https://www.youtube.com/watch?v=6Ts-pPlMcaw
Rainer Rupp: „Syrien, wie ich und viele andere es von Besuchen gekannt und geschätzt haben, nämlich als säkularen Staat, in dem viele Religionen und Sekten neben- und miteinander lebten, in einer Gesellschaft mit vielen sozialistischen Strukturen, die vor allem im Bildungswesen und der Gesundheitsversorgung hervortraten, dieses Syrien ist wahrscheinlich für sehr lange Zeit, wenn nicht für immer verloren.
Ein erschreckendes Zusammenwirken von bezahlten Söldnern, fanatisierten islamistischen Mobs und völkermörderischen westlichen Psychopathen, die am Altar von Eretz-(Groß-)Israel Hunderttausende von Menschenleben opfern, hat dieses Werk vollbracht. Diese Verbrechen werden im Westen von studierten Meistern der Narrativkontrolle, von einer heuchlerischen Bande gefährlicher Medien-Hyänen unterstützt, die dem Genozid in Gaza als Selbstverteidigung huldigen und die Massaker von Ex-ISIS, heute HTS-Kopfabschneidern an unbewaffneten Zivilisten in Syrien als Freiheitskampf bejubeln. Und all das ist auf vielfältige Weise mit der Auslöschung Palästinas verknüpft …“
https://freedert.online/meinung/230438-rainer-rupp-vom-chaos-in/
Der Fall Syriens im geopolitischen Kontext
Rainer Rupp: „Was 2011 als geheime CIA-Operation mit dem Schmuggel von Waffen und Dschihadisten von Libyen nach Syrien begonnen hatte, wurde nun mit einem weiteren ekelerregenden Beispiel westlicher Doppelmoral und Heuchelei gekrönt, indem Terrorismus öffentlich verurteilt und zugleich über geheime Wege unterstützt wird.
Der Terroristen-Chef Dschaulani, der neue Herr über Syrien, hat sich seinen Weg nach Damaskus über die Umwege von Al-Qaida und ISIS gebahnt. Inspiriert vom 11. September, schloss er sich ursprünglich Al-Qaida an, um gegen die USA im Irak-Krieg zu kämpfen. Er war ein enger Verbündeter des Al-Qaida-Führers Abu Musab al-Zarqawi und gründete die Al-Qaida-Splittergruppe in Syrien in Zusammenarbeit mit ISIS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi.
Als immer mehr Amerikaner von der geheimen CIA-Operation in Syrien erfuhren, mit denen die islamistischen Halsabschneider unterstützt wurden, folgte Dschaulani den Ratschlägen seiner westlichen Berater. Um die Al-Qaida- und spätere Al-Nusra-Herkunft seiner Organisation zu verschleiern, benannte er sie um, erst in Dschabhat Fatah al-Scham und schließlich zu Hayat Tahrir Al-Scham (HTS). Das erleichterte die Aufgabe der Desinformanten in den westlichen Medien, die Kämpfer der "neuen" HTS-Organisation als "gemäßigte" Rebellen oder Oppositionelle darzustellen.
Doch HTS war und ist alles andere als eine moderate Gruppe. Nach dem Zusammenbruch von Baghdadis ISIS-Kalifat konzentrierte sich Dschaulani erfolgreich darauf, die "arbeitslos" gewordenen ISIS-Kämpfer in seiner HTS aufzufangen und unter seine Kontrolle zu bringen. Das US-Außenministerium ließ sich von Dschaulanis Scharade wechselnder Namen jedoch nicht täuschen und veröffentlichte 2017 einen internationalen Steckbrief, der eine Belohnung von 10 Millionen Dollar für seine Ergreifung auslobte.
Derweil hatte Dschaulani unter dem Schutz von Washingtons NATO-Verbündetem Türkei die letzten 10 Jahre die Idlib-Provinz im Nordwesten Syriens an der Grenze zur Türkei als brutal-islamistischer Alleinherrscher regiert. Ohne die türkischen Stützpunkte, die Dschaulanis Territorium umgaben, hätten Syrien und seine Verbündeten, Russland, Iran und die Hisbollah, die anhaltende Bedrohung durch Dschihadisten beseitigen können. Das Gegenteil war jedoch der Fall, denn während dieser Zeit war Dschaulanis Provinz Idlib der größte und sicherste Hafen für Dschihadisten auf dem Planeten und zog Terroristen aus allen Himmelsrichtungen an.
Seit Baghdadis ISIS-Kalifat zerschlagen war, waren die Frontlinien im syrischen Krieg größtenteils eingefroren. Dennoch setzten Washington und seine Verbündeten aus der westlichen Wertegemeinschaft erbarmungslos ihre Angriffe auf Damaskus fort. Die Türkei schützte die Dschihadisten an Syriens nördlicher Grenze, die dort die Kurden terrorisierten. Israel führte wöchentlich Angriffe auf Assad und seine Verbündeten durch, die in den letzten Jahren sogar zivilen und diplomatischen Zielen in Damaskus galten. Tel Aviv bombardierte den Flughafen Aleppo selbst nach einem großen Erdbeben, um Hilfslieferungen für die verzweifelten Bürger zu verhindern.
Die USA besetzten völkerrechtswidrig das östliche Viertel Syriens, wo sie die wertvollsten Ressourcen des Landes ausplünderten, denn diese Region ist nicht nur reich an Öl und Gas, sondern auch an Getreide. Dies alles wurde dem syrischen Volk vorenthalten. Stattdessen erlaubten die Vereinigten Staaten den Kurden, die Macht über die lokalen Araber auszuüben. Was unter anderem darin resultierte, dass die marodierenden kurdischen "Syrischen Verteidigungskräfte" (SDF) in der besetzten arabischen Region ein riesiges Foltergefängnis, bekannt als Al-Hol-Camp, zur Unterdrückung der protestierenden lokalen Bevölkerung betreiben.
Zugleich führte Washington mit allumfassenden Sanktionen einen brutalen Wirtschaftskrieg gegen Syrien, der bewusst darauf abzielte, Damaskus am Wiederaufbau seiner kriegszerstörten Infrastruktur zu hindern. Die USA bombardierten auch Assads Verbündete in der Nähe der Grenze zwischen Irak und Syrien. Zudem stärkten die Türkei und die Ukraine in dieser Zeit die HTS-Truppen in Idlib.
Der lange eingefrorene Konflikt taute in den letzten zwei Wochen rasch wieder auf. Im Einklang mit der Waffenstillstandsankündigung im Libanon marschierten Dschaulanis Kräfte los, eroberten in kürzester Zeit zuerst Aleppo und nutzten fortschrittliche Drohnen, um schon bald alle syrischen Kräfte zu überwältigen. Am vergangenen Sonntag zog Dschaulani bereits in Damaskus ein und erklärte, dass die "Mudschaheddin" den Krieg gewonnen hätten. Und Washington feierte, ebenso wie Berlin und andere US-Vasallenregierungen.
"Syrien ist frei. Die Rebellen haben gewonnen. Das Volk hat sich von der Tyrannei befreit. Die Freiheit hat gesiegt. Russland, Iran, Hisbollah & Assad haben verloren. Historisch! Der Weg vor Syrien wird nicht leicht sein. Aber er wird besser sein als die Vergangenheit. Die Welt sollte die Befreiung Syriens feiern und dabei helfen, dass es ein Erfolg wird", schrieb Josh Rogin von der Washington Post auf X.
Der bekannte neo-konservative Kolumnist Max Boot schrieb:
"Assad, nach einem Vierteljahrhundert rücksichtsloser Herrschaft hat er das Land verlassen. Syrien ist endlich frei."
Und sein nicht weniger bekannter, neo-konservativer Kollege Bill Kristol jubelte auf X:
"Der Sturz von Assad. An manchen Tagen kann man glauben, dass, obwohl der Bogen des moralischen Universums lang ist, er sich zum Guten neigt."
Natürlich geht es bei dem, was in Syrien passiert, nicht um die Syrer. Das wahre Ziel Washingtons war es, Damaskus zu schwächen, weil sie glaubten, dass dies wiederum Moskau und Teheran schwächen würde, zumal dadurch die Überlandverbindung zwischen der Hisbollah im Libanon und Iran gekappt wurde.
Was als Nächstes in Syrien passiert, wird wahrscheinlich nichts Gutes sein, vor allem nicht für die vielen Minderheiten, die unter Assad Schutz vor religiösen Fanatikern jeglicher Couleur genossen hatten. Doch Washington und seine Verbündeten stürzen sich wie hungrige Geier auf die Überreste Syriens.
Kurz nachdem Assad Damaskus verlassen hatte, kündigte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu in Tel Aviv an, dass Israel eine "Pufferzone" im Südwesten Syriens einnehmen werde, damit die HTS-Terroristen von dort nicht Israel beschießen könnten. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Nachdem die Zionisten gemeinsam mit der Türkei den HTS-Terroristen zum Sieg in Syrien verholfen haben, nutzen die zionistischen Landräuber nun den Vormarsch der HTS als Vorwand, um sich weitere Landstriche Syriens unter den Nagel zu reißen. Auch die Türkei nutzte die Gelegenheit des Machtvakuums in Syrien und führte Luftangriffe auf eine kurdisch gehaltene Stadt im Norden Syriens durch.
Kein Zweifel, in den kommenden Tagen werden wir noch viel von den Falken in Washington hören, wie sie ihren Triumph in Syrien feiern. Im Weißen Haus diskutiert Bidens Stab zweifellos, wie man den Sturz Assads bestmöglich ausnutzen kann. Dies schließt zweifellos Überlegungen und Versuche ein, Russland aus seinen Militärbasen an der syrischen Mittelmeerküste zu vertreiben.
Der größte Verlierer in Syrien ist das syrische Volk, das fast anderthalb Jahrzehnte lang einem brutalen und komplexen Krieg ausgesetzt war, und dessen Ende nicht in Sicht war. Die Syrer wurden endlos von einer Reihe westlicher Länder bombardiert, von Flugzeugen der USA, der Türkei, Frankreichs, Englands, Hollands und regelmäßig von Israel. Alle hatten ihre eigenen geopolitischen Interessen. Das syrische Volk wurde absichtlich durch die USA ausgehungert und verarmt, um den Sturz Assads herbeizuführen, nur damit jetzt der vom US-Außenministerium immer noch steckbrieflich gesuchte Terrorist Dschaulani im Land eine islamistische Tyrannei errichten kann.
Jetzt sitzt ein in der Wolle gefärbter Al-Qaida-Terrorist auf dem Thron in Damaskus, und Washingtons Unterstützung für Tel Avivs Völkermord in Gaza hat ihm eine unerschöpfliche Quelle von anti-amerikanischem Hass frei Haus geliefert, aus der er zukünftige Kämpfer schöpfen kann. Dagegen hatte Assads Syrien keine Bedrohung für die Vereinigten Staaten dargestellt. Und deshalb gehört auch die US-amerikanische Bevölkerung zu den Verlierern des Umsturzes in Syrien. Mehr amerikanische Leben und Ressourcen werden dafür verschwendet werden, um den Diktator Dschaulani in Syrien zu stürzen. Aber der Militärisch-Industrielle Komplex der USA kann aufatmen, denn er wird ein neues Betätigungsfeld haben.“
https://freedert.online/der-nahe-osten/229139-washington-feiert-al-qaida-sieg/
„Der Umsturz in Syrien, seine Hintergründe und möglichen Auswirkungen … stehen im Mittelpunkt eines interessanten Gesprächs, das wir im Folgenden in geraffter Form und übersetzt auf Deutsch wiedergeben: Der US-Journalist Chris Hedges, Pulitzer-Preisträger und ehemaliger Chef des Nahost-Büros der New York Times, befragt dazu Alastair Crooke; Crooke ist ein früherer britischer Diplomat, der mehr als 30 Jahre im Mittleren Osten gelebt und gewirkt hat. Unter anderem war er Sicherheitsberater des EU-Sondergesandten für den Mittleren Osten und er war an Vermittlungen zwischen der Hamas und Israel beteiligt.
Das oberste Ziel der Türkei ist es, einen unabhängigen kurdischen Staat in Nordsyrien zu verhindern. Dort haben die Kurden eine autonome Enklave errichtet. Israel will seit langem einen Regimechange in Syrien bewirken. Denn Geld und Waffen für die libanesische Hisbollah kommen vom Iran via Syrien. Die syrische Assad-Regierung wurde von Russland und dem Iran gestützt. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu nannte den Sturz Assads historisch und führte ihn auf seinen Kampf gegen die Hisbollah und den Iran zurück. Zugleich könnte Israel demnächst einen islamischen Staat an seiner Grenze haben. Syrien ist geopolitisch wichtig, es verbindet Iraks Öl mit dem Mittelmeerraum, die Schia im Irak und Iran mit dem Libanon, und das NATO-Mitglied Türkei mit Jordanien. Im Krieg in Syrien sind seit 2011 mehr als eine halbe Million Menschen gestorben und 14 Millionen Menschen sind geflohen.
Was wissen Sie über die Hintergründe dieses Umsturzes?
Bereits 2012 hatte Obama der CIA die geheime Order gegeben, Assad abzusetzen und dessen Regierung zu stürzen. Seitdem wurde in Syrien von den Amerikanern, Israelis und Türken eine ganze Reihe von Milizen ausgebildet, vor allem mit dem Ziel, Assad zu entmachten. Es folgten die schärfsten US- und EU-Sanktionen gegen Syrien. Die Kurden im Nordosten Syriens wurden aufgebaut, sie besetzten die syrischen Ölfelder. Das ist auch der landwirtschaftlich wertvolle Anteil Syriens. Syrien hat also seine Erdöleinnahmen und wichtige Teile seiner landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche verloren. Später drangen die Türken in den Westen Syriens vor, besetzten Idlib und nahmen Aleppo unter ihre Kontrolle – das industrielle Herz Syriens. Die syrische Wirtschaft liegt deshalb am Boden. Soldaten der syrischen Armee erhielten zum Schluss nur noch sieben Dollar im Monat Sold – die HTS dagegen zahlte ihren Kämpfern 2.000 Dollar. Die syrischen Soldaten behalfen sich – auch aus reiner Not –, indem sie Menschen an den Checkpoints anhielten und Geld von ihnen verlangten.
Der syrische Staat wurde also immer schwächer. Und dann entschied Erdogan, diesen Staatsstreich zu unternehmen, und zwar ausgehend von Idlib. Er aktivierte dafür muslimische Milizen, auch solche, die lose mit dem IS oder al Qaida verbunden waren. Die Vorbereitungen dazu gehen sicher zwei Jahre zurück. Am Freitag, ehe der Umsturz begann, traf Assad den russischen Präsidenten Putin. Er verbrachte mehrere Stunden mit Putin und flog dann am selben Tag wieder zurück. Wir haben keine Informationen darüber, was die beiden besprochen haben. Weder der Kreml noch Damaskus haben sich dazu geäußert. Ich vermute, bei diesem Treffen hat ihm Putin gesagt, es tut mir leid, Assad, das Spiel ist vorbei. Es wird einen Wechsel geben, damit wirst du dich abfinden müssen.
