Es ist mal wieder der Teufel los in der Medien-Landschaft. Tatsächlich wagen es Piloten der „Lufthansa“ und Lokführer der „Deutschen Bahn“ für ihre Rechte zu streiken.
Was erlauben Arbeitnehmer!
Wenn so ziemlich alle Medien einer Meinung sind, ist der Verdacht der Manipulation nahe. Zumindest ist Vorsicht geboten. Das weiss auch Bonifaz Breitmaulfrosch, Leiter der Arbeitsgruppe MMM (Macht, Medien, Manipulation).
Der Streik der Piloten
Zuerst die Piloten. Die streiken nicht für bessere Bedingungen, sondern gegen schlechtere Bedingungen.
„Sowohl Piloten wie Lokführer üben extrem verantwortungs- und anspruchsvolle Tätigkeiten aus. Ein Pilot ist zwangsläufig besonderen Belastungen ausgesetzt, die zum Beispiel aus Tag- und Nachtschichten und Zeit- oder Klimaverschiebung resultieren. Deshalb steht die Verteidigung der Frührente im Zentrum ihres Kampfs.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/08/30/luft-a30.html
„Am Dienstag fand die inzwischen vierte Streikaktion der Lufthansapiloten seit April statt. Sie richtete sich gegen den Versuch des Konzerns, massive Verschlechterungen bei den Rentenbedingungen für die 5.400 Piloten durchzusetzen …
Einen für den 16. September angesetzten Streik gegen Langstreckenflüge hatte die Pilotengewerkschaft kurzfristig wieder abgesagt, weil die Lufthansa angeblich ein verändertes Angebot vorgelegt hatte. Wie die Verhandlungen aber rasch zeigten, war die Lufthansa überhaupt nicht bereit, von der Verschlechterung der Piloten-Übergangsversorgung abzurücken.
Lufthansa-Piloten konnten lange Zeit eine Renten-Übergangsregelung in Anspruch nehmen, die jedoch seit Jahren schlechter wird. Ursprünglich hatten sie die Möglichkeit, mit 55 Jahren in den vorgezogenen Ruhestand zu gehen. Diese Regelung diente auch der Sicherheit der Passagiere. Finanziert wurde sie aus einem Solidartopf, in den die Lufthansa für jeden Piloten Beiträge entsprechend der Gehaltshöhe und der Dauer der Firmenzugehörigkeit einzahlte.
Obwohl die Piloten dieses Geld als festen Gehaltsbestandteil betrachten, beharrt die Lufthansa darauf, die Kosten dafür zu reduzieren und sie später ganz abzuschaffen. Das Management verlangt, das individuelle Mindestalter, bei dem ein Pilot die Übergangsversorgung in Anspruch nehmen kann, von 55 auf 60 Jahre und das Durchschnittsalter von 58 auf 61 Jahre zu erhöhen. Für neue Piloten will die Lufthansa die Übergangsversorgung ganz abschaffen …
Der Angriff der Lufthansa auf die Rentenregelung der Piloten erfolgt im Rahmen einer internationalen Offensive der Fluggesellschaften, die seit drei Jahrzehnten andauert. In einem erbitterten globalen Konkurrenzkampf werden Löhne, Arbeitsbedingungen und Sicherheitsstandards immer weiter nach unten gedrückt. Die betroffenen Belegschaften werden dabei rücksichtslos gegeneinander ausgespielt.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/02/luha-o02.html
Was ist dagegen zu sagen, wenn Arbeitnehmer sich dagegen wehren, wenn sich ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern? Mit Neid auf die relativ hohen Löhne lassen sich die weniger verdienenden Menschen gerne aufhetzen. Wenn die Piloten ihre über die Jahrzehnte hinweg erkämpften Rechte und Privilegien verteidigen, ist das ja nichts Verwerfliches. Im Gegenteil – wenn sich der Wurm ansieht, wie so ziemlich alle anderen Arbeitnehmer auf ihre einstmals hart erkämpften Rechte verzichten, kann der Wurm den Piloten nur seinen Respekt erweisen.
Der Arbeitgeber, der 2013 einen Gewinn von 1,042 Milliarden Euro machte, steht nicht vor dem wirtschaftlichen Aus. Wenn es dem Unternehmen gut geht, wäre es zumindest schön, wenn es nicht zusätzlich die Rechte der Arbeitnehmer beschneiden würde.
http://www.lufthansagroup.com/unternehmen/unternehmen/kennzahlen.html
Entwicklung der Deutschen Bahn
„Aus Sicht vieler Pendler befindet sich die Bahn in einem unbefristeten Dauerstreik, seit sie sich von einst über 400.000 Mitarbeitern auf teilweise nur noch 230.000 Beschäftigte krank schrumpfte, Strecken stilllegte und mit marodem Material für ständige Verspätungen sorgt.“
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43103/1.html
„Als die Bahn noch ein Staatsunternehmen war, standen ihre Beschäftigten großenteils im Beamtenverhältnis. Sie hatten sichere Arbeitsplätze, durften aber nicht streiken. Es war nicht ihre Idee, den Schienenverkehr zu privatisieren. Wer seit Jahren wichtige Elemente der Daseinsvorsorge den Gesetzen des Marktes statt dem Bedarf der Gesellschaft unterwirft – nicht nur die umweltfreundliche Fortbewegung mit der Bahn –, sollte sich nicht beklagen, wenn die Beschäftigten ihre Rechte nutzen. Auch das wäre nämlich ungerecht.“
„Es gab ihn mal, den hoheitlichen Auftrag der Bahn, dem Volk eine Mobilität zu bieten, auf die sich der Bürger berufen konnte. Doch das ist Vergangenheit und Schuld daran sind nicht die Bahnbediensteten. Es war zu Zeiten der Deutschen Bundesbahn, die ihren Auftrag unter anderem auch dadurch gewährleistete, dass ihre Bediensteten Beamte waren, die per Gesetz nicht streiken dürfen. Im Zuge der Privatisierungwelle der frühen 1990er Jahre wurde auch die Bahn ein Privatunternehmen, zwar mit dem Bund als Mehrheitseigner, aber unter privatrechtlichen Bestimmungen. Damit wurden Lokführer nicht mehr verbeamtet und gezwungen, mit arbeitskampfrechtlichen Mitteln ihre Interessen zu erstreiten. So wollte es die Bundesregierung und hob damit das Recht der Bürger auf Beförderung auf. Es war ausdrücklich gewollt, dass die Tarifparteien sich nun frei gegeneinander behaupten. Wenn heute jemand kritisiert, dass dieses Land wirtschaftliche Schaden durch den Streik nimmt oder ein Grundrecht auf Reisefreiheit beschnitten sieht, dann ist es die Bundesregierung, die dafür die Verantwortung trägt.
