Ein Prozent ist genug

„„Meine Tochter ist das gefährlichste Tier der Welt": Ob Jørgen Randers das rausgerutscht ist? Oder hat er darauf gesetzt, dass er mit so einem Satz die Medien kriegt? Im letzteren Fall wäre die Rechnung zwar aufgegangen – aber nicht zu seinen Gunsten.

Gefährlich sei die Tochter, weil sie als westliche Konsumentin 30-mal so viele Ressourcen verbrauche wie ihre Artgenossen in armen Ländern, so erklärte der norwegische Zukunftsforscher seine Provokation. Deshalb müssten die reichen Länder mehr für die Geburtenkontrolle tun.

In dem nagelneuen Bericht an den Club of Rome, den Randers gemeinsam mit dessen Generalsekretär Graeme Maxton in Berlin vorstellte, werden die Co-Autoren noch konkreter. Jede Frau, die nur ein Kind aufziehe, solle im Alter von 50 Jahren für ihren Verzicht einen Bonus von 80.000 Dollar in die Hand gedrückt kriegen.

Kein Wunder, dass es da Schlagzeilen hagelte.“

http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-09/club-of-rome-nachhaltigkeitsstrategien-globalisierung-jorgen-randers

Auch der Wurm geht darauf ein.

 

Der „Club of Rome“ und „Die Grenzen des Wachstums"

 

„Dr. J. Rennie Whitehead, einer der Gründer der Kanadischen Gesellschaft des Club of Rome (Canadian Association of the Club of Rome (CACOR), beschreibt die Anfänge von "Die Grenzen des Wachstums":

„Im Juni 1970 hielt der Club of Rome sein erstes förmliches Jahrestreffen in Bern, Schweiz. Nach längerer, z.T. fruchtloser Diskussion, machte Professor Jay Forrester vom MIT (= Massachusetts Institute of Technology) einen konkreten Vorschlag. Er hatte vorher mehrfach mit Dr. Aurelio Peccei (Anmerkung: damals Mitglied der Firmenleitung von Fiat und Olivetti, Präsident von Italconsult, Vorsitzender des Exekutivkomitees des Club of Rome) im MIT diskutiert. Dabei war Prof. Forrester mehr und mehr zu der festen Überzeugung gelangt, dass seine als "Industrial Dynamics" (= Dynamik industrieller Systeme) bekannte Technik, die sie bereits auf komplexe industrielle Probleme erfolgreich angewandt hatten, angepasst werden könnte, um die Dynamik der Weltentwicklung zu modellieren. Auf Vorschlag von Eduard Pestel benannten sie es um in "Systems Dynamics" (= Dynamik komplexer Systeme). Pestel stimmte auch zu, der Volkswagen Stiftung einen Vorschlag für ein Forschungsvorhaben zu unterbreiten. (...)

Der Rest ist Geschichte. Ein 28 Jahre alter Forscher, Dennis Meadows, wurde für das Projekt eingestellt. Der Club of Rome hielt im April 1971 sein zweites jährliches Treffen im Seignorie Club in Montebello, Canada, ab. (...) Dennis Meadows präsentierte uns seinen Plan und gab einen Zwischenbericht, der bei allen gut ankam. Ein paar Monate später, im Frühjahr 1972, wurde das Buch "Limits to Growth" (= Grenzen des Wachstums) veröffentlicht. Der Stil und die Klarheit der Präsentation des Materials in diesem Buch ist zum großen Teil der herausragenden Arbeit von Dennis Meadows' damaliger Frau Donella zu verdanken.

"Die Grenzen des Wachstums" basierte auf dem Modell der "Dynamik komplexer Systeme" (= "Systems Dynamics") einer homogenen Welt. Es berücksichtigte die Wechselwirkungen zwischen Bevölkerungsdichte, Nahrungsmittelressourcen, Energie, Material und Kapital, Umweltzerstörung, Landnutzung und so weiter. In diesem Modell wurden eine Reihe von Szenarien entwickelt, mittels Computersimulation und basierend auf der Entwicklung verschiedener hypothetischer "stabilisierender" politischer Maßnahmen. Die Ergebnisse waren immer ähnlich: ein katastrophaler Abfall in der Weltbevölkerung und dem Lebensstandard innerhalb von 50 bis 100 Jahren, wenn die gegenwärtigen Trends anhielten.

Die Tatsache, dass "Grenzen des Wachstums" die Welt als Ganzes betrachtete, ohne eine separate Behandlung verschiedener Regionen oder Länder, vereinfachte das Modell bewusst, aber diese Über-Vereinfachung war notwendig, um überhaupt ein Modell innerhalb eines vernünftigen Zeitraumes zu erhalten. Weil dieser Ansatz so stark vereinfacht war, wurde er natürlich auch vielfach kritisiert,(...) so z.B. als "unwissenschaftlich". (...) De facto hatte die "Grenzen des Wachstums"-Studie aber nur ein paar Szenarien entworfen von den Dingen, die sich ereignen könnten, wenn wir nicht unser Verhalten auf einer globalen Ebene änderten. Es war kein Vorhersage-Dokument.

Was die Kritiker übersahen, ob wissenschaftlich oder nicht, war, dass "Grenzen des Wachstums" genau das schonungslose Instrument war, das man benötigte, um die Aufmerksamkeit der Welt zu erregen. Ironischerweise war "Grenzen des Wachstums", obwohl nur eines einer Vielzahl von Projekten, die der Club of Rome damals förderte, das Projekt, das in der Öffentlichkeit am engsten mit dem Club identifiziert wurde. Konsequenterweise wurde der Club, anstatt dass man ihm zur Förderung einer derartig neuen, unabhängigen Studie gratulierte, bei jeder Gelegenheit, insbesondere in Großbritannien und den USA, für die Grenzen des Meadowsschen Ansatzes und seine angebliche "Jüngstes Gericht"-Botschaft kritisiert.

(...) "Grenzen des Wachstums" verkaufte nur einige Zehntausend Exemplare in Amerika, aber es verkaufte Millionen in übervölkerten Ländern wie Niederlande oder Japan. Es wurde in etliche Sprachen übersetzt.

Anfang der 70er Jahre löste Aurelio Pecceis Initiative einen Schneeball-Effekt aus. Seit diesen frühen Tagen hält der Club of Rome beinahe jedes Jahr eine Vollversammlung ab, die oftmals von der Regierung des gastgebenden Landes finanziert wird. Der Club of Rome hat sich inzwischen weiter nach u.a. Japan, Venezuela, Deutschland, dem ehemaligen Jugoslawien und den Mittleren Osten ausgebreitet. Die Ergebnisse der von ihm katalysierten und geförderten Studien wurden in vielen Büchern unter der Förderung des Club of Rome veröffentlicht.“

https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/entstehung_des_berichtes_541.htm

„Im Herbst 2011 erzielte eine Suchanfrage für "Grenzen des Wachstums" mehr als 350.000 Ergebnisse. Schon das zeigt: Die gleichnamige Studie von 1972, die der Club of Rome von einem Wissenschaftlerteam um den MIT-Forscher Dennis Meadows erstellen ließ, ist längst ein moderner Mythos geworden – ein Weltbestseller mit Millionenauflage, der in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde. Schon 1975 titulierte die Zeitung Die Welt die "Grenzen des Wachstum" als "jenes Buch, das wie mit einem Paukenschlag die siebziger Jahre einleitete." Das war umso bemerkenswerter, als die Ansichten über Korrektheit und Nutzen der Diagnose seit 40 Jahren weit auseinander gehen.

