Krieg in Zeiten von Frieden

https://www.youtube.com/watch?v=jjp6PrbRZOk

 

Bis Ende 2023 läuft die Ausstellung „NEW YORK 9/11 - Krieg in Zeiten von Frieden“ von Yadegar Asisi im Panometer von Leipzig.

Nach dem Besuch der „Pergamon“-Ausstellung in Pforzheim vom selben Künstler, siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/1313-pergamon , wollte sich der Wurm diese Ausstellung nicht entgehen lassen.

 

https://www.youtube.com/watch?v=3PbKdV6jZNc

 

Berichte über eine Ausstellung

 

https://www.youtube.com/watch?v=YqzL_F-paZ0

 

„Yadegar Asisis viertes Anti-Kriegsprojekt führt seine Betrachtung der Welt unter besonderem Fokus auf die Kriege der Neuzeit fort: NEW YORK 9/11 ist eine Ausstellung mit fünf Installationen und einem 360°-Panorama zur Erinnerung an die Anschläge vom 11. September und ihre globalen Auswirkungen. Im Panorama blickt man im Kontrast zum vorherigen Ausstellungsrundgang auf die Szenerie um das World Trade Center am Morgen des 11. September 2001 um 08:41 Uhr, fünf Minuten vor den Attentaten. Mit dem Wissen um die nachfolgenden Katastrophen wird dieser Ausgangspunkt inmitten des morgendlichen Trubels im multikulturellen Manhattan somit zu einer scheinbar utopischen Momentaufnahme.

Die Installationen in NEW YORK 9/11 zeigen die weniger sichtbaren Folgen des Schicksalstags: Das Leid, die Folgekosten, die Schicksale von Flüchtenden und Zeitzeugen, die namenlosen Opfer von Folter, Kampfhandlungen und Verfolgung als unmittelbare Auswirkung von 9/11 und den darauffolgenden Kriegen. Eingebettet ist der Ausstellungsrundgang in eine umgekehrte Chronologie der vergangenen 20 Jahre. Zusätzlich ergänzt werden die Themen mit Beiträgen namhafter Gastautoren wie Shida Bazyar, Bazon Brock, Michael Lüders, Wim Wenders und weiteren sowie Zeitzeugen, die von ihren persönlichen Leidenserfahrungen berichten.“

https://www.asisi.de/panorama/new-york

 

Eindrücke von Rupert Regenwurm

 

Das Panorama ist „dezent“ gestaltet. Nach ein paar Minuten macht es „wumm“ und es wird dunkel. Danach wird es wieder hell mit den entsprechenden Geräuschen und Musik. Mensch kann stundenlang davor stehen oder sitzen und immer wieder neue Details entdecken.

Gut und schön. Interessanter war jedoch die Ausstellung „Ein Rückblick auf 20 Jahre Gewalt, Flucht und Leid infolge der Ereignisse am 11. September 2001“.

Yadegar Asisi beginnt persönlich: „Blicken wir beispielsweise in eine Zeit weit vor dem 11. September, stoßen wir auf das, was der Nahost-Experte Michael Lüders den „Sündenfall“ nennt: Die Rede ist von dem vom Westen orchestrierten Putsch im Iran im Jahr 1953. Es ging um Erdöl, den Kalten Krieg, die üblichen geopolitischen Interessen mächtiger Akteure. Dieses Ereignis zerstörte nachhaltig die noch junge demokratische Ordnung des Landes. Und trat eine fatale Entwicklung in der Region los die bis in die heutige Zeit reicht und die diesen beispiellosen Terroranschlag vom 11. September 2001 mit beinhaltet. Auch damals gab es Tote, Verfolgung, Vertreibung. Wie viele Menschen waren betroffen?

Statt nach einer Zahl zu suchen, wenden wir uns doch gleich einem Einzelschicksal zu, und zwar dem eines jungen iranischen Obersts: Er will den Putsch nicht hinnehmen und bereitet in jenem Jahr mit Gleichgesinnten im Untergrund einen Gegenputsch vor. Die Gruppe wird verraten, über 600 Militärs werden verhaftet. Der Oberst und neun weitere hochrangige Offiziere werden an Pfähle gebunden und vor den Augen anwesender Journalisten erschossen. Der Name dieses Obersts ist Nemat Asisi. Er hat eine Frau und fünf Kinder, die Geburt des sechsten erlebt er nicht mehr.

Und so lernte ich meinen Vater nie kennen.“

(Yadegar Asisi wurde in Wien geboren und ist in der DDR (Halle und Leipzig) aufgewachsen)

Jeder Iraner weiß, was es bedeutet, wenn eine ausländische Macht etwas von „Demokratie“ faselt; in allen südlichen Ländern wissen es zumindest die gebildeten Schichten.