Wenn die Bundesregierung gewisse Schlüsselpositionen gesichert wissen will, dann muss sie die Bediensteten dafür verbeamten.
Im Gegensatz zu einem vermeintlichen Recht der Reisenden auf Beförderung, welches es nicht mehr gibt, berufen sich die Lokführer, aber auch die Piloten, sehr wohl auf bestehendes Recht. Auf das Streikrecht, welches nicht nur gesetzlich verankert ist, sondern auch im Grundgesetz gesichert wird.“
http://le-bohemien.net/2014/10/20/alle-raeder-stehen-still/
siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/30-kein-schoener-zug-der-bahn.html
Situation der Arbeiter
„Nach 25 Berufsjahren kann ein Lokführer laut Handelsblatt ein Einkommen von 3.010 Euro erreichen - nein, brutto, nicht netto. Für 1.750 Euro netto soll also ein hochprofessioneller Zugführer, der die Verantwortung für das Leben hunderter Passagiere und für millionenteure Technik trägt, im Schichtdienst und an Wochenenden dafür sorgen, dass die Bahn AG "Gewinne" erwirtschaftet, da sie ja "privatisiert" ist.
Mit diesem Einkommen kann er in den Ballungsgebieten, wo der verbliebene Bahnverkehr sich überwiegend abspielt, also etwa in München, Hamburg, Frankfurt, Köln und Stuttgart nicht einmal mehr eine 4-Zimmer-Wohnung für seine Familie anmieten, sondern muss selbst zum Arbeitsplatz pendeln, oft Stunden.
Zudem schoben die Bahnmitarbeiter Anfang 2014 acht Millionen Überstunden vor sich her. Es herrscht chronische Personalnot nicht nur für Lokführer, sondern auch für Zugbegleiter und Bordpersonal …
In den Nachbarstaaten Frankreich, Schweiz, Dänemark und den Niederlanden verdienen Lokführer das Doppelte - trotzdem funktionieren die dortigen Bahnen um Klassen besser als die seit Jahrzehnten heruntergewirtschaftete Deutsche Bahn, die sich als weltweit führender Logistikdienstleister wähnt …
Die Wahrheit ist, dass Lokführer nicht fünf, sondern 35-50% mehr Lohn benötigen …
Ein marodes, ein kaputtes, ein ungerechtes System. Ein System, das den Standort Deutschland und seine Wirtschaft, die Mitarbeiter und Fahrgäste schädigt. Ein weiterer Grund, den Streik der Lokführer zu unterstützen.“
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43103/1.html
„Die WSWS traf am Dienstagabend eine Gruppe streikender Lokführer vor dem Frankfurter Hauptbahnhof. Sie berichteten ausführlich, wie die Veränderungen der letzten Jahre bei der Bahn mehr und mehr zur vollkommenen Unterwerfung des Personals unter den Betriebsablauf geführt haben.
„Unsere Arbeitszeiten sind die reine Hektik“, sagte ein S-Bahn-Führer. „Was meinen Sie, wie oft am Tag bei uns die Schicht beginnt und endet? Sie kann zu jeder Minute des Tages neu beginnen. Es gibt über tausend Varianten, je nachdem, wie man uns gerade braucht.“ Er erläuterte, dass die Dienstpläne nicht die geringste Rücksicht auf das Personal nehmen. Die Lokführer müssen sehr oft ihre Pausen aufwenden, um pünktlich zum Streckenbeginn einen Zug übernehmen zu können. „Ein großer Teil unserer Freizeit ist völlig in den Arbeitsprozess integriert – er dient uns nicht zur Erholung.“
Ein S-Bahn-Zugführer bestätigte: „Früher war die Freizeit mehr an einem Stück. Man achtete darauf, dass wir nicht noch die Pausen für die Anfahrt nutzen müssen. Seit dem Fahrplanwechsel für die S-Bahn im Dezember 2013 nimmt man praktisch keine Rücksicht mehr auf uns.“ Er wohne zum Beispiel außerhalb Frankfurts und müsse oftmals schon zwei Stunden vor Schichtbeginn anfahren, um pünktlich zu sein. „Was mich betrifft, gehen so wöchentlich bis zu sechs Stunden meiner Pausenzeit drauf.“
Auch berichteten die Lokführer, sie hätten im Jahr gerade mal zwölf Wochenenden zur freien Verfügung, alle anderen Wochenenden seien entweder mit Dienst oder Bereitschaft belegt.
Ingo Klett (auf dem Foto zweiter von links) ist Lokführer und stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Frankfurt. Er erläutert: „Dem Verdienst nach stehen die deutschen Lokführer in Europa an zweitletzter Stelle. Das Höchste, was ein Lokführer an Gehalt erreichen kann, sind 3.187 Euro brutto im Monat.“ Das Anfangsgehalt eines Lokführers in den ersten Jahren beträgt rund 2.000 Euro brutto.