1. Vorgeschichte

Es war nicht zuletzt der Titel, der die Studie zu einem einschneidenden Ereignis machte. "Wachstum" war für die Menschen der frühen siebziger Jahre nämlich geradezu eine Grunderfahrung. Seit dem Zweiten Weltkrieg verzeichneten die Volkswirtschaften des Westens phänomenale Wachstumsraten, in der Bundesrepublik stieg das Bruttosozialprodukt von 1950 bis 1973 im Durchschnitt um 6,5 Prozent. Allerdings verlangsamte sich das Tempo in den sechziger Jahren, und 1966/67 erlebte die bundesdeutsche Gesellschaft ihre erste Rezession – aus heutiger Sicht eine kurze Episode ohne gravierende Folgen, aber für die Zeitgenossen eine einschneidende Erfahrung. Seither gab es eine unterschwellige Stimmung, dass man womöglich auf Krisenzeiten zusteuerte.

2. Der Club of Rome

Die "Grenzen des Wachstums" waren das erste greifbare Produkt des Club of Rome. Dieser war 1968 von dem italienischen Industriellen Aurelio Peccei und dem OECD-Direktor Alexander King als internationales Diskussionsforum für die Probleme der modernen Welt gegründet worden. Es ging also keineswegs nur um Umweltprobleme, sondern vielmehr um die großen Herausforderungen der Zeit und vor allem ihre inneren Zusammenhänge; der Club of Rome war einer der Pioniere des vernetzten Denkens. Am elitären Charakter des Zirkels konnte kein Zweifel herrschen: Mitglieder bedurften der Ernennung durch das Exekutivkomitee, und bis heute ist die Vollmitgliedschaft auf 100 Personen beschränkt. 1972 hatte der Club of Rome etwa 70 Mitglieder aus 25 Ländern.

3. Dennis Meadows, MIT

Man mag es rückblickend kaum glauben: Dennis Meadows war eine Notlösung. Eigentlich war der türkische Ökonom und Zukunftsforscher Hasan Ozbekhan als Leiter des Projekts „The Predicament of Mankind: Quest for Structured Responses to Growing World-wide Complexities and Uncertainties" auserkoren worden. Dessen ehrgeiziges Konzept traf jedoch bei den Auftraggebern auf Missfallen: Der Club of Rome wollte schnelle Ergebnisse, und die lieferten dann Dennis Meadows und sein Forscherteam. Nach nur anderthalb Jahren Arbeit waren die "Grenzen des Wachstums" druckfertig.

4. Computervisionen

Das Massachusetts Institute of Technology war seinerzeit nicht nur die wohl renommierteste technische Hochschule der Welt, sondern auch ein Zentrum der computergestützten Simulationstechnologie. Die Studie fiel in die Hochzeit von Kybernetik und Planungseuphorie: Mit aufwendigen Kalkulationen schien Zukunft berechenbar und gestaltbar zu werden. Das verlieh dem Projekt eine Aura, die wenige Jahre zuvor oder danach wohl nur bedingt eingestellt hätte. Die Zeit war tatsächlich reif für "Weltuntergangs-Visionen aus dem Computer".

5. Umweltbewegte Zeiten

Die Studie erschien zu einem Zeitpunkt, als westliche Gesellschaften für Umweltfragen sensibilisiert waren. Um 1970 hatten viele Regierungen ihre ersten Umweltprogramme vorgestellt, und im Erscheinungsjahr 1972 fand in Stockholm der Umweltgipfel der Vereinten Nationen statt, der bis zum Erdgipfel von Rio 1992 der größte seiner Art bleiben sollte. Teilweise wurde auch schon mit finsteren Zukunftsszenarien argumentiert, allerdings mit großen Unterschieden: Während die Apokalypse im ökologischen Diskurs der Vereinigten Staaten bereits etabliert war, dominierte in der bundesdeutschen Umweltdebatte, noch stark von staatlichen Stellen geprägt, ein deutlich gedämpfterer Tonfall.

6. Erste Reaktionen

Die "Grenzen des Wachstums" lagen insofern im Schnittpunkt mehrerer wichtiger Entwicklungen, und die gut vernetzten Mitglieder des Club of Rome beförderten die Verbreitung noch einmal zusätzlich. Die Studie wurde dadurch gleich nach Erscheinen zu einem weltumspannenden Medienereignis und erhielt zum Beispiel 1973 den Friedenspreis des Börsenvereins des deutschen Buchhandels. Die Zustimmung war jedoch keineswegs ungeteilt. Der Spiegel brachte zum Beispiel eine skeptisch grundierte Besprechung, und so mancher wachstumsverliebte Ökonom reagierte mit wütender Kritik. Der heftige Widerstreit der Meinungen ließ allerdings auch erkennen, dass die Ansichten des Club of Rome niemanden kalt ließen.

7. Ölkrise

Die Ölkrise 1973/74 veränderte die Sicht auf die "Grenzen des Wachstums". Der folgenträchtige Anstieg des Ölpreises und die Knappheitsängste – in Deutschland symbolisiert durch die autofreien Sonntage – wirkten wie eine nachträgliche Ratifizierung der düsteren Szenarien. Seither galten die "Grenzen des Wachstums" als Warnung vor dem Erschöpfen der Erdölvorräte, obwohl die Studie in dieser Hinsicht keinerlei besonderes Wissen reklamierte. Bei den Zahlenangaben über die verblieben Ölreserven orientierten sich die Forscher an den zeitgenössischen Schätzungen der Ölkonzerne. Auch sonst machte die Studie aus der Unschärfe der Prognose keinen Hehl: Die eigenen Aussagen hätten "im Sinne einer exakten Voraussage [...] keinen Aussagewert."

8. Wachstum wird fragwürdig

Die "Grenzen", um die die Studie kreiste, waren vor allem die Grenzen exponentiellen Wachstums. Selbst niedrige Wachstumsraten ergaben auf Dauer astronomische Zahlen, treffend illustriert durch den Teich, auf dem sich die von Seerosen bedeckte Fläche jeden Tag verdoppelt: Noch an dem Tag, bevor die Seerosen den See vollständig überwuchern und alles Leben ersticken, war nur die Hälfte der Fläche bedeckt und scheinbar alles in Ordnung. Damit gab der Club of Rome das Startsignal für eine Wachstumsdebatte, die seither nicht mehr abgebrochen ist. Besonders symbolträchtig wurde diese Tradition erkennbar, als die vom Deutschen Bundestag einberufene Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" im Oktober 2011 Dennis Meadows nach Berlin einlud.