Es sei an Afghanistan erinnert: Eine der Methoden, die gegen Russland zum Tragen kommen, ist, neue Fronten zu eröffnen, den Druck auf Russland zu erhöhen, so dass sich Russland entscheiden musste, sich auf sein Hauptinteresse zu konzentrieren – auf den großen Krieg, gegen die NATO und den Westen. Der Westen will Russland und China und den Iran auseinandertreiben, die BRICS-Staaten zerstreuen und Russland isolieren.
Die 2.000 Dollar im Monat für einen Soldatensold – woher kommt das Geld und wer hat diese Milizen ausgebildet?
Da ist viel Energie in die Ausbildung dieser Milizen geflossen, schon jahrelang. Viele kommen aus Zentralasien, es sind Usbeken dabei, Turkmenen, frühere Dschihadisten, al-Quaida-Kämpfer wurden aufgenommen … Mehr als ein Drittel der Kämpfer unter Dscholani stammt aus Zentralasien, das sind keine Syrer. Die Türkei unterhält Trainingslager, es gibt sogar Behauptungen, dass die Attentäter, die den Anschlag auf die Moskauer Konzerthalle „Crocus City Hall“ diesen Frühling verübt haben, bei dem viele Menschen starben, von der Türkei trainiert wurden, finanziert mit Geld aus den Vereinigten Staaten.
Die Türkei hat also eng mit Amerika zusammengearbeitet, insbesondere im Süden. Es war eine komplizierte Gemengelage, weil das Pentagon einige Gruppen trainiert hat, die CIA andere Gruppen, und manche bekämpften einander und waren doch alle auf der US-Soldliste.
Die Türkei wurde als hilfreich angesehen, sie unterstützte auch Israel sehr. Erdogan hat ein riesiges Ego. Er denkt, er könnte sich Syrien einfach nehmen. Er behauptet, er kann Dscholani und die Dschihadisten kontrollieren, die jetzt so tun, als wären sie geläutert und als stünden sie für Toleranz und Vielfalt. Doch selbst Erdogans Leute sagen offen, dass er sich da täuscht. Er kontrolliert vielleicht ein paar von ihnen. Aber ganz sicher nicht Dscholani, der in Idlib eine äußerst rigide Struktur um sich herum aufgebaut hat. Jeder, der ihm widersprach, verschwand einfach.
Und was Israel angeht – auf kurze Sicht profitiert es wohl davon. Israel hat die Situation dazu genutzt, mehr Land zu besetzen, angeblich Waffenlager zerstört. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein islamischer Staat auf längere Sicht gut für Israel ist.
Vor einem guten Jahr hat sich in der israelischen Führung ein riesiger Wandel vollzogen. Ein wichtiges Ziel dieser neuen Strömung: Es darf keinen Palästinenserstaat geben. Man will einen durch und durch jüdischen Staat. Israels Bevölkerung ist zerrissen, was diese Themen angeht, fast am Rande eines Bürgerkrieges. Netanjahu ist autoritärer denn je, er hat alles persönlich unter Kontrolle.
Und es hat sich noch etwas drastisch verändert: Die Israelis in den 70er- und 80er-Jahren waren säkulare Europäer, diese Menschen an der Regierung heute sind alttestamentarisch. Sie sind nicht der Logik und der Ratio zugänglich, sondern sie fühlen sich ihrer quasi biblischen Vision verpflichtet. Da ist magisches Denken am Werk. Den Gaza-Krieg sehen sie als großen Sieg – obwohl er das überhaupt nicht ist. Die Hamas ist schließlich immer noch da. Schon jetzt ist man in Israel dabei zu organisieren, dass Siedler das Land in Nord-Gaza in Besitz nehmen. Ebenso in der Westbank – da werden die palästinensischen Bewohner delegitimiert. Und die Israelis fühlen sich siegreich gegen die Hisbollah im Süden vom Libanon, obwohl sie riesige Verluste erlitten haben.
Israel steckt in der Klemme, weil man zu wenig Soldaten hat. Für die Kriege, die Israel aktuell führt, sind es schon jetzt 20 Prozent zu wenig Soldaten. Zunehmend melden sich Reservisten nicht zum Dienst, die Armee sagt, sie sei erschöpft.
Vor allem aber fehlt ein Ziel. Wenn aus der Armee die Frage kommt: Was sind überhaupt unsere Ziele, bekommen sie auf solche rationalen Fragen keine Antworten. In der Wahrnehmung der israelischen Führung ist der nächste große Sieg der über Syrien, und der liegt nur auf dem Weg zum Hauptfeind, dem Iran. Jetzt will Israel die USA überreden, sie im Krieg gegen den Iran zu unterstützen, um die Kirsche auf den Kuchen zu setzen. Die meisten Israelis würden aber sagen: Wir haben keinerlei Erfolge errungen.
Für mich ist das eine Art geopolitisches Schneeballsystem. Netanjahu setzt alles daran, die Kämpfe am Laufen zu halten – würde man innehalten und das Ganze hinterfragen, würde das System kollabieren wie bei einem Schneeballsystem. Die Regierung präsentiert alles als erfolgreiche Schritte auf dem Weg zum endgültigen Sieg – also den über den Iran. Außerdem will Israel unbedingt die USA hineinziehen, und sei es mit einer Art Provokation. Ich bin allerdings überzeugt, dass ein Krieg gegen den Iran eine Katastrophe für Israel wäre, vielleicht sogar Israel zerstören würde. Und er wäre eine große Niederlage für die USA. Im Westen sitzt man einem Trugschluss auf. Man klammert sich an die Überzeugung: Russland ist schwach – Amerika ist stark, der Iran ist schwach – Israel ist stark. CNN lässt Viersterne-Generäle auftreten, die behaupten: „Der Iran liegt nackt vor uns.“ Das ist völlig falsch. Die Israelis sind mit ihren Raketen bisher nicht näher als 70 Kilometer an die iranische Grenze gekommen.
Die israelische Führung hat sich von rationalen Argumenten verabschiedet. Stattdessen trägt sie vor sich her: Das steht in der Thora.
Den Türken sind die US-gestützten kurdischen Milizen, die die Ölfelder im Nordosten Syriens besetzt haben, ein Dorn im Auge. Ist das der nächste Schritt, wollen die Türken die Kurden vertreiben, um die Ölfelder zu besetzen?
Damit haben sie schon angefangen, sie greifen bereits die Kurden an. Die Türken wollen unbedingt die Kurden schlagen, die sind für sie Terroristen und sie fühlen sich von ihnen bedroht. Auf der anderen Seite sagt Israel, man möchte einen kurdischen Staat in Ostsyrien aufbauen helfen. Diese beiden Interessen stehen sich diametral gegenüber. Und was soll mit den Alawiten, was mit Latakia, diesem Küstenstreifen mit den russischen Stützpunkten, passieren? Eine Division der syrischen Armee ist samt Waffen in den Irak gegangen – womöglich werden sie die Dscholani-Truppen angreifen. Kein Mensch kann sagen, was da passieren wird. Wahrscheinlich werden sich dort viele Kämpfe abspielen. Die Türkei sah sich als Puppenspieler, der alles in der Hand hat. Aber schon jetzt ist das meiner Ansicht nach nicht mehr der Fall. Ja, Russlands Einfluss ist weg, Irans Einfluss ist weg, und jetzt wird sich der Einfluss der Türkei vor unseren Augen in Nichts auflösen.
Wie will Syrien denn wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen, wo doch seine Ölfelder weg sind? Zum großen Teil war ja Assad auch deshalb so unbeliebt, weil die Syrer gelitten haben und sie in Damaskus nur eine Stunde Strom am Tag hatten. Sie mussten Mondpreise bezahlen, die Arbeitslosigkeit war gigantisch. Dazu hatten auch die Sanktionen geführt. Und ein Großteil des Landes liegt in Trümmern. Die Millionen Flüchtlinge haben nichts, wohin sie zurückkehren könnten.
Das Öl wurde ihnen genommen. Es fehlt also eine wesentliche Einkommensquelle. Die industriellen Zentren Idlib und Aleppo sind unter türkischer Kontrolle. Dazu die schlimmen Auswirkungen der Sanktionen. Die Menschen leben in bitterer Armut und haben keine Hoffnung mehr. Der Westen hat Syrien zerstört, jetzt sollte er für den Wiederaufbau bezahlen. Dieser Ansicht ist jedenfalls Russland. Und der Wiederaufbau wird sehr teuer.
Was passiert mit den Palästinensern in Gaza – die werden in den Süden getrieben, dort herrscht eine katastrophale humanitäre Krise. Es gibt kein sauberes Wasser, nicht genug zu essen, die Menschen müssen im Freien hausen, was passiert da? Ägypten lässt die Menschen ja nicht ins Land.
Netanjahu und sein Kabinett und ihre Anhänger in der Bevölkerung wollen die Bevölkerung von Gaza langsam dezimieren. Es gibt keinen anderen Plan, keine Lösung, außer die Militärintervention fortzusetzen und das Leben für die Menschen dort unerträglich zu machen. Bezalel Smotrich sagt, vielleicht entscheiden sich in den kommenden paar Jahren zwei Drittel der Menschen, Gaza zu verlassen. In Gaza gibt es nichts mehr – da sind nur noch Trümmer. Keine Schulen, keine Krankenhäuser, nichts, es ist alles zerstört. Auf dem Gazastreifen sollen 50 Siedlungen entstehen, die Pläne dafür gibt es bereits. Die Palästinenser sind zäh, sie haben einen starken Willen. Aber ich kann mir die Videos, die dort gemacht wurden, nicht einmal ansehen – es verbrennen Menschen bei lebendigem Leib. Derzeit sehe ich nicht, dass sich an der Situation so schnell etwas ändern wird. Nicht, solange Netanjahu und seine Regierung an der Macht sind. Möglicherweise bringt der Gerichtsprozess gegen Netanjahu etwas ins Wanken.
Für wie wahrscheinlich halten Sie einen Krieg Israels gegen den Iran?
Für wahrscheinlich. Dabei geht es eigentlich nicht um den Iran. Sie wollen Trump in einen Krieg ziehen. Sie denken, es wird ein einfacher Krieg – was ich für eine völlig falsche Einschätzung halte. Dieser Führungskader will Amerikas Macht und Führungsanspruch erneuern, dafür brauchen sie einen Krieg. Sie dulden keine Konkurrenzmacht neben sich. An diesem Anspruch und an dieser Grundfeste darf kein Politiker rütteln. Und die Israel-First-Fraktion will den Krieg. Sie kontrolliert den US-Kongress, und sie hat das Geld. Der Iran verfügt über exzellente Flugabwehr, für die Israelis war es bisher – entgegen den Berichten – nicht möglich, in den iranischen Luftraum einzudringen.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=126397
Alexander Neu: „In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2024 geschah das, womit die allermeisten Beobachter tatsächlich nicht gerechnet hatten: Die syrische Hauptstadt Damaskus fiel an die Islamisten unter Führung der „Haiat Tahrir asch-Scham“ (HTS). Der syrische Präsident Assad floh buchstäblich Hals über Kopf nach Russland. Was war geschehen, und was wird dies für geopolitische Konsequenzen haben?
Wenige Tage zuvor, am 27. November 2024, starteten die Islamisten aus der Region Idlib, in der sie seit rund vier Jahren konzentriert in einer Art Pattsituation mit den Regierungstruppen lebten, eine Offensive. Binnen kürzester Zeit fielen die Großstädte Aleppo, Hama, Homs und schließlich Damaskus. Die Dynamik der Offensive war derart intensiv, dass sie am Sonntagfrüh Damaskus ohne nennenswerten Widerstand einnehmen konnten. Das syrische Militär fiel innerhalb weniger Tage geradezu wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Nahezu überall, wo die Islamisten erschienen, zog sich die syrische Armee zurück, teils sogar unter Zurücklassung der Großwaffensysteme wie Hubschrauber, Kampfflugzeuge, Luftabwehrsysteme, Raketenwerfer und Panzer, die nur noch von den vorrückenden Islamisten eingesammelt werden mussten.
Die islamistischen Terrorgruppen haben Syrien wie in einem Spaziergang einnehmen können. Wie all das geschehen konnte, wird sicherlich noch in den nächsten Wochen und Monaten unter verschiedenen Aspekten (politische und militärische Situation) analysiert werden müssen. Diese erfolgreiche Offensive ist umso überraschender, als das die Herrscherfamilie Assad es vermochte, über viele Jahre hinweg den Bürgerkrieg auszusitzen und mit russischer Unterstützung diesen Krieg im Wesentlichen für sich zu gewinnen. Der größte Teil des Staatsgebietes geriet wieder unter die Hoheitsgewalt der syrischen Regierung. Vereinzelt gab es Inseln des islamistischen Widerstandes wie in der Region Idlib oder in durch die US- und türkische Armee besetzten Gebieten – mithin illegale US-Standorte und illegale türkische Präsenzen. Insgesamt aber galt der Bürgerkrieg als weitgehend entschieden. Syrien verschwand aus den internationalen Schlagzeilen.
Den damaligen Wendepunkt stellte die Intervention Russlands auf Einladung der syrischen Regierung dar. Ohne diese Intervention wäre der Krieg schon Ende 2015 von den Islamisten mit erheblich ausländischer Unterstützung gewonnen worden. Im Westen wird diese Machtübernahme nun begrüßt. Ob die Situation sich tatsächlich stabilisieren wird oder ob ein Bürgerkrieg um die Macht, die Gebiete und die Ressourcen des Landes nun zwischen den diversen islamistischen Gruppierungen und Rebellen, deren bisweilen einziger gemeinsamer Konsens der Sturz des Assad-Clans gewesen war, an Fahrt aufnimmt und sodann den syrischen Staat zum Kollaps führt, bleibt abzuwarten. Selbst wenn die Staatlichkeit erhalten bliebe und auch eine gewisse Stabilität erreicht werden sollte, bleibt die Frage im Raum, welche Art von Ordnung es geben wird? Eine von Islamisten geschaffene Scharia-Ordnung dürfte, wie bereits schon erklärt, dem multikonfessionellen Zusammenleben nicht unbedingt zuträglich sein. Massaker an und Vertreibungen von Christen, Schiiten, Alawiten, Armeniern, Kurden und systemtreuen Sunniten sind nicht auszuschließen. Die Entwicklungen in Libyen nach dem – ebenfalls von Islamisten in Kooperation mit westlichen Luftangriffen vorangetriebenen – gewaltsamen Sturz von Oberst Gaddafi führten in das totale Chaos, das bis heute nicht überwunden ist.