Klett wies darauf hin, dass die Zugführer einen Berg von drei Millionen Überstunden vor sich her schieben. „Eigentlich müsste die Bahn bei uns über 2.237 Leute einstellen.“ …
Die Lokführer äußerten sich entrüstet über die allgemeine Medienhetze. „Gegen uns wird richtig Stimmung gemacht“, sagt einer. „Wir haben kaum die Möglichkeiten, alles richtig zu stellen, was da gelogen wird. Selbst wenn ein Reporter ein Interview richtig aufnimmt, wird es meistens nicht gebracht oder es wird verfälscht.“ …
Die Lokführer sind sich bewusst, dass sie einen Kampf führen, bei dem es eigentlich um mehr geht als um Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung. Ein Lokführer berichtete: „Besonders im letzten Jahr hat sich der Tonfall des Managements extrem verändert. Nicht nur bei den Dienstplänen nimmt keiner auf uns Rücksicht. Dies zeigt sich auch daran, wie stur [Bahn-Chef Ulrich] Weber auf unsere Forderungen reagiert.“ Ein anderer sagte: „Das hier sieht nach einem schwierigen und langen Kampf aus.““
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/09/lokf-o09.html
DGB / EVG
„Die EVG ist die Nachfolgerin der Gewerkschaft Transnet und GdED und hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit dem Bahnvorstand den massiven Arbeitsplatzabbau durchgesetzt. Die EVG unterstützt die Bahn darin, die GDL aus den Verhandlungen zu drängen.
Diese Rolle der EVG als verlängerter Arm der Bahn hat die GDL erst stark werden lassen. Zwar ist die EVG noch immer die größere Gewerkschaft im Unternehmen Bahn, aber vor allem durch ihre Mitglieder im Bereich Infrastruktur. Im Eisenbahnbereich hat die GDL bedeutend mehr Mitglieder, sie organisiert 80 Prozent der Lokführer und 30 Prozent der Zugbegleiter.
Trotz heftiger Auseinandersetzungen unterscheiden sich GDL und EVG nicht grundlegend. Die GDL ist Teil des Deutschen Beamtenbunds dbb, und ihr Vorsitzender Claus Weselsky ist nicht nur Mitglied des dbb-Vorstands, sondern auch der CDU.
Weselsky und die GDL unterscheiden sich von der EVG nur dadurch, dass sie ihre Haut teurer verkaufen wollen und sich weniger korrupt darstellen. Die Differenzen sind rein taktischer Natur. Auch die GDL teilt die Ziele der Bahn AG, die darin bestehen, auf Kosten der Beschäftigten maximale Gewinne zu erzielen. Die Angriffe auf die Bahnbeschäftigten resultieren aus der Privatisierung und der europaweiten und globalen Konkurrenz. Diese Konkurrenz wird systematisch auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Ihre national beschränkte Perspektive – etwas mehr Druck auf die Bahn auszuüben als die EVG – kann der globalen Entwicklung nichts entgegensetzen.
Die jetzt wieder forcierte Einführung der Tarifeinheit richtet sich daher nicht einfach nur gegen Gewerkschaften wie die GDL, Cockpit, UFO oder den Marburger Bund. Vielmehr zielt die Gesetzesinitiative darauf ab, jede wirklich unabhängige Bewegung gegen die Angriffe der Unternehmen und das Sparprogramm der Regierung – wovon die Stärkung der kleineren Gewerkschaften nur ein verzerrter Ausdruck ist – im Keim ersticken zu können.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/09/06/gdl-s06.html
„Die Lokführer fordern eine Lohnerhöhung von fünf Prozent und eine Arbeitszeitverkürzung der jetzigen 39-Stunden-Woche um zwei Stunden. Sie riefen auch ihre Mitglieder unter den Zugbegleitern und dem Bordbistro-Personal zum Streik auf. Ein großer Teil des so genannten fahrenden Personals hatte sich in den letzten Jahren der GDL angeschlossen, weil die EVG, die DGB-Gewerkschaft der Eisenbahner, zu offensichtlich im Boot des Arbeitgebers sitzt und alle Spar- und Deregulierungs-Orgien des Managements mitgetragen hat.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/09/lokf-o09.html
„Was die Konkurrenz der Gewerkschaften betrifft, hat auch die EVG ihren Anteil, die jetzt mit dem Finger auf die GDL-Leute zeigt. Viele Beschäftigte der Deutschen Bahn fühlen sich von ihr offensichtlich nicht ausreichend vertreten. Das zu verschweigen, wäre ungerecht. Auch die EVG unternimmt zu wenig, um dem unsinnigen Plan der Bundesregierung, künftig nur die mitgliederstärkste Gewerkschaft über Tarifverträge verhandeln zu lassen, die Einigkeit der Arbeitnehmer entgegenzusetzen.“
„So eingestimmt, konnte auch die einstige Arbeitnehmerpartei SPD in Gestalt ihrer Generalsekretärin Yasmin Fahimi bei Plasbergs "Hart aber fair" auf den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky losgehen.
