Irgendein Mensch sollte darum besorgt sein, diesem Schrecken ein Ende zu machen

„Wussten Sie, dass am Wiener Kongress der europäische Sklavenhandel abgeschafft wurde?

Englands Außenpolitik am Wiener Kongress war generell pragmatisch, aber in einem Punkt war sie stur: England verlangte von den anderen europäischen Mächten die Abschaffung des Sklavenhandels. Frankreich, Spanien und Portugal kämpften mit allen Mitteln dagegen, Preußen und Österreich war das Thema "Negerhandel in Afrika" egal.

Schließlich machte Englands Vertreter am Kongress, Lord Castlereagh, das Ende des Sklavenhandels zu einem Hauptverhandlungspunkt, drohte mit einem Handelsboykott für Staaten, die sich widersetzten. So kam am 8. Februar 1815 eine Erklärung zustande, im Sinne der "Prinzipien der Humanität und der universellen Moral". Ein nennenswerter Rückgang des Sklavenhandels gelang allerdings erst ab den 1850er Jahren - die betroffenen Staaten hatten auf einer Übergangsfrist bestanden. Die Zahl der in Afrika zwischen 1801 und 1867 verschifften Sklaven wird auf 3,5 Millionen geschätzt, die Gesamtzahl zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert 11 Millionen.“

http://diepresse.com/home/zeitgeschichte/3868131/Sklaverei-Fidelio-und-der-Wiener-Kongress_Was-Sie-vielleicht-nicht?gal=3868131&index=1&direct=&_vl_backlink=&popup=

 

Auch, wenn sich der Erfolg in Grenzen hielt – erstmals wurde vor 200 Jahren in einem internationalen Vertragswerk aus "Prinzipien der Humanität und der universellen Moral" der Sklavenhandel (jedoch nicht die Sklaverei) verboten.

 

Mensch halte mal inne und frage sich, was er von der Sklavenhaltung vor allem in Amerika weiss, wer daran beteiligt war und seine Vorteile davon hatte, welche Gründe zur offiziellen Abschaffung der Sklaverei führten und was er etwa über Haiti weiss.

Adam Hochschild schildert in seinem Buch „Sprengt die Ketten“, wie es zur Abschaffung der Sklaverei in Großbritannien am 1. August 1838 kam. Ca. 800.000 Menschen wurden offiziell in die Freiheit entlassen. Damals war Großbritannien die unbestrittene Supermacht auf der Welt und die offizielle Abschaffung der Sklavenhaltung musste Auswirkungen auf die damaligen Sklavenhalter-Staaten und die dort lebenden Sklaven haben.

Sofern nicht anders angegeben, stammen die Zitate aus Adam Hochschilds Buch.

 

Christliche Grundlagen

„Der Islam ist die Religion der Sklavenhalter und die Sklaverei ist im Koran ausdrücklich erlaubt! Eigentlich sind der Großteil der Muslime selber Sklaven, in totaler Abhängigkeit von nur wenigen, die über ihr Schicksal bestimmen.“

http://www.kybeline.com/2010/03/22/der-preis-eines-sklaven-heute/

 

Dies ein Zitat einer Islam-Hasserin. Die gute Frau schreibt das aus gutem Willen und hat noch nicht mal ganz Unrecht. Aber: wer seine Geschichte nicht kennt, wird falsche Schlussfolgerungen für die Gegenwart und die Zukunft ziehen. Das Gleiche gilt für den, der seine Religion nicht kennt. Nicht umsonst hatte Franz Buggle seinem Standardwerk den Titel „Denn sie wissen nicht, was sie glauben – Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann“ gegeben.

Da die christlichen Kirchen heutzutage gerne verbreiten, wie sehr humanistisch sie seien, werden ihre Grundlagen und ihre Geschichte gerne verschwiegen. Auch zum Thema Sklaverei. Die meisten gläubigen und tief gläubigen Menschen haben dazu noch überhaupt nichts gehört.

Gerne helfen der Wurm und Jeremias Juchtenkäfer, Leiter der Arbeitsgruppe REA (Religiöses, Esoterisches, Abstruses) da nach – es hat durchaus seine Gründe, warum Christen in der Neuzeit die größten Sklavenhalter waren.

 

Altes Testament

Es gibt Sklaverei, die ist aber noch relativ moderat. So besteht zumindest die Möglichkeit, nach 6 Jahren die Freiheit zu erlangen.

„So du einen hebräischen Knecht kaufst, der soll dir sechs Jahre dienen; im siebenten Jahr soll er frei ausgehen umsonst. Ist er ohne Weib gekommen, so soll er auch ohne Weib ausgehen; ist er aber mit Weib gekommen, so soll sein Weib mit ihm ausgehen. Hat ihm aber sein Herr ein Weib gegeben, und er hat Söhne oder Töchter gezeugt, so soll das Weib und die Kinder seines Herrn sein, er aber soll ohne Weib ausgehen. Spricht aber der Knecht: Ich habe meinen Herren lieb und mein Weib und Kind, ich will nicht frei werden, so bringe ihn sein Herr vor die "Götter" Richter und halte ihn an die Tür oder den Pfosten und bohre ihm mit einem Pfriem durch sein Ohr, und er sei sein Knecht ewig.“  Exodus 21; 2-6

http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/2_mose/21/

 

„Wer seinen Knecht oder seine Magd schlägt mit einem Stabe, daß sie sterben unter seinen Händen, der soll darum gestraft werden. Bleibt er aber einen oder zwei Tage am Leben, so soll er darum nicht gestraft werden; denn es ist sein Geld.“  Exodus 21; 20

http://www.bibel-online.net/buch/luther_1912/2_mose/21/

Siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/135-biblische-plage.html

 

Jesus

Die Bewohner des Erdreichs fragen sich, was die Menschen bloß mit diesem Jesus haben. Allein dadurch, dass er Teufel und Hölle mit ewigen Qualen in die Geschichte eingeführt hat (im Judentum gab es weder Teufel noch Hölle), gehört er selbst dort hinein gesteckt.

Entgegen aller Propaganda hielt sich sein Charakter auch sonst sehr in Grenzen. Dagegen werden moderne Menschen mit sehr gutem Charakter kaum gewürdigt und oft von gläubigen Christen in ihrem Tun behindert. Gerne erinnert der Wurm an solche Humanisten, unter anderem Bertha von Suttner, Jean Jaurès oder Fritz Bauer:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/101-die-waffen-nieder.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/108-humanitaet.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/122-triumph-und-tragik-des-fritz-bauer.html

 

Zu Sklaverei hat sich Jesus nie geäußert. Gerne wird damit argumentiert, dass das im damaligen Israel kein großes Problem gewesen sei. Mag sein. Von einem weltweit agierenden Gott bzw. „Sohn Gottes“, der in die Zukunft schauen kann, wäre aber durchaus ein Kommentar dazu zu erwarten gewesen.

Im Übrigen war Jesus – auch hier entgegen aller Propaganda – nicht auf der Seite der Armen, sondern auf der Seite der Reichen. Siehe dazu http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/40-flug-lug-und-betrug.html

 

Paulus

Für gläubige Christen heisst es jetzt tapfer sein:

„Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren mit aller Ehrerbietung und Gewissenhaftigkeit. Dient ihnen mit aufrichtigem Herzen, als würdet ihr dem Messias dienen. Tut es nicht, um gesehen zu werden und euch bei ihnen einzuschmeicheln. Betrachtet euch vielmehr als Sklaven des Messias, die Gottes Willen von Herzen gern tun. Seid euren Herren wohlgesonnen und dient ihnen in der Überzeugung, dass ihr es für den Herrn und nicht für Menschen tut. Ihr wisst doch, dass jeder, der Gutes tut, vom Herrn dafür belohnt wird, egal ob er Sklave ist oder ein freier Mensch. Und ihr Herren, behandelt eure Sklaven im gleichen Sinn. Lasst das Drohen sein! Denkt daran, dass ihr im Himmel einen gemeinsamen Herrn habt, vor dem alle Menschen gleich sind.“  Brief an die Epheser  6; 5-9

http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/epheser/6/#1

 

Je nach Übersetzung steht statt des Wortes „Sklave“ das Wort „Knecht“ – es ist aber tatsächlich der „Sklave“ gemeint.