Insofern verwundert die seitens der Bundesregierung geäußerte freudige Begrüßung des Sturzes von Assad durchaus, wenn nicht klar ist, was danach kommt – insbesondere, wenn die neuen Machthaber übelste Islamisten sind. So ist beispielsweise der neue starke Mann in Damaskus der HTS-Chef Abu Muhammad al Dscholani, der laut Tagesschau.de „enge Bindungen an die Terrororganisation Islamischer Staat hatte, Teil der Nusra-Front, einem syrischen Ableger von al-Kaida war.“ Und weiter: „Die USA setzten ein Kopfgeld von zehn Millionen Dollar auf ihn aus“ – und die Bundesregierung feiert diese Islamistentruppe als Befreier. In der internationalen Politik unterscheide ich nicht zwischen dem infantilen Verständnis von Gut und Böse, sondern im Zweifel zwischen schlecht und schlechter, wenn es um das Schicksal von unschuldigen Menschen geht. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob die neuen, die islamistischen Herrscher nur schlecht oder schlechter im Vergleich zur Assad-Herrschaft für Syrien und die syrische Bevölkerung, vor allem auch mit Blick auf die diversen Minderheiten, sind. Im Zweifel stehen neue Flüchtlingsmassen vor den Toren Europas und Deutschlands.
Die Auswirkungen dieses unerwarteten Regime Change begrenzen sich nicht allein auf Syrien. Der gesamte Nahe und Mittlere Osten, ja sogar die sich im Umbruch befindliche Weltpolitik wird hiervon tangiert, ist Syrien doch fest in dem Bündnis mit Russland, Iran, Irak und auch Libanon eingebunden gewesen. Im Folgenden sollen die möglichen geostrategischen Auswirklungen skizziert werden.
Russland
Die privilegierten syrisch-russischen Beziehungen reichen in die Zeit des Kalten Krieges zurück. Die damalige Sowjetunion schloss sogar ein Militärabkommen mit Damaskus. Schon seit dieser Zeit unterhält Moskau einen Marinestützpunkt im syrischen Tartus. Mit der Kontrolle über die Krim im Schwarzen Meer und mit dem Marinehafen an der syrischen Mittelmeerküste im östlichen Mittelmeer konnte und kann Russland das östliche Mittelmeer mitkontrollieren – und stellt(e) eine Art Gegenpol zur 6. US-Flotte dar. Mit dem Vormarsch der Islamisten im Jahr 2015 drohte Syrien an diese zu fallen. Damit wäre auch der Marinestützpunkt für Russland verloren gegangen. Auch aus diesem Grunde intervenierte Russland auf Einladung des syrischen Präsidenten Assad. Dass diese Intervention im Gegensatz zur Präsenz westlicher Truppen in Syrien und im syrischen Luftraum völkerrechtskonform gewesen ist, stellte bereits der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages 2015 in einer Studie mit dem Titel „Staatliche Selbstverteidigung gegen Terroristen Völkerrechtliche Bewertung der Terroranschläge von Paris vom 13. November 2015“ fest: Darin heißt es:
„Mit Blick auf den Kampf gegen den ‚IS‘ liegt eine ‚Intervention auf Einladung‘ zugunsten der westlichen Staatengemeinschaft seitens des Iraks vor, nicht aber explizit von Syrien – zumindest solange eine Kooperation des Westens mit dem Assad-Regime abgelehnt wird. (…) Die russischen Kriegshandlungen in Syrien gegen den ‚IS‘ (und die syrischen Rebellen) wird man dagegen als ‚Intervention auf Einladung‘ (des Assad-Regimes) bezeichnen können."
(Quelle: Deutscher Bundestag)
Allerdings verzichtete Russland weitgehend auf eine größere Anzahl von Bodentruppen. Diese sind lediglich im Norden, im Grenzgebiet zur Türkei stationiert oder bewachen die Militärbasen. Russland konzentrierte sich vielmehr auf den Einsatz seiner Luftstreitkräfte zur Bekämpfung der islamistischen Milizen. Die Bodenkämpfe wurden im Wesentlichen von der syrischen Armee und Hilfskräften aus dem Irak und dem Iran geführt. Für den Einsatz der Luftwaffe wurde der Militärflughafen Hmeimim aus dem Boden gestampft. Häufiger kam es hierbei zu Zwischenfällen zwischen den russischen und US-amerikanischen Fliegern im syrischen Luftraum. Beide Militärbasen, der Marine- sowie der Luftwaffenstützpunkt, droht Russland nun zu verlieren. Es gibt erste Anzeichen dafür, dass Russland sein Personal sowie seine Waffensysteme derweil evakuiert. Das Großmachttrauma, also das fluchtartige Verlassen des besetzten Landes, der USA (Vietnam- und Afghanistankrieg) wiederholt sich offensichtlich für Russland in Syrien, wie auch schon zuvor in Afghanistan.
Natürlich ist es möglich, einen Deal mit den neuen Machthabern anzustreben, aber warum sollten sich die siegreichen Islamisten dazu bereit erklären – sind die Russen doch die Verbündeten Assads gewesen und haben die islamistischen Milizen bekämpft. Nur ein Szenario könnte dafür sprechen: Sollte es einen Deal zwischen der künftigen neuen US-Regierung unter Trump und dem Kreml gegeben haben: Russland lässt Assad fallen, dafür kann Russland die Militärbasen behalten, und die Frage der Ukraine wird weitgehend zu russischen Bedingungen beantwortet werden. Dies wiederum würde jedoch voraussetzen, dass die USA bei der islamistischen Offensive in einer relevanten Weise eingebunden gewesen wären, sodass sie final die Fäden ziehen, was Washington seinerseits dementiert.
Dieses Szenario halte ich nicht für ausgeschlossen, gleichwohl für weniger wahrscheinlich. Als wahrscheinlicher betrachte ich den Fakt, dass die russischen militärischen Ressourcen weitgehend in der Ukraine gebunden sind. Immer noch kontrollieren ukrainische Kräfte Teile der russischen Region Kursk, was als Indiz für die Prioritätensetzung Moskaus angesehen werden kann. Eine Überdehnung der russischen Fähigkeiten sollte wohl vermieden werden. Und selbst wenn Russland hätte entschieden eingreifen wollen, so hätten Kampftruppen entsendet werden müssen. Die Zeit arbeitete jedoch für die Islamisten, und die russischen Kräfte in einen Bodenkrieg zu entsenden, den die syrische Armee durch Massenkapitulation nicht mehr führen wollte, wäre wenig aussichtsreich gewesen. Russland hat mit dem Fall des Assad-Clans unbestritten eine wichtige Einflusssphäre verloren, womit seine Präsenz im östlichen Mittelmeer erheblich geschwächt sein dürfte. Mit dem Verlust Armeniens im Kaukasus und der NATO-Osterweiterung um Schweden und Finnland ist die geopolitische Landkarte für Russland in Europa und dem Nahen Osten sehr schwierig geworden. Hinzu kommt der massive Reputationsverlust für Russland – das Land ist nicht in der Lage, seinen Verbündeten nachhaltig zu stützen.
Irak, Iran und Libanon
Der Iran verliert mit Syrien einen seiner wichtigsten Verbündeten in der Region. Syrien spielte für den Iran eine außerordentlich wichtige Rolle: zum einen als Zugang zum östlichen Mittelmeer, der nunmehr versperrt sein dürfte, und zum anderen als Aufmarschgebiet und Drohkulisse gegenüber Israel. Für Israel stellt Syrien nun neben Jordanien einen weiteren Pufferstaat dar. Auch die Unterstützung der Hamas in Gaza und der Hisbollah im Libanon dürfte für den Iran eine massive Einschränkung erfahren, ist doch der Landweg nun blockiert. Die proiranischen Kräfte im Irak, die auch in Syrien an der Seite Assads standen, verlieren ebenfalls einen wichtigen Verbündeten. Der Irak grenzt nun, sollten sich die syrischen Islamisten gegen den Irak in Stellung bringen, an einen Feindstaat. Die lange syrisch-irakische Grenze ist schwer zu kontrollieren und somit das Einsickern islamistischer Kräfte schwierig zu verhindern. Das Wiedererwachen auch des IS in Syrien und im Irak ist nicht auszuschließen.
Der von israelischen Angriffen kriegsgeplagte Libanon ist nun eingekeilt zwischen Israel im Süden, dem Mittelmeer im Westen und einem potenziell feindlichen Syrien.
Israel
Israel dürfte neben der Türkei auf den ersten Blick einer der Gewinner des Regime Change in Damaskus sein – zumindest kurzfristig. Wie bereits oben erwähnt, fällt Syrien als iranischer Vorposten weg. Syrien ist massiv geschwächt und würde im Falle eines Bürgerkrieges sogar Gefahr laufen, zum failed state zu degenerieren – mithin also kein ernsthafter Akteur mehr in der Region sein. Die Okkupationen syrischen Staatsgebietes wie der Golanhöhen und der Schebaa-Farmen werden sich verstetigen. Israel könnte mit dem Ende des Assad-Staates und der Schwächung des Libanons seine dominante Rolle in der Region ausbauen. Für die Palästinenser dürfte diese Entwicklung einen weiteren Rückschlag bedeuten. Jedoch scheint auch Israel die Gefahr islamistischer Fanatiker auf syrischer Seite richtig einzuschätzen, denn schon jetzt bombardiert die israelische Luftwaffe Munitionslager und Waffensysteme, um zu verhindern, dass diese in die Hände der neuen Scharia-Machthaber fallen. Assad war ein berechenbarer Gegner, die Islamisten sind es nicht.
Türkei
Die Türkei spielte in Syrien von Beginn der Krise, also seit 2011, eine wichtige Rolle. Die türkische Führung wendete sich schnell gegen den Assad-Staat und unterstützte die islamistischen Kräfte gegen den Assad-Clan, um einerseits gegen die syrischen Kurden vorgehen zu können, aber auch, um syrisches Territorium zu okkupieren. Der Norden Syriens sowie der Nordosten stehen faktisch unter türkischer Kontrolle. Es war die Türkei, die sich als Schutzmacht im Nordwesten Syriens, in der Region Idlib für die HTS engagierte und somit die Keimzelle für die islamistische Offensive absicherte. Es war die Türkei, die islamistischen Kämpfern im Süden des Landes im grenznahen Bereich Rückzugsgebiete einräumte und in türkischen Krankenhäusern diese wieder kampffähig pflegte. Auch dürften die Türkei und ihre islamistischen Schergen sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, die Kurdenfrage auf ihre Weise zu lösen – und Europa wird verschämt wegschauen, hatte man doch trotz klarer Faktenlage geglaubt, die neuen Machthaber seien eigentlich die Guten. Russland ist den Absichten der Türkei wiederholt auf den Leim gegangen, was wahrscheinlich auch zu einer Neubewertung des türkisch-russischen Verhältnisses führen dürfte. Recep Erdogan erweist sich im Falle Syrien als auch insgesamt nicht nur für Russland, sondern auch für den Westen als unberechenbarer Partner. Er sucht das Beste für die Türkei aus beiden Welten – bislang recht erfolgreich.
USA
Die Rolle der USA in der erfolgreichen islamistischen Offensive ist noch unklar. Klar hingegen ist, dass die USA die territoriale Integrität und Souveränität Syriens massiv verletz(t)en, die Hoheitsgewalt des syrischen Assad-Staates im Osten und Südosten des Landes untergruben, sich das dortige Erdöl illegalerweise bis heute aneignen und so die Widerstandskraft Syriens dauerhaft schwächten. Nicht zuletzt der frühere und künftige US-Präsident Donald Trump prahlte mit der illegalen Enteignung energetischer Rohstoffe Syriens: „Ich habe die Truppen zurückgelassen, um das Öl zu holen“.
Ungeachtet dessen, ob die USA in der Offensive eine Rolle spielten oder nicht: Ihr Ziel, den Sturz Assads, haben sie erreicht – und ganz nebenbei auch das Ende des geopolitischen Rivalen in Syrien und dem Nahen Osten, Russland.
Ob sie es nun wollen oder gar vermögen, die diversen islamistischen Gruppierungen zu steuern, zu disziplinieren und somit ein zweites Libyen zu verhindern, werden die nächsten Wochen zeigen. Jedenfalls zeigt sich der künftige US-Präsident, wohl im Gegensatz zu seinem deep state, eher skeptisch hinsichtlich eines US-Engagements in Syrien: „Und die Vereinigten Staaten sollten nichts damit zu tun haben. Dies ist nicht unser Kampf. Lassen wir ihn sich ausspielen. Mischen sie sich nicht ein“. Der letzte Satz dürfte an die Noch-Biden-Regierung adressiert sein. Trumps Ansage insgesamt könnte für die syrischen Kurden einem Todesurteil nahekommen.