Während die beim 9/11-Anschlag Getöteten bekannt sind, auf Denkmälern verewigt und dauerhaft geehrt werden, sind die Namen der 900.000 danach Getöteten und 37 Millionen geflüchteten Menschen so gut wie gar nicht bekannt. Symbolisch werden diese mit Füßen getreten. In allen Räumen steht mehrfach die Zahl 5 (4 senkrechte Striche und ein waagerechter) auf dem Boden für 5.000 namenlose Tote.

Yadegar Asisi macht klar, was die Kosten von 6 Billionen Dollar bedeuten, dass der westliche Konsument vor seinem Fernseher sitzt, die Gewalt sieht, sich aber eigentlich nicht für die Thematik interessiert. Er macht deutlich, welche Wirkung Sprache hat, zeigt auf, welche kriegerische Auseinandersetzungen es in den letzten 20 Jahren auf der Welt gegeben hat und zeigt anhand von Einzel-Schicksalen, welche Folgen einzelne Menschen zu ertragen hatten.

Yadegar Asisi sagt nicht, was mensch zu denken hat – aber er stellt zur Diskussion, gibt Anregungen zum Denken. Auch greift er keine kontroversen Thesen auf (ob z.B. 9/11 eine bewusste Inszenierung war, um wie gewünscht zuschlagen zu können).

Nach dem medialen Zusammenbruch der letzten Jahre im Westen (es wird überall die gleiche Regierungs-Propaganda verbreitet, egal, ob das jeweilige Medium ehemals „links“, „rechts“ oder „neutral“ war) und dem massiven Wegbrechen von Zivil-Courage war es eine Freude zu sehen, dass es noch halbwegs geradeaus denkende Menschen mit halbwegs kritischem Bewusstsein gibt, die auch noch öffentlich wirksam sind.

 

Eindrücke von Ralf Julke

 

„Es ist 08:41 Uhr. Auf dem Friedhof an der St. Paul’s Chapel ist es friedlich. So friedlich wie es an einem betriebsamen Morgen in New York sein kann. Die Stadt lärmt im Hintergrund. Niemand ahnt hier, was in fünf Minuten geschehen wird. Es ist genau dieser Moment, der Yadegar Asisi seit über zehn Jahren umtreibt. Und der jetzt einlädt ins Panometer Leipzig ins neue Panorama „New York 9/11“.

„Krieg in Zeiten von Frieden“ ist der Untertitel der neuen Panorama-Ausstellung, die man diesmal tatsächlich auf dem Weg durch die Ausstellung betreten muss, mit der auf das eigentliche Panorama-Bild hingeführt wird. Eine Art Zeitreise aus dem Jetzt 21 Jahre in die Vergangenheit, auf der das Asisi-Team zeigt, was aus jenem 11. September 2001 und aus den zeitnah folgenden Beschlüssen des damaligen amerikanischen Präsidenten George W. Bush und seiner Verbündeten geworden ist.

Etwas, was Yadegar Asisi bis heute aufregt. Denn die Erinnerung an die über 3.000 Menschen, die am 11. September 2001 bei den Anschlägen auf die Zwillingstürme des World Trade Centers ums Leben kamen, ist das eine – doch der daraufhin ausgerufene „Krieg gegen den Terror“ hat sich längst als Zündfunke für noch mehr Leid und Terror entpuppt. Für Asisi ist es der falscheste Satz, der gesagt wurde: „Krieg gegen den Terror“.

Und seine damalige Zusammenarbeit mit Daniel Libeskind bei der Neugestaltung der World Trade Center Site („Ground Zero“) war ja letztlich der Zündfunke für Asisis Panporamen – insbesondere der Reihe von Panoramen, in denen sich der Künstler mit dem Krieg und seinen Folgen beschäftigt.

Denn der Krieg formt und prägt die Menschen. Er hat sich tief in das Gedächtnis der Städte eingebrannt, was Asisi schon mit seinen großen Panoramen „Dresden 1945“, „Leipzig 1813“ und „Die Mauer“ in Berlin thematisierte. Ein unüberwindbares Mauer-Segment wird man auch in der Ausstellung „New York 9/11“ finden, denn seitdem ist es wieder normal geworden, dass weltweit Mauern und Zäune gebaut werden.

Politiker nehmen sich ganz unverfroren das Recht, Menschen durch Mauern voneinander zu trennen, ein- und auszusperren und zu bestimmen, welches Stück Land wozu gehört.