„Ihr Sklaven, gehorcht euren irdischen Herren in jeder Hinsicht! Tut es aber nicht nur, wenn ihr gesehen werdet, um euch anzubiedern, sondern gehorcht ihnen bereitwillig, weil ihr Furcht vor dem Herrn im Himmel habt! Bei allem, was ihr tut, arbeitet von Herzen, als würdet ihr dem Herrn dienen und nicht den Menschen! Ihr wisst ja, dass ihr vom Herrn mit dem himmlischen Erbe belohnt werdet. Ihr dient doch Christus, dem Herrn!“  Brief an die Kolosser  3; 22-24

http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/kolosser/3/

 

„Die Sklaven sollen ihren Herren in allem gehorchen und ihnen gefällig sein. Sie sollen nicht widersprechen und nichts unterschlagen, sondern ihnen treu und zuverlässig dienen, damit sie in allem der Lehre von unserem Gott und Retter Ehre machen.“  Brief an Titus  2; 9-10

http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/titus/2/#1

 

„Alle, die das Joch der Sklaverei zu tragen haben, sollen ihren Herren uneingeschränkte Achtung entgegenbringen, damit der Name Gottes und die Lehre des Evangeliums nicht in Verruf kommen. Und wer einen gläubigen Herrn hat, soll sich ihm gegenüber nicht weniger respektvoll verhalten, nur weil er sein Bruder ist. Er muss ihm sogar noch besser dienen, denn sein Dienst kommt jemand zugute, der an Christus glaubt und von ihm geliebt wird. Das sollst du lehren und alle in diesem Sinn ermutigen.“  1. Brief an Timotheus  6; 1-2

http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/1_timotheus/6/#1

 

Nach dem Motto “guter Jesus – böser Paulus” gibt es viele, die Paulus nicht ernst nehmen. Die sollten sich fragen, ob es sich bei der Bibel um Paulus‘ Wort oder um Gottes Wort handelt.

Um letzte Zweifel zu beseitigen, kommen hier die Worte desjenigen, der Jesus am Besten gekannt hat:

 

Petrus

„Ihr Sklaven in den Häusern! Gehorcht euren Dienstherren mit aller Ehrerbietung, und zwar nicht nur den guten und gerechten, sondern auch den verbogenen. Es ist nämlich eine Freundlichkeit Gottes, wenn jemand Kränkungen erträgt und unschuldig leidet, weil er in seinem Gewissen an Gott gebunden ist. Denn was wäre das für ein Ruhm, wenn ihr wegen einer Verfehlung Misshandlungen ertragt? Wenn ihr aber Gutes tut und dafür leiden müsst, dann ist das eine Gnade von Gott, denn genau dazu seid ihr berufen worden. Auch Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Fußspuren folgt.“  1. Petrusbrief  2; 18-21

http://www.bibel-online.net/buch/neue_evangelistische/1_petrus/2/

 

Karlheinz Deschner (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/92-aufklaerung-ist-aergernis.html ) schreibt in „Abermals krähte der Hahn“:

„Erfolgte in den ersten Jahrhunderten insbesondere durch die stoische Lehre von der Gleichheit der Menschen ein leichter Umschwung zugunsten der Sklaven, so trat im 4. Jahrhundert eine rückläufige Bewegung ein.“  Also mit der Machtübernahme der Christen im Römischen Reich.

Weiter: „Das Feudalsystem des Mittelalters, seine Klassenprivilegien, Leibeigenschaft, Sklaverei, das alles galt der Kirche bis in die Neuzeit als gottgegeben und gottgewollt, als ein Widerschein himmlischer Ordnung … Alle Versuche, das Elend der Massen an der Wurzel auszurotten und grundlegende soziale Verbesserungen zu schaffen, sabotiert die Kirche seit der ausgehenden Antike als ein Aufbäumen gegen die gottgegebene Gesellschaftsordnung.“

Karlheinz Deschner zitiert den Theologen Martin Dibelius mit den Worten „Darum waren alle, die eine Verbesserung der Zustände in dieser Welt wünschten, genötigt, gegen das Christentum zu kämpfen.“

Nichtsdestotrotz waren gerade Christen maßgeblich an der Abschaffung der Sklaverei beteiligt (andere hätten es auch nicht sein können - organisierte Atheisten gab es damals ja keine). Natürlich nicht aus den großen Amtskirchen (die Anglikanische Kirche betrieb selbst Sklavenhaltung), sondern kleine Gemeinschaften, die selbst wussten, was Verfolgung und Benachteiligung bedeutet. Vor allem hatten sich die Quäker stark engagiert.

Aus „Wikipedia“:

„4. Die Zeit der Wiederaufweckung, ab der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert bis heute (auch dritte Periode genannt), ist diejenige, die bis heute das Bild von den Quäkern prägt: der friedliche aber radikale Kampf vieler Quäker für Gerechtigkeit an Frauen, Sklaven und Gefangenen; der Einsatz für Frieden und die Linderung von Hunger und Ausbeutung.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Qu%C3%A4kertums

 

Ausmaß und wirtschaftliche Bedeutung der Sklaverei

„Am Ende des 18. Jahrhunderts lebten weit über ein Viertel aller Menschen in der einen oder anderen Art als Gefangene – zwar nicht im gestreiften Sträflingsanzug, doch in verschiedenen Systemen der Sklaverei oder Leibeigenschaft. Es war die hohe Zeit eines Handelsgewerbes, bei dem jährlich annähernd 80.000 Afrikaner in Ketten und Eisen auf Sklavenschiffe verladen und in die Neue Welt transportiert wurden. In bestimmten Gegenden des amerikanischen Kontinents gab es weit mehr Sklaven als Freie. Dasselbe galt für Teile von Afrika, und aus diesen Millionen einheimischer Sklaven holten sich afrikanische Häuptlinge und Sklavenhändler die meisten Männer und Frauen, die sie an die Europäer und Araber verkauften, deren Schiffe an den Küsten des Kontinents entlangsegelten. Afrikanische Sklaven waren in der ganzen islamischen Welt verstreut, und im Osmanischen Reich wurden auch Angehörige anderer Völker versklavt. In Indien und anderen Teilen Asiens lebten Millionen von Knechten in direkter Sklaverei, andere als Bauern in Schuldknechtschaft, ein Zustand, der sie und ihre Arbeit genauso hart an einen bestimmten Herrn kettete, wie jeder Sklave in Südcarolina oder Georgia an den Plantagenbesitzer gebunden war. Die Indianer versklavten ihre Kriegsgefangenen und verkauften sie an benachbarte Stämme als auch an die Europäer, die begannen, sich ihren Weg über den Kontinent zu bahnen. In Rußland bestand die Mehrheit der Bevölkerung aus Leibeigenen, die nach dem Belieben ihrer Besitzer oft gekauft und verkauft, gepeitscht oder in die Armee geschickt wurden …

Ein Maß dafür, wie stark die Welt des 18. Jahrhunderts von der Sklaverei durchdrungen war, ist der Verkehr auf dem Atlantik. Üblicherweise stellen wir uns vor, daß zu jener Zeit Schiffsladungen hoffnungsvoller weißer Immigranten den Atlantischen Ozean belebten. Doch bildeten diese nur die Minderheit all jener, die in die Neue Welt gebracht wurden. In so kurzer Zeit waren die Sklaven, vor allem auf den brutal geführten Plantagen in der Karibik, zu Tode geschunden, daß die Schiffe in der Zeit von 1660 bis 1807 weit über dreimal mehr Afrikaner als europäische Passagiere in die Kolonien transportierten. Und natürlich wurden die Sklaven nicht nur auf britisches Territorium verschifft. Von Senegal bis Virginia, von Sierra Leone bis Charleston, von Angola bis Brasilien, vom Nigerdelta bis Kuba sowie auf Dutzenden weiterer einander kreuzender Routen, die von Tausenden von Seglern befahren wurden, war der Atlantik ein riesiges Fließband zum frühen Tod auf den Feldern eines ungeheuren Plantagenstreifens, der sich von Baltimore bis weit über Rio de Janeiro hinaus erstreckte.“

