problem für mich‘, sagte er. ‚Steve war kratzbürstig, aber irgendwie mochte ich ihn. Also bat ich ihn, die Nachtschicht zu übernehmen. Dadurch konnte ich ihn behalten.‘“

„Jobs verbrachte ein paar Tage in München, wo er das Problem löste. Dabei verblüffte er die deutschen Manager in ihren dunklen Anzügen. Sie beklagten sich bei Alcorn, dass sich Jobs wie ein Penner kleide, stinke und sich ungehörig benehme.“

„Eines Tages Anfang 1975 saß Al Alcorn in seinem Büro bei Atari, als Ron Wayne hereinplatzte. ‚Hey, Stevie ist wieder da‘, rief er. ‚Wow, dann bring ihn zu mir‘, erwiderte Alcorn. Jobs schlurfte barfuß in seinem safranfarbenen Gewand herein, überreichte Alcorn eine Ausgabe von Be Here Now und drängte ihn, das Buch zu lesen. ‚Kann ich meinen Job wiederhaben?‘, fragte er. ‚Er sah aus wie ein Hare-Krishna-Anhänger, aber es war toll, ihn zu sehen‘, erinnerte sich Alcorn. ‚Also erwiderte ich: Klar!‘ Um die Harmonie bei Atari nicht zu stören, arbeitete Jobs hauptsächlich wieder nachts.“

„Die Herstellung des fertigen Produkts, des Apple II, würde beträchtliches Kapital erfordern, und so erwogen sie, die Rechte an eine größere Firma zu verkaufen … Al Alcorn vereinbarte ein Treffen mit dem Geschäftsführer (von Atari) Joe Keenan, der viel konservativer als Alcorn und Bushnell war. ‚Steve sprach bei ihm vor, um sein Gerät anzupreisen, doch Joe konnte ihn nicht ertragen‘, erinnerte sich Alcorn. ‚Steves mangelnde Hygiene störte ihn.‘ Jobs war barfuß und legte die Füße auf den Schreibtisch. ‚Wir werden dieses Ding nicht kaufen‘, brüllte Keenan, ‚und nehmen sie sofort Ihre Füße von meinem Schreibtisch.‘“

„Und da war da noch das Problem mit Jobs‘ Körperhygiene. Er war nach wie vor davon überzeugt, dass seine vegetarische Ernährung regelmäßiges Duschen oder die Verwendung eines Deodorants überflüssig machte. ‚Wir mussten ihn regelrecht zur Tür hinausbugsieren und ihn auffordern, sich zu duschen‘, sagte Markkula. ‚Bei Meetings mutete er uns seine schmutzigen Füße in Sandalen zu.‘ Um Stress abzubauen, tauchte er manchmal seine Füße in die Toilette, was nicht gerade beruhigend für seine Kollegen war.“

 

Apple

 

Wie sähe die Welt heute aus, wenn es keinen Steve Jobs gegeben hätte? Die technischen Innovationen hätte es auch ohne ihn gegeben, sie lagen quasi „in der Luft“. Aber sie würden anders aussehen. Sehr wahrscheinlich schlechter. Die Verbindung Technik – Kunst – Design hatte keiner so drauf wie er. Bei ihm musste alles perfekt aussehen bis hin zu den für den Verbraucher nicht sichtbaren Teilen im Inneren eines Gerätes und bis hin zur Verpackung.

Er kreierte ein exzellentes Marketing mit teils legendärer Werbung, die für viele teils Jahrzehnte später noch in Erinnerung ist. Und Produkt-Einführungen, die teilweise zu Happenings gerieten.

Hier Steve Jobs bei der Produkteinführung des iPhone 2007:

 

 

 

Der „Think Different“-Spot aus 1997:

 

 

Was es ohne ihn aber nicht geben würde, wären die Filme von Pixar. Nach Jobs' berechtigtem Rausschmiss aus seiner eigenen Firma wollte George Lucas seine Firma Pixar verkaufen. Steve Jobs erwarb 70% der Firma; der restliche Anteil ging an die 40 Gründungsmitarbeiter.

 

Pixar konnte Filmmaterial digitalisieren und Spezialeffekte in Filme integrieren. Steve Jobs versenkte Millionen für spezielle Computer für Trickfilmzeichner und Grafikdesigner, die auch von der Medizinbranche und dem Geheimdienst (Bearbeiten der Daten von Aufklärungsflügen und Satelliten) genutzt wurden. Software zur Herstellung von dreidimensionalen Grafiken und Bildern für den Massenmarkt war auch ein großes Verlust-Geschäft.