Wenn Asisi über das spricht, was ihn seit 20 Jahren bei seinen Panoramen umtreibt, die sich – direkt und indirekt – mit dem Krieg beschäftigen, merkt man, wie ihn das aufwühlt. Immerhin ist es ein Teil seiner eigenen Geschichte als Sohn eines Iraners, der ermordet wurde.

Seine Mutter musste mit der kleinen Familie fliehen und gelangte über Wien nach Leipzig, wo Yadegar Asisi dann aufwuchs und wo er sich heute noch als echter Sachse empfindet. Hier begegnete er der Geschichte der Völkerschlacht, die für ihn symptomatisch zeigt, was da seit 200 Jahren falschläuft.

„Wer Napoleon an den Anfang von Europa setzt, macht schon einen schweren Fehler“, sagt er.

Und hat recht. Denn genau das verkörpert Napoleon wie all die Kriegsherren, die ihm folgten: die Anmaßung, Ländergrenzen verschieben zu dürfen, die eigenen Vorstellung von der Welt anderen Völkern aufzwingen zu können.

Genau das, was jetzt auch im Ukraine-Krieg sichtbar wird, dessen Anstifter man nicht versteht, wenn man das imperiale (und damit napoleonische) Denken nicht sieht, das ihn umtreibt. Diesen ewigen Napoleons ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker egal, sind auch die eigenen Soldaten egal, die sie in ihren Kriegen verheizen.

Das Leid der Frauen und Kinder sowieso.

Und dass das wie ein Roter Faden durch die vergangenen 21 Jahre läuft, zeigt die Ausstellung zu „New York 9/11“, in der der Boden übersät ist mit Kreidestrichen, die für all die Menschen stehen, die nach heutigen Schätzungen im „Krieg gegen den Terror“ ihr Leben ließen – wahrscheinlich 900.000 und mehr. Nur elf dieser Schicksale können in der Ausstellung erzählt werden.

Eine Installation verkörpert für Asisi das eigentlich Fatale an der Entwicklung: ein Wohnzimmer, wie es in Millionen Wohnungen weltweit steht, mit der Couch vor dem Fernseher, über den der Krieg direkt ins Wohnzimmer kommt.

Und natürlich auch die Rede eines US-Präsidenten, mit der er den „Krieg gegen den Terror“ einleitete und den die anwesenden Claqueure damals beklatschten. Was Asisi bis heute nicht versteht, emotional nicht versteht.

Auch wenn die Logik dahinter nur zu klar ist. Auch die großen Kriegsherren haben ihre Logik. Die aber nichts mit der Logik der friedlichen Menschen zu tun hat, deren Städte dann auf einmal bombardiert werden, deren Schulen und Krankenhäuser zum Ziel von Raketen und Bomben werden. Was auf riesigen Video-Säulen zu sehen ist, sind nicht die zerstörten Städte in der Ukraine, sondern die des Nahen Ostens.

Der Krieg ist allgegenwärtig. Nur die meisten Kriege sehen wir nicht, betont Yadegar Asisi. Sie sind zu weit weg, finden zwischen Ländern statt, die europäische Nachrichtenagenturen nicht wirklich interessieren. Die Ukraine aber zeigt, wie schnell uns der Krieg mit den modernsten Vernichtungswaffen wieder nah sein kann. Und dass es dazu nur den Entschluss eines einsamen Mannes braucht, der meint, mit so einer Militäraktion seine eigene imperiale Vorstellung verwirklichen zu können.

Mit 9/11 verknüpft wird deutlich, dass es auch im Westen nur wenige Männer waren, die über Krieg und Frieden entschieden. Und zu Recht stellt sich Asisi die Frage, ob wir da nicht alle in falschen Strukturen leben, wenn es überall nur eine Handvoll Männer sind, die über den Krieg entscheiden können.

Die Folgen müssen alle tragen, die daran beteiligt sind, die ihre Nächsten verlieren, ihre Heimat, die Angst und Traumata erleiden. „Ein einziger Schuss hat den Ersten Weltkrieg ausgelöst“, sagt er. Und sieht trotzdem, dass die Entscheidungskette, die dieser Schuss ausgelöst hat, nach normalen menschlichen Maßstäben nicht zu begreifen ist.

Nichts an diesem Schuss auf den österreichischen Thronfolger musste in einen Krieg münden. Aber trotzdem nahmen es eine Handvoll Männer zum Anlass, den mörderischsten Krieg der Neuzeit auszulösen, der auch für Mitteleuropa eine lange Zeit des Friedens mit blutiger Grausamkeit beendete.

„Und wir denken noch heute an diesen Krieg“, sagt Asisi. „Obwohl das 100 Jahre her ist.“ Wie lange brauche es also, bis so ein Krieg von den nachfolgenden Generationen überwunden ist, seelisch bewältigt? 70 Jahre sind augenscheinlich nicht genug Zeit, sagt Asisi mit Verweis auf den Zweiten Weltkrieg.