„Der Sklavenhandel im Atlantik beruhte darauf, daß die meisten afrikanischen Gesellschaften – kleine und große Häuptlingsstämme und Königtümer, sogar einzelne Gruppen von Nomaden – eigene Systeme der Sklavenhaltung hatten. Die Menschen wurden versklavt zur Bestrafung für begangene Verbrechen, als Mittel der Schuldenrückzahlung oder, der üblichste Fall, als Kriegsgefangene … Als dann die europäischen Schiffe vor der afrikanischen Küste auftauchten und für die Sklaven verlockende Güter aller Art anboten, begannen die Könige und Häuptlinge, die sogenannten chiefs, ihren menschlichen Besitz an afrikanische Händler zu verkaufen, die bis weit ins Landesinnere ausschwärmten … An der Küste selbst waren einzelne Weiße, Schwarze und Mulatten als Mittelsmänner für den Transatlantikhandel tätig. Sie kauften die Sklaven bei den Wanderhändlern oder bei benachbarten afrikanischen Häuptlingen, hielten sie in Gewahrsam, bis ein Schiff aufkreuzte, und verkauften sie an einen europäischen oder amerikanischen Kapitän.“

„Die Kolonisatoren hatten also sehr rasch begonnen, afrikanische Sklaven zu importieren. Deren Arbeit machte den Zucker aus einer Gaumenfreude für Wohlhabende zu einem Konsumgut für Millionen europäischer Küchen … Ökonomisch gesehen stellte der Zucker jedoch alles andere in den Schatten. Damit die unersättliche Gier Europas nach Zucker befriedigt werden konnte, endeten etwa zwei Drittel aller Sklaven, die nach Süd- oder Nordamerika verkauft wurden, auf den Zuckerplantagen.“

„Mitte des 18. Jahrhunderts importierte England jährlich 100.000 Faß Zucker, das Fass zu 63 Gallonen (= ca. 30 Millionen Liter). Der Zucker bewirkte, daß der Wert britischer Importe allein aus Jamaika fünfmal höher lag als derjenige der Importe aus den dreizehn Festlandkolonien. Im selben Jahr überstiegen die Importe aus dem winzigen Grenada diejenigen aus ganz Kanada um das Achtfache. Im Laufe des Jahrhunderts gelangten etwa 60 Prozent aller in die beiden Amerika verbrachten Sklaven in das relativ kleine Gebiet der Karibik. Der Zucker war König.“

„Im 18. Jahrhundert bestand für niemanden auch nur der geringste Zweifel: Die Westindischen Inseln waren, wie der Schriftsteller Bryan Edwards in seiner dem König gewidmeten Historie der Inseln erklärt, ‚die Hauptquelle des nationalen Reichtums‘.“

 

Die betroffenen Sklaven

Dass es für die Betroffenen furchtbar war, braucht der Wurm nicht extra zu betonen. Deshalb möchte er sich nur auf einige Teil-Aspekte beschränken:

„Ohne sich dessen bewußt zu sein, hatte Equiano den gefährlichsten Teil der Odyssee eines Sklaven überlebt – nicht die legendäre Ozeanüberquerung, sondern den in Berichten seltener erwähnten Gewaltmarsch in Joch oder Ketten an die Küste, eine Strecke, die viele hundert Kilometer lang sein konnte und nur in Monaten zu bewältigen war. Nach Schätzungen eines portugiesischen Sklavenkaufmanns aus dieser Zeit, Raymond Jalamá, fand auf diesen Märschen nahezu die Hälfte neu gefangener Sklaven den Tod … Die Pfade zur Küste waren mit Skeletten übersät.“

Durch das System des manuellen Zuckerrohr-Anbaus und der Zucker-Verarbeitung, das Klima der Karibik mit den entsprechenden tropischen Krankheiten und durch schlechte Ernährung, da das beste Land für verkäufliche Ackerbauprodukte (hauptsächlich Zucker) verwendet wurde, kam es zu Folgen:

„Die männlichen Sklaven in der Karibik waren im Durchschnitt 7 bis 8 cm kleiner als die in den amerikanischen Südstaaten … Als in den Vereinigten Staaten die Sklaverei abgeschafft wurde, war aus den etwa 400.000 über die Jahrhunderte importierten Sklaven eine Population von fast 4 Millionen geworden. In Britisch-Westindien blieben nach Beendigung der Sklaverei aus einem Gesamtimport von 2 Millionen Sklaven etwa 670.000 zurück. Die winzige französische Insel Martinique importierte im Laufe der Jahre mehr Sklaven als alle 13 amerikanische Kolonien, spätere Bundesstaaten, zusammen. Die Karibik war ein Schlachthaus.“

Opfer waren jedoch nicht nur die Sklaven: „Bei der Rückkehr der Sklavenschiffe nach England waren im Durchschnitt etwa 20 Prozent der Besatzung jedes Schiffes gestorben … Mörderisch grassierten an der afrikanischen Küste vor allem Gelbfieber und Malaria, Krankheiten, gegen die die Europäer kaum Widerstandskräfte und keine Heilmittel besaßen. Hinzu kam, daß ein skrupelloser Kapitän kein Motiv hatte, einen erkrankten Seemann auf dem letzten Abschnitt der Dreiecksroute am Leben zu erhalten, denn dann wurde ja auch sein Lohn fällig.“

 

Der Kampf in Großbritannien

Aus „Wikipedia“:

„Im Kampf gegen Sklaverei und Sklavenhandel spielten aufklärerische Ideen zwar eine gewisse Rolle in Teilen der geistigen Eliten der Vereinigten Staaten und Europas. Ausschlaggebend war aber, dass sich im Pietismus und in der evangelischen Mission im 18. und 19. Jahrhundert die Auffassung durchsetzte, dass ein Verständnis des Menschen als Kind Gottes nicht mit der Sklaverei vereinbar sei. Die Society for Effecting the Abolition of Slavery (Gesellschaft zur Abschaffung der Sklaverei) wurde am 22. Mai 1787 in der Druckerei von James Phillips in London von zwölf Leuten, darunter Thomas Clarkson, Granville Sharp und verschiedenen Quäkern gegründet.

Einflussreich war auch der ehemalige Sklave Olaudah Equiano, der Granville Sharp über seine Erlebnisse berichtete. In Informationsveranstaltungen klärte Clarkson die ahnungslose Öffentlichkeit über den Sklavenhandel und dessen Praktiken auf. Die Kampagne zielte zunächst auf die Abschaffung des atlantischen Sklavenhandels. Dazu sammelte die Bewegung bis zu 400.000 Unterschriften, reichte Petitionen im Parlament ein und rief zum Boykott von durch Sklavenarbeit gewonnenen Zucker aus der Karibik auf. Bis zu 300.000 Menschen hatten sich dem Zucker-Boykott angeschlossen.

Im Unterhaus fand sie Unterstützung u. a. durch den Abgeordneten William Wilberforce, einen engagierten Evangelikalen und Freund von William Pitt. Erstmals wurde 1792 im House of Commons die Abschaffung des Sklavenhandels beschlossen. Die verzögerte Umsetzung lag in der Französischen Revolution und deren Deutung. 1807 beschlossen beide Häuser des Parlaments definitiv das Verbot des Sklavenhandels. Mitursachen für den Erfolg waren der Generationenwechsel in der Abschaffungsbewegung, worin mehr Frauen und Jüngere zum Zug kamen und fordernder auftraten, die schnellere Verbreitung von Informationen durch neue Straßen und Kaffeehäusern mit aufgelegten Zeitungen sowie die Angst vor einem Volksaufstand wie in Frankreich. Auch danach waren Engländer im Sklavenhandel auf amerikanischen Schiffen tätig. 1808 wurde Sierra Leone britische Kronkolonie. Befreite Sklaven wurden dorthin gebracht.