9. Die Wette

Die Kontroverse um die "Grenzen des Wachstums" führte 1980 zu einer vielbeachteten Wette zwischen dem Wirtschaftswissenschaftler Julian Simon und dem Biologen Paul Ehrlich. Es ging um den Preis von fünf Metallen: Chrom, Kupfer, Nickel, Zinn und Wolfram. Würde deren Preis in den folgenden zehn Jahren steigen, wie Ehrlich mit Blick auf die prognostizierte Verknappung vermutete? Oder würde der menschliche Erfindergeist schon Wege aus der Krise finden, wie Simon postulierte? Die Wette hatte einen klaren Gewinner, denn 1990 lag der Preis für alle fünf Rohstoffe niedriger als zehn Jahre zuvor. Aber was bedeutete das? Waren die Erschöpfungsszenarien damit tatsächlich widerlegt, oder handelte es sich lediglich um eine Laune der Marktentwicklungen? Rohstoffpreise waren schließlich Spielball vielfältiger Entwicklungen: Sie spiegelten Entdeckungen neuer Vorräte, Veränderungen der Nachfrage, Effizienzsteigerungen und vieles mehr. Der scheinbar so eindeutige Ausgang der Wette führte somit nicht zur Beilegung der Kontroverse, sondern eröffnete vielmehr die nächste Runde.

10. Fanal des Katastrophismus

Die Wette zwischen Ehrlich und Simon fand vor allem wegen ihrer eminenten Symbolhaftigkeit Beachtung. Hier prallte der ökologische Vordenker Ehrlich, mit dem sich seit seinem Buch "Die Bevölkerungsbombe" alarmistische Horrorszenarien verbanden, auf den fortschrittsgläubigen Simon, später Fellow des libertären Cato Instituts. So ging es letztlich um einen Streit zwischen Fortschrittsoptimismus und -pessimismus, der die ökologische Debatte seit den siebziger Jahren prägte. Stärker als andere soziale Bewegungen identifizierte sich die Umweltbewegung mit Alarmrufen und Horrorszenarien.

11. Das Problem billiger Rohstoffe

Die "Grenzen des Wachstums" hatten für Knappheits- und Preisprobleme sensibilisiert. Aber auch billige Rohstoffe hatten ihre Tücken, und das nicht nur für die Menschen in den Förderländern, die sich häufig mit enormen Folgeproblemen konfrontiert sehen. Bei billigen Rohstoffen schwand der Anreiz, Ressourcen effizient zu nutzen. Besonders prägnant war dies beim Erdöl: Seit dem Verfall des Ölpreises Mitte der achtziger Jahre hatten es benzinsparende Modelle auf dem Markt schwerer. Das Ergebnis war eine neue Generation großer Automobile mit hohem Spritverbrauch – und eine Debatte über Ökosteuern, um Rohstoffe künstlich zu verteuern.

12. Die Persistenz des Club of Rome

Der Club of Rome veröffentlichte 1974 seinen zweiten Bericht unter dem Titel "Menschheit am Wendepunkt". Seither ist die Problematik des Wirtschaftswachstums bei endlichen Ressourcen ein Leitthema des Club of Rome. so etwa 1995 mit der Studie "Faktor Vier", die Wege zu doppeltem Wohlstand bei halbiertem Ressourcenverbrauch diskutierte. 1992 und 2004 veröffentlichten Dennis und Donella Meadows zusammen mit Jørgen Randers "Updates" zu den "Grenzen des Wachstums". Keiner dieser Berichte entfaltete freilich das Echo des Originals – was noch einmal unterstrich, dass dessen fulminante Wirkung weniger in den wissenschaftlichen Erkenntnissen als in einem perfekten Timing lag.

13. Stolze Geldgeber

Hinter Dennis und Donella Meadows sowie dem Club of Rome verschwand zumeist ein dritter Akteur, ohne den die Studie vielleicht nie entstanden wäre. Die Finanzierung des Projekts übernahm nämlich die Stiftung Volkswagenwerk, die insgesamt knapp eine Millionen DM in das Projekt investierte. Die Bewilligung war durchaus ein Wagnis, denn in den eingeholten Gutachten fehlte es nicht an skeptischen Bemerkungen. Als die Studie weltweit Furore machte, war man entsprechend stolz, und das über den Tag hinaus. Zum 40-jährigen Jubiläum der "Grenzen des Wachstums" plant die VolkswagenStiftung eigene Veranstaltungen.“

http://www.umweltunderinnerung.de/index.php/kapitelseiten/entgrenzungen/102-grenzen-des-wachstums/55-grenzen-des-wachstums

Frank Uekötter aus dem Jahr 2012: „40 Jahre nach dem Bericht "Die Grenzen des Wachstums" – was haben wir für den Umgang mit Prognosen gelernt?

Die Zeichen stehen auf Krise. Nach Jahren des Booms stagniert die Wirtschaft. Die Rohstoffpreise steigen in schwindelerregende Höhen. Die Eckpfeiler der Finanzwirtschaft geraten ins Wanken. Umweltaktivisten propagieren düstere Untergangsszenarien. Politiker üben sich in hektischem Krisenmanagement.

Was klingt wie eine Beschreibung der Gegenwart, galt ebenso für die frühen siebziger Jahre. Die Situation vor vier Jahrzehnten ähnelte der unseren auf frappierende Weise. Das macht es reizvoll, sich erneut mit jener Studie zu beschäftigen, mit der der Club of Rome die damalige Stimmung auf den Punkt brachte: Die Grenzen des Wachstums wurde gleichsam zur Chiffre einer Zeitenwende. Die Studie beruhte auf einer Computersimulation und warnte vor sich erschöpfenden Vorräten und explodierenden Preisen für Rohstoffe und Energie.