Europa
Die Freude der politischen Entscheider in Europa über den Sieg der Islamisten könnte recht bald in Ernüchterung umschlagen, wenn Exzesse an den konfessionellen Minderheiten stattfinden, wenn christliche Symbole und Kirchen zerstört werden, wenn möglicherweise neue Flüchtlingsströme vor den Toren Europas und Deutschlands stehen. Dann taucht die ablenkende Frage auf: Wie konnte das geschehen? Oder, es konnte ja niemand ahnen, dass … Diesen Ausflüchten muss widersprochen werden. Es ist ja eben nicht so, als hätte man eine solche Entwicklung nicht vorhersehen können. Dieses naive, ja geradezu infantile politische Verständnis, gerade und auch besonders nach den Erfahrungen in Libyen, ist erschreckend. Jedenfalls sehe ich Europa nicht als Gewinner dieser neuesten Entwicklung im Nahen Osten.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass in dem gegenwärtigem Weltneuordnungskrieg dem Regime Change in Syrien eine nicht unbedeutende Rolle zu kommt. Und das ungeachtet dessen, ob der Machtwechsel dazu führt, dass Syrien in das westliche Lager wechselt oder im Chaos enden wird. Entscheidend ist, dass die eine Seite einen wichtigen Verbündeten im Nahen Osten verloren hat, was im geopolitischen Nullsummenspiel einen regionalen Sieg der Gegenseite bedeutet.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=126109
https://www.youtube.com/watch?v=AkNRJDa7HRg
Zain Raza im Gespräch mit dem Historiker, Journalisten und Autor Vijay Prashad:
Folter in syrischen Gefängnissen
„… Aber auch hier sollte man die Dinge nicht aufbauschen, denn die Vereinigten Staaten haben immer noch den weltweit höchsten Prozentsatz an Gefängnisinsassen. Viele von ihnen sind sogenannte politische Gefangene, d. h. sie sind Klassengefangene. Der Krieg gegen die Drogen war ein Krieg gegen Menschen mit schwarzer und brauner Hautfarbe in den USA. Man sollte also nicht sagen: „Oh mein Gott, Syrien ist ein Staat voller Gefängnisse.“ Die Vereinigten Staaten haben den prozentual höchsten Anteil an Gefängnisinsassen in der Bevölkerung. Man kann nicht mit dem Finger auf Syrien zeigen und sagen, dort herrsche Autoritarismus …
Sie haben die Gefängnisse erwähnt. Immer wenn ich in den deutschen Leitmedien über Syrien lese, wird die Brutalität der Foltermethoden der Assad-Regierung wiederholt betont. Zum Beispiel zeigte die Tagesschau, Deutschlands führender Nachrichtensender zur Hauptsendezeit, in ihrem Beitrag vom 3. Januar 2025, wie die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Damaskus kürzlich von den Weißhelmen, einer vom Westen finanzierten syrischen Zivilschutzorganisation, begleitet wurde. Und sie besuchte Folterzentren, die zuvor von der Assad-Regierung verwaltet wurden, um sich ein umfassendes Bild von den Menschenrechtsverletzungen zu machen, die während der Herrschaft stattgefunden haben. Was in diesen Berichten jedoch nicht erwähnt wird, ist die Rolle, die diese Folterzentren nach den Anschlägen vom 11. September für die Vereinigten Staaten spielten. Der preisgekrönte Journalist Seymour Hersh, der 2004 die Folter und Misshandlung von Gefangenen durch das US-Militär im irakischen Abu Ghraib aufdeckte, enthüllte auch diese Folterzentren in Syrien. In einem Artikel im Magazin The New Yorker aus dem Jahr 2003 schreibt Seymour– und ich möchte einige Passagen aus seinem Artikel zitieren: „Syrien hatte sich als einer der effektivsten Verbündeten der CIA im Kampf gegen Al-Qaida herausgestellt, wobei die Qualität und Quantität der aus Syrien stammenden Geheimdienstinformationen die Erwartungen der Behörde übertrafen. Syrische Gefängnisse waren ein wichtiger Schauplatz für die außerordentliche Überstellung mutmaßlicher Al-Qaida-Mitglieder durch die CIA. Sie wurden jedoch von syrischen Vernehmungsbeamten im Auftrag der CIA gefoltert.“ In vielerlei Hinsicht kann man argumentieren, dass dieselben Folterzentren, die uns immer wieder in den Medien gezeigt werden, von der CIA finanziert, wenn nicht sogar entwickelt wurden, und möglicherweise waren einige der Gefolterten dieselben Al-Qaida-Agenten, die jetzt große Teile der HTS-Gruppe ausmachen. Können Sie etwas zu Assads Folterregime sagen und auch erläutern, inwiefern Länder wie Syrien Teil der imperialistischen Struktur der Vereinigten Staaten waren?
Ja, das ist ein sehr wichtiges Thema, und ich denke, wir sollten uns noch einmal kurz mit dem Kontext befassen. Konzentrieren wir uns auf die Zeit nach dem 11. September, denn das ist eine Schlüsselperiode. Nach dem 11. September 2001 begannen die Vereinigten Staaten einen Krieg gegen den Terror, marschierten mit voller Wucht in Afghanistan ein und versuchten auch, die Führung von Al-Qaida in verschiedenen Ländern ausfindig zu machen.
Was unternimmt man, wenn man einen Anführer von Al-Qaida in beispielsweise Italien ausfindig gemacht hat? Die Vereinigten Staaten drangen also in diese Länder ein, daher, die CIA kam nach Italien, ein sehr bekanntes Beispiel, schnappte sich einen x-beliebigen Passanten, setzte ihn unter Drogen, warf ihn in einen Lieferwagen, entführte ihn quasi, brachte ihn zu einem Flugplatz und in einem CIA-Jet in ein Drittland, nach Polen oder Syrien oder an eine ganze Reihe von sogenannten Black Sites, auch nach Ägypten, wo es ein Programm mit Namen Operation Greystone gab, das 2005 zum ersten Mal aufgedeckt wurde, woraufhin im Auftrag der CIA gefoltert wurde. Während der Foltersitzung nahmen westliche Geheimdienstagenten entweder an der Folter teil oder schauten zu und stellten dann Fragen.
Tatsächlich war eine Konsequenz dieser Operation Greystone, und der Nutzung von Geheimgefängnissen, dass die Central Intelligence Agency der USA und wahrscheinlich auch andere Geheimdienste Menschen aus dem Irak folterten und einer von ihnen– der sogenannte „Curveball“, so lautete sein Codename–sagte, dass Saddam Hussein irgendwie mit Al-Qaida in Verbindung stand. Und so wurden die falschen Informationen geliefert, die zum illegalen Krieg gegen den Irak führten.
All dies geschieht an sogenannten Black Sites. Syrien war zu dieser Zeit ein führender Ort für Geheimgefängnisse. Es ist wichtig zu wissen, dass Syrien nicht immer eine antiwestliche Haltung hatte. Als Saddam Hussein im August 1990 in Kuwait einmarschierte, um eine Schuld über die Öleinnahmen zu begleichen, die ihm angeblich in den Rumaila-Ölfeldern versprochen worden waren, stellte sich die Regierung von Hafez al-Assad gegen den Irak.
Und tatsächlich schloss sich das syrische Militär dem Angriff der Vereinigten Staaten gegen den Irak im Jahr 1991 an. Es gab also mehrere Perioden in der 53-jährigen Geschichte der Assad-Familie, in denen die Assad-Regierung mit dem Westen zusammengearbeitet hat. Eine davon war nach dem 11. September, als Baschar al-Assad dem US-amerikanischen Geheimdienst CIA praktisch Zugang zu seinem Gefängnissystem gewährte. Natürlich kam es in diesen Gefängnissen zu schrecklichen Folterungen und dergleichen. Das ist nicht ungewöhnlich.
Die deutsche Außenministerin, die, wie ich bemerkt habe, sehr glücklich darüber war, dem neuen Regierungschef in Syrien nicht die Hand zu schütteln, und die Kultur dieses neuen Syriens zu respektieren, erwähnte dies nicht, obwohl sie so viel über feministische Außenpolitik redet. Man hätte meinen können, sie hätte auf einen Händedruck bestehen wollen, schließlich werden sie für ihre neue Regierung bezahlen. Aber lassen wir das beiseite. Frau Baerbock besucht all diese Orte– es wäre interessant, wenn die deutsche Regierung ihr Verhältnis zu den Gefängnissen in, sagen wir, Guantanamo Bay auf Kuba erläutern würde, wo die Vereinigten Staaten eine Inselgruppe von Folterkammern betreiben.
Die deutsche Regierung war am Sturz der Taliban in Afghanistan beteiligt, und diese kamen zurück. Gleichzeitig führten die Vereinigten Staaten in Jalalabad ein Folterzentrum. Ich habe von Annalena Baerbock nichts über die US-Folterzentren in Afghanistan gehört. Es wäre eine Überprüfung wert, welche Rolle die Deutschen dabei spielten. Ich weiß es nicht. Wir haben nicht genug Informationen.
Es herrschte immer die Überzeugung, dass die deutsche Regierung in Deutschland wahllos Menschen aufgriff, die Sympathien für die eine oder andere Form des Islamismus zeigten, und sie entweder abschob oder ins Gefängnis warf. Es wäre wieder sehr interessant, eine offene Ermittlung über die Mitschuld der deutschen Regierung an all dem zu erleben. Es ist für Deutschland jetzt sehr einfach zu sagen, dass sie gegen Folter sind und die Folter unter Baschar al-Assad im Namen der Vereinigten Staaten und des Westens stattgefunden hat. Aber was ist mit den Folterzentren in Arabien oder in diesen anderen Ländern? Was ist damit? Was ist eigentlich mit uns, die versuchen, die Rolle einiger dieser Staaten zu verstehen, mit denen die deutsche Regierung gerne zusammenarbeitet? Kein wirklicher Kommentar von diesen Leuten.
Stärken und Schwächen der syrischen Führung
Im Jahr 2011 war der Arabische Frühling im Gange und hatte auch Syrien erreicht, wo er zu Pro-Demokratie-Protesten führte, die von der Assad-Regierung gewaltsam unterdrückt wurden. Dies führte zur Bildung von Rebellenkräften, die entschlossen waren, Assad zu stürzen. Ausländische Akteure wie die Vereinigten Staaten, der Golf-Kooperationsrat und die Türkei unterstützten verschiedene Fraktionen, während die Assad-Regierung vom Iran und Russland unterstützt wurde. Inmitten des Bürgerkriegs bekämpften wichtige Akteure wie Russland und die USA auch den Islamischen Staat im Irak und in Syrien, bekannt auch als ISIS, der 2015 besiegt und aus Syrien vertrieben wurde. Bis 2020 gelang es der Assad-Regierung, die meisten Rebellengruppen zurückzudrängen, wenn nicht sogar zu besiegen. Dies war jedoch im vergangenen Monat nicht der Fall. Innerhalb weniger Tage gelang es der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalarmee (SNA) und Tahrir al-Sham (HTS), die Regierung von Baschar al-Assad zu stürzen, was ziemlich überraschend war, da es so aussah, als gäbe es kaum oder gar keinen Widerstand von Assads Streitkräften. Einige spekulieren sogar, dass Russland und die Assad-Regierung eine Art Vereinbarung getroffen hatten, um dies zuzulassen. Könnten Sie uns die Unterschiede erläutern, warum die Assad-Regierung die Kräfte in den 2010er Jahren so erfolgreich eindämmen konnte, 2024 aber nicht mehr dazu in der Lage war? Was waren Ihrer Meinung nach die Hauptfaktoren und Unterschiede?
Das ist eine wirklich sehr interessante und komplizierte Frage. Zunächst einmal stimmt es, dass es nach 2012 so aussah, als gäbe es einen Energieschub bei verschiedenen Rebellengruppen. Man muss bedenken, dass die Türkei zunächst eine militärische Truppe in Nordsyrien zusammentrug. Und dann unterstützte die Türkei im Grunde die Muslimbruderschaft, die sich ohnehin im türkischen Exil befand, bildete eine Exilregierung und so weiter. Aber diese von der Muslimbruderschaft unterstützte Gruppe in Nordsyrien reichte nicht aus. An verschiedenen Punkten marschierte die Türkei tatsächlich in Nordsyrien ein. Man muss bedenken, dass die Türkei nie vergessen hat, dass Teile Nordsyriens für das Osmanische Reich von großer Bedeutung waren. Tatsächlich liegt der Gründer des Osmanischen Reiches, Süleyman Shah, auf syrischem Boden begraben, und die Türkei beansprucht die Grabstätte von Süleyman Shah für sich. Es gibt also seit langem Spannungen in dieser Angelegenheit, und die Türkei ist mehrmals einmarschiert. Tatsächlich war Syrien bereits kurz nach 2012 vollständig balkanisiert. Es ist seit über einem Jahrzehnt balkanisiert.
Der Norden, also der Teil, von dem ich spreche, von Süleyman Schahs Grab bis fast zum Mittelmeer, wird von türkischen Streitkräften und türkischen Milizen kontrolliert. Sie haben einige Rebellengruppen unterstützt. Im Osten gibt es verschiedene kurdische Milizen, die größtenteils von der YPG (People's Protection Units) angeführt werden, einer Schutzgruppe, die von der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) ausgebildet wurde, einer in der Türkeiansässigen militärischen Organisation. Sie haben also einen Teil Nordsyriens eingenommen. Im Osten kontrollieren die Vereinigten Staaten die syrischen Ölfelder, die entlang der Grenze zum Irak liegen.
Wenden wir uns nun dem Süden zu, also dem Grenzgebiet zu Israel. Israel hält seit 1973 die Golanhöhen besetzt. Das Gebiet ist somit bereits eingenommen. Direkt in dieser Region, in der Stadt Daraa und anderen Städten im Süden Syriens, hat die syrische Regierung ein Abkommen mit den Rebellengruppen geschlossen und gesagt: „Ihr könnt die kommunalen Angelegenheiten regeln, aber führt keine Aufstände an.“ Und so übertrugen sie sozusagen die Macht und kontrollierten Damaskus und die Straßen bis zur Stadt Aleppo. Die Rebellenarmeen, die wiederum der schweren militärischen Gewalt der syrischen Armee ausgesetzt waren, flüchteten in die Stadt Idlib. Und tatsächlich ist die türkische Regierung zweimal in Syrien einmarschiert, um die syrischen Streitkräfte und die Russen aufzufordern, Idlib nicht anzugreifen. Sie haben sogar direkt mit den Russen einen Deal ausgehandelt. Die Syrer spielten dabei keine Rolle. Syrien war also bereits ab etwa 2013 balkanisiert. Es gab keine einheitliche Autorität in Syrien.
Ab 2013 hatte Assad die Möglichkeit, sein Militär wiederzubeleben. Aufgrund der immensen Sanktionen des Westens und der mangelnden Vorstellungskraft der Assad-Regierung ließen sie die Dinge jedoch im Grunde verkümmern. Und das Militär verlor an Moral, die Wirtschaft war in einem schlechten Zustand und vieles mehr. Und die Assad-Regierung verließ sich auf die Unterstützung des Irans und Russlands, um die Angelegenheiten zusammenzuhalten.
Und nun kommen wir zum Jahr 2022. Russland ist mit dem Konflikt in der Ukraine beschäftigt. Russland hat keine Zeit, über seine Position in Syrien nachzudenken. Als der Völkermord an den Palästinensern beginnt, sieht Israel darin eine enorme Chance. Israel glaubt, die Hamas, die Hisbollah und die syrische Regierung eliminieren zu können. Im Grunde können sie alle ihre Gegner loswerden, alle ihre Grenzen kontrollieren und den Iran schwächen. Das war der eigentliche Plan Netanjahus. Er hat es ganz offen gesagt. Ja, durch die völkermörderische Bombardierung des Gazastreifens haben sie die Hamas stark geschwächt, durch die Bombardierung, Invasion und schließlich Ermordung von Hassan Nasrallah haben sie die Hisbollah geschwächt, und während dieser ganzen Zeit, über die im Westen nicht viel berichtet wurde, flog Israel Einsätze sowohl gegen syrische Ziele als auch im Iran. Sie bombardierten iranische logistische Versorgungsorte in Syrien. Sie bombardierten Stützpunkte des syrischen Militärs. Sie bombardierten das Geheimdienstbüro der syrischen Regierung in Damaskus, das Hauptquartier der syrischen Geheimdienste. Sie bombardierten und schwächten die politische Macht in Syrien fast ein Jahr lang. Dann bombardierten sie im Oktober letzten Jahres, 2024, Militär- und Forschungsstandorte im Iran.