Am 28. August 1833 wurde der Slavery Abolition Act verabschiedet, mit dem vom 1. August 1834 alle Sklaven im britischen Kolonialreich für frei erklärt wurden. Für eine Übergangsperiode von 4 Jahren blieben sie, gegen Lohn, noch an ihre früheren Herren gebunden. Plantagenbesitzer in der Karibik wurden mit 20 Millionen Pfund Sterling entschädigt. Die ehemaligen Sklaven wurden nicht entschädigt.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Abolitionismus

 

Bei „Wikipedia“ sollte mensch generell vorsichtig sein. Es dient zur groben Orientierung – aber auch nur dazu. Weiter mit Adam Hochschild:

Irgendein Mensch sollte darum besorgt sein, diesem Schrecken ein Ende zu machen. Wenn man einen bestimmten Augenblick zu nennen hätte, an dem der Kampf gegen die Sklaverei unvermeidlich wurde, so wäre dies der Tag im Juni 1785, an dem Thomas Clarkson sich, Wades Mill vor Augen, am Straßenrand niederließ … Für uns Heutige ist es ein Meilenstein auf dem langen, gewundenen Weg zum modernen Konzept der allgemeinen Menschenrechte.“

„Fünfzig Jahre lang haben die Aktivisten in England ihre Kräfte dafür eingesetzt, der Sklaverei im britischen Empire ein Ende zu machen. Keiner von ihnen hat auch nur einen Pfennig daran verdient, und ihr Erfolg bedeutete einen empfindlichen Verlust für die britische Wirtschaft. Wissenschaftler schätzen, daß die Abschaffung zunächst des Sklavenhandels und darauffolgend der Sklaverei die Briten mehr als ein halbes Jahrhundert lang 1,8 Prozent ihres jährlichen Volkseinkommens kostete, das heißt, ein Vielfaches dessen, was die meisten reichen Länder heute für Entwicklungshilfe ausgeben.“

„Die Abolitionisten sahen es als ihre vordringliche Aufgabe an, den Briten verständlich zu machen, was hinter dem Zucker stand, den sie aßen, hinter dem Tabak, den sie rauchten, und hinter dem Kaffee, den sie tranken.“

„… sie ersannen auch praktisch alle wichtigen Instrumente, die von Bürgerbewegungen in den heutigen demokratischen Staaten verwendet werden. Denken Sie daran, was Sie im Laufe von ein bis zwei Monaten in der Regel in Ihrem Briefkasten finden: eine Einladung, der Ortsgruppe einer nationalen Umweltvereinigung beizutreten, und wenn Sie zusagen, ein Logo für die Stoßstange Ihres Wagens; einen Flyer mit der Aufforderung, kalifornische Weintrauben oder Kaffee aus Guatemala zu boykottieren; ein Poster für Ihre Fensterscheibe, das für diese Kampagne wirbt; die Ankündigung, daß eine bekannte Sozialaktivistin in der lokalen Buchhandlung ihr neues Buch vorstellt; einen Appell, Ihren Parlamentsabgeordneten schriftlich dazu aufzufordern, für die Vorlage über den erwähnten Kaffeeboykott zu stimmen. Eine Report Card, die ein ‚Zeugnis‘ darüber ablegt, wie Ihre Gesetzgeber über diese und ähnliche Sachfragen abgestimmt haben; ein Rundschreiben der Gruppe, welche die Unterstützung für die Weintraubenpflücker oder die Kaffeearbeiter organisiert.

Alle diese Instrumente – vom Poster bis zur öffentlichen Präsentation politischer Bücher, vom Warenboykott durch Konsumenten zum investigativen Report, der die Leser zu Aktionen bewegen soll – sind Teil partizipativer Aktivitäten, wie wir sie in einer Demokratie für selbstverständlich halten. Vor 250 Jahren gingen davon nur die wenigsten aus. Wenn wir heute eines dieser Instrumente einsetzen, benutzen wir Strategien, die von der Gruppe erfunden oder perfektioniert worden sind, die 1787 am George Yard 2 ihr erstes Treffen abhielt.“

 

Gründe für den Erfolg

Im Gegensatz zu Großbritannien „ist in keiner anderen der sechs europäischen Nationen, die Sklavenkolonien besaßen, im Gefolge ihrer Industrialisierung eine Bewegung gegen die Sklaverei entstanden. Was war in Großbritannien anders?“

Mal abgesehen von einer tatkräftigen Gruppe von fest entschlossenen Menschen mit guter Organisation und Einfluss auf Parlament und Bevölkerung, gab es einige Faktoren, die in der Zeit lagen:

Allein in London gab es Dutzende von kommerziellen Debattierclubs, bei denen Rededuelle geführt wurden, wofür das Publikum Eintritt zahlte – und das Thema „Sklaverei“ war ein populäres Thema, zumal dort auch ehemalige Sklaven oder Kapitäne von Sklavenschiffen auftraten.

London hatte mehr als 100 Bibliotheken und weit über 1.000 Buchhandlungen sowie über 500 Kaffeehäuser, in denen meistens Zeitungen für die Kunden ausgelegt waren. Es gab ein explodierendes Zeitungswesen, so dass jeder Trend der Hauptstadt im ganzen Land Verbreitung fand. Dazu kamen eine grundlegende Erneuerung des britischen Postwesens mit dem besten Postversand Europas sowie ein massiver Ausbau von Straßen und Eilkutschen, die auch nachts unterwegs waren.

Überhaupt war es der Beginn der Epoche privat organisierter britischer Wohltätigkeit.

Mehr oder weniger gab es diese Faktoren allerdings auch in den anderen europäischen Sklavenhalter-Nationen (Portugal, Spanien, Frankreich, Niederlande, Dänemark, Schweden) – allerdings gab es dort keine nennenswerten Bewegungen gegen die Sklaverei.

Adam Hochschild hat hierfür eine Erklärung:

„Die Menschen sind besonders dann zu Mitgefühl mit anderen, in großer Entfernung lebenden Artgenossen geneigt, wenn deren Unglück ähnliche Leiden für das eigene Dasein befürchten läßt, und im späten 18. Jahrhundert hatten viele Briten Entführung und Knechtschaft am eigenen Leib zu spüren bekommen, hatten Willkür und Gewalt mit zuweilen tödlichem Ausgang erlebt – Erfahrungen, die in schärfstem Widerspruch zu ihren gesetzlich verbrieften Rechten standen …

Aushebung von militärischen Dienstpflichtigen ist in den unterschiedlichsten Gesellschaften bekannt, aber die Zwangsrekrutierung war keine nach bürokratischen Regeln methodisch durchgeführte Einberufung, sondern ein Kidnapping durch Bewaffnete, und die Menschen in den Hafenstädten, London eingeschlossen, lebten in ständiger Angst. Zeitgenössische Drucke zeigten die press gangs in Aktion – wie sie in Häuser einfallen, Männer aus dem Bett zerren oder den Bräutigam aus einer Hochzeitsgesellschaft entführen, während die Braut Entsetzensschreie ausstößt …

Wie jede Macht, die sich auf Gewalt gründet, war die Zwangsanwerbung mit Korruption verbunden. Ein Bestechungsgeld für den richtigen Offizier, und die Preßpatrouille nahm einen abtrünnigen Ehemann, einen persönlichen Feind, einen Konkurrenten in Geschäfts- oder Liebeshändeln ins Schlepptau …

Während der amerikanischen Freiheitskriege wurden über 80.000 Männer zwangsrekrutiert, und in mindestens 22 britischen Seehäfen kam es zu Krawallen.“

Weiters wurden durch militärische Niederlagen Briten von Indianern, Indern, Berbern und Piraten versklavt, was im Heimatland gar nicht gut ankam.

Mehr als alles andere erregt die Meinungsführer der Menschen aber, wenn einer der „Ihren“ Opfer wird:

„Die Missionare waren bei den Pflanzern seit je als Weltverbesserer verhaßt, die sich mit ihrer Gefühlsduselei in alles einmischten. Wenn die Sklaven, wie es die Prediger wünschten, an Sonntagen zur Kirche gingen, würden sie bald mehr Freizeit verlangen, etwa um ihre kleinen Gemüsegärten zu pflegen, und wohin sollte das am Ende führen? Die Pflanzer befürchteten überdies, die Gotteshäuser könnten sich als ideale Treffpunkte für Verschwörer erweisen. Und mit dieser Annahme hatten sie völlig recht.“

So wurde für einen Aufstand in Guyana der Missionar John Smith verantwortlich gemacht, der im Gefängnis an Tuberkulose starb.