Die Studie war das erste handfeste Produkt des Club of Rome, der 1968 als elitäres Diskussionsforum gegründet worden war. Die über die ganze Welt verteilten Mitglieder – handverlesen, vorzugsweise männlich und sämtlich in einflussreichen Positionen – sicherten der Studie globale Beachtung. Und doch löste sie zunächst vor allem Ratlosigkeit aus. Leser und Rezensenten waren unsicher, was sie von der überraschenden »Weltuntergangs-Vision aus dem Computer« (Der Spiegel) halten sollten …

Dabei war die Studie eine Billiglösung gewesen, ihr Autor ein Experte zweiter Wahl. Ursprünglich hatte der Club of Rome den türkischen Ökonomen und Zukunftsforscher Hasan Ozbekhan mit der Durchführung des Projekts beauftragen wollen. Dessen aufwendiges Konzept stieß im Exekutivkomitee des Clubs jedoch auf Zweifel, auch die Stiftung Volkswagenwerk in Hannover als angefragte Geldgeberin zeigte sich zunächst reserviert. Um Geld zu sparen und möglichst schnell Resultate vorweisen zu können, beschloss man, den Auftrag an das Team von Dennis Meadows vom Massachusetts Institute of Technology zu vergeben. Das MIT war damals schließlich eine der ersten Adressen auf dem Gebiet der Modellierung. MIT-Computerpionier Jay W. Forrester, der »Vater der Systemdynamik«, hatte den jungen Dennis Meadows als Projektleiter vorgeschlagen. Meadows versprach, nur wenige Monate für die Untersuchung zu brauchen. Das Kuratorium der Stiftung war skeptisch und fasziniert zugleich. Die neuartige Methode der computergestützten Simulation schien vielversprechend, der Bewerber aber noch unerfahren. So bewilligte die Stiftung zunächst nur 200.000 Mark für eine Voruntersuchung. Erst als diese vorlag, gab das Kuratorium »einmalig und letztmalig« 775.000 Mark für die eigentliche Studie frei. Nach fünfzehn Monaten Arbeit lag das Ergebnis vor.

Der Preis für die Eile wie für die computertaugliche Aufbereitung der Daten in den Frühzeiten der kybernetischen Modellierung waren drastische Vereinfachungen. Das Weltmodell der Meadows-Studie verhielt sich zur Realität etwa so wie eine Modelleisenbahnanlage zum Betrieb der Deutschen Bahn. Freimütig erklärten die Autoren, ihre Prognosen besäßen »im Sinne einer exakten Voraussage [...] keinen Aussagewert«. Schon gar nicht ging es um eine Vorhersage der Preisentwicklung, denn die hängt bei Rohstoffen von einem kaum zu durchdringenden Gewirr von Faktoren ab. Aber just der gewaltige Anstieg der Ressourcenpreise galt seit der Ölkrise als Beweis für die Richtigkeit der Prognose.

Die Studie war nur eines von mehreren Büchern, die seinerzeit mit beängstigenden Zukunftsentwürfen aufwarteten. Paul Ehrlichs Die Bevölkerungsbombe und Gordon Taylors Das Selbstmordprogramm erschienen beide 1971. Die düsteren Vorhersagen prägten lange die Debatten über Umwelt- und Ressourcenfragen, und so definierte sich die entstehende ökologische Bewegung weit mehr als andere Protestbewegungen über die Apokalypse. Zeitweise wurde sie so sehr zur existenziellen Begründung der ökologischen Bewegung, dass selbst drastische Szenarien einer Art prognostischer Potenzierung bedurften. Auf dem Höhepunkt der Waldsterben-Debatte erklärte die grüne Bundestagsfraktion: »Das Waldsterben stellt ein Warnzeichen für eine sich anbahnende, noch größere ökologische Katastrophe dar.« Als sich im Juli 1976 ein großes Chemieunglück in der italienischen Gemeinde Seveso ereignete, passte das ins Bild des Untergangs. Seveso ist überall überschrieben Egmont R. Koch und Fritz Vahrenholt ihr 1978 erschienenes Buch über die »tödlichen Risiken der Chemie«.

Solche düsteren Utopien wurden unvermeidlich zum Legitimitätsproblem, als der Weltuntergang auf sich warten ließ. Bei den Grenzen des Wachstums war es vor allem der Verfall des Ölpreises Mitte der achtziger Jahre, der hämische Reaktionen provozierte: Statt der Verknappung wurden nun der niedrige Preis und die dadurch begünstigte Verschwendung von Energie das Kardinalproblem. Auch der deutsche Wald weigerte sich, wie prognostiziert großflächig abzusterben. Und Seveso war vielleicht doch nicht überall.

So ergab sich eine merkwürdige Parallelität der Entwicklungen. Einerseits wurden spätere Zukunftsprognosen auch dank der Fortschritte in der Computertechnik immer zuverlässiger. Selbst ein so komplexer Gegenstand wie das Weltklima ist inzwischen Objekt ausgeklügelter Modellierungen. Zugleich war jedoch jegliche Prognose im öffentlichen Diskurs mit einem nagenden Zweifel versehen, schließlich zeigte die Erfahrung mit den »Grenzen des Wachstums«, dass es ganz so schlimm vermutlich nicht kommen würde. Die regelmäßigen Updates der Meadows-Studie spiegeln treffend dieses Dilemma der ökologischen Dystopie.

Interessanterweise erodierte das Vertrauen in die Prognosen weitaus rascher als das Vertrauen in die daraus abgeleiteten Legitimationen. Die Autorität wie der Einfluss der Warner hielten länger als ihre Szenarien. Bis heute wenden sich die Berichte des Club of Rome mit Vorliebe an die Menschheit als Ganzes. Tatsächlich fühlten sich jedoch vor allem die Regierungen und Verwaltungen angesprochen: Wer sonst sollte für die langfristige Entwicklung moderner Gesellschaften verantwortlich sein, wenn nicht der gute alte Leviathan? Der war in den siebziger Jahren immer deutlicher an seine Grenzen geraten und gierte deshalb nach neuen Möglichkeiten der Profilierung. Der Umweltbereich war eines der letzten politischen Felder, in dem sich noch eine massive Expansion von Stellenplänen und Budgets durchsetzen ließ. Es gehört zu den stillen Geheimnissen der modernen Umweltpolitik, dass sie im Grunde genommen perfekt zu einem Nationalstaat in der Krise passte.

Die Grenzen des Wachstums wurde damit zu einer willkommenen Legitimation staatlicher Großplanung. Deutlich atmete die Meadows-Studie den Geist einer Planungseuphorie, die zwar in den siebziger Jahren bereits gehörig unter die Räder geraten war, aber bei ökologischen Fragen eine bemerkenswerte Überlebensfähigkeit bewies. Die Pläne für die Energiewende sind nur der jüngste Beleg: Bundes- und Landesregierungen präsentieren ihre Entwürfe für die Energieversorgung in 30 oder 40 Jahren, ohne dass der damit verbundene Steuerungsanspruch kontrovers diskutiert würde. Die ökologische Frage, in den Siebzigern und Achtzigern noch ein zivilgesellschaftliches Anliegen par excellence, geriet zur Steilvorlage für die Selbstermächtigung staatlicher Funktionseliten.

Die Unsicherheit, die die Gesellschaften des Westens 2012 in Bann geschlagen hat, könnte deshalb eine gute Gelegenheit sein, nun den zweiten Teil der Prognose zu thematisieren. Dank kluger Computermodelle können wir den ökologischen Preis unseres westlichen Wohlstandsmodells genauer denn je bestimmen.