Bereits das Thema der Plasberg-Sendung "Sind wir Geiseln der Mini-Gewerkschaften?" sorgte dafür, dass die Hintergründe des Streiks gar nicht erst zur Sprache kamen. Geschickt versuchte Fahimi, die brave EVG als einzigen Tarifpartner ins Gespräch zu bringen und lobte deren Abschlüsse. Aus ihrer Sicht zu Recht: Die EVG möchte die Niedriglöhne in der Bahn beibehalten und hat schon einmal einen Abschluss mit 1,5 Mehrstunden ohne Lohnausgleich verhandelt.“
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43103/1.html
„Wir hatten dazu vor einigen Wochen folgendes gesagt: „Erst hängt man die große Masse der Arbeitnehmer von der allgemeinen Produktivitätsentwicklung ab, weil sie ohne gewerkschaftliche Schlagkraft bei hoher Arbeitslosigkeit keine wirkliche Gegenwehr gegen die Macht der Arbeitgeber leisten können, und dann wundert man sich über die Folgen. Seit fünfzehn Jahren hat man von Seiten der Politik alles dafür getan, dass die Unternehmen mehr Macht haben, was im großen Stil dafür genutzt worden ist, die Löhne all derjenigen zu drücken, die schwach sind, weil ihnen jederzeit Arbeitslosigkeit droht. Warum sollten solche Berufsgruppen, die wortwörtlich an den Schalthebeln sitzen und sich leicht organisieren können, dieses Machtspiel kampflos hinnehmen? Sie können sich leicht von der Masse abheben und für sich selbst ein besseres Ergebnis herausholen.“
http://www.flassbeck-economics.de/lokfuehrer-und-piloten-die-wut-waechst-aber-auf-wen/
„Eine unrühmliche Rolle nehmen in diesem Streik die Großgewerkschaften ein, die ihren eigenen Mitgliederschwund durch Annexion der kleineren kompensieren möchten. Diese Großgewerkschaften sind zu lobbyistisch geführten Gewerkschaftskonzernen verkommen, denen ihre Machtfülle wichtiger als die Interessen ihrer Arbeitnehmer geworden sind.
Letztendlich haben die Arbeitnehmer in den letzten zwanzig Jahren viele Rechte verloren – alle zum Wohle eines höheren wirtschaftlichen Interesses. Auch die geforderte Herabsenkung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden ist nichts mehr als der Wunsch, jenen Status wieder zu erreichen, der unter falschen Versprechungen seitens der Bahn nur vorübergehend aufgegeben werden sollte.
De facto ist der Streik der Piloten und Lokführer endlich mal einer, der den Namen Streik auch verdient. Denn er tut dem Arbeitgeber weh und kann damit etwas erzwingen, was der nicht will. Alle, die sich derzeit über die Unbequemlichkeiten als Folge der Streiks aufregen, sollten bedenken, dass auch sie Arbeitnehmer sind. Vielen würde es besser gehen, wenn auch sie von einer Gewerkschaft vertreten würden, die tatsächlich das Wort Arbeitskampf mit Leben erfüllt.
Der Verlust der Arbeitnehmerrechte – vom Reallohnverzicht über verlorenen Kündigungsschutz bis zur Anhebung der Wochenarbeitszeit um 5 Stunden innerhalb der letzten zwanzig Jahre – konnte auch deshalb geschehen, weil in diesem Land viel zu wenig und viel zu halbherzig gestreikt wurde.“
http://le-bohemien.net/2014/10/20/alle-raeder-stehen-still/
„Die EVG ist die Nachfolgerin der Gewerkschaften Transnet und GdED und hat in den vergangenen Jahren gemeinsam mit dem Bahnvorstand den massiven Arbeitsplatzabbau durchgesetzt. Daher haben sich in dieser Zeit viele Beschäftigte der GDL angeschlossen.
DGB und EVG unterstützen den Bahn-Vorstand und die Bundesregierung im Kampf gegen die GDL. EVG-Chef Alexander Kirchner sitzt als stellvertretender Vorsitzender im Aufsichtsrat der Bahn AG. Seine Behauptung, die Forderung der GDL spalte die Belegschaft, ist absurd und verlogen.
Kirchner behauptet wortgleich mit dem Bahn-Vorstand, unterschiedliche Verträge über Löhne, Arbeitszeiten, Urlaubs- und Pausenregelung und weitere Arbeitsbedingungen seien in einem Unternehmen nicht praktikabel und störten den „Betriebsfrieden“. Dieses Argument wird in de Medien hundertfach wiederholt. Es ist absurd.
In Wirklichkeit sind unterschiedliche Tarife für dieselbe Arbeit längst überall gängige Praxis – eingeführt von den DGB-Gewerkschaften. Diese bekämpfen seit Jahren die Forderung: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Nicht nur in den großen Autowerken, im Maschinenbau und der Chemieindustrie, sondern überall in Betrieben und Verwaltungen arbeiten Beschäftige in derselben Abteilung bei gleicher Tätigkeit zu völlig unterschiedlichen Bedingungen. Neben den Alt-Tarifen gibt es Verträge für Neueingestelle mit zehn, zwanzig, fünfzig oder noch mehr Prozent geringerem Lohn. Dann kommen die Leiharbeiter mit Billiglohnverträgen und die Beschäftigen mit Werkvertrag, deren Entlohnung und Arbeitsbedingungen noch tiefer liegen.
Diese Spaltung und Differenzierung diente stets dazu, die Löhne nach unten zu drücken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Jetzt, wo die Lokführer und Piloten ihre wirtschaftliche Macht nutzen, um dieser sozialen Abwärtsspirale entgegenzutreten, schreien Kirchner, der DGB und sogar die Wirtschaftspresse plötzlich, das sei Spaltung.
Ihre Forderung nach Einheit ist die Forderung nach der uneingeschränkten Diktatur der DGB-Bürokratie, um jeglichen Widerstand in Betrieben und Verwaltungen zu unterdrücken.