„Der Märtyrertod des Missionars rief in England äußerste Empörung hervor … ‚Dieser eine Fall der Verfolgung eines einzelnen Individuums‘ schrieb ein Aktivist der Bewegung später, ‚… rief einen Eindruck hervor, der allgemeiner und tiefer wirkte als alles, was bisher gegen das System der westindischen Sklaverei geschrieben oder gepredigt worden war.‘ Dank der Bewegung war das Einfühlungsvermögen der Briten zwar umfassender geworden, aber der Tod eines einzigen Weißen bewegte sie mehr als der Tod von 250 Sklaven.“

 

Der Kampf in Übersee

"Die Haltung der Abolitionisten gegenüber den Sklaven ist in Wedgewoods Siegelentwurf vielleicht am besten zusammengefaßt. Der Afrikaner mag ein ‚Mensch und Bruder‘ gewesen sein, aber er war eindeutig ein jüngerer und dankerfüllter Bruder, ein Knieender, kein Rebell.“

Es sollte jedoch noch ein weiterer wesentlicher Punkt dazu kommen: Respekt.

„Als 1775 die ersten Beben den Aufstand ankündigten, suchten die Briten verzweifelt nach Interventionsmöglichkeiten, die die Rebellen in Schwierigkeiten bringen würden. In diesem Sinne versprachen sie jedem amerikanischen Sklaven die Freiheit, der einen rebellierenden Herrn verlassen und sich der britischen Armee anschließen würde.“

Im US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpften also ehemalige Sklaven für die britische Armee. Wesentlicher für das britische Bewusstsein sollten jedoch die Sklaven-Aufstände in der Karibik werden, vor allem auf St. Domingue, dem späteren Haiti.

Diese Aufstände wurden angefeuert durch die bloße Existenz der britischen Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei sowie die Französische Revolution. Es kamen immer wieder neue Nachrichten auf die Inseln, über die innerhalb der weissen Herrenschicht heftig debattiert wurde und die natürlich auch die Sklaven mitbekamen.

"Auf seinen lukrativen karibischen Inseln hatte Frankreich etwa 675.000 Sklaven, und dort wurde mehr Zucker produziert als auf den britischen Westindischen Inseln.“

1791 kam es schließlich zum Aufstand auf St. Domingue.

„Als es dann Anfang 1793 zwischen Großbritannien und Frankreich zum Krieg kam, so überlegten die Briten, würde für Großbritannien nicht nur eine Schatzkammer an Zucker- und Kaffeeplantagen bringen, sondern auch das Virus der Rebellion an der Verbreitung hindern.“

„Von den über 20.000 britischen Soldaten, die im Laufe der fünfjährigen Kämpfe nach St. Domingue geschickt worden waren, lagen über 60 Prozent dort begraben.“

„In den Kämpfen auf den Antillen setzte Großbritannien mehr Truppen ein als zwei Jahrzehnte zuvor zur Unterdrückung der nordamerikanischen Rebellen, und der Krieg forderte weit mehr Opfer … Von den fast 89.000 weißen Offizieren und Gemeinen, die in der Zeit zwischen 1793 und 1801 bei der britischen Armee in Westindien Dienst taten, fielen 45.000 in der Schlacht, oder sie erlagen ihren Verwundungen oder tropischen Krankheiten. Weitere 14.000 wurden – meist wegen Krankheit oder Verwundung – entlassen, und über 3.000 desertierten. Dazu kamen die Verluste unter den Matrosen auf britischen Marine- oder Transportschiffen von schätzungsweise 19.000 Mann. Proportional gleichbedeutend wäre es, wenn die USA in einem Krieg auf fremdem Territorium 1,4 Millionen Soldaten und Seeleute verlören. Die Wirkung dieses Blutzolls auf die britische Öffentlichkeit verstärkte sich, als Schiffsladungen abgerissener Überlebender eintrafen, die über die sinnlose Verschleuderung menschlichen Lebens berichteten. Einige Männer wußten auch anderes zu erzählen – Geschichten über die Bedeutung der Sklaverei und die Kämpfe der Sklaven um ihre Freiheit.“

„Anders als die in der Karibik lebenden britischen Zivilisten waren die Angehörigen des Militärs nicht in der Hoffnung nach Westindien gekommen, von der Sklavenwirtschaft reich zu werden, und ihre Memoiren, Briefe und selbst Karikaturen verraten oft Ekel angesichts der Sklaverei.“

„Während kaum ein Brite Toussaints Lob gesungen hatte, als Großbritannien gegen seine Rebellen kämpfte, kam der Gefangene des verhaßten Napoleon vielerseits zu Ehren. Das Bild eines unerschrockenen Opfers, das fern seiner Heimat in einer kalten Zelle eingeschlossen ist, wirkte einnehmender als das eines schwarzen Generals, der eine aufrührerische Armee anführt. In den Zeitungen wurde er mit Ruhm überhäuft, und das Annual Register, alles andere als ein revolutionäres Presseerzeugnis, kürte ihn zum Mann des Jahres …

Ironie des Schicksals, daß zu eben dieser Zeit die Reste der Napoleonischen Armee auf St. Domingue ihrer Niederlage entgegengingen … Als das Jahr (1803) zu Ende ging, waren die letzten französischen Truppen vom Boden der Insel vertrieben. In seinem 22 Monate währenden Versuch, die Kolonie erneut in Besitz zu nehmen, hatte Frankreich mehr als 50.000 Soldaten verloren, darunter 18 Generäle. In St. Domingue erlitt Napoleon höhere Verluste als später in Waterloo.“

Aus „Wikipedia“ zum „schwarzen Napoleon“ François-Dominique Toussaint Louverture:

"Haiti war das erste Land Lateinamerikas, das sich aus dem Status einer Kolonie befreite und am 1. Januar 1804 die staatliche Unabhängigkeit erlangte. Nach den USA war Haiti der zweite Staat des amerikanischen Kontinents, dem dies aus eigener Kraft - durch die Haitianische Revolution - gelang.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Toussaint_Louverture

Noch mal: Haitis Sklaven haben sich aus eigener Kraft befreit und die zwei größten Mächte der Welt besiegt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Haitis

http://de.wikipedia.org/wiki/Maroons

 

Offizielles Ende der Sklaverei

"Der Triumph kam, als die Vorlage zur Befreiung der Sklaven im Somer 1833 in beiden Kammern des Parlaments endlich angenommen wurde. Doch für viele, die so lange auf diese Stunde hingearbeitet hatten, war er weniger strahlend als erwartet. Der Preis, um den er erreicht wurde, hatte ihm viel von seinem Glanz genommen, denn das Parlament sprach den Besitzern Entschädigungszahlungen in Höhe von 20 Millionen Pfund in Staatspapieren zu, eine Summe, die etwa 40 Prozent des damaligen Staatshaushaltes ausmachte und sich heute auf ca. 2,2 Milliarden Dollar belaufen würde. Entschädigungen dienten finanziellen Interessen in Großbritannien wie auch in Westindien; viele Plantagen waren mit Hypotheken belastet, und das Geld floß zum großen Teil in die Taschen der Londoner Kreditgeber. Für den britischen Landadel, der auch nach der Wahlrechtsreform weiterhin die Politik des Landes bestimmte, war die Abfindung der perfekte Kompromiß, der sowohl der öffentlichen Meinung als auch dem geheiligten Privateigentum die beiden zukommende Ehre erwies.