Aber was folgt daraus für das politische System moderner Gesellschaften? Wer sollte sich in welcher Weise angesprochen fühlen? Und wie verhält sich all dies zu den Interessen der jeweiligen Akteure? Beim emphatischen Appell an die Menschheit gerät allzu leicht aus dem Blick, dass bestimmte Gruppen solche Szenarien immer unter einem spezifischen Blickwinkel sehen – und sehen dürfen. Interessen sind schließlich nicht illegitim. Aber sie haben Folgen.

Die Anmaßung, Energiepläne auf Jahrzehnte hinaus zu schmieden, ist umso merkwürdiger, als die Bundesrepublik ein weithin sichtbares Monument für die Risiken langfristiger Verbrauchsprognosen besitzt. Gemeint sind die Atomkraftwerke, die seit den späten sechziger Jahren in Erwartung eines drastischen Anstiegs des Strombedarfs gefördert wurden. Die tatsächlich gebauten Kraftwerke waren schließlich nur ein Bruchteil der ursprünglichen Ausbauplanung. Nur aufgrund des hartnäckigen Protests der Bevölkerung wurden viele Pläne nicht realisiert. Hellsichtigen Energiemanagern dämmerte deshalb in den achtziger Jahren, dass nur der Atomprotest die Stromkonzerne vor einer gigantischen Fehlinvestition bewahrt hatte. Es wäre ein durchaus angemessenes Ende der bundesdeutschen Atomgeschichte, wenn die Konzerne den Demonstranten in Dankbarkeit ein Denkmal widmen würden: als Memento für die fatale Verführungskraft langfristiger Prognosen.

Wer 40 Jahre nach der ersten Grenzen-Studie über die Zukunft der Menschheit diskutiert, ist deshalb gut beraten, dabei auch den diskreten Charme der Fragestellung mit zu reflektieren, den diese auf Gesellschaft und Politik ausübt. Denn in Zeiten der akuten Krise hat der Blick in die ferne Zukunft etwas seltsam Beruhigendes. Geradezu mustergültig war dies 2009 bei der Klimakonferenz von Kopenhagen zu beobachten, als die Weltöffentlichkeit voller Dankbarkeit registrierte, dass sie ein paar Wochen lang nicht mehr über die globale Finanzkrise diskutieren musste. Für Politiker, getrieben vom schnellen Takt des 21. Jahrhunderts, ist die Sache ohnehin ganz einfach. Wenn sich in ein paar Jahrzehnten herausstellen sollte, dass die Energiewende nicht wie geplant vollzogen werden konnte, sind sie garantiert nicht mehr im Amt.

Ein wenig vermag man bei der Studie des Club of Rome noch ein fernes Echo der Honoratiorenpolitik zu vernehmen: besorgte Männer, die sich in trauter Runde versammeln und die Herausforderungen der Gegenwart diskutieren. Inzwischen sind die Zeiten vorbei, in denen eine Studie den Weg der Menschheit ex cathedra vorzeichnen konnte. Glaubwürdige Zukunftsentwürfe entstammen heute dem Dialog über soziale, nationale und disziplinäre Grenzen hinweg, und sie sind auch nicht mehr festgefügte Pfade, die sich auf Jahrzehnte im Voraus durchrechnen lassen.

In unsicheren Zeiten stellt sich die Frage nach der Zukunft neu. Als der Club of Rome 1972 seine Studie veröffentlichte, schien die Welt nach einem Vierteljahrhundert des wirtschaftlichen Booms unerbittlich auf Wachstumskurs zu sein – die Frage war, wohin das führte. Inzwischen ist der zukünftige Weg westlicher Volkswirtschaften ungewisser denn je. Dafür haben sie wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Zukunftsszenarien gemacht, sodass uns die Risiken und Nebenwirkungen von Prognosen heute gut vertraut sind. Die Frage ist, ob wir diese Erfahrungen nutzen.

Die wohl wichtigste Lektion sind die langfristigen Folgen kurzfristiger Entscheidungen. Deshalb könnte es sich lohnen, in der aktuellen Diskussion um die Energiewende verstärkt nach Weichenstellungen zu fragen, aus denen auf lange Sicht folgenreiche Pfadabhängigkeiten entstehen könnten. Wie können wir unsere Gesellschaft so robust machen, dass sie unerwartete Krisen meistern kann? Und lässt sich um diese Frage eine Interessenkoalition bilden, die dem Streben nach Widerstandsfähigkeit gegen das Unvorhersehbare, nach Resilienz, die nötige Durchschlagskraft verleiht? Denn auch wenn niemand wissen kann, wie unser Energiesystem im Jahre 2050 aussehen wird: Wir können ziemlich sicher sein, dass wir auf dem Weg dorthin noch einige Überraschungen erleben werden.“

http://www.zeit.de/2012/48/Die-Grenzen-des-Wachstums-Wirtschaft-Prognosen

 

Ein Prozent ist genug

 

„13 Ideen, die die Probleme der Menschheit lösen sollen

Die berühmten Ökonomen des „Club of Rome“ wollen Arbeitslosigkeit, Ungleichheit und Klimawandel durch neue Rezepte bekämpfen, die radikal wirken. Dem gemeinen Volk dürften viele der Ideen gefallen.

Er machte einst Geschichte. Denn in den Siebzigerjahren leitete er mit der Vorstellung einer spektakulären Studie ein globales Umdenken ein. Und das Gleiche will der Club of Rome nun, mehr als vier Jahrzehnte danach, wieder erreichen. Dazu stellte der weltweite Zusammenschluss von Wissenschaftlern jetzt in Berlin wiederum eine Studie vor – und die hat es in sich.

„Die Grenzen des Wachstums“ hieß jene Veröffentlichung, die 1972 für Furore sorgte. Darin legte der Club of Rome dar, warum die Welt ihrem Untergang entgegengeht, wenn sie weiter wirtschaftet wie bis dato und den Planeten grenzenlos ausbeutet. Die Studie markierte das Ende des kritiklosen Wachstumsglaubens und den Beginn der ökologischen Bewegung.

Diesmal lautet der Titel „Ein Prozent ist genug“, Autoren sind Jorgen Randers, der schon 1972 dabei war, und Graeme Maxton, Generalsekretär des Club of Rome. Erneut geht es um Wachstumskritik, doch im Zentrum steht diesmal nicht die Ausbeutung der Ressourcen. Vielmehr nehmen sich die Forscher nun vor allem der Probleme der Arbeitslosigkeit und der Ungleichheit in den westlichen Industriestaaten an. Und sie warten diesmal mit 13 ganz konkreten Lösungsvorschlägen auf.

Ausgangspunkt ihrer Sicht auf die Welt ist die Feststellung, dass die Ökonomien der westlichen Industriestaaten in den vergangenen Jahrzehnten zwar rasant weiter gewachsen seien, profitiert hätten davon jedoch vor allem die Reichen. „Die Ungleichheit ist in den vergangenen 30 Jahren stetig gewachsen, wie das Piketty gezeigt hat“, sagt Maxton unter Hinweis auf das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty. Seit der Veröffentlichung vor zwei Jahren wird es heiß diskutiert und ist gleichzeitig stark umstritten.