 

„Der Pixar-Geschäftszweig für digitale Animation – eine Gruppe, die kleine Animationsfilme herstellte – lief ursprünglich nebenher; ihr Hauptzweck bestand darin, die Hardware und Software der Firma in das beste Licht zu rücken.“

 

Wenn heutzutage über Pixar geschrieben wird, wird Steve Jobs meistens lediglich als „Geldgeber“ erwähnt. Wobei vergessen wird, dass es kaum einen anderen positiv Verrückten gegeben hätte, der sich für diese Schnittstelle Technik – Kunst dermaßen interessiert und sein Geld hinein gesteckt hätte.

 

Steve Jobs förderte diese Gruppe, rettete die Firma durch Geldzuschüsse vor der Insolvenz und rettete das Unternehmen, indem er Disney mit an Bord holte.

 

Auch die erzielten technischen Fortschritte im Animationsfilm hätte es früher oder später gegeben. Aber deutlich später. Filme wie „Toy Story“, „Die Monster AG“, „Findet Nemo“ oder „Ratatouille“ hätte es ohne Steve Jobs nicht gegeben.

Big Brother

Der erfolgreichste Spot stammt aus dem Jahr 1984. Der „Stern“ schreibt 2009 Folgendes über ihn:

„Der Super Bowl 1984, 22. Januar, Washington Redskins gegen die Los Angeles Raiders, drittes Viertel. Werbepause. 96 Millionen Zuschauer des Finales der US-Football-Liga werden Zeuge der Geburt einer Legende. In 60 Sekunden wird die Welt auf die Ankunft des neuesten Apple-Computers vorbereitet. Am 24. Januar wird er kommen, der Macintosh. Das Konzept geht auf: Alle reden über den Mac - und den Werbespot auch.

Der Macintosh, so lautet die Botschaft des Spots, wird verhindern, dass das gerade angebrochene Jahr 1984 so wird, wie George Orwell es in seinem berühmten gleichnamigen Roman beschrieben hatte. Im Kampf gegen Gleichmacherei und Big-Brother-Überwachung werde Apples neuestes Produkt dem Menschen unschätzbare Dienste leisten. Schließlich sei der Mac ein wahrlich persönlicher Computer.

Schon dieses inhaltliche Konzept verstörte und forderte die Zuschauer. Schließlich beschränkte PC-Werbung sich zumeist auf eine simple Aufzählung der Leistungsmerkmale und Möglichkeiten des neuen Rechners. Hinzu kam die brillante visuelle Umsetzung. Regie bei dem 60-Sekünder führte Ridley Scott, der gerade mit "Alien" (1979) und "Blade Runner" (1982) zwei Klassiker des Science-Fiction-Films in Folge abgedreht hatte. Er sollte für das damals horrende Budget von 900.000 US-Dollar ein weiteres düsteres Zukunftsszenario zum Leben erwecken …

Glas zerbricht, Licht flutet den Raum. Die Arbeiter erwachen aus ihrer Apathie. Eine Laufschrift kriecht ins Bild: "Am 24. Januar wird Apple Computer den Macintosh vorstellen. Und Sie werden sehen, warum 1984 nicht wie "1984" wird".

Der Spot schlug ein wie eine Bombe. Das Medienecho war gewaltig. Zu seinem Mythos trug außerdem bei, dass er seitdem nie wieder im Fernsehen (als Werbung) gezeigt wurde. Denn der Spot, der vielfach analysiert worden ist und 1995 von "Advertising Age" zum "besten Spot der vergangenen 50 Jahre" gewählt wurde, hatte einen Fehler: Der Apple-Aufsichtsrat hasste ihn.

Die beauftragte Werbeagentur Chiat/Day hatte Scotts Werk zunächst vor einer Versammlung von Apple-Mitarbeitern gezeigt, die den Spot liebten. Sie hatte ihn Apple-Co-Gründer Steve Jobs gezeigt, der den Spot liebte. Die Zustimmung des fünfköpfigen Aufsichtsrats schien nur eine Formsache. Von wegen. "Die meisten hielten ihn für den schlechtesten Werbespot, den sie je gesehen haben", berichtet John Sculley, ehemaliger Vorstandschef von Apple.