Als die Gelder schließlich verteilt wurden, erhielt Codrington, die Plantage der Anglikanischen Kirche, als Entgelt für seine 411 Sklaven die Summe von 8.823 Pfund, 8 Schillingen und 9 Pence, nach heutigem Wert 950.000 Dollar.“

"Der wirkliche Sieg kam also am 1. August 1838, als fast 800.000 schwarze Männer, Frauen und Kinder in allen Teilen des britischen Empire offiziell in die Freiheit entlassen wurden.“

"Sklaverei gab es weiterhin im Süden der Vereinigten Staaten, in den karibischen Kolonien verschiedener europäischer Staaten, in weiten Teilen von Südamerika sowie in anderer Form in Rußland, den meisten Gebieten Afrikas und den Ländern des Islam. Im größten Imperium der Welt aber war sie beendet.“

Veit Schäfer schreibt Folgendes: „Am 23. August wird der „Internationale Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung“ begangen. Über Jahrtausende war es selbstverständlich, Menschen aller Rechte zu berauben und sie als Sklaven zu halten. Dass Sklaverei heute geächtet und weitgehend eingedämmt ist, ist sicher eine der großen Errungenschaften der Zivilisation. Es hat jahrhundertelangen Einsatzes vieler mutiger Menschen mit einer Vision und mit einem Gespür für Gerechtigkeit bedurft. So lange sie aber noch besteht, bedarf es dieses Einsatzes weiter.

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft  gehalten werden

So steht es in Artikel 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, ebenso in Artikel 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1953. Bis dieser Satz weltweit zur verbindlichen Rechtsnorm wurde, sind unzählige Männer, Frauen und Kinder während vieler Jahrhunderte, gerade in der Neuzeit, aus ihrer Heimat verschleppt und  als menschliche Ware recht-, schutz- und besitzlos in gewaltsamer Abhängigkeit von ihren „Eigentümern“ gehalten worden.

Das begann sich erst zu ändern, als die Forderungen der Französischen Revolution in der Welt bekannt wurden. Schon 1791, am 23. August, begann in der damaligen französischen Kolonie Santo Domingo (heute Dominikanische Republik/Haiti) ein Sklavenaufstand. Dieser gilt als Ausgangspunkt für die Bemühungen, den Sklavenhandel abzuschaffen. Dies gelang in den Jahrzehnten danach schrittweise; 1792 verbot bereits Dänemark den Sklavenhandel, Großbritannien folgte 1807, 1808 die Vereinigten Staaten, der Sklavenhandel kam erst allmählich zum Erliegen. Beim Wiener Kongress 1815 erließ Großbritannien ein allgemeines Verbot des afrikanischen Sklavenhandels. Erst 1848 wurde die Sklaverei in Frankreich endgültig abgeschafft. In Deutschland kam es erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Anti-Sklaverei-Bewegung.

Um die Erinnerung an die Unmenschlichkeit der Sklaverei und des Menschenhandels lebendig zu erhalten, erklärte die UNESCO 1998 den 23. August, also das Datum des Sklavenaufstandes in Santo Domingo, zum Internationalen Gedenktag.“

http://www.alt-katholisch.de/fileadmin/red_ak/CH-Archiv/arc_13/13-8-6.htm

 

Gründe für die Beendigung der Sklaverei

„Ein anderer Faktor, der, obwohl kaum je erwähnt, die Debatten bestimmte, war die Revolution von Haiti. Das unabhängige Haiti war an die Stelle des französischen Territoriums St. Domingue getreten, einst die wohlhabendste und sklavenreichste Kolonie der Karibik. Deshalb konnte jetzt niemand mehr behaupten, wenn Großbritannien seinen Sklavenhandel aufgab, würden die französischen Pflanzer den Weltmarkt für Zucker dominieren, sobald der Krieg einmal beendet war. In diesem Sinne hatte der siegreiche Sklavenaufstand ein Argument gegen die britische Abolition aus dem Weg geräumt.“

"Die Reform des Wahlrechts und die neubelebte Bewegung gegen die Sklaverei waren zwei Faktoren, die zum Ende der britischen Sklaverei beitrugen. Ein dritter war der Aufstand im Kronjuwel der karibischen Kolonien Großbritanniens. Als die ersten Eilnachrichten aus Jamaika vom Schiff in eine Kabinettssitzung gelangten, war der herrschenden Schicht des Landes klar, daß der Preis für die Erhaltung der Sklaverei zu hoch sein könnte. Niemand brauchte an die Revolte erinnert zu werden, die vierzig Jahre zuvor Frankreich um die Reichtümer von St. Domingue gebracht hatte.

Die Befreiung der Sklaven sei die einzige Alternative zu einem ausufernden Krieg, der die militärischen Kapazitäten der Regierung möglicherweise übersteigen würde, erklärte Lord Howick, Staatssekretär im Kolonialministerium und Sohn von Premierminister Charles Grey, im Sommer 1832 vor einem Unterhauskomitee. In einem Schreiben an den neuen Gouverneur von Jamaika, der in diesem Jahr sein Amt antrat, wurde er noch deutlicher: ‚Der gegenwärtige Zustand kann nicht viel länger anhalten, … jede weitere Stunde birgt schreckliche Gefahren … Einzig die Emanzipation wird die Gefahr wirksam abwenden …, bis dahin ist es nur allzu wahrscheinlich, daß es zur gleichzeitigen Ermordung der Weißen auf allen Gütern der Insel kommen könnte.‘ Seinem Tagebuch vertraute Howick an: ‚Ich wäre in keinem Moment überrascht zu hören, daß Jamaika in der Hand der Neger ist.‘“

 

„Befreite“ Sklaven

„In der britischen Karibik waren die Zustände, die auf das Monster folgten, alles andere als glorreich. Die meisten Sklaven kamen aus der Knechtschaft, wie ihre Vorfahren hineingegangen waren – mit wenig mehr als den Kleidern am Leib. Es waren ja die Plantagenbesitzer oder ihre Gläubiger, die die zwanzig Millionen Pfund an Entschädigungsgeldern erhielten, und vor allem besaßen sie noch die Plantagen. Die lokale Regierung sowie Steuersystem und Stimmrecht waren fest unter Kontrolle der weißen Pflanzer, Kaufleute und Bankiers. 1863 nahmen in Jamaika bei einer Bevölkerung  von 440.000 nur 1.457 Personen an Wahlen teil. Auf Barbados war bis nach dem Zweiten Weltkrieg nicht einmal jeder zwanzigste Erwachsene wahlberechtigt. Noch jahrzehntelang schnitten die Schwarzen das Zuckerrohr unter Bedingungen, die nicht viel besser waren als Sklaverei. Und jetzt mußten sie für dieselben bescheidenen Hütten und Gärten, die sie seit langem besaßen, den Grundbesitzern einen Mietzins abliefern und der Regierung Steuern … Die Bezahlung, an sich schon miserabel, geriet weiter unter Druck durch die Konkurrenz von vielen hunderttausend mittellosen Vertragsarbeitern aus Indien, faktisch eine Subventionierung der Pflanzer. Mit ihren Steuern halfen die ehemaligen Sklaven, die Immigration ihrer Konkurrenten zu finanzieren.“

„Nach dem Rückgang des transatlantischen Sklavenhandels saßen die afrikanischen Sklavenbesitzer und –händler auf ihren Überschüssen. Da aber immer noch europäische und amerikanische Schiffe an der Küste entlangsegelten, jetzt allerdings nach Produkten wie Nüssen, Gold und Palmöl zur Herstellung von Seife und Schmiermitteln Ausschau hielten, setzten die afrikanischen Herrscher ihre Sklaven als Sammler dieser Rohstoffe ein. Seit Clarkson auf den Reisen durch Großbritannien seine Kiste mit afrikanischen Hölzern, Tüchern und Gewürzen vorgeführt hatte, richtete sich der Wunsch der Abolitionisten auf einen regen Handel zwischen Großbritannien und Afrika mit anderer Ware als Sklaven. Ironischerweise aber führte gerade das kommerzielle Wachstum in den Jahrzehnten nach dem Verbot des Sklavenhandels dazu, daß sich die Zahl der einheimischen Sklaven in Westafrika drastisch erhöhte.“

 

Die Meme der Antisklaverei-Bewegung

„‚Sagt nicht, sie sei nur klein, die Sphäre unsres Lebens …‘ Nicht zufällig erschien im zweiten Jahr des Zuckerboykotts das erste große feministische Manifest, Mary Wollstonecrafts Vindication of the Rights of Women – Verteidigung der Rechte der Frau. ‚Soll die eine Hälfte der Gattung Mensch‘, so fragte sie, ‚wie die unglücklichen Sklaven Vorurteilen unterworfen sein, die sie knechten …?‘“

Nun mag sich nicht jeder mit der Geschichte des Feminismus auskennen, aber dem ein oder anderen wird der Name „Wollstonecraft“ bekannt vorkommen. In der Tat: Mary Wollstonecraft ist die Mutter von Mary Wollstonecraft Shelley (Mary Shelley), der Autorin des „Frankenstein“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Wollstonecraft

http://de.wikipedia.org/wiki/A_vindication_of_the_rights_of_woman

http://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Shelley

 

Die Antisklaverei-Bewegung hat gerade in Großbritannien immer wieder dazu geführt, dass sich Menschen für ihre benachteiligten Mitmenschen auf die eine oder andere Art einsetzen. Unmittelbaren Einfluss gab es vor allem auf die Rechte der Frauen und Arbeiter.