Bahnvorstand, Bundesregierung und DGB wollen die Lokführer in die Knie zwingen, um das Streikrecht einzuschränken und eine neue Runde massiver Angriffe auf Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter durchzusetzen.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/21/lokf-o21.html
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/35-das-wir-entscheidet-vorbild-skandinavien.html
Tarifeinheit
"Das heutige System beruht tatsächlich auf die Entsolidarisierung der Arbeitsbeziehungen, die jetzt unter dem Oberbegriff „Tarifeinheit“ wiederhergestellt werden soll. Dohnanyi hielt es etwa für ein Argument, dass es doch nicht in einem Zug „unterschiedliche Tarifverträge für die dortigen Zugbegleiter“ geben könne. Jenseits dessen, dass Gewerkschaften schon immer nur Tarifverträge für ihre Mitglieder abgeschlossen haben, hat dieses Argument einen besonderen Charme. In vielen Betrieben können Arbeitnehmer für die gleiche Tätigkeit unterschiedlich vergütet werden, etwa als Stammbelegschaft oder Leiharbeiter. Bisher hielt sich die Empörung über diese Praxis außerhalb der Gewerkschaften in Grenzen. Nur wird es seltsamerweise gegen die GDL als Argument verwendet. Es gibt allerdings einen gewichtigen Unterschied zwischen den Lokomotivführern und anderen Berufsgruppen. Die GDL hat die für eine Gewerkschaft notwendige Organisationsstärke, um mit den Arbeitgebern auf Augenhöhe zu verhandeln. Bei Leiharbeitern und anderen prekär beschäftigten Arbeitnehmern ist das anders. Sie sind einem Sozialmodell, das auf Entsolidarisierung beruht, fast schutzlos ausgeliefert.“
„De facto sieht es in unserem Land aber ganz anders aus: Wegen der vielen Öffnungsklauseln und betrieblichen Sondervereinbarungen in den Tarifverträgen gilt das „law of one price“ auf unserem Arbeitsmarkt bzw. seinen qualifikatorischen Teilsegmenten schon lange nicht mehr. Arbeitnehmer mit ein und derselben Qualifikation und Berufserfahrung erhalten in verschiedenen Branchen und sogar in verschiedenen Unternehmen derselben Branche nicht den gleichen Stundenlohn. Das ist eine Folge der von vielen Politikern geforderten und von Lobbyisten durchgesetzten „Flexibilisierung“ des Arbeitsmarktes …
Nur frage ich mich, warum sich niemand so massiv aufgeregt hat wie derzeit, als das „law of one price“ auf dem Arbeitsmarkt ursprünglich abgeschafft wurde, indem man den Flächentarifvertrag wie einen Schweizer Käse durchlöchert hat. Haben nicht fast alle verantwortlichen Politiker die Gewerkschaften für jede unterschriebene Öffnungsklausel in einem Tarifvertrag über den grünen Klee gelobt? Für ihre Einsicht in die Notwendigkeit von Flexibilität und betrieblicher Vertragsvielfalt zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und damit zum Schutz von Arbeitsplätzen? Wenn ein Unternehmen einer zerklüfteten Tariflandschaft gegenübersteht, in der sich einzelne Gewerkschaften ihrer jeweiligen Monopolstellung erpresserisch bedienen, dann ist das offenbar unzumutbar und muss durch ordnungspolitische Eingriffe unterbunden werden. Wenn sich aber Arbeitnehmer einer zerklüfteten Tariflandschaft gegenübersehen, in der sich einzelne Unternehmen ihrer jeweiligen (z.B. regionalen) Monopolstellung erpresserisch bedienen, dann ist das den Arbeitskräften jederzeit zuzumuten, dient es doch angeblich ihrem eigenen Besten, nämlich dem Erhalt ihres Arbeitsplatzes.“
http://www.flassbeck-economics.de/nachtrag-zur-streikdiskussion/
„Doch die neuerlichen Freunde der Tarifeinheit sind Heuchler. Sie sind es selbst, die seit zwei Jahrzehnten die Tarifeinheit nachhaltig zerstören. Immer mehr Konzerne stiegen aus ihren Verbänden aus und machten damit flächendeckende Tarifverträge immer weniger möglich. BDA und einzelne Unternehmensverbände forderten statt dessen dezentrale, einzelbetriebliche Vereinbarungen. Das wurde unterstützt durch die Aufspaltung der Konzerne in einzelne juristische Einheiten. Zuletzt haben die Hartz-Gesetze seit 2004 mit ihren Regelungen für Leih- und Teilzeitarbeit für die fortgesetzte Aufsprengung der Tarifeinheit gesorgt. Nur noch die Hälfte der Lohnabhängigen wird nach Branchentarifverträgen bezahlt, in Ostdeutschland sind es nur noch 35 Prozent.
So haben zahlreiche Unternehmer das Dutzend »christlicher« Gewerkschaften aus ihrem jahrzehntelangen Schläferdasein erweckt und Tausende von dezentralen Tarifverträgen abgeschlossen. Zum »Christlichen Gewerkschaftsbund« (CGB) gehört der »Deutsche Handels- und Industrieangestellten-Verband« (DHV). Er hat zwischen 2003 und 2012 mehr als 900 einzelbetriebliche und regionale Tarifverträge mit Konzernen und Unternehmensverbänden abgeschlossen: im Fach-, Groß- und Einzelhandel, in der Metall- und Elektroindustrie, mit Banken und Versicherungen, in kirchlichen und Privatkliniken, auch in Sozialversicherungen, Krankenkassen und in Kommunen.
Unternehmer haben sich zu neuen spezialisierten Verbänden zusammengeschlossen und suchen sich dafür auch die passende »Gewerkschaft« aus, die niedrigeren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen zustimmt. Die Medienunternehmen unter Führung der Springer AG und des WAZ-Konzerns gründeten nicht nur den »Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste« (AGV-NBZ), sondern auch gleich die dazugehörige »Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste« (GNBZ), die über eine Anwaltskanzlei heimlich finanziert wurde und einen Tengelmann-Manager zum Vorsitzenden bekam. Die Einzelhandelskette Rossmann gründete den Verband »Instore Solution Services« (ISS), der für den Tarifvertrag der Regaleinräumer in Supermärkten als Gewerkschaft den DHV aussuchte.