Auch darüber wird nur sehr wenig berichtet. Dies schwächte den syrischen Staat und öffnete die Tür für Hayat Tahrir al-Sham, die von den Türken massiv unterstützt wird, logistische Hilfe von den Vereinigten Staaten erhält und von den Israelis aus der Luft gedeckt wird.
Herr Julani, der Al-Qaida-Führer von Tahrir al-Sham, hat ein neues Erscheinungsbild erhalten. Er legte plötzlich seine Al-Qaida-Kleidung ab, stutzte seinen Bart, zog einen Anzug an und besuchte eine Einrichtung, die wie eine PR-Schule aussah. Dort wurde er in ein Studiomit CNN gebracht und man stellte ihm wirklich einfache Fragen. Eine davon war: „Sie waren früher eine brutale Person”, und Julani antwortete: „Ja, ich war jung, ich habe mich gewandelt, bin älter und reifer”. Das waren alles Fragen, die man ihm vorgegeben hatte.
Wissen Sie, ich habe mir vier oder fünf Berichte angesehen, die von israelischen Denkfabriken im Laufe des letzten halben Jahrzehnts über die Syrienfrage verfasst wurden. Und interessanterweise haben alle diese Forscher, die nach Idlib gereist sind, in den Fußnoten dieser Berichte israelischer Denkfabriken Herrn Julani interviewt. Mit anderen Worten, Herr Julani war offen für Gespräche mit israelischen Denkfabriken über diese Ideen– die Israelis sind also in Idlib ein- und ausgegangen. Israelische Forscher reisten nach Idlib. Das bedeutet, dass der israelische Geheimdienst auch vor Ort war– in Idlib und außerhalb. Ich sage nicht, dass ich genau weiß, was passiert ist. Das sind alles nur Indizienbeweise. Herr Julani wurde auf bemerkenswerte Weise gewandelt. Und dann gingen sie einfach nach Damaskus, weil das syrische Militär einfach nicht widerstandsfähig genug war.
Und Herr Assad, würde ich sagen, hat etwas ziemlich Schockierendes getan. Alle arabischen Anführer, Gaddafi und Saddam– was auch immer man von ihnen halten mag– blieben bis zum Schluss standhaft. Sie hielten die Stellung und erklärten, wir werden niemals aufgeben. Herr Assad verließ Damaskus bei Dunkelheit und begab sich nach Latakia. Von Latakia aus stieg er in ein russisches Flugzeug und flog nach Moskau. Ich meine, in Damaskus hätte er eine Rede an sein Volk halten und es ermutigen können. Okay, vielleicht dachte er, dass er Damaskus verlassen und nach Latakia gehen müsse. Aber von Latakia aus hätte Herr Assad eine Rede an sein Volk halten können: Mein Volk, ich bin bei euch, seid standhaft, seid mutig, wir müssen jetzt unsere Niederlage akzeptieren, aber wir werden zurückkommen; so etwas in der Art. Nein! Als er in Moskau ankam, veröffentlichte er eine bedeutungslose Pressemitteilung. Er hielt nicht einmal eine Fernsehansprache an das syrische Volk, in der er sagte: Seid mutig, ihr Menschen in Syrien, die tapfere syrische Nation, usw., wir kommen wieder. Nichts! Das sagt einiges über den Charakter der Regierung von Baschar al-Assad aus, denn es war eine widerwillige Regierung. Er ist Augenarzt. Er wollte das alles nicht. Sein älterer Bruder ist gestorben. Er wurde gezwungen, die Zügel in die Hand zu nehmen. Warum? Warum sollte ein Land eine Dynastie vorweisen? Warum nicht jemand anderes? Das sind die Fehler der arabischen Nationalisten in Syrien.
Und ich denke, wir sollten die Macht dessen nicht unterschätzen. Es hat die Bevölkerung demoralisiert. Saddam war bis zum Schluss aufsässig. Und was ist passiert? Zehn Tage nach dem Sturz der irakischen Regierung schlossen sich die irakischen Soldaten zu einer Rebellion zusammen und kehrten zurück. Sie zogen ihre Uniformen aus, zogen Tarnkleidung an und kehrten zurück, um gegen die Amerikaner zu kämpfen. In Syrien sehen wir so etwas nicht. Warum? Das ist interessant.
Israel
In westlichen Ländern findet eine Neubewertung der Politik gegenüber Syrien statt, da HTS in der Vergangenheit mit Al-Qaida verbunden war. Im Dezember entsandte das US-Außenministerium ein diplomatisches Team nach Damaskus und bekundete seine Bereitschaft, mit der Regierung zusammenzuarbeiten. Erst heute kündigten die USA an, dass sie bestimmte Sanktionen gegen Syrien aussetzen werden, um Transaktionen zu ermöglichen, die für die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen oder humanitärer Hilfe notwendig sind, was als erster Schritt zu einer vollständigen Aufhebung der westlichen Sanktionen angesehen wird.
Vor einigen Tagen trafen sich, wie bereits erwähnt, die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und der französische Außenminister Jean-Noel Barrot als erste Diplomaten der Europäischen Union mit dem syrischen de-facto-Führer Ahmad al-Sharaa oder, wie wir ihn nennen, Abu Mohammad al-Julani in Damaskus. Laut Baerbock sollte bei dem Treffen festgestellt werden, ob die neue Regierung sicherstellen wird, dass alle ethnischen und religiösen Überzeugungen geschützt werden. Ich möchte sie hier zitieren: „Wir möchten besprechen, ob ein solch umfassender politischer Prozess möglich ist und ob die Menschenrechte wirklich garantiert werden können. Die gesamte Frage um die Aufhebung der Sanktionen ist damit verbunden“, Zitat Ende. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben sich auch darauf geeinigt, dass der Iran und Russland in der Zukunft Syriens keinen Platz haben sollten, einschließlich jeglicher Militärstützpunkte und-aktivitäten. Wie beurteilen Sie die Politik des Westens seit dem Sturz von Assad? Und glauben Sie, dass der Westen wirklich um den Schutz von Minderheiten besorgt ist, oder treibt ihre Politik etwas anderes an?
Ich erzähle jetzt etwas ziemlich Beunruhigendes. Und ich weiß, dass wir beide in den kommenden Wochen darüber sprechen werden. Es passiert gerade etwas Beunruhigendes. Man muss verstehen, dass die Vereinigten Staaten und die Israelis 1978/79 einen enormen Durchbruch erzielten, als sie Ägypten unter Anwar El-Sadat dazu brachten, ein Friedensabkommen mit den Israelis zu unterzeichnen. Dies war die erste israelische Grenze, die durch den Prozess der Abgrenzung und des Friedens lief. Israel– das an den Libanon, Syrien, Jordanien und Ägypten grenzt oder mit diesen Ländern Grenzlinien hat, und dann natürlich einen winzigen Streifen am Roten Meer, den Hafen von Eilat– hatte keine Grenzen, die von einem seiner Nachbarn akzeptiert wurden. 1978/79 wurde also die erste Grenze mit Ägypten im Rahmen eines Friedensabkommens festgelegt und akzeptiert. 1994 schloss der König von Jordanien, der Vater dieses Königs, König Hussein von Jordanien, ein Abkommen mit den Israelis. Die zweite sehr große Grenze, die mit einem Friedensabkommen akzeptiert wurde, das 1994 unterzeichnet wurde. Zwei Länder abgehakt. 1973 besetzten die Israelis die Golanhöhen, nahmen sie ein und weigerten sich, sie wieder zu verlassen. Und de-facto kontrollieren sie die Golanhöhen. Und jetzt haben sie tatsächlich einen sehr großen Teil eingenommen, einschließlich der entmilitarisierten Zone der Vereinten Nationen von 1974; alles unter israelischer Kontrolle. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Herr Julani und die syrische Regierung unter dem Druck der Deutschen, der Franzosen, der Vereinigten Staaten und anderer stehen– Katar hat die Flüge von Qatar Airways nach Damaskus wieder aufgenommen. Das sind die ersten Flüge seit 13 Jahren. Syrien ist in diesem Sinne ein Stück weit wieder präsent. Aber es wird viel Druck auf Herrn Julani ausgeübt, ein Friedensabkommen mit den Israelis zu schließen. Das ist das Ziel. Nein, es geht nicht um den Iran. Es geht nicht um irakische Stellvertretergruppen, die dort zugelassen werden sollten.
Nun zum zweiten Punkt. Der erste Punkt lautet, so viele dieser Länder wie möglich zu einem Friedensabkommen mit den Israelis zu bringen. Der Libanon steht unter großem Druck, da die Hisbollah geschwächt ist. Der Libanon steht unter großem Druck, entweder die blaue Linie oder sogar eine andere Linie weiter nördlich als Grenze zu Israel zu akzeptieren, diese zu akzeptieren und zu sagen, dass es ein Friedensabkommen mit Israel gibt. Der Libanon steht also unter großer Bedrängnis. Und es würde mich nicht überraschen, wenn die Grenze am Ende tatsächlich weiter nach Norden verschoben wird. Metulas Finger, das ist die Wasserversorgung, ist bereits Teil Israels. Sie haben es bereits eingenommen und besetzt. Das gibt es dort schon seit Jahrzehnten. Aber sie könnten weiter nach Norden ziehen, vielleicht bis an den Rand von Nabatieh vielleicht. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass die libanesische Regierung unter großem Druck steht. Erstens bedrängt der Westen diese besondere Kreatur des Westens, Herrn Julani, in Damaskus; sie üben großen Druck aus, um ein Abkommen mit den Israelis zu erzielen. Dies ist nicht unmöglich. Wenn das passiert, sind fast alle Grenzen Israels sicher. Davon abgesehen wird es keinen gewaltsamen Angriff auf Israel aus Syrien geben. Die Regierung Julani wird es palästinensischen, irakischen oder iranischen Gruppierungen oder der Hisbollah nicht gestatten, Israel von Syrien aus anzugreifen. Indem der südliche Teil des Libanon von Hisbollah-Kämpfern und anderen Kämpfern gesäubert wird und sie nördlich des Flusses Litani umgesiedelt werden, wird die Möglichkeit der Hisbollah, Israel bedeutend zu treffen, im Moment weitgehend zunichte gemacht. Israel hat sich immunisiert. Die einzige Kraft, die Israel angreift, ist die jemenitische Ansarallah-Regierung. Und Sie werden feststellen, dass Israel und die Vereinigten Staaten in ungefähr der letzten Woche den Jemen bombardiert haben. Auch darüber wird wenig berichtet.
Warum passiert das alles? Israel bereitet in gewisser Weise einen harten Schlag gegen den Iran vor. Netanjahu hat kürzlich eine Erklärung abgegeben, in der er sagte: „Ich habe vor einem Jahr gesagt, dass ich euch einen neuen Nahen Osten geben werde, und ich habe euch einen neuen Nahen Osten gegeben”. Der Libanon ist nicht mehr das, was er einmal war. Die Hamas ist nicht mehr das, was sie einmal war. Syrien auch nicht. Und der Iran ist nicht mehr das, was er einmal war. Und man werde dem Iran zeigen, dass er nicht dieses und jenes tun kann. Der israelische Außenminister hat eine Erklärung abgegeben, in der er sagte, der Iran solle sich besser in Acht nehmen. Auf der einen Seite hat diese Regierung in Damaskus bereits angedeutet, dass es im Falle eines israelischen Angriffs auf den Iran, eines vollständigen Angriffs auf den Iran, keine Vergeltungsmaßnahmen von irgendeiner Fraktion auf syrischem Boden gegen Israel geben wird. Dasselbe gilt für den Libanon, dasselbe gilt für Jordanien, dasselbe gilt für Ägypten. Die einzigen Raketen werden aus dem Jemen kommen, sollten sie diesem Sperrfeuer standhalten. Sie haben also die Tür für einen Angriff auf den Iran geöffnet. Die Abschreckung gegen den Angriff auf den Iran wurde von Qasem Soleimani aufgebaut. General Qasem Soleimani wurde von den Vereinigten Staaten ermordet. Und es handelte sich um diese kleinen Milizen in ganz Westasien, die die Fähigkeit hatten, Israel zu treffen, wenn Israel versuchen würde, den Iran anzugreifen. Was jetzt passiert, ist eine Art Säuberungsaktion, die den Weg für einen potenziell viel umfassenderen Angriff auf den Iran ebnet. Und deshalb sage ich, dass Sie und ich in den nächsten Wochen hoffentlich mehr darüber sprechen werden, um die Menschen vor der Selbstgefälligkeit hinsichtlich eines möglichen Angriffs auf den Iran zu warnen, denn das wird für alle katastrophal sein.
Der irakische Premierminister Sudani reiste gerade nach Teheran, um mit den Iranern über das Sicherheitsverständnis zwischen dem Iran und dem Irak zu sprechen und darüber, dass der Irak im Falle eines Angriffs auf den Iran Vergeltung üben wird. Das ist interessant. Und das ist ein gewisser Trost für die Iraner. Aber gleichzeitig hat die Führung der Hisbollah verlautet, dass sie ihre Lebensader zum Iran verloren habe. Ich meine, es gibt eine echte Schwäche in den Reihen der Hamas, Hisbollah und so weiter. Israel hat mit dem Sturz der Assad-Regierung in Syrien einen immensen strategischen Sieg errungen. Und noch einmal, ich möchte nicht, dass die Leute anfangen zu klagen und Kommentare schreiben und behaupten, das seien Assadisten. Ich meine, Sie und ich haben vorhin in unserem Gespräch gesagt, dass man ein mehrdimensionales Verständnis dafür haben muss, was gerade passiert. Mehrere Dinge können gleichzeitig wahr sein. Man muss verstehen, dass dies ein historischer Sieg für Israel ist, unabhängig davon, ob die Syrer dies als etwas Gutes ansehen oder nicht. Objektiv gesehen ist es ein enormer Sieg für Israel.
Türkei
Es ist bemerkenswert, dass Julani die Besetzung der Golanhöhen durch Israel und die weitere Einnahme des Gebiets nicht verurteilt hat. Er hat sich auch nicht gegen die Zerstörung seines eigenen Militärs nach seiner Machtübernahme ausgesprochen, die durch die israelischen Luftangriffe verursacht wurde. Schätzungen zufolge wurden 80% der Kapazität des syrischen Militärs durch israelische Luftangriffe zerstört. Aber sehen Sie hier nicht einen Widerspruch? Die von HTS kontrollierten Truppen sind größtenteils muslimisch und werden von der Türkei unterstützt. Und wir kennen die türkische Einstellung gegenüber den Palästinensern– 90% der Menschen unterstützen die Palästinenser. Das wissen wir aus der gesamten arabischen Welt. Wie können Julani und die Führung der HTS-Gruppe ihre eigenen Kräfte und die Angelegenheit der Palästinenser unter Verschluss halten, wenn der Völkermord in Gaza weitergeht? Diese ganze geheime Allianz– nennen wir sie einfach so zwischen der HTS-Gruppe und Israel wird auseinanderfallen. Die Menschen werden Gerechtigkeit in Palästina fordern, insbesondere all diese Muslime, die Julani unterstützen, und die verschiedenen Fraktionen, die Damaskus kontrollieren. Was halten Sie von dieser Einschätzung?