„Der Geist der Unabhängigkeit und Menschlichkeit, der die Bewegung beseelte, fand seinen Widerhall auch in späteren Generationen. Die Nachkommen einiger der führenden Persönlichkeiten stellten den Status quo nicht weniger erfolgreich in Frage als ihre Vorfahren. Der einbeinige Unternehmer in Töpferwaren, Josiah Wedgwood, hatte einen Enkel, der die Welt auf den Kopf stellte: Charles Darwin. William Smith, jahrelang Wilberforces engster Verbündeter im Parlament, war der Großvater von Barbara Bodichon, die eine der ersten feministischen Zeitschriften, das erste Frauencollege in Cambridge und das erste Komitee für Frauenstimmrecht gründete. Samuel Blackwell war ein Führer der Antisklavereibewegung in Bristol; seine Tochter Elizabeth wurde gegen großen Widerstand die erste Ärztin Europas wie auch der Vereinigten Staaten. Robert Goulden war Aktivist in Zeiten des Kampfes für die Sklavenbefreiung; ein dreiviertel Jahrhundert danach wurde seine Tochter Emmeline Pankhurst im Kampf für das Frauenstimmrecht wiederholt ins Gefängnis gebracht. James Stephen, dessen Leben in einem Gerichtssaal auf Barbados seine zukunftsbestimmende Wende nahm, als er miterlebte, wie Sklaven zum Tod durch Verbrennen verurteilt wurden, hatte eine Urenkelin, die das 20. Jahrhundert über dessen Grenzen hinaus mit ihrem Einfluß prägte. Ihr Name war Virginia Woolf.“

 

Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft

Der schöne Satz von George Orwell lautet ganz  „“Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft: wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit." (1948, S. 308). Dieser Satz symbolisiert das System, mit dem die Partei die Menschen beherrscht. In 1984 gibt es keine Geschichtsschreibung, keine Dokumente, die unverfälscht existieren. Denn in dem Ministerium für Wahrheit sind hunderte Arbeiter tagtäglich damit beschäftigt, die Vergangenheit an die Gegenwart anzupassen. Zeitungsartikel werden umgeschrieben und Bilder verfälscht, um die Partei unfehlbar zu machen. Alles, was die Partei sagt, ist und war immer wahr.“

http://www.theoriewiki.org/index.php?title=George_Orwell

 

Bezogen auf die Antisklaverei-Bewegung heisst das Folgendes:

„Nicht nur Clarkson, auch Radikale wie Elizabeth Heyrick und Volksproteste wie der Zuckerboykott waren im kollektiven Gedächtnis der Briten lange von zweitrangiger Bedeutung. Dasselbe gilt für die riesigen Sklavenaufstände auf den britischen Antillen, vor allem aber für die letzte Erhebung auf Jamaika, die so unzweifelhaft zur Beschleunigung der Freilassung beigetragen hatte. Deren gesteuertes Vergessen begann früh. Als Sympathisanten in Birmingham die Emanzipation 1838 mit einem öffentlichen Frühstück feierten, sagte ein Redner, die Sklaven hätten sich ‚darauf verlassen, mit ihren eigenen friedlichen und ausdauernden Bemühungen jede Spur der Unterdrückung zu tilgen‘, und sah dabei über die Tatsache hinweg, daß diese Bemühungen die stärkste Wirkung hatten, wenn sie alles andere als friedlich waren.

Die Vorstellung, daß die Sklavenbefreiung der Güte einer weisen Elite zu danken sei, hatte für viele Briten etwas tief Beruhigendes. Dieses Vertrauen in wohlmeinende britische Absichten verwandelte sich allmählich in die Rechtfertigung von mehr als 100 Jahren Eroberung und Kolonialismus in Afrika und einer immensen und oft blutigen Expansion der imperialen Territorien in Indien und Fernost.“

Anders ausgedrückt: wenn Staaten Schlechtes tun, brauchen sie nur zu erzählen, sie täten dies aus humanitären Gründen. Auch dann, wenn noch so viele Menschen getötet werden oder sonst wie zu Schaden kommen, hat das für die Bevölkerung des Täter-Staates „etwas tief Beruhigendes“.

 

Moderne Sklaverei

Leider gibt es auch heute noch Sklaverei, von Ausbeutung ganz zu schweigen. Hier ein paar Informationen dazu:

„Heute ist die Sklaverei weltweit offiziell abgeschafft. Zuletzt im Jahr 1980 im afrikanischen Staat Mauretanien. Doch die Abschaffung existiert nur auf dem Papier – das Phänomen Sklaverei ist ungebrochen. Formen moderner Sklaverei sind politische Gefangenschaft, Kinderarbeit, Zwangsprostitution, Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die klassischen Formen der Leibeigenschaft und wirtschaftlichen Ausbeutung. Der renommierte amerikanische Sklaverei-Forscher Kevin Bales unterscheidet die alte Sklaverei früherer Zeiten von den Erscheinungsformen der modernen Sklaverei, die sich heute jeder juristischen Legalität entziehen:

"In der Vergangenheit bedeutete Sklavenhaltung, dass eine Person eine andere rechtmäßig besaß; in der modernen Sklaverei ist dies nicht der Fall. Heute ist Sklaverei weltweit verboten, daher ist es nicht mehr möglich, Menschen legal zu besitzen. Kauft jemand heutzutage Sklaven, verlangt er keine Quittung oder Eigentumsurkunde, sondern erwirbt die Verfügungsmacht über einen anderen und setzt Gewalt ein, um diese aufrechtzuerhalten. Sklavenhalter genießen alle Vorteile der Inhaberschaft, ohne gesetzlich dazu berechtigt zu sein. In Wirklichkeit ist es für Sklavenhalter sogar von Vorteil, nicht rechtmäßige Besitzer zu sein, da sie so die Sklaven völlig ihrer Kontrolle unterwerfen können, ohne eine wie auch immer geartete Verantwortung für sie zu übernehmen. Daher ziehe ich die Bezeichnung Sklavenhalter dem Begriff Sklavenbesitzer vor."

Nach Bales' Einschätzung wirkt sich die fehlende Rechtmäßigkeit bei modernen Formen der Sklaverei also sogar zum Nachteil der versklavten Menschen und zum Vorteil der Sklavenhalter aus. Bales schätzt, dass heute mindestens 27 Millionen Menschen in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben. Die Dunkelziffer ist wohl erheblich höher.“

http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/menschenrechte/sklaverei/index.jsp

 

„Das Reservoir an armen und sozial schwachen Menschen ist weltweit so gewaltig, das „potenzielle“ Angebot so groß, dass die heutigen Sklaven immer billiger werden. Selbst einfachste Gesundheitsversorgung ist nicht so wichtig, da sie einfach zu „ersetzen“ sind.  