Dass der heutige Klassiker doch wenigstens einmal zum Einsatz kam, lag nur daran, dass es der Agentur nur noch gelang, von den bereits gebuchten 90 Sekunden Werbezeit während der Super-Bowl-Halbzeit 30 Sekunden wieder zu verkaufen. Auf einer Minute blieb Apple sitzen. Der Rest ist Geschichte.“

http://www.stern.de/digital/computer/legendaere-macintosh-werbung-als-1984-nicht--1984--wurde-3433852.html

Hier ist der Spot:

 

 

Mit „Big Brother“ war übrigens „IBM“ gemeint. „Apple“ sollte nicht nur Farbe, sondern auch Freiheit und Individualität bringen.

Das Gegenteil ist der Fall: trotz aller gegenteiligen (erfolgreichen) Werbung ist Apple die Firma, die ihren Kunden Muster aufzwingt und sie ihrer Freiheiten beraubt. Apps mit politisch strittigen Themen oder „pornografischen“ Inhalten (der Begriff ist sehr weit gefasst) werden erst gar nicht zugelassen.

2009: „Da war aus der Sicht von Apple wohl doch ein wenig zu viel Haut zu sehen: Der Software-Riese hat wegen einer freizügigen Bilderstrecke bei "stern.de" dessen iPhone-Anwendung ohne Ankündigung aus seinem App-Store entfernt.

Stein des Anstoßes sei eine Erotik-Galerie gewesen, bestätigte eine Sprecherin . Der "Stern" wertet die unangekündigte Löschung als äußerst "praxisfern". Solche Bildergalerien seien für General-Interest-Titel völlig normal. Man habe sich mit Apple aber einigen können. Die Anwendung für den mobilen Zugang zur Website des Hamburger Magazins ist inzwischen wieder erreichbar.

"stern.de" ist längst nicht die erste Anwendung fürs iPhone, die Apple wegen Missfallens aus seinem Store verbannt hat. Mit seiner sehr restriktiven Zensur-Politik hat das Unternehmen aus Cupertino schon öfters den Ärger von Anbietern der kleinen Hilfsprogramme provoziert.

Viele Entwickler stoßen sich daran, dass die Richtlinien, die Apple für seine Bewertungen zugrunde legt, nicht transparent gemacht werden. Zuletzt hatte Apple im Sommer mit der Löschung einer Anwendung für Internet-Telefonie des Suchmaschinenspezialisten Google für Schlagzeilen gesorgt.“

http://www.express.de/ratgeber/wegen-erotik-galerie-zu-viel-nackte-haut--apple-loescht-app-von--stern-de--17773652

Das war auch 1984 nicht anders. Während etwa bei IBM und Microsoft nach Belieben ergänzt und ausgetauscht werden konnte (und das heutzutage noch so ist), muss der Endanwender die Apple-Geräte so nehmen, wie sie sind.

Isaacson: „… Mit dem Macintosh, das wusste er, würde er erst recht einige Prinzipien des Hackerkodex verletzen. Das Gerät war zu teuer. Er hatte entschieden, dass es keine Slots haben würde, was bedeutete, dass Bastler keine eigenen Erweiterungskarten einstecken oder das Motherboard aufrüsten konnten, um eigene Funktionen zu ergänzen. Er hatte den Computer sogar so entworfen, dass man nicht an sein Innenleben herankam. Man benötigte spezielles Werkzeug, um das Plastikgehäuse zu öffnen. Es war ein kontrolliertes System und ähnelte darin eher einem Machwerk des Big Brother als dem eines Hackers.

Daher war der ‚1984‘-Spot für Jobs auch eine Gelegenheit, sich und der Welt das gewünschte Image zu vermitteln. Die Heldin, auf deren strahlend weißem Tank-Top die Umrisszeichnung eines Macintosh prangte, war eine Renegatin, die sich gegen das Establishment erhob. Mit Ridley Scott als Regisseur, der gerade mit Blade Runner einen Riesenerfolg gefeiert hatte, konnte Jobs das aufkommende Cyberpunk-Ethos für sich und seine Firma reklamieren. Dank dieses Werbespots ließ sich Apple mit den Rebellen und Hackern, den Andersdenkenden identifizieren – und Jobs gleich mit.