Die Türkei ist ein kompliziertes Land, was zum einen daran liegt, dass es immer noch NATO-Mitglied ist und am NATO-Kriegsrat teilnimmt. Zum anderen unterhält es unabhängige Beziehungen zu anderen Ländern. Es hat Ambitionen, die sich vom türkischen Volk bis an die Grenze Chinas erstrecken, es hat osmanistische Ambitionen im gesamten Mittelmeerraum und dergleichen. Es ist ein sehr kompliziertes Land. Herr Erdogan ist in seinem Land mal sehr beliebt, und im nächsten Moment wird er von allen gehasst. Es ist ein äußerst komplexes Land. Es stimmt auch, dass die Palästinenser in der Türkei die überwältigende Unterstützung der Bevölkerung haben. Aber die türkische Regierung unterhält weiterhin Beziehungen zu Israel, betreibt weiterhin Handel und unterhält andere enge Verbindungen zu den Israelis. Meiner Meinung nach– das wurde noch nicht vollständig bestätigt– haben Israel und die Türken zusammengearbeitet und den Blitzkrieg von Hayat Tahrir al-Sham auf Damaskus koordiniert. Das war eine koordinierte Aktion. Das bedeutet, dass die Türkei und Israel auf hoher Ebene in sehr engem Kontakt stehen. So viel dazu.
Aus türkischer Sicht ist die Unterstützung einer Regierung in Syrien wichtiger als eine Lösung für die Palästinenser. Welche Vorteile hat eine freundliche Regierung in Syrien für die Türkei? Zunächst einmal wird die Türkei Teile Nordsyriens einnehmen. Herr Julani wird die Hände heben und sagen: „Das ist der Preis, den ich für meine Präsenz in Damaskus zahlen muss.“ Schließlich - und ich denke, die Türken werden dabei klug vorgehen - haben sie bereits den kurdischen Widerstand in Nordsyrien unterdrückt und sie werden gegen diese vorgehen. Sie werden dafür sorgen, dass keine Waffen dorthin gelangen. Sie werden sie aus dem Land drängen. Vor etwa zehn Jahren gab es einen Punkt in der Stadt Rojava, als Rojava von ISIS umzingelt war und ISIS sich darauf vorbereitete, die kurdischen Widerstandskräfte im Grunde zu erwürgen und zu ersticken, zu diesem Zeitpunkt trafen die Vereinigten Staaten eine strategische Entscheidung und bombardierten ISIS, drängten sie zurück und schützten Rojava. Die kurdischen Streitkräfte haben eine sehr enge Beziehung zu den Vereinigten Staaten. Wer sich eine Fantasie über den kurdischen Widerstand macht, sollte sich die Situation wirklich etwas genauer ansehen. Man sollte das nicht idealisieren.
Herr Erdogan wird im Wesentlichen die Aushöhlung Nordsyriens als freien Stützpunkt für anti-türkische kurdische Kräfte erwirken. Das irakische Gebiet haben sie bereits verloren. Die irakisch-kurdische Autonomieregion erlaubt es den kurdischen Fraktionen nicht, militärisch zu agieren. Genauso wie die palästinensischen Fraktionen nicht mehr von Jordanien oder Ägypten aus agieren können, ist es sehr schwierig, vom Libanon aus zu agieren. Und ich denke, die Syrer werden nein sagen. Ebenso haben die anti-türkischen kurdischen Fraktionen ihre Stützpunkte im Irak verloren und werden ihre Stützpunkte in Syrien verlieren. Herr Erdogan wird also eine strategische Berechnung anstellen. Für die türkische Außenpolitik ist es wichtiger, den anti-türkischen kurdischen Widerstand zu unterdrücken, als sich für die Palästinenser einzusetzen. Das wird der Deal sein, den sie abschließen werden.
Obwohl 70% der Bevölkerung oder sogar mehr stark pro-palästinensisch eingestellt sind– was nicht bedeutet, dass 30 % pro-israelisch sind– denn sie sind in unterschiedlichem Maße pro-palästinensisch eingestellt, im Grunde zu 100%. In der Türkei werden Sie nicht viele Türken auf der Straße finden, die sich gegenüber einem Reporter als pro-israelisch bezeichnen. So etwas würde man nicht zu sehen bekommen. Aber trotzdem wird die Regierung Erdogan eine strategische Bewertung vornehmen und sagen: Wir können viel gewinnen, wir werden das Grab von Süleyman Shah gewinnen, wir werden das Ende des kurdischen Widerstands erreichen. Und das ist ein großer Sieg für sie, für ihre Politik.“
Manipulation in Deutschland und weltweit
Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam: „Ein weiteres Denkmal erschütternder Unmenschlichkeit und Dummheit der US-Weltmacht-Politik ist enthüllt: die rauchenden Trümmer Syriens, darunter liegend eine halbe Million Tote. Das Ergebnis 13 Jahre andauernder Bemühungen, die überkonfessionelle Regierung in Damaskus zu stürzen. Vorgeschobene Begründung: „Machthaber“ Assad sei ein brutaler Gewaltherrscher. Wahrscheinlich war er das tatsächlich, ob willentlich oder nicht. Tatsache ist aber auch, dass seine Dämonisierung dazu diente, die geostrategischen und energiepolitischen Interessen des „Wertewestens“ an Syriens Unterwerfung zu verschleiern. Das Land ist jetzt dazu bestimmt, im gleichen Chaos zu versinken wie Libyen, nachdem es Barack Obama und Hillary Clinton 2011 von Gaddafi „befreit“ hatten.
Der Umgang des „Wertewestens“ mit Syrien ist traditionell von Zynismus, Heuchelei, Grausamkeit und Rechtsnihilismus geprägt. Deutschland war ein Vorreiter und bleibt auch nach der Machtübernahme der Dschihadisten bei diesem Politikstil. Unser Berliner Regime ist ein Produkt der Parteien-Oligarchie und damit nicht zur Selbstkorrektur fähig – ebenso wenig wie der ihm angegliederte Staatsfunk. Dessen „Informationsangebot“ über Syrien (und andere Teile der Welt) stellt ein gleich großes Grundübel dar wie das Nachrichtenprogramm seiner kommerziellen Konkurrenz. Alle beschönigen die jetzt herrschenden Dschihadisten als „Moderate“, wollen aber nicht erklären, wie „gemäßigter Terrorismus“ geht.
Unfähige politische Wichtigtuer wie die deutsche Außenministerin erklimmen in schneller Folge wahre Gipfel verlogener Selbstgerechtigkeit. Baerbock über den Umsturz in Damaskus:
„… dass wir uns in unserer Politik nicht von Resignation oder auch von nationalen Interessen treiben lassen, … sondern dass wir gerade in schwierigsten Zeiten, in schwierigsten Momenten, für unsere Werte und unsere Interessen einstehen und an der Seite derjenigen stehen, die weltweit für Frieden und Freiheit kämpfen. Wir haben … erlebt, dass unsere Werte und Interessen, nämlich die Sicherung von Frieden, von Freiheit und von Sicherheit, in einer globalisierten Welt maximal miteinander vernetzt sind. Und wir haben eben auch immer wieder erlebt, wie wichtig es ist, dass wir deutlich machen: Jedes Menschenleben zählt, und jedes Menschenleben ist gleich viel wert.“
Der gepeinigte Hörer resigniert angesichts derart konfuser Phrasendrescherei. Frei nach Max Liebermann: „Ick kann jarnich so ville fressen, wie ick kotzen möchte.“
„Humanitäre Hilfe“ für Terroristen
Im Syrienkrieg war nie erkennbar, dass dem „Wertewesten“ am Schutz von Menschenleben lag. Deutschland, führender Handlanger der USA und EU-Hauptakteur, machte gemeinsame Sache mit islamistischen Kopfabschneider-Milizen. Unterm Scheinheiligen-Schein „Wir sind die Guten!“ unterstützten wir nicht nur die Terroristenhochburg Idlib im syrischen Nordwesten mit Euro-Millionen. Die Verantwortung für das IS-Massaker an 700 Dörflern im August 2014 im nordöstlichen Deir-Essor – nur eines von vielen ähnlich grauenhaften Verbrechen – fällt den USA und dito ihren deutschen „partners in leadership“ zu, denn auch das IS-Gesindel ist eine wertewestliche Ausgeburt.
Opfer der Massaker interessierten die westlichen Politiker und deren journalistische Aktenkofferträger nicht bzw. nur dann, wenn sie sich öffentlichkeitswirksam gegen „Machthaber“ Assad verwenden ließen. Doppelmoral war seit dem zweiten Golfkrieg („Koalition der Willigen“ gegen den Irak) Standard der „Informationspolitik“ hierzulande.
Die USA wollten Syrien unterwerfen und dauerhaften Zugriff auf seine Rohstoffressourcen haben. Das war Teil ihres Chaosplans, den Nahen und Mittleren Osten zu „balkanisieren“, um die gesamte Region – den Iran eingeschlossen – kontrollieren und ausbeuten zu können. Der Weltöffentlichkeit gaukelten sie humanitäre Absichten vor, wenn sie (Bürger-)Kriege inszenierten und Leichenfelder hinterließen, Verwüstung, unvorstellbare Armut und Flüchtlingsströme von Millionen Menschen hervorriefen – im Iran, in Afghanistan, im Irak, in Somalia, im Sudan, in Libanon, in Libyen und in Syrien. Das zu durchschauen sollte Teil der politischen Erkenntnisfähigkeit sein. Von unserer Außenministerin darf man es füglich nicht erwarten; von Tagesschau-Redakteuren auch nicht.
Umsturz nach US-Plänen
Was leider kaum bekannt und dennoch Tatsache ist: Das syrische Drama war schon 1996 von den USA erdacht und vorgeplant worden. Details wurden dank der Wikileaks-Veröffentlichung eines vertraulichen Berichts aus dem Jahr 2006 bekannt, der die US-Vorgehensweise skizzierte:
Die Unterstützung sunnitisch regierter Länder wie Saudi-Arabien und Ägypten gegen das säkular regierte Syrien gewinnen
Unzufriedenheit und Zwietracht zwischen den konfessionellen und ethnischen Gruppierungen in Syrien bis zum Ausbruch von „Unruhen“ schüren
Eine Medienkampagne zur Verbreitung von „schmutziger Wäsche“ über das syrische Regime inszenieren
Schlagworte für die Agitprop waren schnell gefunden. Klassisch:
„Machthaber / Schlächter Assad führt Krieg gegen das eigene Volk“
Diese Bezichtigung übernahmen alle deutschen Massenmedien ohne kritische Prüfung, vorneweg die Tagesschau. Dabei „vergaßen“ sie, dass eine deutsche Regierung mit Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) keine Skrupel hatte, einen von der CIA verschleppten und gefolterten deutschen Staatsbürger im syrischen Gefängnis von Beamten des BKA verhören zu lassen. Schäuble bestand trotz aller rechtsstaatlich begründeten Kritik darauf, dass seine Behörden „Erkenntnisse“ nutzten, die in ausländischen Folterkellern gewonnen worden waren.
Deutschland weichte das Folterverbot auf. Voll grausiger Heuchelei und Selbstgerechtigkeit berichtet unsere Journaille jetzt zwar umfangreich und detailbesessen über „Assads Foltersystem“. Die Tagesschau trug dazu allein im Dezember dutzendmale bei. Dass unsere „Schutzmacht“ USA selbst Weltmeister im Foltern politischer Häftlinge war, bleibt sorgsam außer Betracht. Obwohl es naheläge, auf die CIA-Geheimgefängnisse – Black Site – hinzuweisen: nämlich im benachbarten Polen und in weiteren fünf europäischen Ländern, im Irak, in Jordanien, Pakistan, in Fernost, in den USA selbst. Dass die USA ihre Folterpraxis – siehe auch Guantanamo, von den ständig in Bewegung gehaltenen Folterflugzeugen und Folterschiffen ganz zu schweigen – nicht aufgeben, suchen sie vergeblich zu verbergen.
Kumpanei mit Terroristen
Die USA unterstützten die Terroristen in Syrien zunächst mit Geld, dann mit Waffen und schließlich mit einer Interventionsarmee, die bis heute mit mehr als 2.000 Mann den syrischen Nordosten besetzt. Vorgeblich diente das nur der Bekämpfung des außer Kontrolle geratenen, mordenden und plündernden IS. In Wirklichkeit handelte es sich bei der völkerrechtswidrigen US-Intervention um die militärische Unterstützung von Dschihadisten gegen die reguläre syrische Armee und forderte nach seriösen Schätzungen in deren Reihen mindestens 50.000 Tote.
Den Vorwurf „Kumpanei mit Terror-Milizen“ suchten die USA und ihre EU-Vasallen mit der Begriffsschöpfung „moderate Rebellen“ zu widerlegen. Damit werden die Hirne der Öffentlichkeit so lange püriert, bis sie den Widersinn nicht mehr wahrnimmt, dass islamistische Mörder zwar in Deutschland und in der EU aufs Schärfste verfolgt, aber in Syrien geschmiert und gehätschelt werden. (Wir kommen auf dieses Thema noch zurück).
Für den „Sieg“ über den Assad-Staat waren die Aktivitäten der Terroristen weit weniger entscheidend als das unmenschliche, vor 13 Jahren verhängte Wirtschaftsembargo des Wertewestens. Der European Council on Foreign Relations befand vor fünf Jahren, dieses Sanktionsregime bewirke
„massive Zunahme von Armut und Hunger“; man müsse diese Zwangsmaßnahmen als „Politik der verbrannten Erde“ einstufen, „die unterschiedslos und willkürlich gewöhnliche Syrer bestraft.“
Das scherte die Regierungen der USA und der EU aber einen Dreck. Ein paar Zahlen zum Elend, das sie willentlich hervorriefen:
Das jährliche syrische Bruttosozialprodukt pro Kopf sank von 2010 bis 2020 um 68,8 Prozent auf 780 Dollar.
Die Wareneinfuhr verringerte sich von 2010 bis 2023 um 91,7 Prozent (!) auf nur sechs Milliarden Dollar.
Die Warenausfuhr ging um 94 Prozent zurück.
Im Ranking des Human Development-Index (193 Länder) fiel Syrien auf Platz 153.
Mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung hungert. 90 Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze. „Rund fünf Millionen Menschen sind in die Nachbarländer Syriens geflohen, mehr als sieben Millionen sind innerhalb des Landes vertrieben worden – darunter sehr viele Kinder.“
Kriminelle Politik
500.000 Syrer sind in diesem 13-jährigen wertewestlichen Krieg gegen Syrien umgekommen. Aufgemerkt, Frau „Jedes-Menschenleben-ist-gleich-viel-wert“-Baerbock: Die eigenmächtigen Sanktionen der USA, der EU und Deutschlands haben dieses Massensterben wesentlich mitverursacht. Sie waren und sind völkerrechtswidrig und wurden von der UN-Generalversammlung sowie vom UN-Menschenrechtsrat Jahr für Jahr verurteilt. Sie, werte Frau Ministerin, lassen zwar Ihren Kopf auf Steuerzahlers Kosten für 11.000 Euro pro Monat kosmetisch aufbrezeln, das steigert dessen Aufnahmebereitschaft aber leider auch nicht. Es wäre ein Wunder.
Direkte humanitäre Hilfe für Assad-Syrien wurde, soweit sie von dritter Seite kam, nach Kräften behindert. Nur in geringem Umfang gelang sie den Vereinten Nationen, einigen Hilfsorganisationen und privaten Initiativen wie dem Verein „Freundschaft mit Valjevo.“ Die Regierungen des Wertewestens beschränkten ihre Hilfe auf die Terroristen-Provinz Idlib, auf die östlich daran angrenzende, von der Türkei besetzte Sperrzone und auf den von Kurden mithilfe der USA kontrollierten syrischen Nordosten.
Die Unterstützung für Idlib nützte zunächst der al-Qaeda und dann deren Ableger Jabhat al-Nusra, der sich schließlich in Hayat Tahrir al-Sham (HTS) umbenannte. In ihren Machtbereich flossen Hunderte Millionen Dollar, während die Bewohner Assad-Syriens die Last unmenschlicher westlicher Sanktionen zu tragen hatten.
Ein perfides Embargo der USA, der „Caesar Act“, verfügt während der ersten Amtszeit Donald Trumps, richtete sich formal gegen die syrische Staatsbank, machte aber praktisch das wenige Geld der Ärmsten vollends wertlos. Vor Beginn des Krieges gegen Assad kostete der US-Dollar 47 Syrische Pfund – 13 Jahre später, Anfang Dezember 2024, mehr als 14.400.
Zusätzlich erklärte Trump („We keep the oil!“), die USA behielten das syrische Öl, was selbst die US-amerikanischen Massenmedien sofort als Kriegsverbrechen brandmarkten.
Lakaien-Gesinnung
Nicht so Deutschlands Regierende und deren journalistische Helfershelfer. Die unterschlugen die hemmungslose, bis heute fortgeführte Plünderei der USA. Wirtschaftsminister Habeck: „Je stärker Deutschland dient, umso größer ist seine Rolle.“ Eben: Ein Diener kritisiert die Schweinereien seiner Herrschaft nicht, er kuscht und hält das Maul.
Die Provinz Idlib war seit dem Eingreifen Russlands gegen den islamistischen Terror Zufluchtsort von Kopfabschneidern und Dschihadisten verschiedenster Richtungen. Im deutschen Sprachgebrauch wurden diese als „gemäßigte Rebellen“ verharmlost und vom damaligen Außenminister Steinmeier, heute Bundespräsident, sogar salonfähig gemacht. Im Gegensatz zur deutschen Justiz: Die geht gegen Mitglieder und Unterstützer von Dschihadisten-Formationen als „terroristische Vereinigungen“ mit begründeter Härte strafrechtlich vor.
So verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart einen syrischen Islamisten zu unwiderruflich lebenslänglicher Haft, weil er an der Gefangennahme und Hinrichtung von Beschäftigten des syrischen Regimes und ihm nahestehenden Personen beteiligt war. Er gehörte zur Terrormiliz „Jabhat al-Nusra“, die zur Tatzeit (2013) von Emir Abu Muhammad al-Jaulani angeführt wurde – demselben Verbrecher, der jetzt anstelle Assads herrscht.
(Bundeskanzler Scholz: „Eine gute Nachricht.“ Dem Sozi-Radieschen – außen rot und innen weiß – ist ja auch sonst nicht zu helfen)
Urteilsbegründung des Gerichts vom 31. Januar 2020:
„Ihre Ziele verfolgten die Jabhat al-Nusra bzw. deren Nachfolgeorganisationen … durch militärischen Bodenkampf, Sprengstoffanschläge, Entführungen vorwiegend westlicher Staatsangehöriger, gezielte Tötungen von Angehörigen des syrischen Militärs und Sicherheitsapparates … Insgesamt hat die Jabhat al-Nusra bis Ende 2014 in Syrien mehr als 1.500 Anschläge verübt, bei denen mindestens 8.700 Menschen getötet wurden.“
Nach deutschem Rechtsverständnis ist al-Jaulani als Anführer der Terroristenbande ein Massenmörder. Die Tagesschau erwähnt allerdings nur seine Zugehörigkeit zur Terrormiliz „Jabhat al-Nusra“ als der HTS-Vorläuferin. Seine schwerstkriminelle Vergangenheit und Schuld an der Ermordung von 8.700 Menschen unterschlug sie. Er habe mit der Terrormiliz Jabhat al-Nusra gebrochen, sich zum „pragmatischen Radikalen“ und HTS-„Milizenführer“ gewandelt und gebe sich jetzt einen staatsmännischen Anschein.
Schmieranterie statt Journalismus
Kein klares Wort darüber, dass er nach dem „Bruch“ mit der al-Nusra unter der Flagge „HTS“ mindestens 549 weitere Morde begehen ließ, darüber hinaus Folterungen, Entführungen, Raub, sexuellen Missbrauch von Gefangenen und andere schwere Verbrechen. Dokumentiert sind 22 Foltermethoden, die in den HTS-Gefängnissen angewandt wurden. Doch Tagesschau.de brachte zu diesem Komplex nur den Hinweis, al-Jaulanis HTS werde „von Bewohnern und Menschenrechtsgruppen brutales Vorgehen gegen Andersdenkende vorgeworfen“. Das ist kein Journalismus mehr, sondern was zum Speien.
Die USA, die EU und Deutschland listeten al-Jaulanis HTS zwar als Terrororganisation, Washington setzte sogar zehn Millionen Dollar Kopfgeld auf den Mann aus. Man ließ ihn aber in Idlib unbehelligt agieren. Er konnte eine Art Zivilverwaltung („Syria Salvation Government“, SSG) für die rund vier Millionen Bewohner der Provinz installieren, Lebensmittelversorgung, Müllabfuhr und weiteren Bürgerservice organisieren und sich zum Ansprechpartner für die zahlreich in der Region tätigen internationalen Hilfswerke aufschwingen. Der Westen finanzierte ihn. Mithilfe korrupter NGOs umging er alle Sanktionen gegen sich und seine Terrororganisation.
Als die Bundesregierung in den Jahren 2018 und 2020 insgesamt 175 Millionen Euro humanitäre Hilfe für Idlib zahlen wollte, warnten AfD und Linkspartei vor Zweckentfremdung zugunsten der HTS-Terroristen. Die Regierung wies das zurück und behauptete, es gebe ein Prüfsystem, das Missbrauch ausschließe. Das ist nach den aktuellen Erkenntnissen nicht mehr glaubhaft und bedarf einer parlamentarischen Untersuchung.
Nicht nur die Tagesschau, sondern der gesamte polit-mediale Mainstream bemäntelt oder ignoriert einfach den mörderischen Charakter der HTS und ihres Anführers. BILD: „Rebellenführer“. Die TAZ, Leib-und Magenblatt der Grünen: „überzeugter konservativer Salafist“. Das ZDF: „Rebellenallianz unter Führung der islamistischen Gruppe HTS“.
So werden der Massenmörder al-Jaulani und seine Terroristenbande zusehends in den Stand von respektablen Leuten erhoben. Die USA haben schon das Zehn-Millionen-Kopfgeld auf ihn annulliert. Ministerin Baerbock schickte ihre Diplomaten zur Audienz des neuen syrischen Superstars nach Damaskus. Und machte ihm am 3. Januar gleich selbst ihre Aufwartung.
Die EU-Außenbeauftragte Kallas tönte:
„Wir fordern alle Akteure auf, weitere Gewalt zu vermeiden, den Schutz der Zivilbevölkerung zu gewährleisten und das Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts, zu achten.
Als ob sie bezüglich Syriens etwas zu melden hätte, dessen Zukunft jetzt von Trump und Erdogan abhängt. Und als ob mehr als 9.000 HTS-Opfer sofort vergessen werden dürften, wenngleich für deren Tod vorerst niemand zur Rechenschaft gezogen wird.
Sein Biedermann-Gewand wird der aktuelle Machthaber al-Jaulani nicht lange tragen. Die neue HTS-Herrschaft mordet weiter. Unter Schirmherrschaft der räuberischen USA und mit Beihilfe ihrer Vasallen wird die Unterdrückung und Ausplünderung Syriens fortgesetzt. Die Frage „Sind Syriens strategische Lage, sein Öl und der Machwechsel in Damaskus eine halbe Million Menschenleben wert?“ stellt kein Polit-Promi. Die Bundesregierung hat ihren moralischen Bankrott erklärt. Das medienseitig nicht- oder fehlinformierte Publikum hüllt sich mehrheitlich in Schweigen.
Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst.
Das ist erweislich wahr.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=126786
Tobias Riegel: „In manchen deutschen Medien ist momentan eine Rückkehr von Vokabular aus der Syrien-Propaganda zu beobachten: Fragwürdige Ausdrücke wie der „Krieg gegen das eigene Volk“, die „Syrische Stelle für Menschenrechte“ oder die „gemäßigten Rebellen“ sind wieder präsent in Nachrichtentexten. Was noch aussteht, ist der erneute Bezug auf Weißhelme, Fassbomben, Giftgas oder Bana aus Aleppo.
Hier soll kurz auf einzelne, nun in manchen deutschen Nachrichtentexten wiederkehrende Begriffe eingegangen werden: Die „Syrische Stelle für Menschenrechte“ sitzt weder in Syrien, noch ist sie eine offizielle „Stelle“, noch kümmert sie sich universell um Menschenrechte: Sie ist eine parteiische Initiative, die sich ganz überwiegend der Meinungsmache gegen die Assad-Regierung gewidmet hat. Trotzdem wird die „Stelle“ aktuell wieder verstärkt von deutschen Medien zitiert – immerhin ihr „Sitz in Großbritannien“ wird mittlerweile oft dazugesagt.
„Befreiung“ und „Krieg gegen das eigene Volk“: Der CDU-Politiker Norbert Röttgen sprach aktuell im Deutschlandfunk von einem „Tag der Befreiung“ für Syrien, der durch den Durchmarsch der Islamisten nun stattgefunden habe. Außerdem nutzten Röttgen sowie sein Interviewpartner Christoph Heinemann vom Deutschlandfunk den Ausdruck vom „Krieg gegen das eigene Volk“, den Assad geführt habe. Auch bei der ZDF-heute-Sendung vom Sonntag hieß es, „Assad führte Krieg gegen das eigene Volk“.
Zu dieser seit 2011 genutzten Floskel ist zu sagen: Die überwiegend islamistischen Kämpfer, gegen die Assad in Syrien Krieg geführt hat, waren meiner Meinung nach zu keinem Zeitpunkt durch „das Volk“ legitimiert, sondern vor allem durch eine massive internationale Medienkampagne. Ob sie je eine Mehrheit der Syrer vertreten haben, ist mehr als ungewiss. Mit dieser Aussage wird ein vorhandener großer Unmut gegenüber Assad in Teilen der syrischen Bevölkerung vor 2011 nicht in Abrede gestellt.
Auch die aktuelle Freude über Assads Sturz bei vielen Syrern soll nicht diffamiert werden – die Frage ist aber, ob der für den Sturz extrem hohe Preis gerechtfertigt war und ob das Land sich unter den neuen Machthabern in eine bessere Richtung bewegen wird. Hier sind sehr starke Zweifel angebracht. Außerdem: Die großen Gefahren, die mit dem Regime-Change in Syrien verbunden waren und noch sind, waren bereits 2011 absehbar.
Jetzt neu: „Pragmatische Radikale“
Der momentan zentrale Akteur in Syrien, Muhammad al-Jawlani (alternative Schreibweise: Muhammad al-Dschaulani), wurde noch 2017 als Terrorist vom FBI gesucht. Seither habe er sich aber von Terrornetzwerken distanziert, heißt es. Für die jetzt siegreichen Kämpfer gibt es bereits eine neue Wortschöpfung: „pragmatische Radikale“.
Die aktuellen unübersichtlichen Machtverhältnisse in Syrien sollen hier nicht Thema sein. Aber im Laufe der Jahre wurden die gegen Assad kämpfenden, teilweise radikal-islamistisch gesonnenen „Rebellen“ unter anderem auch von wechselnden Partnern „des Westens“ wie Golfstaaten oder der Türkei unterstützt – und auch direkt durch den US-Geheimdienst CIA, wie etwa die New York Times 2016 in diesem Artikel beschrieben hat. Thomas Röper beschreibt in diesem Artikel die sogenannte Operation Sycamore, Seymour Hersh ist bereits 2014 in diesem Artikel auf Waffenlieferungen von Libyen nach Syrien unter Beteiligung von US-Geheimdiensten eingegangen. Hersh schreibt:
„Die Obama-Regierung hat nie öffentlich zugegeben, dass sie eine Rolle bei der Einrichtung des von der CIA als ‚Rattenlinie‘ bezeichneten Kanals nach Syrien gespielt hat. Die Anfang 2012 genehmigte ‚Rattenlinie‘ diente dazu, Waffen und Munition aus Libyen über die Südtürkei und die syrische Grenze an die Opposition zu schleusen. Viele derjenigen in Syrien, die die Waffen schließlich erhielten, waren Dschihadisten, von denen einige mit Al-Qaida in Verbindung standen.“
Dazu kommt, dass zahlreiche der islamistischen Kämpfer gegen Assad gar keine Syrer waren, es sich also zumindest bei den syrischen IS-Kämpfern und auch bei anderen syrischen Milizen zum Teil mutmaßlich um ausländische Söldner gehandelt hatte. Kann man solche Truppen als „das syrische Volk“ bezeichnen?
Assad und das Giftgas
Auf die nun wieder anklingenden Vorwürfe gegen die Assad-Regierung, „Giftgas gegen das eigene Volk“ eigesetzt zu haben, ist Karin Leukefeld in zahlreichen Artikeln auf den NachDenkSeiten eingegangen. Die Beiträge zeigen, dass viele der Giftgas-Vorwürfe gegen die Assad-Regierung auf einer sehr fragwürdigen Basis stehen.