Weil Arbeitsgerichte diesen »gelben« Gewerkschaften wegen eines geringen Organisierungsgrades in einigen Fällen inzwischen die Vertretungsfähigkeit abgesprochen haben, greift man schon mal zum Mittel der Korruption. Bei der Gründung einer DHV-Betriebsgruppe half ein Unternehmer mit einer monatlichen »Verantwortungszulage« von 50 Euro nach, damit Beschäftigte in die Scheingewerkschaft eintraten. Erinnert sei auch an die schon in den 1980er Jahren gegründete »Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger« (AUB). Der Siemens-Vorstand finanzierte sie über die Jahre mit mindestens 50 Millionen Euro und baute sie konzernweit als Alternative zur IG Metall aus. Die AUB stimmte Tarifverträgen mit unbezahlter Mehrarbeit und Lohnverzicht zu – das habe dem Konzern viel Geld erspart, gab ein Siemens-Manager vor Gericht zu. Die AUB stellt heute Betriebsräte bei ALDI Nord und hilft bei Hyundai Rüsselsheim, den gewählten Betriebsrat aus dem Amt zu jagen. Dagegen protestieren die Heuchler nicht …
Den Heuchlern in Regierung, Unternehmensverbänden und Propagandamedien geht es gar nicht um Tarifeinheit. Sie praktizieren schon längst das Gegenteil. Es geht ihnen darum, christlich lackierte und andere Gefälligkeitsgewerkschaften zu fördern, die Niedriglohndiktaten zustimmen und niemals streiken. Und zugleich geht es den Heuchlern darum, die Arbeitskämpfe der Lokführer demagogisch zum Anlass zu nehmen, um die Möglichkeiten und die Legitimation von Streiks überhaupt einzuschränken und schließlich ganz abzuschaffen.“
http://arbeitsunrecht.de/gdl-streik-tarifeinheit-die-stunde-der-heuchler/
Medien
„Der Streik der Lokführer in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat wütende Angriffe der Medien ausgelöst. Obwohl der Streik nachts stattfand und auf wenige Stunden beschränkt blieb, gingen die Attacken weit über das Maß hinaus, das man in solchen Fällen gewohnt ist.
Spiegel Online veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „Deutschlands dümmste Gewerkschaft“. Darin wirft Spiegel-Autorin Yasmin El-Sharif dem Vorsitzenden der Lokführergewerkschaft GDL Claus Weselsky vor, sein Verhalten und Vorgehen entspringe ausschließlich seinem eigenen egoistischem Machtstreben.
"Weselskys Egotrip“, schreibt die 37-jährige Journalistin, die früher für European Business News in London und Bloomberg-Businessinformation in New York gearbeitet hat, sei „die beste Werbung, die sich Arbeitgeberverbände für ihre Forderung nach einem Tarifeinheitsgesetz wünschen können“. Es sei höchste Zeit, „dass die GDL-Mitglieder aufwachen, um sich nicht den Titel der dümmsten Gewerkschaft der Welt zu verdienen“.
Das Tarifeinheitsgesetz, das gegenwärtig von der Bundesregierung in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmerverbänden und den DGB-Gewerkschaften vorbereitet wird, sieht vor, dass zukünftig nur noch die größte Gewerkschaft in einem Betrieb Tarifverhandlungen führen und zum Streik aufrufen darf. Die DGB-Gewerkschaften hätten das Machtmonopol und kleinere Gewerkschaften – wie GDL, Cockpit, UFO (Fluglotsen) und Marburger Bund (Ärzte) – verlören die Existenzgrundlage. Praktisch läuft das auf die Abschaffung des Streikrechts hinaus.
SpiegelOnline wirft den Lokführern vor, dass sie selbst für die Abschaffung des Streikrechts verantwortlich sind, wenn sie nicht freiwillig darauf verzichten. Die Lokführer und auch die Lufthansa-Piloten sollten sich bewusst sein, schreibt El-Sharif, dass „jede überzogene Forderung“ den Befürwortern der Tarifeinheit in die Hände spiele. „Wenn die Lokführer ihren Kurs nicht ändern, rechtfertigen sie ungewollt ihre eigene Entmachtung.“
Mit nahezu den gleichen Worten endet auch ein Online-Kommentar des Südwest-Rundfunks.
Die Süddeutsche Zeitung greift nicht nur den Streik an, sondern auch die Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn und einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit um zwei Stunden. Ihre Berliner Parlamentsredakteurin Daniela Kuhr behauptet, laut Bahn entsprächen diese Forderungen „alles in allem einem Plus von 15 Prozent“. „So selbstbewusst muss eine Berufsgruppe erst einmal sein“, entrüstet sie sich.
Vor allem empört sich die SZ-Redakteurin darüber, dass der Streik in breiten Teilen der Bevölkerung Verständnis und Unterstützung findet. Das sei „irre“, schreibt sie und beschimpft die Reisenden als Dummköpfe. Sie zeigten „Verständnis für einen Streik, den sie nicht einmal ansatzweise durchdrungen haben“.
Bereits am Tag vor Streikbeginn hatte der Chef des Innenressorts der Süddeutschen Zeitung Heribert Prantl, der sonst meist auf die Einhaltung der Grundrechte pocht, den Tarifkampf als „Krampf“ bezeichnet. Er habe kein Verständnis für diesen „unnötigen Streik gewerkschaftlicher Wichtigtuer“, schreibt Prantl. Es gehe der GDL-Führung nur um die Konkurrenz mit der DGB-Gewerkschaft EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft). Damit schade sie sich selbst und diskreditiere die Spartengewerkschaften.