 

Steve Jobs und der Steuerzahler

 

Dieses Thema wird im Buch von Walter Isaacson nicht erwähnt – dafür hat Noam Chomsky in mehreren Büchern darauf hingewiesen, dass der US-amerikanische Steuerzahler über Jahrzehnte hinweg mit Milliarden-Beträgen die Grundlagenforschung an den Universitäten finanziert hat. Und damit überhaupt erst die Grundlagen zu marktfähigen Produkten in den entsprechenden Bereichen geschaffen hat.

In der Fußballer-Sprache ausgedrückt: 99% der Arbeit waren getan. Der Gegner ausgespielt, der Ball liegt vor dem leeren Tor. Irgendeinen wird es da wohl geben, der den Ball ins Tor schießt. Ob der jetzt Steve Jobs, Bill Gates, Rupert Regenwurm oder Berta Kruzdibum heisst. Anstatt Steve Jobs ein Denkmal zu bauen, sollte dem US-amerikanischen Steuerzahler ein Denkmal gebaut werden

2014 hielt Noam Chomsky in Karlsruhe einen Vortrag, wo er auf diesen Punkt einging:

„…. Militärforschung ist ein Instrument, mit dem die Bevölkerung gezwungen wird, Profite der High-Tech-Industrie zu subventionieren. Das ist eine ihrer wesentlichen Funktionen. Schauen wir uns beispielsweise die Computer, das Internet, Laser, Mikroelektronik, Satelliten an – man kann es alles durchgehen – wo kommen die alle her? Sie kommen, überwiegend vom Pentagon finanziert, von Einrichtungen wie dem MIT, und die Steuerzahler bezahlen dafür. Weil „die Russen kommen“, müssen Sie das bezahlen, und als Endergebnis, wissen Sie, ist Bill Gates der reichste Mann der Welt und Steve Jobs konnte Apple gründen. ….. So funktioniert die Wirtschaft. Wenn Sie die Zeitungen lesen, die Financial Times oder die deutschen Wirtschaftsblätter, wie sie ständig über »freies Unternehmertum« und Märkte reden, muss man sich doch einfach ein paar grundlegende Tatsachen über Märkte vor Augen halten. Egal ob man sie mag oder nicht, haben sie doch einige grundlegende Eigenschaften. Eine solche Eigenschaft ist, wenn Sie in eine riskante Unternehmung investieren, investieren Sie jahrzehntelang mit viel Risiko und Einsatz, und wenn sich dann irgendwann ein Profit einstellt, soll er auch an Sie zurückfließen. So funktioniert die Wirtschaft. Doch der Steuerzahler wird im Grund ausgequetscht, um die riskanten und kostspieligen Entwicklungen zu finanzieren, buchstäblich über Jahrzehnte, und bekommt nichts dafür zurück außer Profiten, die an die privaten Unternehmer fließen. Aber so funktioniert unsere Wirtschaft des freien Unternehmertums. Und das Pentagon war ein Schlot Trichter. Aber Sie haben recht mit der Militärforschung. Das sollte es an der Universität nicht geben. Ich denke, auch das andere sollte es aus anderen Gründen dort auch nicht geben. Es ist ein Angriff auf Demokratie und Freiheit.“

http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20438

Im Artikel von Dietrich Schulze, der Noam Chomsky zitiert, wird übrigens deutlich gemacht, wie die „Badischen Neuesten Nachrichten“ lügen und manipulieren: „Für den Leser wird der Eindruck erweckt, dass Chomsky in seiner Antwort die Nützlichkeit von Militärforschung für die Menschheit herausgestellt hätte.“

 

Apple und der Steuerzahler

 

„Wie Apple & Co. die europäischen Staaten bei den Steuern austricksen, ist krass. Aber das Versagen liegt bei Europas Regierungen.

Von Paul Blickle, Philip Faigle und Julian Stahnke

15. September 2015

Geld zu verlieren tut weh. Es sei denn, man merkt gar nicht, was einem entgeht, weil man das Geld niemals zu Gesicht bekommen hat. Solcherart Verluste erleiden Europas Bürger jeden Tag, seit Jahren. Es geht um Milliardensummen, die internationale Konzerne wie Apple, Google und Amazon an den europäischen Finanzbehörden vorbeischleusen.