In diesem Artikel soll keineswegs das Handeln der Familie Assad pauschal verteidigt werden oder die inakzeptable Tatsache, dass eine Familie jahrzehntelang ein Land mit harter Hand beherrschte. Sehr wohl werden hier aber die Mittel scharf kritisiert, die nun zu Assads Sturz geführt haben und die (voraussehbar) seit 2011 Millionen Menschen entweder getötet, verwundet oder vertrieben haben. Diese Kritik trifft auch jene deutschen Journalisten und Politiker, die diese Politik verteidigt haben.
Ein „Tag der Befreiung“?
Die Gegner Assads haben nun gewonnen, alles jetzt Folgende kann man nun nicht mehr ihm oder den Russen anlasten – man darf gespannt sein, wie die deutschen Journalisten, die seit 2011 auch radikale Islamisten in Syrien indirekt als gemäßigte Rebellen oder gar als syrische „Opposition“ dargestellt haben, sich nun verhalten werden, da diese an der Macht sind. Ihre indirekte Mitverantwortung an der Zerstörung des Landes in der Vergangenheit, an den daraus entstandenen Flüchtlingsströmen auch nach Deutschland und an den Verwerfungen in der näheren Zukunft werden deutsche Journalisten und Politiker wohl kaum eingestehen. Im Gegenteil: Die jetzige Wiederholung von Vokabular aus der Hochzeit des syrischen „Bürgerkriegs“ durch manche Akteure ist meiner Meinung nach auch ein Versuch, die Propaganda von damals als bis heute „gültig“ aussehen zu lassen und damit das eigene Verhalten weißzuwaschen.
Nun herrschen überwiegend Islamisten über ein teils zerstörtes und zerstückeltes Syrien – und das soll „ein Tag der Befreiung“ (Norbert Röttgen im DLF) oder eine „positive und lang erwartete Entwicklung“ (Kaja Kallas auf X) oder eine „gute Nachricht“ (Kanzler Scholz) sein?
Wer hat den Krieg ab 2011 (auf Basis vorhandenen starken Unmuts gegen Assad in Teilen der syrischen Bevölkerung) aktiv zusätzlich angefacht und seither mit Propaganda und Kriegsmaterial am Leben erhalten? Der säkulare Vielvölkerstaat Syrien wurde seitdem zerstört und zerstückelt. Die Gefahr eines weiteren Zerfalls des Landes ist real. Selbst (oder gerade) wenn die nun dominierenden Dschihadisten-Gruppen so moderat sein sollten, wie sie jetzt dargestellt werden, kann es noch zu Machtkämpfen mit radikaleren Gruppen kommen.
„Die Syrer“ feiern Assads Sturz
Man sieht nun viele Bilder in deutschen Nachrichtensendungen, auf denen „die Syrer“ in Deutschland feiern. Bei vielen Syrern, die sich im Ausland befinden, erscheint das nachvollziehbar. Ich weiß aber nicht, wie aussagekräftig diese Bilder für die Situation in Syrien selbst sind: Jene Syrer in dem multi-religiösen Vielvölkerstaat, die jetzt Angst vor Islamisten haben, werden sich wahrscheinlich vorerst nicht zu erkennen geben.
Droht nun eine neue Welle von Flüchtlingen aus Syrien für Deutschland? Oder werden nun, da Syrien „befreit“ ist, viele der nach Deutschland geflüchteten Syrer in ihre Heimat zurückkehren? Der Wahlkampf um diese Frage läuft hierzulande schon.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=125971
Lage vor Ort
Verlässliche Berichte über die aktuelle Lage in Syrien liefert Karin Leukefeld. Hier die Links zu ihren Berichten:
08.12.2024: https://www.nachdenkseiten.de/?p=125897
16.12.2024: https://www.nachdenkseiten.de/?p=126339
24.12.2024: https://www.nachdenkseiten.de/?p=126765
06.01.2025: https://www.nachdenkseiten.de/?p=126811
Blick zurück im Zorn
Zur Erinnerung einige ältere Beiträge des Wurms zum Thema Syrien:
12.09.13 Feinde Syriens
Einsatz von Giftgas in Syrien
- kein Interesse an humanitären Katastrophen, so lange nicht groß in Medien darüber berichtet wird
- Neuplanung des Mittleren Ostens
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/285-feinde-syriens
12.06.2014 Das Gute an der bösen Diktatur
ISIS erobert irakische Stadt Mossul
- der Aufstieg der al-Qaida-Abspaltung ISIL hat mehrere Gründe: Eine sehr wichtige Rolle spielt der seit 2011 tobende Bürgerkrieg in Syrien, wo die Terrorgruppe erhebliche finanzielle Unterstützung aus den Golfstaaten bezog, Waffen kaufte, Fanatiker aus der ganzen Welt anlockte und bereits im letzten Jahr große Teile des Nordostens erobern konnte
- Libyen, Syrien und der Irak waren mal halbwegs funktionierende Staaten, die islamistischem Terror Einhalt geboten; diese Staaten waren entweder ausdrücklich laizistisch (also Religion war offiziell Privatsache) oder hatten zumindest die Religion an den Rand gedrängt
- die saudische Handabhacker-Mentalität greift immer mehr um sich und Frauen dürfen sich nur vermummt in der Öffentlichkeit zeigen. Ganz zu schweigen von der über eine Million Getöteten und mehrerer Millionen Geflüchteten mit unglaublichen humanitären Katastrophen
- Heutzutage wird kein Krieg mehr aus Bösartigkeit geführt. Zumindest wird das nicht zugegeben. Meinungsforschungsinstitute sagen den jeweiligen Machthabern, wie die zweifelnde Bevölkerung am Besten zu überzeugen ist. Im Falle Irak war das vor über 10 Jahren die Unterstützung des internationalen Terrorismus (sprich: Al Qaida) und die Existenz von „Massenvernichtungswaffen“.
- Ohne westliche Einmischung gäbe es weltweit sehr viel weniger Terrorismus. Al Qaida ist praktisch eine Gründung des US-Geheimdienstes CIA im damaligen Afghanistan-Konflikt mit der Sowjetunion und seit dem Zusammenbruch der einstmals funktionierenden Staaten Irak, Syrien und Libyen ist das islamistische Gesindel erst recht auf dem Vormarsch. Es handelt sich genau um jene Leute, die von westlichen Medien gerade im letzten Jahr in Syrien unterstützt wurden, um den säkularen Präsidenten Assad zu stürzen
- in Jugoslawien (vor allem bei der Abspaltung Kroatiens und dem Kosovo-Konflikt) und in der Ukraine wurden die Konflikte von deutscher Seite aus massiv geschürt; die kriegerischen Einsätze im Irak und in Syrien wurden deutlich unterstützt und gegen die Zerstörung Libyens kam zumindest kein Widerspruch. Auch noch sehr zum Ärger der deutschen Leitmedien, die damals schon eifrig mitbomben wollten.
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/348-das-gute-an-der-boesen-diktatur
16.10.2014 Verteidigung westlicher Werte
Kampf der PKK-nahen kurdischen autonomen Region Rojava in Nordsyrien gegen den „Islamischen Staat“
- ein türkisches Protektorat ist der von Barzani in feudaler Manier geführte Mafiastaat (Kurdengebiet im Nordirak), in dem soziale Proteste und kritischer Journalismus mit harter Hand unterdrückt werden, heute bereits. Auch wenn vielleicht bald die kurdische Fahne über Kerkuk als Hauptstadt eines unabhängigen Kurdistan wehen sollte, wird dies noch lange kein freies Kurdistan sein
- in der kurdischen Nationalbewegung haben in den letzten Jahren rätedemokratische, feministische und herrschaftskritische Vorstellungen zumindest theoretisch einen größeren Stellenwert bekommen.
Die aber sind nun überhaupt nicht kompatibel mit den wirtschaftsliberalen und kulturkonservativen Vorstellungen der Islamisten um Erdogan und Co. Der hat deshalb auch nie einen Zweifel daran gelassen, dass er in der PKK eigentlich eine größere Gefahr als in der IS sieht.
- wogegen also protestieren die Kurden? Sie protestieren gegen die stillschweigende Unterstützung, die die Türkei in den vergangenen Jahren den Dschihadisten gewährte. Die Türkei soll Waffenlieferungen zulassen und zudem einen Korridor schaffen, damit PYD-Einheiten aus den beiden anderen syrisch-kurdischen „Kantonen“ und Kämpfer der PKK, womöglich auch der nordirakischen Peschmerga den Eingeschlossenen in Kobani zu Hilfe kommen können
- „staats- und kapitalismuskritische“ Kurden wie die in Kobane sind nicht erwünscht. Deshalb haben diese auch keine Waffen von der deutschen Regierung bekommen – im Gegensatz zu den korrupten, kapitalistischen Kurden im Irak
- die PKK wandelte sich von einer marxistisch-leninistischen Kaderorganisation zu einer basisdemokratischen Bewegung. Im Vordergrund standen nun die lokale Selbstverwaltung und die Organisation eines Gemeinwesens von unten. Als Ergebnis gründeten Mitglieder und Sympathisanten der PKK basisdemokratische Institutionen, die sie unter dem Dach der KCK zusammenfassen. Die Beziehungen zu den irakischen Kurden waren indessen nie frei von Spannungen. Die Regionalregierung Irakisch-Kurdistans in Arbil hat 2007 die Schwesterpartei der PKK in ihrem Gebiet auch deshalb verboten, um die eigenen Beziehungen zur Türkei nicht zu belasten
- Rojava hat viele Gegner
Die Türkei: Das Modell Rojava passt Erdogan nicht, weil es ein Beispiel für eine föderale Türkei mit kurdischer Autonomie sein kann und somit die zentralstaatliche Türkei in Frage stellt.
USA: Weil sich Rojava nicht gegen Assad funktionalisieren lässt, ist auch die USA nicht daran interessiert, dieses Modell zu unterstützen.
Syrien: Assad ist auch ein Gegner, weil Rojava mit seinem demokratischen, föderalen System sein Regime in Frage stellt.
Nordirak: Die autonome Provinz in Nordirak unter der Herrschaft von Stammesführer Barzani boykottiert ebenfalls die Region in Nordsyrien, weil der Barzani-Clan mit seiner konservativen Ausrichtung kein Interesse an einem demokratischen Modell in seiner Nachbarschaft hat.
Alle zusammen sind gegen Rojava, weil alle Staaten in dieser Region ein patriarchales System haben und emanzipatorische Bewegungen unerwünscht sind, bzw. als Bedrohung erfahren werden
- Alle Staaten im Nahen Osten haben kein Interesse am Gelingen des Experiments Rojava, weil es die Systemfrage stellt. Emanzipationsbewegungen werden weltweit nicht zugelassen und schon immer bekämpft oder diffamiert, weil sie den Kapitalismus in Frage stellen - momentan den Neoliberalismus. Der Neoliberalismus braucht möglichst abhängige Regierungen. Rojava steht dem entgegen, weil es kaum Schnittstellen zum Kapitalismus herstellt und gleichzeitig die reinen Männergesellschaften in Frage stellt.
Rojava ist als Gegenentwurf zu ihrem eigenen Gesellschaftsmodell von allen Regimen im Nahen Osten nicht gewollt. Es ist für den Nahen Osten eine Revolution, die keiner will. Die westliche Wertegemeinschaft setzt auf Demokratie, Menschenrechte, Frauenemanzipation, Rechtsstaatlichkeit und Glaubensfreiheit - aber gerade im Fall Rojavas verstößt sie wieder einmal gegen ihre eigenen Werte, indem sie dieses Experiment verhindert statt unterstützt
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/366-verteidigung-westlicher-werte
20.04.2017 Giftgas in Syrien
Offensichtlich unter falscher Flagge durchgeführter Giftgaseinsatz in Syrien
- ohne die geringsten Beweise zu haben, wurde sofort von allen führenden westlichen Medien mit aller Macht drauf los gehauen
- Michael Lüders bei „Markus Lanz“ und „Anne Will“
- Michael Lüders argumentiert vernünftig, befindet sich aber immer noch im Rahmen des politisch-medialen Komplexes
- Buch „Die den Sturm ernten – Wie der Westen Syrien ins Chaos stürzte“ von Michael Lüders: Probleme werden benannt, aber Michael Lüders geht nicht den letzten, entscheidenden Schritt – und er erwähnt Deutschlands Rolle im Syrien-Konflikt nicht bzw. nur sehr am Rande
- Konflikt um Michael Lüders zeigt Machtkampf in Deutschland bzw. dessen Positionierung als vertrauenswürdige Person
- Donald Trump nach einmaligem Raketen-Angriff auf Syrien plötzlich Liebling der westlichen Medien
- selbst wenn jetzt in Syrien halbwegs Ruhe sein sollte: sollte es in den USA eine massive innenpolitische Krise geben, ist der Ausweg vorgezeichnet: das Führen eines Krieges
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/523-giftgas-in-syrien
24.10.2019 Ende des kurdischen Traums – dafür vernünftige Lösung
Nach Rückzug der US-Truppen Ende des kurdischen Staates Rojava
- die syrische Sicht: nicht gut auf die Kurden zu sprechen, aber offen für eine gemeinsame Zukunft
- Rückzug der USA, aber weiterhin Diebstahl von syrischem Öl
- Erfolg der russischen Diplomatie
- einseitige Darstellung in den Medien
- Deutschland und Kriegs-Ministerin AKK auf verlorenem Posten
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm
Das Böse verlachen
- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -
Hasstalavista 6 - Serdar reagiert auf Dumba Halali (Damaged Version)
https://www.youtube.com/watch?v=myPBD5qLU4k
Der HASSIAS synchronisiert. Schlumpf Kanzler Scholz
https://www.youtube.com/watch?v=qDun0nuud88
Hasstalavista 5 - Serdar reagiert auf Barebogg
https://www.youtube.com/watch?v=Hgb3eMu33xM
Hasstalavista 8 - Serdar reagiert auf M.A.Bimmelban
https://www.youtube.com/watch?v=Rhr6V6jZiFM
Simone Solga: Rohes Neues Jahr! | Folge 146
https://www.youtube.com/watch?v=lEEfZzrp8Js
KEIN HANDSCHLAG ABER DAS GELD DER DEUTSCHEN WOLLEN SIE !!
https://www.youtube.com/watch?v=AjP4uxnI7TA
BÜNDNISKANZLER Mr. Habeck zu viel gekifft - ??
https://www.youtube.com/watch?v=XCPQKZOhtzk
HallMack Aktuelle Kamera 98 - Wahlannullierung möglich
https://www.frei3.de/post/a2ec902f-bdd9-4abc-9905-530346ddee68
HallMack Aktuelle Kamera 99 - Blackout der Demokratie
https://www.frei3.de/post/cb7f766b-d8b2-48a8-af4e-4e259ec1be40