Doch Maxton teilt die Analyse. „Selten war das Wachstum so stark wie in den vergangenen Jahren, doch gleichzeitig sind Ungleichheit und Arbeitslosigkeit immer weiter gewachsen.“ Genau das dürfe es jedoch der herrschenden Lehrmeinung in den Wirtschaftswissenschaften zufolge gar nicht geben. „Die meisten Ökonomen sagen, dass Wachstum diese Probleme lösen wird.“ Doch das sei nicht der Fall.

Er klagt, dass die westlichen Gesellschaften in den vergangenen 30 Jahren einer Gehirnwäsche unterzogen worden seien, in der das neoliberale Wirtschaftsmodell als allein selig machender Weg gepriesen wurde, der für Wachstum sorge und die Menschen aus der Armut hole. „Das ist Quatsch“, sagt er. Stattdessen bedürfe es neuer Ideen.

Und genau diese präsentierte sein Ko-Autor Jorgen Randers dann auf mehreren Folien. Bis auf einen Lösungsvorschlag ist allen 13 präsentierten Ideen gemein, dass sie in der Tat sämtlichen Ideen entgegenstehen, die herrschende Lehrmeinung in der Wirtschaftswissenschaft sind.

Es fängt an bei der Forderung, die Jahresarbeitszeit für alle zu verringern (Vorschlag Nr. 1), konkret durch zwei zusätzliche Urlaubstage, die per Gesetz verordnet werden sollten – natürlich bei Beibehaltung des vollen Lohns. Das Arbeitslosengeld solle zudem erhöht (2) und ein Grundeinkommen eingeführt (3) werden. Generell solle der Begriff der Arbeit umdefiniert werden, so dass konkret alle mit der Fürsorge für Andere verbundene Arbeit, unabhängig davon, wo sie stattfindet, angemessen bezahlt wird (4).

Finanziert werden soll dies durch die Erhöhung diverser Steuern – konkret der Erbschaftssteuern (5) sowie der Steuern für Unternehmen und Reiche (6). Stärker besteuert werden sollen auch Emissionen und Rohstoffverbrauch, zugunsten einer geringeren Besteuerung von Einkommen (7). Fossile Brennstoffe sollten zusätzlich besteuert und die Erlöse sollen fair auf alle Bürger verteilt werden (8).

Doch all die höheren Steuern dürften kaum reichen, um ein gigantisches Konjunkturpaket zu finanzieren, das einen ökologischen Umbau der Wirtschaft ermöglichen soll. Daher solle dies durch das Drucken von Geld finanziert werden (9) – so, wie es die Notenbanken derzeit schon vormachen, mit dem Unterschied, dass sie das Geld derzeit für den Aufkauf von Anleihen am Finanzmarkt einsetzen, was vor allem Kapitalbesitzern zugute kommt.

Darüber hinaus wollen die Autoren Gewerkschaften stärker gefördert sehen (10), da diese zu einer gerechteren Verteilung des Volkseinkommens beitragen könnten, und sie wollen den Außenhandel einschränken, wo dies notwendig sei um Arbeitsplätze zu schützen (11). „Wir sind uns bewusst, dass dies das Wirtschaftswachstum verlangsamen wird“, so Randers, „doch das geht zulasten einer kleinen Elite, die Mehrheit der Bevölkerung wird davon profitieren.“

Überhaupt sei weniger Wachstum letztlich besser, sofern es gerechter verteilt werde, denn gleichzeitig leiste dies einen wichtigen Beitrag gegen den Klimawandel – daher auch der deutsche Buchtitel „Ein Prozent ist genug. Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen“. Auf Englisch heißt die Studie „Reinventing prosperity“, die Neuerfindung des Wohlstands.

Für die größte Verwunderung sorgte bei der Präsentation der Vorschlag, kleinere Familien zu fördern (12), also konkret Frauen zu unterstützen, wenn sie sich gegen Kinder entscheiden. Randers begründet das mit der Behauptung, dass die aktuelle demografische Entwicklung entgegen der Lehrmeinung nicht schlecht sei, sondern sogar noch verstärkt werden müsse. Seine Argumentation: Die Zahl der Menschen, die vom Einkommen anderer abhängig ist, habe sich in den vergangenen Jahren überhaupt nicht verändert. Darauf kommt er, indem er die Zahl der Rentner und die Zahl der nicht-erwerbsfähigen Kinder und Jugendlichen zusammenzählt. Daher sei es bei einer steigenden Zahl von Rentnern gut, wenn parallel dazu die Zahl der Kinder sinke.

Schwierig werde die demografische Entwicklung deshalb – das räumen die Autoren immerhin ein –, weil die Kosten für Kinder weitgehend von den Eltern übernommen werden, während Renten- und Gesundheitsausgaben für die Älteren vom Staat getragen werden. Daher schlagen sie zuletzt dann doch auch noch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters vor (13) – die einzige Maßnahme, die auch unter den neoliberalen Volkswirten, gegen die sich der Club of Rome so vehement wendet, Unterstützung finden dürfte.

Aufgrund deren Dominanz in der öffentlichen Diskussion machen sich Randers und Maxton keine Illusionen, dass ihre Ideen schnell umgesetzt werden. Und dennoch: „Wir haben die Vorschläge bewusst so ausgewählt, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung davon sofort und unmittelbar profitieren würde“, sagt Randers. Darauf bauen sie ihre Hoffnung auf eine breite Unterstützung in der Gesellschaft. Denn „die Verärgerung über die Raubzüge und Kungeleien der Mächtigen“ sei allgegenwärtig. Dies nutzten bisher leider vor allem „absurde Demagogen“ aus. Auch diesen wollen sie mit ihrem Programm etwas entgegensetzen.

https://www.welt.de/wirtschaft/article158117816/13-Ideen-die-die-Probleme-der-Menschheit-loesen-sollen.html

 

Nicht-Geburten-Prämie

 

„Jede Frau, die nur ein Kind aufziehe, solle im Alter von 50 Jahren für ihren Verzicht einen Bonus von 80.000 Dollar in die Hand gedrückt kriegen.“

Dieser Vorschlag kann nur als Provokation gemeint sein. Ernst damit kann es den Autoren schon deshalb nicht sein, weil ein Konzept dazu fehlt: der Staat kann nicht auf der einen Seite unter anderem mit steuerlichen Vorteilen und Subventionen Gelder für Kinder ausgeben und auf der anderen Seite Prämien für den Verzicht von Kindern locker machen.

Aber auf genau diesen Vorschlag haben sich die Medien gestürzt und sich bitterlich darüber beschwert. Die Nicht-Geburten-Prämie ist natürlich Unfug – aber sehr gut dazu geeignet, über die Überbevölkerung der Menschheit und deren Ressourcen-Verbrauch nachzudenken.