Man kann den Skandal anhand einer einzigen Zahl erzählen: neun Milliarden Euro. So viel Ertragssteuer hätte Apple nach Berechnungen von ZEIT ONLINE allein für sein erfolgreichstes Produkt – das iPhone – in den vergangenen fünf Jahren an Europas Regierungen zahlen müssen. Selbst wenn man großzügig rechnet und die gängigen Steuerquoten des Konzerns im Ausland zugrunde legt, hat der Konzern davon höchstens eine Milliarde Euro entrichtet. Fehlen acht Milliarden Euro. Das ist mehr, als Europas Regierungen in einem Aktionsplan für die Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit ausgeben. Und: Das sind nur die fälligen Steuern für ein Smartphone. 

Kaum ein Unternehmen auf der Welt ist so frech wie Apple, wenn es um das Steuersparen geht. Schon Ende der achtziger Jahre – früher als andere – hat der Konzern damit begonnen, Gewinne in Europa dorthin zu verschieben, wo die Steuern niedrig sind: beispielsweise nach Irland, wo der Konzern seine Europazentrale errichtet hat.

Die populäre Methode des Steuersparens funktioniert so: Die einzelnen Gesellschaften eines Konzerns verkaufen sich gegenseitig Vermögensgegenstände. Diese Geschäfte sind so organisiert, dass die Gewinne am Ende in dem Land landen, wo die niedrigsten Steuersätze anfallen. In Apples Fall ist das Irland.

Für das Technologieunternehmen ist die Methode besonders günstig, denn Apple verfügt über viele immaterielle Vermögensgegenstände, die sich leicht über Grenzen verschieben lassen: Patente, Lizenzen, Markenrechte. In Ländern mit vergleichsweise hohen Steuersätzen wie Frankreich oder Deutschland bezahlen die nationalen Gesellschaften von Apple seit Jahren Gebühren an die irischen Töchter für die Nutzung der Marke und die Urheberrechte. Anschließend können sie diese Ausgaben von der Steuer absetzen. In Deutschland zahlte Apple deshalb im Geschäftsjahr 2010/2011 lediglich 5,3 Millionen Euro Ertragssteuern – obwohl der Konzern schon damals einen Milliardenumsatz mit iPhones und Macbooks machte.

In Irland bekam Apple bis zum Jahresbeginn erhebliche Erleichterungen bei der ohnehin niedrigen Unternehmenssteuer. Ein Untersuchungsbericht des US-Senats legte schon vor rund zwei Jahren offen, dass Apple Operations International – eine irische Tochtergesellschaft von Apple – zwischenzeitlich in Gänze von der Steuer befreit war. In den vergangenen Jahren blieben auf diese Weise mehr als 30 Milliarden Dollar an Gewinnen unversteuert. Irland hat mittlerweile wegen des Drucks aus Europa einige der Privilegien wieder abgeschafft. Dennoch gelang es Apple auch im vergangenen Geschäftsjahr, die Steuerquote auf Auslandsgewinne unterhalb von fünf Prozent zu halten.

Apples Tricks sind nicht illegal, sondern entsprechen dem europäischen Steuerrecht. Die Römischen Verträge bestimmen, dass sich Unternehmen innerhalb Europas ihren Firmensitz und den Sitz ihrer Töchter frei wählen dürfen. Die Höhe der Steuern legt der jeweilige Nationalstaat unabhängig fest. Länder wie Irland, die Niederlande und Luxemburg konnten deshalb mit niedrigen Steuersätzen Unternehmen anlocken, ohne dass die anderen Mitgliedsstaaten etwas dagegen unternehmen konnten. Weil die Unternehmen ihre Gewinne in die Niedrigsteuerländer verschieben, fallen diese offiziell nicht dort an, wo sie eigentlich entstehen. Deshalb entgeht den Steuerbehörden in einigen Ländern viel Geld.

Allerdings sind Europas Staaten nicht wehrlos gegen das Gebaren von Konzernen wie Apple & Co. Die EU-Kommission versucht schon seit Jahrzehnten, das Verschieben von Gewinnen in Niedrigsteuerländer zu beenden – bisher vergeblich. Erst im Sommer dieses Jahres legte sie abermals einen Plan vor, der Apples Steuerstrategie beenden würde. Geschaffen werden soll eine sogenannte koordinierte gemeinsame Körperschaftssteuer.

Die Kommission will diese gemeinsame Steuer in zwei Stufen umsetzen. In einer ersten Phase würden sich alle Staaten auf gemeinsame Regeln darüber einigen, wie die Gewinne in den einzelnen Ländern versteuert werden. In einer zweiten Phase würden die Staaten sich verbünden und die Gewinne und Verluste in allen Mitgliedsstaaten aufrechnen. Anschließend würden die Steuereinnahmen nach einem Schlüssel auf die Mitgliedsstaaten verteilt.