Man könnte also damit beginnen, den modernen Menschenhandel als das zu bezeichnen, was er ist: Sklavenhandel. Damit werden jedes Jahr mehr als 10 Milliarden Dollar verdient. Dieser moderne Sklavenhandel sollte nicht verwechselt werden mit Menschenschmuggel, bei dem die Betroffenen mehr oder weniger freiwillig die Dienste entsprechender Organisationen in Anspruch nehmen, um über Grenzen und Meere in fremde, vermeintlich reiche Länder gebracht zu werden.

Doch die Trennlinien sind fließend: Der moderne Sklavenhändler nutzt Täuschung, Zwang, Gewalt und Unwissenheit, um seine Opfer über Grenzen hinweg in verschiedene Formen der Zwangsarbeit zu verkaufen. Sie landen an Bestimmungsorten, von denen sie vorher nichts wussten und gegen die sie sich nicht wehren können: Die Hausgehilfin ist hier noch der harmlosere Job. Oft enden Mädchen und junge Frauen als Zwangsprostituierte und männliche Jugendliche als Kindersoldaten, beraubt aller Rechte und Freiheiten. Sie werden als Kameljockeys, als gemeine Feldarbeiter, in Bergwerken und in Kanalisationen eingesetzt. Sklavenhandel bedeutet hier auch, dass die Opfer vor allem deshalb hilflos sind, weil ihnen Gewalt angetan wird und bei der Familie zu Hause mit Gewalt gedroht wird bei Ungehorsam. Die meisten der modernen Sklaven sind heute unter 18 Jahre alt. Die Übergänge zur Kinderarbeit sind fließend.  

Die US-Regierung schätzt, dass jährlich etwa 600.000 bis 800.000 Menschen Opfer dieses Sklavenhandels werden. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF hält sogar zwei Millionen Menschen für realistisch. Ein Großteil dieser Menschen wird innerhalb Asiens gehandelt, dann folgen die USA, Europa und der Nahe Osten, einschließlich Israel. Laut Schätzungen der UN werden mindestens 12,3 Millionen Menschen ständig in irgendeiner Form der Sklaverei gehalten. Das sind mehr als die 10 bis 12 Millionen Afrikaner, die in den 400 Jahren des transatlantischen Sklavenhandels insgesamt nach Amerika verschifft wurden. Der moderne Sklavenhandel hat den alten überholt.

Ein transatlantischer Sklave kostete damals umgerechnet 40.000 Dollar. Heute wird ein Sklave oder besser eine Sklavin, denn 80 Prozent dieser verkauften Menschen sind Frauen und Mädchen, laut UN für durchschnittlich 12.500 Dollar verkauft. Davon entfallen etwa 3.000 Dollar auf gefälschte Dokumente, Bestechung von Beamten und Transport, 10.000 Dollar bleiben als Gewinn übrig.  

Deshalb weiß jeder, dass Sklavenhandel weder durch moralische Appelle noch von selbst verschwinden wird, dazu ist er viel zu profitabel. Soll Sklavenhandel wirklich beendet oder wenigstens wirkungsvoll eingedämmt werden, müssen Regierungen weltweit harte Gesetze einführen und diese strikt kontrollieren. Hierzu gehört auch die Ächtung von Waren und Dienstleistungen, die direkt oder mittelbar durch Sklavenarbeit entstehen und in den sogenannten entwickelten Ländern nachgefragt werden. Wichtig ist hier, dass sich vor allem international tätige Unternehmen zu sozialen Standards bekennen.“

http://www.menschenrechte.jugendnetz.de/index.php?id=19

 

Schlussfolgerungen

„Hätte man am Anfang jenes Jahres (1787) an einer Londoner Straßenecke gestanden und versucht, die Vorübergehenden davon zu überzeugen, daß die Sklaverei ein moralisches Unrecht sei, das abgeschafft werden müsse, wäre man von 90 Prozent der Angesprochenen als Spinner verlacht worden. Die übrigen 10 Prozent hätten im Prinzip zugestimmt, jedoch versichert, daß ein Ende der Sklavenhaltung völlig unpraktikabel sei; die Wirtschaft des britischen Empire werde kollabieren.“

Dennoch hat es geklappt.

Die Bemühungen der Antisklaverei-Bewegung waren mit ein Grund für die Abschaffung der Sklaverei. Aber nicht entscheidend. Menschen, die in Verantwortung stehen, tuen selten etwas Humanes aus humanen oder „logischen“ Gründen. Sondern deshalb, weil sie dazu gezwungen werden.

Der Druck aus Teilen der britischen Öffentlichkeit war zwar lästig, aber nicht ausreichend. Entscheidend waren die tatsächlichen und befürchteten Sklaven-Aufstände. Nur der, der für seine Sache kämpft, wird ernst genommen. Nur dann, wenn ein noch größerer Schaden droht, sind die Machthaber zu Zugeständnissen bereit.

Auf heutige Verhältnisse übertragen: Lohnerhöhungen gibt es nicht aus Gutmütigkeit oder Einsicht der Arbeitgeber, sondern deshalb, weil sie bei Nicht-Erhöhung größeren Schaden für sich befürchten, etwa durch die Folgen eines Streiks (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/119-niedere-beweggruende.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/59-preussisches-regulativ.html )

Rechtliche Erfolge sind gut und schön – aber ohne soziale Fortschritte halten sich die Erfolge in Grenzen. In diesem Fall hatten die Sklavenhalter aus wirtschaftlicher Sicht keinen Nachteil (im Gegenteil: es gab keinen Zuckerboykott mehr und die befürchteten Sklavenaufstände mit all ihren Risiken und Kosten blieben aus) und die ehemaligen Sklaven so gut wie keinen Vorteil. Die ganze Aufregung war also zu einem großen Teil umsonst.

Wer tatsächlich in der Welt etwas verändern will, muss wirtschaftlich etwas ändern. In diesem Fall hätten das nicht gleich Enteignungen sein müssen – der Zwang, die ehemaligen Sklaven halbwegs gut zu bezahlen, wäre eine gute Idee gewesen.

Von wirtschaftlichen Erwägungen abgesehen: wenn es möglich ist, etwas damals so völlig Selbstverständliches wie die Sklaverei abzuschaffen – dann ist alles möglich. Sowohl im Denken, als auch im Handeln.

Noch vor einigen Jahrzehnten wäre es etwa genauso undenkbar gewesen, dass es Rauchverbote am Arbeitsplatz, in öffentlichen Räumlichkeiten oder in Gaststätten gibt.

Derjenige, der vor 25 Jahren an der Supermarktkasse die Umverpackungen der gekauften Produkte auf den Boden geworfen hat, im Narrenhaus auf Geistesstörungen untersucht wurde und von der Allgemeinheit ausgelacht wurde, hatte Erfolg: mittlerweile ist es an den Supermarkt-Ausgängen üblich, dass Behälter für Umverpackungen aufgestellt sind und bei vielen Produkten wurde auf Umverpackungen ganz oder teilweise verzichtet.

"Irgendein Mensch sollte darum besorgt sein, diesem Schrecken ein Ende zu machen“. Diesen Satz denken auch heute noch Menschen. Einer davon ist Lars Mährholz, der letztes Jahr die Montagsmahnwachen in Berlin ins Leben rief und damit die eingeschlafene Friedens-Bewegung wieder belebte.

https://www.youtube.com/watch?v=srFXHGljVmA

 

Eine weitere Person, die „diesem Schrecken ein Ende“ machen möchte, ist Maren Müller. Sie hat letztes Jahr die online Petition gegen Markus Lanz initiiert (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/54-schuss-nach-hinten.html ), hat die „Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien“ gegründet und ist aktiv bei der vor zwei Jahren gegründeten „Propagandaschau“.

http://forum.publikumskonferenz.de/

https://propagandaschau.wordpress.com/

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/journalismus-unter-verdacht-vom-wachsenden-populaeren-misstrauen-gegenueber-der-presse-13242833.html

 

Dem „Schrecken“ wurde in dieser kurzen Zeit zwar noch kein Ende gemacht – aber es gibt Erfolge und zumindest erschrickt sich der Schrecken.

Für einen größeren Erfolg müssen mehrere Sachen zusammen treffen. Aber eines zeigt die offizielle Abschaffung der Sklaverei: nichts ist unmöglich.