Donnerstag früh meldete sich dann noch Zeit-Kolumnist Jochen Bittner zu Wort und forderte verdeckt aber unmissverständlich, dass die Lokführer in Zukunft zwangsverpflichtet werden und überhaupt nicht mehr streiken dürfen. Lokführer, Piloten und andere Arbeiter, die gesellschaftlich wichtige Arbeit leisten – Bittner nennt sie „Verantwortungsträger in der kritischen Infrastruktur“ – sollten alle Beamte werden. Als Beamter würde jeder angemessen versorgt, schreibt Bittner: „Und, noch wichtiger: Er dürfte nicht mehr streiken.“
Genau darum geht es. Das Streikrecht soll eingeschränkt und de facto abgeschafft werden …
Die Schreiberlinge in den Redaktionen, die für Krieg und gegen das Streikrecht hetzen, wissen, dass sie von der GDL (die dem konservativen Beamtenbund angehört) und ihrem Vorsitzenden Weselsky (einem CDU-Mitglied) wenig zu fürchten haben. Ihr Hass gilt den Lokführern und allen Arbeitern, die für ihre Rechte kämpfen und ihre Löhne und sozialen Errungenschaften verteidigen. Deshalb müssen ihre Attacken scharf zurückgewiesen werden.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/11/gdl-o11.html
„Der Streik der Lokführer vom vergangen Wochenende hat in den Medien, der Regierung und den DGB-Gewerkschaften regelrechte Tobsuchtsanfälle ausgelöst.
„Donnerwetter, das hat bisher noch niemand gewagt: 50 Stunden Dauerstreik bei der Deutschen Bahn“, tobte Corinna Budras in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Sie bezeichnete ihren Kommentar selbst als „Wutausbruch“ gegen den Chef der Lokführergewerkschaft (GDL), Claus Weselsky. In der Überschrift forderte sie: „Stoppt diesen Mann!“. Der „ungezügelte Machtanspruch einer kleinen Spartengewerkschaft“ dürfe nicht länger hingenommen werden.
Die 38-jährige Journalistin, die schon als Schülerin ein Auslandsjahr in Washington verbrachte und nach zwei Semestern Jurastudium in Belgien bei der Nachrichtenagentur Bloomberg in New York arbeitete, schreibt, die Forderung der Lokführer klinge in ihren Ohren „wie die Wehklage eines verwöhnten Rotzlöffels, der darauf besteht, auch mal Anführer zu sein“.
Noch aggressiver geifert Marcus Werner in der WirtschaftsWoche. Er wirft GDL-Chef Weselsky vor, er mache die Lokführer „zu Deppen der Nation“. Das Vorgehen der GDL sei „ganz schön größenwahnsinnig“, schreibt Werner und fügt hinzu: „Und das bei einer solch popelig-kleinen Gewerkschaft wie der GDL.“
Er bezeichnet den Streik als Amoklauf eines „komplexbeladenen Außenseiters“, der „sich nach Anerkennung sehne“ und für den „am Ende fast jedes Mittel recht ist, um im Mittelpunkt zu stehen“. Er rückt die Streikenden gezielt in die Nähe von Terroristen, indem er schreibt: „Es ist keine Kunst, für Chaos zu sorgen. Dafür reicht schon ein Drohanruf mit verstellter Stimme. Das kann jeder. Aber offenbar fühlt es sich für manche total geil an, für Chaos verantwortlich zu sein.“
Es sei Zeit, die Spartengewerkschaften in die Schranken zu weisen und „ihnen ihre Großkotzigkeit auszutreiben“, damit „einige selbstherrliche Wenige nicht mehr eine ganze Gesellschaft lahmlegen können“. Die „kleinen Kläffer“ müssten endgültig „an die Leine genommen werden“.
Woher kommt diese aggressive Gossensprache, die an die Nazi-Kampfschrift Der Stürmer erinnert?
Dieselben Journalisten, die den Streik attackieren, haben in den vergangen Jahren die Rettung der Banken mit hunderten Milliarden Euro verteidigt, die mit massiven sozialen Angriffen und einer hemmungslosen Bereicherung an der Spitze der Gesellschaft verbunden war. Sie unterstützen die Sparprogramme und den Sozialabbau in ganz Europa, die die Gesellschaft ruinieren und in vielen Ländern rechtsextreme politische Kräfte stärken. Sie trommeln für militärische Aufrüstung und Krieg.
Die herrschenden Eliten sehen im Streik der Lokführer, der in der Bevölkerung viel Sympathie und Unterstützung genießt, einen Ausdruck der wachsenden Opposition gegen die unsoziale Politik und den Kriegskurs der Regierung. Militärische Aufrüstung und Krieg, die von Regierung und Medien massiv vorangetrieben werden, gehen mit der Unterdrückung jedes politischen und sozialen Widerstands einher.
Am Montagmittag erschien die Online-Ausgabe des Stern mit der Schlagzeile „Nahles muss den Erpresser Weselsky stoppen“. Das Lifestyle-Blatt der Oberschicht, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kürzlich auf der Titelseite als „Kriegsministerin“ feierte, fordert von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) ein hartes und schnelles Durchgreifen.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/21/lokf-o21.html
„"Deutschlands dümmste Gewerkschaft" titelte Spiegel-Online. Die Lokführer, so die Hamburger Verkehrsspezialisten, provozierten erst durch den Streik den Einheitstarif. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Aus GDL-Sicht handelt es sich um einen sogenannten "Erzwingungsstreik", also einen Streik um das Recht, überhaupt Tarifverhandlungen zu führen. …
Wo der Spiegel gegen das Streikrecht ist, darf auch Bild nicht fehlen. "Dieser Streik macht wütend!", titelt Jan Schäfer in Bild. Allerdings macht er nicht wütend auf die systemischen Missstände der Bahn und die desaströse Verkehrspolitik der Bundesregierung, nein, wütend natürlich auf die streikenden Lokomotivführer …
"Dumm" (Spiegel), "verantwortungslos" (Bild), "irre" (Deutsche Bahn) - kann man von einem breiten Publikum genervter Fahrgäste inmitten dieser Pogromstimmung verlangen, dennoch Sympathie für die Ziele der Lokführer zu empfinden, ja, gar Solidarität?“
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43103/1.html
„Es ist sicher kein Zufall, daß nur die Stimmen empörter Kunden zu lesen sind. Ganz unbegreiflich für mich, daß die zitierte Pflegerin, die sicher weniger verdient als die Lokführer, über den Streik der Lokführer jammert, aber die eigene Unterbezahlung und Machtlosigkeit anscheinend völlig akzeptiert. Nicht nur unsolidarisch, sondern dumm.