Aus dem Finanzministerium in Berlin heißt es, eine Harmonisierung der Steuersätze würde die deutsche Zustimmung finden. Finanzminister Wolfgang Schäuble treibt zudem auf der Ebene der G-20-Länder einen Kompromiss voran, um einige der Schlupflöcher zu schließen. Anders ist die Lage in den Ländern, die bisher von ihren niedrigen Steuersätzen profitieren: die Niederlande, Luxemburg und auch Irland. Wenn die Gewinne nicht mehr in diese Länder fließen, sinken tendenziell auch die Steuereinnahmen. Da die neuen Pläne der EU-Kommission einstimmig im Europäischen Rat beschlossen werden müssten, stehen die Chancen für die Pläne der Kommission eher schlecht.“

http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-09/apple-iphone-steuern-Europa

Siehe auch: „Warum uns das iPhone Milliarden kostet

Apple macht mit dem iPhone Milliarden. Doch auf den Gewinn zahlt der Konzern kaum Steuern. Wir haben erstmals berechnet, wie viel Steuereinnahmen Europa dadurch verliert.“

http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2015-09/iphone-apple-steuern-Europa

„Apple hat mit konzerntypischer Akribie Steuern in Milliardenhöhe gespart - und das ganz legal. Laut einem Untersuchungsbericht des US-Senats verließ sich der Konzern auf ein Geflecht von Offshore-Firmen und eine weite Auslegung des Rechts. Die Tricks im Überblick …

Perfektionismus bis ins letzte Detail, beim iPhone wie beim Abgabendrücken. Das ist typisch Apple, war typisch Steve Jobs. Dem Untersuchungsbericht zufolge ist es Apple durch sein Drei-Stufen-Sparmodell gelungen, die eigene Steuerlast deutlich zu reduzieren. 2012 etwa zahlte der Konzern auf seine Gewinne insgesamt rund 20 Prozent Unternehmenssteuern - rund ein Drittel weniger als die in den USA vorgesehenen 35 Prozent.

Nun aber steigt der Druck auf den IT-Konzern. Denn die Steuerprofis im US-Parlament können ebenfalls akribisch sein. Sie haben genau nachrecherchiert - und wollen sich Konzernlenker Cook am Nachmittag bei einer Anhörung vorknöpfen.

Zu erwarten ist die große, bunte Politiker-gegen-Konzernboss-Show. Es ist fraglich, ob die den IT-Riesen letztlich bewegen wird, mehr Steuern in den USA zu zahlen. Denn die Steuerschlupflöcher, die Apple ausnutzt, sind teils seit Jahren bekannt - ohne dass die US-Regierung Anstalten macht, sie zu schließen.“

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/apples-steuertricks-in-der-uebersicht-a-901015.html

„Deutschland als Vorreiter gegen Geldwäsche und Steueroasen? Von wegen. Großen Konzernen wie Apple werden lukrative Steuerschlupflöcher gewährt.

Apple hat in den vergangenen fünf Geschäftsjahren bis September 2014 in Deutschland gerade einmal 40 Millionen Euro Ertragssteuern bezahlt. Nach Schätzungen von ZEIT ONLINE hat Apple indes in dem gleichen Zeitraum allein mit dem Verkauf von iPhones an deutsche Kunden einen Bruttogewinn von 4,5 Milliarden Euro erzielen können. Hätte Apple darauf regulär Steuern entrichten müssen, dann wären rund 1,3 Milliarden Euro Steuern fällig geworden – statt nur 40 Millionen Euro.

Solche Steuerausfälle müssen nicht sein. Das aktuelle Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland erlaubt es unter gewissen Bedingungen, "die einer Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne durch Aufteilung der Gesamtgewinne des Unternehmens auf seine einzelnen Teile zu ermitteln". Im Klartext: Der deutsche Fiskus könnte genau ermitteln, welche Gewinne Apple in Deutschland erwirtschaftet und entsprechend Steuern veranschlagen. Dafür braucht es nur eine gewisse Portion juristischen Wagemut und politische Rückendeckung.