Und natürlich fragt er sich, wie viel Zorn, Wut und traumatisches Erinnern all die Kriege im „Krieg gegen den Terror“ hinterlassen und wie lange die betroffenen Völker daran zu tragen haben. Was bedeutet das für den Frieden in der Welt? Oder bedeutet das weitere Terrorakte, weitere Kriege und Bürgerkriege, weil die Wunden nicht verheilt sind?

Man merkt schnell, dass auch das Motiv von „New York 9/11“ lange in Asisi gegärt hat und dass ihn gerade deshalb der Moment des Einschlags des ersten Flugzeugs und die nachfolgende Dramatik überhaupt nicht interessiert haben. „Die Bilder haben wir alle im Kopf. Die kommen von allein“, sagt er.

Und recht hat er. Denn genau das passiert, wenn man nach dem Gang durch die Ausstellung in die große Rotunde tritt und auf einmal in einem New York steht, das noch nichts davon weiß, was in 5 Minuten passieren wird. Die beiden Zwillingstürme stehen noch hellerleuchtet im blauen Himmel. Autos lärmen, ab und zu eine Sirene, Menschen murmeln.

Eigentlich steht man unter den Bäumen des Friedhofs der St. Pauls Chapel, die den Einsturz der Zwillingstürme unbeschadet überstanden hat und nach dem Anschlag zum Stützpunkt der Helfer wurde.

Ringsum stehen die ältesten Grabsteine New Yorks, einige aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Hinter dem Zaun brodelt das Leben, sind die New Yorker geschäftig, wie sie es jeden Tag sind. Eine Stadt in ihrem hektischen Frieden, wie ihn so viele Städte auf der Erde jeden Tag erleben.

Ein Frieden, den man kaum würdigt, weil es so normal ist, dass man zur Arbeit eilt, unterwegs telefoniert, auf Bus oder Bahn wartet. Da schaut man auch nicht nach oben, wo man die Hochhäuser in der Sonne glänzen sehen würde, denn das ist ja das gewohnte Bild. Nichts Besonderes.

Und dann ein dumpfes Pochen … doch statt jetzt die Tragödie beginnen zu lassen, lässt Asisi das Licht wieder angehen und die Besucher im Panometer die geschäftige Friedlichkeit der großen Stadt erleben, die in den vergangenen Jahren akribisch rekonstruiert wurde, sodass der Blick, den das Panorama bietet, dem Blick vom Morgen des 11. September 2001 wohl ziemlich nahekommt.

Und wer das Panometer besucht, ist auf einmal selbst Teil dieses Bildes. Da staunte selbst Asisi, als er am Freitag die Presseleute in der Rotunde begrüßte. So viele Menschen hatte er in diesem Panorama-Bild noch nie. Und auf einmal wirkte es wirklich, als wären all die Fotografen und Journalistinnen Teil dieses sonnigen New Yorker Morgens, der so bald zu einem historischen Datum werden sollte, bei dem sich fast jeder weltweit daran erinnern kann, was er in dem Moment gerade tat, als die Bilder aus New York über den Bildschirm flimmerten.

So wird Asisis neues Bild zu einem geradezu atemberaubenden Statement für den Frieden. Und zu einer sehr ernsthaften Beschäftigung mit den Kriegen und den Kriegsmachern unserer Zeit.

Yadegar Asisi: „Wenn man auf diese Stadt schaut und weiß, dass sich in den nächsten fünf Minuten die Welt verändern wird – das ist überall und jederzeit gültig. Dieses absolute Gefühl, von jetzt auf gleich kann alles vorbei sein.“"

https://www.l-iz.de/kultur/ausstellungen/2022/04/new-york-9-11-im-panometer-leipzig-ein-riesiges-plaedoyer-gegen-den-krieg-in-unserer-zeit-443117

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

Lauterbach und die Cannabis-Teillegalisierung

https://www.youtube.com/watch?v=OP-YlHVx7bw

 

Maurice Gajda und der Fake-Tweet-Skandal

https://www.youtube.com/watch?v=8e070OCEAWI

 

Simone Solga: Annalena ölt die Umwelt | Folge 82

https://www.youtube.com/watch?v=R-7fXMuIX-Y

 

HallMack  Aktuelle Kamera 25

https://www.frei3.de/post/407f3bb6-d1ce-45d5-81bd-3193d1334d8c

 

HallMack  ÖRR - Programmvorschau

https://www.frei3.de/post/a1783541-7384-4b44-b096-af01b9205192