Interessant ist gleichzeitig, daß die Lokführer mit dem Streik gleichzeitig demonstrieren können, wie wichtig sie in Wirklichkeit sind, wenn sie den Verkehr dermaßen zum Erliegen bringen können. Und müssen Leistungsträger nicht besser bezahlt werden?“
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23604#h07
„Medien, Politik und Unternehmerverbände führen eine intensive Kampagne gegen die Lokführer und Piloten, um diesem Gesetz den Boden zu bereiten, dessen Verfassungsmäßigkeit höchst umstritten ist.
Während die Piloten als „Edel-Beschäftigte“ dargestellt werden, die ihre „Privilegien“ verteidigen, ist dies bei den Lokführern, die bei harten Arbeitsbedingungen und einer Sechs-Tage-Woche mit 2.500 Euro brutto nach Hause gehen, nicht möglich. Daher greifen die Medien den GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky an, um den berechtigten Arbeitskampf der GDL zu diskreditieren. Er wird regelmäßig als „Egomane“, „Egoist“ oder gar als „Heiliger Krieger“ bezeichnet, der an „Größenwahn“ leide.“
https://www.wsws.org/de/articles/2014/10/16/gdl-o16.html
„Lokführer wenden sich gegen GDL-Chef Weselsky
“Sehr geehrter Herr Weselsky”, heißt es in dem Schreiben, mit dem ein Lokführer aus Bayern seinem Ärger Luft verschafft, “räumen Sie Ihren Platz für einen neuen Vorsitzenden, der die GDL wieder zu einer ehrlichen, glaubwürdigen Gewerkschaft formt, hinter der die Mitglieder wieder stehen können.” [...]
Die Verärgerung sei zu groß, sagt der 31-Jährige, der nicht möchte, dass sein Name in der Zeitung steht. Wenn er ihn abgeschickt hätte, wäre der Brief an Claus Weselsky gegangen [...]
Ähnliches berichtet ein Lokführer, der in Oberbayern Regionalzüge fährt und seit Jahren GDL-Mitglied ist.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Anmerkung JB: Wenn Sie nur die Überschrift lesen, werden Sie sicherlich denken, dass es innerhalb der Lokführerschaft erheblichen Widerstand gegen den Kurs der GDL gibt. Im Artikel zitiert die SZ dann zwei(!) Lokführer, die natürlich ungenannt bleiben wollen, von denen der erste angeblich einen Brief geschrieben aber nie abgeschickt hat. Oder mit anderen Worten – Überschrift und Text passen nicht zusammen. Was die SZ hier macht, ist Manipulation vom Feinsten.“
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23716#h04
Für Hans Michelbach haben die Spartengewerkschaften Cockpit und GDL das “rechte Maß verloren”. Unter den Piloten- und Lokführerstreiks leide auch die Wirtschaftsnation Deutschland, sagte der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion im DLF. [...]
Armbrüster: Und solche Streiks müssten eigentlich verboten werden?
Michelbach: Das sind Streiks, die mit dem einzelnen Interesse des Gewerkschaftsmitglieds eigentlich nichts zu tun haben.
Armbrüster: Das heißt konkret, die müssten verboten werden?
Michelbach: Das muss verboten werden, und es ist die Gratwanderung dieses Gesetzesvorhabens, auf der einen Seite verfassungskonform zu sein, auf der anderen Seite solche gewissen niederen Beweggründe auch zu verhindern.“
Quelle: Deutschlandfunk
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23652#h01
Zu den Medien-Schaffenden:
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/98-geistige-abschottung-fuehrt-zu-verbloedung.html
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/39-leben-im-elfenbeinturm.html
Natürlich wirkt die ganze Medienhetze und ein Großteil der Bevölkerung ist von den „niederen Beweggründen“ der Arbeitnehmer überzeugt.
Spaßeshalber wollte der Wurm noch erwähnen, dass schon im Ausland dafür demonstriert wird, dass deutsche Arbeitnehmer mehr Geld bekommen und sogar die Deutsche Bundesbank für höhere Lohnzuwächse plädiert:
http://www.heise.de/tp/news/Bundesbank-unterstuetzt-hoehere-Lohnforderungen-2263327.html
Im Gegensatz zu anderen Ländern wird in Deutschland ein Streik, der auch in der Öffentlichkeit spürbar ist, noch immer in die Nähe von Aufruhr und Revolution gebracht und in der veröffentlichten Meinung bekämpft. Letztendlich zum Nachteil derer, die sich freiwillig zur Schlachtbank führen lassen und auch noch selbst das Messer ansetzen.
Es scheint für den deutschen Menschen kein Problem zu sein, wenn ein Mensch Millionen verdient. Wenn aber der Nachbar ein ganz klein wenig mehr verdient oder irgend welche kleinen Vorteile hat – das ist schlimm! Lieber soll es allen unten Stehenden gemeinsam schlecht gehen als allen gut, aber darunter einige, denen es nur minimal besser geht. Das geht nicht! Was erlauben Nachbar!