Der Wurm hatte dies schon vorher getan. Unter anderem an folgenden Stellen:

„Das Militär hat geputscht, der Präsident steht unter Hausarrest. Etliche Tote und bürgerkriegsähnliche Zustände. Wie auch immer es in Ägypten weiter gehen mag: Es wird nicht gut ausgehen. Wir Regenwürmer haben das seit Jahrzehnten vorausgesehen, denn das eigentliche Problem Ägyptens (und vieler anderer Länder) ist die Bevölkerungsexplosion. In den letzten 50 Jahren hat sich die Bevölkerung Ägyptens verdreifacht. Das heisst für den Staat: Es werden 3x so viele Lebensmittel, 3x so viel Wasser, 3x so viele Arbeitsplätze, 3x so viel Wohnraum, 3x so viele Rohstoffe gebraucht und 3x so viel wird die Umwelt belastet. Theoretisch. Praktisch sind in den letzten 50 Jahren auch die Ansprüche gestiegen: Es werden bessere Lebensmittel und Arbeitsplätze sowie mehr Wohnfläche für den Einzelnen gewünscht, es gibt mehr Verkehr und mehr Möglichkeiten, die Umwelt zu verdrecken.

Welches auch immer die Wünsche und Bedürfnisse sein werden: Es werden nicht genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Wer keine Arbeit hat, hat kein Geld. Und wer Arbeit hat, hat wenig Geld und schlechte Arbeitsbedingungen: Wenn genügend Reserven da sind, haben Arbeitgeber (und Vermieter) keinen Anlass, ihre Arbeiter bzw. Mieter gut zu behandeln. Wenn im Umkehrschluss mehr Arbeitsplätze als Arbeiter bzw. mehr Wohnungen als Mieter da sind, wird mensch sich aber wundern, wie freundlich er auf einmal von Arbeitgeber und Vermieter behandelt wird.

Keine Arbeit, kein Geld. Oftmals heisst das auch keine Ehe. Und es gibt eine Gruppe von Menschen, bei denen sich das nicht gut auswirkt: junge Männer. Sagen wir mal, im Alter zwischen 16 und 25 Jahren. Diese unzufriedenen, hoffnungslosen Männer, die wenig bis nichts zu verlieren haben, neigen dazu, sich zu radikalisieren und auf die eine oder andere Art und Weise Rabbatz zu machen. Mit den neuen technischen Möglichkeiten, in denen mensch sieht, wie es in reicheren Ländern so zugeht, werden zusätzliche Begehrlichkeiten geweckt und die Verärgerung wird zunehmen.

Bei zwischenzeitlich sieben Milliarden Menschen werden staatlicherseits immer mehr Konflikte um Land, Wasser und Energie kommen. Und Staaten werden sich immer unangreifbarer machen wollen, vor allem dann, wenn sie sehen, was mit solchen Ländern passiert, die keine Massenvernichtungswaffen zur Abschreckung haben. Auf nicht-staatlicher Ebene wird es eine größere Fanatisierung von Menschen geben, die vor Terrorakten in den reichen Ländern nicht zurückschrecken.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/24-arabischer-winter.html

Bassam Tibi: „Das Hauptproblem in der Welt des Islam ist doch dieses: Ein geringes Wirtschaftswachstum und ein riesiges Bevölkerungswachstum. Beispiel Ägypten: Ich war in diesem Jahr nach 10 Jahren Unterbrechung dort. In der Zwischenzeit hat die Bevölkerung von rund 80 auf 96 Millionen Menschen zugenommen. Aber die wirtschaftliche Entwicklung war im gleichen Zeitraum gering. Diese Diskrepanz ist auch das Hauptmotiv nach Europa zu kommen. Und die große Schere zwischen demographischer und wirtschaftlicher Entwicklung zerstört die Legitimation des Staates.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/235-die-wiedergeburt-des-bassam-tibi.html

„Zuerst Rupert Neudeck aus seinem Afrika-Buch:

„1990 hatten wir 5,3 Milliarden Menschen auf der Erde, 2025 werden es geschätzt wohl an die 8,5 Milliarden sein. 95 Prozent der Zunahme gehen auf das Konto der Dritten Welt.“

„Aber die Schätzungen sprechen nicht mehr von Hunderttausenden, sondern von Millionen. 18 Millionen junger Menschen sollen in ganz Afrika unterwegs sein, um nach Norden oder Süden zu kommen.“

„Das mag ein übertriebenes Szenario sein, aber die Realität des demographisch weiter wachsenden Afrikas wird uns überrennen. Aus der Migration ist längst eine Völkerwanderung geworden. Das Problem der Migration wird quälender werden als al-Qaida.“

Das stimmt alles, was er da schreibt. Dann kommt’s aber:

„Wir könnten in den nächsten Jahrzehnten einiges von den Afrikanern lernen, Freundschaft, Zusammenhalt, Trauer- und Schmerzverarbeitung, mehr Kinder zu bekommen“ …

Rupert Neudeck schreibt in seinem Syrien-Buch, dass die dortige Jugend keine Perspektive hätte. Ja, wie soll sie denn auch? In keinem Land mit hoher Geburtenrate hat die Jugend eine Perspektive. Wenn die 18 Millionen, von denen er schreibt, dass sie in Afrika „unterwegs“ seien, gar nicht erst geboren wären, müssten sie auch nicht aus ihrer Perspektivlosigkeit aufbrechen.

Einige Male beschwert er sich (wenn dies auch nicht zu seinen Hauptthemen gehört), dass in Deutschland zu wenige Kinder geboren würden und dies schlecht für den Generationen-Vertrag sei.

Auch hierzu hatte sich der Wurm bereits geäußert – es gibt keinen Generationen-Vertrag: das Geld für die heutigen Rentner wird nicht von deren Kindern bezahlt, sondern von denjenigen, die einer sozialversicherungs-pflichtigen Arbeit nachgehen. Vollkommen egal, in welchem Land diese geboren wurden:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/170-dem-kanzler-ein-kind-schenken.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/230-menschen-fischer.html

 

Der Club of Rome heute

 

Seit 2008 ist der Hauptsitz des Club of Rome Winterthur:

„Der Club of Rome verlegt seinen Hauptsitz von Hamburg nach Winterthur, um dort ein weltweit tätiges Zentrum für Zukunftsfragen aufzubauen. Stadtpräsident Ernst Wohlwend bezeichnete die Übereinkunft am Montag vor den Medien als großen Coup. Die Ansiedlung des Club of Rome verdeutliche, dass Winterthur die lähmende Phase der De-Industrialisierung überwunden habe.