Im Detail müssten bei einer Betriebsprüfung der Tochtergesellschaften deren Gewinnausweis und -berechnung infrage gestellt werden. In der Folge könnten die deutschen Apple-Töchter als Betriebsstätte behandelt werden und der Gesamtgewinn entsprechend aufgeteilt werden. Dann würde das Finanzamt einen korrigierten Gewinn zur Grundlage nehmen und Apple entsprechend höher besteuern.

Aber wird das tatsächlich passieren? Drei Gründe sprechen dagegen:

1. Just den Passus über die Zulässigkeit der Aufteilung der Gesamtgewinne will die Bundesregierung aus dem aktuellen Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland zurzeit streichen. Die entsprechende Gesetzesvorlage steht an diesem Donnerstag zum ersten Mal zur Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages. Damit wäre es in Zukunft ausgeschlossen, das steuerliche Versteckspiel Apples in diesem Punkt anzugreifen.

2. Außerdem plädiert Deutschland traditionell beim Industrieländerclub OECD und den Vereinten Nationen für eine sehr enge Definition der Betriebsstätte. Das Finanzministerium fürchtet, dass auch die satten Gewinne der heimischen Exportbranche im Ausland stärker zur Kasse gebeten werden könnten, falls es selbst stärker bei ausländischen Konzernen zulangt. So nimmt es bereitwillig in Kauf, dass es zu unfairen Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Markt kommt, wo Firmen wie Apple, Starbucks oder Amazon weitgehend steuerfrei operieren können. Andere OECD-Staaten sind da weniger rücksichtsvoll. Die Steuerbehörden in Großbritannien, Japan und Frankreich haben etwa das Versandhausunternehmen Amazon, der ebenfalls Meister ist bei der Konstruktion von Tochtergesellschaften und Betriebsstätten, ins Visier genommen. Der deutsche Fiskus hält sich lieber zurück.

3. Die für Apple zuständigen Steuerbehörden sitzen in Bayern. Im Ranking der deutschen Bundesländer ist Bayern allerdings Schlusslicht bei den Betriebsprüfungen: Es hat zu wenig Personal in der Finanzverwaltung und verfolgt ganz offensichtlich eine Steueroasen-Strategie. Auf jeden bayerischen Betriebsprüfer kommen etwa 826 Betriebe. In Hamburg sind es dagegen nur 407.

Zudem kommt es in verschiedenen Bundesländern offenbar immer wieder zu politischer Einflussnahme auf die Steuerverwaltung. Der Bundesrechnungshof hat in einem bislang geheimen Bericht kritisiert, dass durch die Mitwirkung des Bundes an etwa einem Prozent der Betriebsprüfungen Missstände mit "erheblichen Steuerausfällen für den Bund" entstanden sind. Diese rund 400 Fälle in Deutschland stellten nur die "Spitze des Eisberges" dar.

Am Ende berührt die scheinbar rein technische Frage nach der Definition einer Betriebsstätte so den Kern eines zutiefst ungerechten Weltsteuersystems. Die reichen OECD-Staaten wie Deutschland sind es gewohnt, seit den fünfziger Jahren die Steuerregeln so auszugestalten, dass Interessen der Entwicklungsländer regelmäßig übergangen werden. Erst im Juli warf Deutschland auf einer großen Steuerkonferenz der Vereinten Nationen in Addis Abeba sein diplomatisches Gewicht in die Waagschale, um ein größeres Mitspracherecht von Entwicklungsländern zu verhindern.

Das Selbstbild Deutschlands vom Saubermann und Vorreiter im Kampf gegen Steueroasen und Geldwäsche bröckelt so bei näherer Betrachtung. Bis heute genießt der Schutz einer zögerlichen Veröffentlichungs- und intransparenten Verwaltungspraxis im Geldwesen höchste politische Priorität. Die Bundesregierung kämpfte im Mai vergangenen Jahres im Ausschuss der Ständigen Vertreter der EU praktisch allein gegen die Veröffentlichung von Geldwäsche-Sanktionen, die in einem Entwurf zur vierten Geldwäscherichtlinie vorgeschlagen wurde. Letztlich konnte sie sich mit der deutschen Geheimniskrämerei weitgehend durchsetzen. Das ist kein Wunder. Allein im Sommer 2013 hatten sogenannte Steuerausländer in Deutschland mehr als 2,5 Billionen Euro Anlagen investiert, allesamt Gelder, die auch Zinsen abwerfen. Meldungen über Zinsgewinne an die Heimatfinanzbehörden unterbleiben aber in den meisten Fällen, anders als etwa in Skandinavien.

Nicht umsonst landet Deutschland beim Schattenfinanzindex des Tax Justice Network regelmäßig auf den vordersten Rängen. Dieser Index vergleicht die Steuer- und Finanzoasen der Welt anhand der verfügbaren, gesetzlich verbrieften Finanzintransparenz, sowie der Größe des jeweiligen Offshore-Finanzplatzes. Zwar belegten beim jüngsten Index 2013 die üblichen Verdächtigen Schweiz, Luxemburg und Hong Kong die ersten drei Ränge und gelten damit als Hauptverursacher illegaler Finanzströme. Deutschland aber landete auf Rang acht, noch vor der bekannten Steuerinsel Jersey. Wie Deutschland in diesem Jahr abschneidet, wird am 2. November bekannt gegeben.“

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/apple-steuern-deutschland-Steueroase

Was Apple steuermäßig auch immer treiben mag – es ist legal. Das Problem sind die Schurkenstaaten bzw. die internationale Verbrecherbande, die sich dieser Staaten bemächtigt hat und quasi die eigene Bevölkerung mit Steuergeschenken an reiche Firmen und Privatleuten betrügt.

Siehe auch:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/145-schandfleck-des-jahres.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/117-diebstahl-ungeheuren-ausmasses.html

 

Generation Apple

 

Die Werbung hat voll eingeschlagen: Der wahre Big Brother, Apple, hat das Image, rebellisch und individuell zu sein (siehe weiter oben).

„Der Plan scheiterte allerdings beinahe wieder, als Gates in einem Interview mit Steven Levy von Newsweek ärgerlich auf eine Frage  zu den ‚Mac-gegen-PC‘-Fernsehwerbespots von Apple reagierte, in denen die Windows-Nutzer den hippen Mac-Anwendern als ziemlich träge und langweilig gegenübergestellt wurden. ‚ich weiß nicht, warum die immer so tun, als sei ihr Produkt das bessere‘, regte sich Gates auf. ‚Geht es hier um Ehrlichkeit oder nur darum, cool zu sein und zu lügen, wann immer es einem passt? Da ist einfach kein bisschen Wahrheit dran.‘“

Hier sind die Spots:

 

 

Nicht alle, aber viele Apple-Nutzer meinen, etwas Besseres zu sein und schauen verächtlich auf die anderen herab. Je nach sozialem Gefüge, etwa bei jungen Wissenschaftlern oder Werbetreibenden, herrscht quasi ein Zwang, Geräte von Apple verwenden zu müssen.

Nicht auszudenken, was diese Apple-Jünger denken würden, wenn ihnen der junge Steve Jobs über den Weg laufen würde.

Seine Geschichte sollte eines zeigen: anstatt durchs Leben zu hetzen, sollte sich mensch gerade in jungen Jahren Zeit lassen, seine Träume zu leben, „verrückte“ Erfahrungen zu machen und zu sich selbst zu finden. Hätte Steve Jobs in jungen Jahren ein Studium der Betriebswirtschaft in Rekordzeit durchgezogen, wäre er ein anderer Mensch geworden. Menschen sollten gerade in jungen Jahren eine gewisse künstlerische Freiheit haben. Auch aus einem Hippie-Studien-Abbrecher kann noch etwas werden. Lasst die jungen Menschen für ein paar Monate nach Indien fahren, lasst ihnen die Zeit, einen Kalligrafie-Kurs zu belegen. Es ist gut für diese Menschen und es ist gut für die gesamte Menschheit.

Später beklagte Jobs sich über die neue Generation junger Leute, die ihm viel materialistischer und karrierebesessener vorkam als seine eigene. ‚Als ich zur Schule ging, waren die sechziger Jahre gerade erst vorbei und diese neue utilitaristische Einstellung hatte sich noch nicht Bahn gebrochen‘, sagte er. ‚Jetzt denken die Studierenden nicht einmal mehr idealistisch, jedenfalls längst nicht mehr so wie früher. Sie lassen sich nicht ihre Zeit von den brennenden philosophischen Fragen der Gegenwart stehlen, sondern konzentrieren sich lieber auf ihr BWL-Studium. Seine Generation, so Jobs, sei da ganz anders. ‚Der Idealismus der Sechziger treibt uns noch an, und die meisten Leute meines Alters, die ich kenne, haben ihn wirklich verinnerlicht.‘“