Ursprünglich hatte der Club of Rome eine Verlegung des Hauptsitzes nach Zürich geplant. Am 24. Februar lehnten es die Stimmberechtigten aber ab, die Organisation während der ersten fünf Jahre mit insgesamt 1,8 Millionen Franken aus der Stadtkasse zu unterstützen. Wie der Winterthurer Immobilienunternehmer Robert Heuberger gestern sagte, habe er diesen Entscheid nicht verstehen können und gemeinsam mit seiner Frau beschlossen, die gleiche Summe aus privaten Mitteln für eine Ansiedlung in Winterthur zur Verfügung zu stellen …

Dank der ausgezeichneten Verkehrs-Infrastruktur könne der Club of Rome nun seine geplanten Aktivitäten mit weltweit tätigen Schweizer Unternehmen wie der ETH, der Universität Zürich, der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften sowie weiteren Schweizer Organisationen und Bildungseinrichtungen wie geplant aufnehmen. Die Einbettung in die Greater Zurich Area mit ihrem intellektuellen Potenzial sei ein entscheidender Faktor für die global ausgerichtete Arbeit der Organisation. Laut Generalsekretär Martin Lees wird der Club of Rome in Winterthur ein globales Zentrum für Zukunftsthemen aufbauen, das sich beispielsweise Fragen des Klimaschutzes, der Energie und der natürlichen Ressourcen annehmen wird und den Einfluss der Globalisierung auf die Beschäftigung und den Lebensstandard erforscht.

Der Club of Rome bezieht eine Etage des Bürohauses «Apollo» an der Lagerstrasse 9, wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Einziehen kann er sofort, die von Heubergers Siska Holding bereitgestellten Räumlichkeiten sind bezugsbereit, und rund 5 Personen werden darin in den nächsten Tagen ihre Arbeit aufnehmen. Längerfristig werden in Winterthur etwa 20 Personen beschäftigt sein. Am Domizil sind Seminare, Workshops und kleinere Konferenzen vorgesehen, größere Veranstaltungen sind in anderen Winterthurer und Zürcher Lokalitäten geplant. Daneben wird der Club of Rome weiterhin auch weltweit mit Konferenzen präsent sein.“

http://www.nzz.ch/der-club-of-rome-verlegt-seinen-hauptsitz-nach-winterthur-1.716003

Der Club of Rome ist ein elitärer Zirkel von ernannten Mitgliedern, der über Probleme der Menschheit nachdenkt, diskutiert und publiziert. Dagegen ist auch nichts einzuwenden.

Interessant ist, in wessen Auftrag er das tut. Wer nur ein wenig sucht, wird auf „Verschwörungs-Theorien“ finsterer Mächte im Hintergrund stoßen, die im ersten Moment nach Unfug aussehen und es wahrscheinlich auch sind.

Nichtsdestotrotz: Der Club of Rome handelt im Auftrag und wird finanziert von vor allem der Großindustrie.

In diesem Zusammenhang sollte mensch sich noch mal folgende Sätze gönnen:

„Ausgangspunkt ihrer Sicht auf die Welt ist die Feststellung, dass die Ökonomien der westlichen Industriestaaten in den vergangenen Jahrzehnten zwar rasant weiter gewachsen seien, profitiert hätten davon jedoch vor allem die Reichen. „Die Ungleichheit ist in den vergangenen 30 Jahren stetig gewachsen, wie das Piketty gezeigt hat“, sagt Maxton unter Hinweis auf das Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ des französischen Ökonomen Thomas Piketty. Seit der Veröffentlichung vor zwei Jahren wird es heiß diskutiert und ist gleichzeitig stark umstritten.

Doch Maxton teilt die Analyse. „Selten war das Wachstum so stark wie in den vergangenen Jahren, doch gleichzeitig sind Ungleichheit und Arbeitslosigkeit immer weiter gewachsen.“ Genau das dürfe es jedoch der herrschenden Lehrmeinung in den Wirtschaftswissenschaften zufolge gar nicht geben. „Die meisten Ökonomen sagen, dass Wachstum diese Probleme lösen wird.“ Doch das sei nicht der Fall.

Er klagt, dass die westlichen Gesellschaften in den vergangenen 30 Jahren einer Gehirnwäsche unterzogen worden seien, in der das neoliberale Wirtschaftsmodell als allein selig machender Weg gepriesen wurde, der für Wachstum sorge und die Menschen aus der Armut hole. „Das ist Quatsch“, sagt er. Stattdessen bedürfe es neuer Ideen …

„Wir haben die Vorschläge bewusst so ausgewählt, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung davon sofort und unmittelbar profitieren würde“, sagt Randers. Darauf bauen sie ihre Hoffnung auf eine breite Unterstützung in der Gesellschaft. Denn „die Verärgerung über die Raubzüge und Kungeleien der Mächtigen“ sei allgegenwärtig. Dies nutzten bisher leider vor allem „absurde Demagogen“ aus. Auch diesen wollen sie mit ihrem Programm etwas entgegensetzen.“

Anders ausgedrückt: Der weltweite Unmut in der Bevölkerung über das neoliberale Treiben wird zur Kenntnis genommen. Bevor die Lage ernst wird und die Menschen den „absurden Demagogen“ hinterher laufen, versuchen diejenigen, die für die „Raubzüge und Kungeleien der Mächtigen“ überhaupt erst verantwortlich sind, die Lage in den Griff zu kriegen und sich selbst an die Spitze der „Kritik“ zu stellen. Unter anderem mit dem Buch „Ein Prozent ist genug“ des Club of Rome.

 

Zum Weiterlesen

 

Über den Kapitalismus:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/120-reichtum-fuer-alle.html

Über „stärkere Förderung der Gewerkschaften“:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/119-niedere-beweggruende.html

Über das Bedingungslose Grundeinkommen:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/228-bedingungsloses-grundeinkommen.html

Über „fehlendes Geld“:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/117-diebstahl-ungeheuren-ausmasses.html

 

 

Dada

 

 

Berühmt für dadaistische Diskussionen und stimmungsvolle Dadaisten-Kongresse sind die jüdischen Dadaisten.

Einer der Ober-Dadaisten war bis zu seinem Tod vor über 20 Jahren Menachem Mendel Schneerson. Hier hält er beim Dadaisten-Kongress einen Vortrag über die jüdische Frau. Der Vortrag ist auf Jiddisch mit englischen Untertiteln. Mensch achte auf den Dadaisten links hinter ihm:

http://www.chabad.org/therebbe/livingtorah/player_cdo/aid/355453/jewish/The-Jewish-Woman-Part-1.htm

 

„Menachem Mendel Schneerson (* 18. April 1902 in Nikolajew, Ukraine; † 12. Juni 1994 in New York) war von 1950 bis zu seinem Tod „der Rebbe“ der Chabad-Bewegung, einer chassidischen Gruppierung innerhalb des orthodoxen Judentums. Gegen Ende seines Lebens wurde er von vielen Chabad als der Messias angesehen, auch nach seinem Tod und der bisher ausgebliebenen Auferstehung glauben einige jüdische Gruppen weiterhin daran, in ihm sei der Messias erschienen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Menachem_Mendel_Schneerson

 

 

Der Kongress singt: