Schein-Heiliger

Wirtschaftlich sind die christlichen Kirchen in Deutschland sehr bedeutend. Gesellschaftlich sind sie durch ihre zahlreichen Privilegien relevant. Geistig jedoch gehen sie mehr und mehr in Richtung Bedeutungslosigkeit.

Es gibt kaum etwas, was dies deutlicher machen würde als der Tod von Hans Küng.

Es gibt wohl keinen christlichen Schriftsteller mehr, der seine Leserschaft so sehr inspirierte wie es Hans Küng tat. Gleichzeitig ist allerdings die Leserschaft stark geschrumpft, die noch Interesse daran hatte, sich christlich inspirieren zu lassen.

Während etwa in den 1970er oder 1980er Jahren christliche Themen und Personen sowie innerkirchliche Kontroversen medial sehr präsent waren (auch den Kirchenfernen sind neben Hans Küng solche Namen wie Uta Ranke-Heinemann, Eugen Drewermann und andere sowie etwa die „Theologie der Befreiung" auch heute noch bekannt), ist das öffentliche Interesse heutzutage recht gering.

Selbst der Tod von Hans Küng wurde quasi nur noch nebenbei erwähnt und zur Kenntnis genommen.

 

Hans Küng wohlwollend betrachtet

 

Thomas Jansen: „Wer war Hans Küng? Auf diese Frage gibt es viele Antworten: Der meistgelesene deutschsprachige katholische Theologe neben Joseph Ratzinger, ein Tübinger Theologie-Professor, dem die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen wurde, einer der prägenden theologischen Köpfe des Zweiten Vatikanischen Konzils, der Gründer der Stiftung "Weltethos". Das alles war der gebürtige Schweizer, der heute im Alter von 93 Jahren gestorben ist. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung war er über Jahrzehnte vor allem eins: der Kirchenkritiker schlechthin, sehr zu seinem eigenen Leidwesen. Denn nach eigenem Bekunden hasste er es, "ständig als Kirchen- oder Papstkritiker tituliert zu werden".

Es lohnt sich, den Konflikt zwischen Küng und dem Vatikan zumindest in groben Zügen nachzuzeichnen. Denn die theologischen Fragen, um die es damals ging, sind bis heute aktuell geblieben. Bereits als junger Theologe erschien Küng im Vatikan verdächtig. Seine 1957 veröffentlichte Doktorarbeit brachte ihm den ersten Vermerk auf der häresiologischen Karteikarte des Heiligen Uffiziums ein, dem Vorläufer der heutigen Glaubenskongregation. Diese Karte trug die Protokollnummer 399/57/i. Küng hatte mit seiner Dissertation eine ökumenische Pionierleistung erbracht. Er zeigte auf, dass die reformatorische Rechtfertigungslehre, wie sie der Theologe Karl Barth vertrat, keinen Gegensatz zur rechtverstandenen katholischen Lehre bilden muss. Das war damals eine sensationelle Erkenntnis. Erst 42 Jahre später sollten sich der Vatikan und der Lutherische Weltbund in der Allgemeinen Erklärung zur Rechtfertigungslehre darauf verständigen, dass die Unterschiede in der Rechtfertigungslehre nicht mehr kirchentrennend sein müssen.

In den 1960er Jahren geriet Küng mit seinen Büchern "Die Kirche" und "Strukturen der Kirche" ins vatikanische Visier, weil er darin stärker kollegial und demokratisch ausgerichtete Leitungsstrukturen forderte. Doch Küng hatte stets einflussreiche Fürsprecher und so blieb er vorerst unbehelligt, auch wenn die Glaubenskongregation bereits 1968 ein erstes Verfahren gegen ihn eröffnete.

Doch dann kam 1970 im Schweizer Benziger Verlag ein Buch mit einem großen magenta-farbenen Fragezeichen auf schwarzem Grund und dem Wort "Unfehlbar" auf den Markt. Küng stellte darin die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage, wie sie das Erste Vatikanische Konzil hundert Jahre zuvor, unter bestimmten Voraussetzungen definiert und das Zweite Vatikanische Konzil bestätigt hatte, aber auch die Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramts im weiteren Sinne. Küng argumentierte, eine solche Unfehlbarkeit lasse sich weder aus der Bibel noch aus der Tradition herleiten. Außerdem verwies er auf päpstliche Entscheidungen in der Kirchengeschichte, die seiner Meinung nach offensichtliche Irrtümer waren.

Aktuelles Beispiel war für Küng die Enzyklika "Humanae vitae" von Paul VI. mit ihrem Verbot künstlicher Empfängnisverhütung. Aus Küngs Sicht lässt sich nur sagen, dass die Kirche insgesamt unverbrüchlich in der Wahrheit steht, einzelne päpstliche Entscheidungen sich aber sehr wohl als Irrtum entpuppen könnten. Etliche Theologen und auch Bischöfe waren damals nicht ganz glücklich mit der Unfehlbarkeits-Definition und verteidigten sie im privaten Kreis nur mit vielen einschränkenden "Wenn" und "Aber". Doch einen öffentlichen Frontalangriff gegen die päpstliche Unfehlbarkeit, wie Küng ihn jetzt eröffnete, hatte niemand zuvor unternommen.

Daraufhin eröffnete die Glaubenskongregation ein weiteres Verfahren und rügte Küng 1975 öffentlich. Ungewöhnlich war jedoch, dass dieses Verfahren und auch das 1968 eingeleitete damit beendet waren und Küng weder zum Widerruf genötigt wurde noch seine Lehrerlaubnis verlor. Diese zunächst milde Reaktion des Vatikans wird oft der Vermittlung von Kardinal Julius Döpfner zugeschrieben, der Küng persönlich verbunden war und sich hinter den Kulissen offenbar für den Tübinger Theologen einsetzte.

Küng verzichtete zwar 1974 in seinem bekanntesten Werk "Christ sein", das zum weltweiten Bestseller wurde, auf eine Wiederholung seiner Kritik. Doch auch dieses Werk erregte Anstoß, weil er darin zur Beschreibung Jesus Christi konsequent den Titel "Gottes Sohn" vermied und ihn stattdessen unter anderem als "Sachwalter Gottes" bezeichnete. Dahinter stand Küngs Überzeugung, dass die Begrifflichkeit der griechischen Metaphysik von heutigen Christen kaum noch verstanden würde, nicht zum Wesenskern des Christentums gehöre und daher auch durch andere Umschreibungen ersetzt werden könne. Küng betonte in "Christ sein" sehr stark die menschliche Seite Jesu. Das brachte ihm den Vorwurf ein, er stelle die Göttlichkeit Jesu in Frage.

Zusammen mit einer erneuten Infragestellung der Unfehlbarkeit in weiteren Publikationen und seinen Aussagen zu Jungfrauengeburt und Eucharistie führte dies 1979 zum Entzug seiner kirchlichen Lehrerlaubnis durch den Vatikan. Öffentliche Kritik von katholischen Theologen am Vorgehen Roms gab es zunächst nur vereinzelt. Einer davon war der damalige Freiburger Dogmatik-Professor Karl Lehmann, der von einem "rabenschwarzen Tag" für die Theologie sprach. Bis heute ist immer wieder die These zu hören, dass es zu dieser Eskalation zwischen dem Vatikan und Küng möglicherweise nicht gekommen wäre, wenn Kardinal Döpfner nicht schon 1976 gestorben wäre und Paul VI. noch länger regiert hätte. Doch das bleibt Spekulation.

Küngs Leben nahm nach der römischen Maßregelung nicht den idealtypischen Verlauf einer Kirchenkritiker-Biographie. Andere prominente Theologen, die mit Rom in Konflikt geraten waren, wandten sich enttäuscht und verbittert von ihrer Kirche ab: Uta Ranke-Heinemann verabschiedete sich gleich ganz vom "traditionellen Christentum", Eugen Drewermann trat demonstrativ aus der Kirche aus und Leonardo Boff wollte nicht mehr länger Priester sein. Nicht so Küng, er blieb, was er war: ein katholischer Priester und Professor ohne kirchliche Lehrerlaubnis. Küng selbst sah sich stets als "loyaler Theologe", eine Einschätzung die allerdings nicht alle kirchlichen Amtsträger teilten.

Doch so hart Küng auch nach Entzug der Lehrerlaubnis mit dem gegenwärtigen Zustand der Kirche ins Gericht ging, ob es um Unfehlbarkeit, den Zölibat oder das Frauenpriestertum ging: Der Schweizer gab die Hoffnung nie auf, dass sich die Dinge in der Kirche doch noch in seinem Sinne entwickeln könnten.

An einer kirchlichen Anerkennung seines Wirkens lag dem äußerst selbstbewußten Schweizer mit einem ausgeprägten Freiheitsdrang offensichtlich viel. So erklärt sich wohl auch, dass er schon bald nach der Wahl seines früheren Tübinger Professoren-Kollegen Joseph Ratzinger zum Papst um ein Gespräch ersuchte. War diese Bitte schon bemerkenswert, so galt dies erst recht für die Zusage Benedikt XVI., der Küng im September 2005 zu einem vierstündigen Gespräch in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo empfing. Ebenjener Ratzinger, den seine Kritiker als Panzer-Kardinal verspotteten, nahm sich die Freiheit, einen Theologen zu treffen, dem sein von ihm hochverehrter Vorgänger Johannes Paul II., die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen hatte. Beide sprachen über den interreligiösen Dialog und das Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft, wie man der vatikanischen Mitteilung über die Begegnung entnehmen konnte, die nach Küngs Darstellung Benedikt XVI. höchstpersönlich verfasste. Ob Küng und Ratzinger auch über die Kontroversen der Vergangenheit sprachen, bleibt Spekulation. In der Öffentlichkeit wurde das Treffen an sich schon als eine Art Rehabilitierung Küngs gedeutet.

Nach dem Entzug der Lehrerlaubnis erhielt Küng einen fakultätenunabhängigen Lehrstuhl für ökumenische Theologie an der Universität Tübingen, wo er seit 1960 an der katholisch-theologischen Fakultät gelehrt hatte. In seiner neuen Rolle widmete er sich vor allem dem Dialog zwischen den Religionen und gründete hierzu die Stiftung "Weltethos". Küng sieht das Weltethos als "ethisches Koordinatenkreuz", dessen Grundlage die goldene Regel bildet "Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu". Küng warb mit beachtlicher Resonanz bei Staatsmännern, Religionsführern und Unternehmern für seine Idee. Hierbei kam ihm das zugute, was ihm auch früher als Theologe bereits sehr geholfen hatte: dass er komplexe religiöse und theologische Sachverhalte auch für Nichtfachleute und Außenstehende allgemeinverständlich erklären kann.

Trotz der vielversprechenden Begegnung zu Beginn der Amtszeit von Benedikt XVI. sparte Küng in den folgenden Jahren nicht mit Kritik an seinem früheren Tübinger Professoren-Kollegen auf dem Stuhl Petri. Mit dem Papsttum versöhnt wurde er offenbar erst durch Franziskus. Dem ersten lateinamerikanischen Papst schrieb Küng kurz nach dessen Wahl einen Brief und erhielt zu seiner großen Freude einen "handgeschriebenen, brüderlichen Brief" als Antwort. Durch diese Korrespondenz betrachtete sich Küng zum Ende seines Lebens als "quasi informell" rehabilitiert, wie er selbst sagte. Eine öffentliche Rehabilitierung durch Rom sei ihm "nicht so wichtig". Es gehe darum, dass es für die Menschen und für die Kirche vorangehe.

Mehr Genugtuung als ein freundliches Schreiben aus der Glaubenskongregation bereiten ihm vermutlich Szenen, wie jene, die sich am 26. November 2015 in Kenias Hauptstadt Nairobi zutrug: An diesem Tag wurde Papst Franziskus vom obersten Repräsentanten der Muslime in Kenia empfangen – mit einem Küng-Zitat: "Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen". Das hätte sich der Tübinger Theologe 1979 wohl noch weniger träumen lassen, als dass seine frühere katholische Fakultät in Tübingen Mitveranstalter einer Konferenz zu seinem 90. Geburtstag war. "Theologie im Aufbruch" lautete ihr Titel.“

https://www.katholisch.de/artikel/16893-der-versoehnte-kirchenkritiker

 

Hans Küng übelwollend betrachtet

 

Hubertus Mynarek im Jahr 2013: „Seit ein paar Monaten berichten die Medien immer wieder über Küngs Klage, dass er vielleicht bald sterben werde. Davon aufgeschreckt, hat auch "Der Spiegel" in seiner Nummer 50 vom 9.12.13 ein Interview mit ihm veröffentlicht, das sich wie eine große Hommage auf diesen katholischen Theologen am Ende seines Lebens liest.

Im Grunde zeigt aber die Würdigung seiner Verdienste die ganze Zerrissenheit eines Theologen, ja sogar die Unsicherheit und Widersprüchlichkeit der gesamten kirchlichen Theologie. Die Medien möchten ihn zwar zum Revolutionär und Ketzer machen, aber das lehnt er gleich zu Anfang des Interviews kategorisch ab: "Ich bin kein Ketzer, sondern ein kritischer Reformtheologe". Die Analyse seiner Aussagen in besagtem Interview wird zeigen, dass er nicht einmal das Letztere ist.

Folgen wir also dem Gesprächsduktus des Interviews und prüfen wir nacheinander Küngs Aussagen. Selbstbewusst erklärt er, dass er im Unterschied zu vielen seiner Kritiker "nicht mittelalterliche Theologie, Liturgie und Kirchenrecht als Maßstab hat, sondern das Evangelium". Da erheben sich sofort ein paar Fragen. Welches Evangelium meint er? Es gibt ihrer schließlich vier, und jedes dieser vier ist eine Schöpfung der frühchristlichen Gemeinden und zeichnet, wo es nicht gerade vom vorigen Evangelium abschreibt, ein anderes Bild des Jesus von Nazareth, der ja auch keinen einzigen Evangelienschreiber autorisiert und legitimiert hat, da er zur Zeit der Entstehung der Evangelien längst tot war.

Zwar versuchen Theologen immer wieder von neuem, wenigstens einige Aussagen der Evangelien als originär von Jesus stammend herauszuarbeiten, aber es findet jeder seinem philologischen Geschmack entsprechend eine andere Aussage des Meisters als besonders zu dessen Charakter und Sprechweise passend. Von den trotz aller Abhängigkeit zahlreichen Widersprüchen zwischen den drei ersten Evangelien, den so genannten synoptischen, braucht man hier gar nicht erst zu reden. Sie sind allzu bekannt. Und das vierte Evangelium, das des vermeintlichen Apostels Johannes, ist derart abgehoben, dass es mit dem hypothetisch rekonstruierten jüdischen Wanderprediger Jesus schon fast gar nichts mehr zu tun hat.

Wenn also Hans Küng pathetisch betont, sein Maßstab sei das Evangelium, dann verkündet er eine Leerformel ohne konkreten und relevanten Inhalt. Aber fast noch schlimmer ist, dass dieser als größter Kritiker der Kirche gefeierte Theologe den ungeheuren Betrug derselben, aus dem schlichten jüdischen Wanderprediger Jesus den Christus mit allen Attributen der Gottheit gemacht zu haben, nicht nur nicht entlarvt, sondern vielmehr noch nachhaltiger theologisch begründet und vertieft hat.

Die Kirche ebenso wie Küng machen das Evangelium zum höchsten Maßstab, sozusagen zum Kompendium aller Offenbarungswahrheiten. Vermutlich stets unter der Annahme, dass die Gläubigen ihnen schon nicht so genau auf die Finger schauen und die Evangelien nicht sorgfältig lesen werden. Ununterbrochen verfälschen sie die Aussagen der Evangelien nach ihrem Gusto. Beispiele gefällig? Bitte schön!

"Der Spiegel" fragt "Gibt es die Hölle überhaupt?". Die Evangelien sprechen insgesamt 77 mal von der ewigen Höllenstrafe, in der der nagende Wurm nicht abstirbt und das Feuer nicht erlischt. Was aber sagt der "evangeliumsgetreue" Theologe Küng?: "An eine ewige Hölle glaube ich nicht". Die Rede von der Hölle sei lediglich "eine Warnung, dass ein Mensch seinen Lebenssinn völlig verfehlen kann". Im Bestreben, die Leute unbedingt im Pferch der Kirche festzuhalten, proklamiert Küng ein neues Evangelium, in dem es die Hölle nicht mehr gibt. Modern wie er sein will, hält er sich da lieber an Sartre: "Die Hölle, das sind die anderen", die "sich die Hölle selber bereiten, zum Beispiel in Kriegen wie in Syrien oder auch in einem hemmungslosen Kapitalismus".

Auch zur Frage, was nach dem Tode geschieht, äußert sich Küng keineswegs evangeliumsgemäß, sondern recht schwammig-nebulös: Das Leben nach dem Tod sieht er "als Eingang meiner ganzen endlichen Person in die Unendlichkeit Gottes": Er habe "keine mathematisch-naturwissenschaftlichen Beweise dafür", aber er "vertraue mit guten Gründen auf die Botschaft der Bibel". Allesvernebler Küng identifiziert sich hier schon wieder mit der Botschaft der Bibel, damit auch der Evangelien, aber die sagen etwas ganz anderes als er. Und zwar, dass der Mensch ganz stirbt und erst mit dem Jüngsten Gericht am Ende der Zeiten wieder zum Leben auferweckt wird.

Küng ebenso wie seine Kirche sehen natürlich das Groteske und Absurde der biblischen Auferstehungsidee und in ihrem gemeinsamen missionarischen Drang, den modernen Menschen an der Stange zu halten, verfälschen sie die biblische Botschaft bis zur Unkenntlichkeit. Denn auch die Idee der Unsterblichkeit der Seele ist nicht originär und genuin christlich, sondern von antiken "heidnischen" Religionen wie der altpersischen und ägyptischen und vom hellenistischen Synkretismus übernommen (vgl. H. Mynarek, Unsterblichkeit, Essen 2005, Verlag Die Blaue Eule).

Auch mit der Wahrhaftigkeit, die die Evangelien ja fordern ("Deine Rede sei ja, ja, nein, nein. Alles andere ist von Übel"), hat es Küng nicht so sehr. Was er über den Entzug seiner Lehrerlaubnis durch den Vatikan von sich gibt, ist eine Heldenlegende und ein Märtyrermythos, die mit den Tatsachen überhaupt nicht übereinstimmen. Er behauptet, dass "das einschneidendste Erlebnis" seines Lebens der Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis im Jahr 1979 gewesen sei. Das habe ihn "psychisch und physisch umgehauen". An einer anderen Stelle des Interviews spricht er vom "Hammer des Lehrverbots". Es gab, so Küng, "einen Tag, da lag ich nur noch auf diesem gelben Sofa hier und konnte nicht in die angekündigte Fakultätssitzung zu meinem Fall gehen". Er wäre damals "untergegangen", wenn er sich in der Auseinandersetzung mit Rom nicht ein Stückchen Selbstbewusstsein bewahrt hätte.

Selbst "Der Spiegel" fragt Küng in diesem Zusammenhang, ob er wegen des Entzugs der kirchlichen Lehrbefugnis depressiv geworden sei. Antwort Küng: "Nicht depressiv, aber erschöpft."

Dabei hatte dieser Entzug für Küng nicht die geringsten negativen Konsequenzen. Er hätte nicht einmal aus der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen ausscheiden müssen. Aufgrund des immer noch in Geltung befindlichen Hitler-Konkordats kann in Deutschland nämlich kein mit der Kirche im Streit befindlicher Theologe seinen Lehrstuhl verlieren. Er muss sogar, wenn er nicht mehr an der theologischen Fakultät bleiben will, einen gleichwertigen Lehrstuhl an einer nichttheologischen Fakultät derselben Uni vom Staat bewilligt bekommen.

Und in der Tat: Küng war so verärgert, weil die Mehrheit seiner Fakultätskollegen nicht auf seiner Seite stand, dass er auf eigenen Wunsch die katholisch-theologische Fakultät verließ. Aber er bekam sofort vom Ministerpräsidenten Baden-Württembergs einen interfakultativen Lehrstuhl für ökumenische Theologie zur Verfügung gestellt, der großzügig ausgestattet war und ihn viel freier und unabhängiger machte, als er vorher war. Schließlich musste er sich jetzt an keinerlei Vorgaben und Beschränkungen seiner theologischen Fakultät oder des zuständigen katholischen Bischofs mehr halten.

Das kirchliche Lehrverbot, über das Küng so klagt, hatte also gar keine praktische Bedeutung. Er konnte sofort weiter lehren, wie gesagt, jetzt viel freier und unabhängiger als vorher. Im Gegenteil, es erflossen ihm aus der ganzen Angelegenheit enorme Vorteile. Denn die Bücher des wegen des kirchlichen Lehrentzugs von den Medien zum Märtyrer Hochgejubelten wurden nunmehr doppelt und dreifach so gut verkauft wie vorher.

Ganz anders erging es dem Schreiber dieser Zeilen. Da ich 1972 als erster Universitätsprofessor der katholischen Theologie im 20. Jahrhundert aus der Kirche austrat, entzog mir auf Betreiben der Kirche der österreichische, sich nicht mehr ans Hitlerkonkordat gebunden fühlende Staat den Lehrstuhl (und nicht bloß wie bei Küng die Lehrbefugnis). Und um ein Exempel zu statuieren, damit nicht noch andere Theologieprofessoren aus der Kirche austreten, wurde ich nach Veröffentlichung meines Buches "Herren und Knechte der Kirche" mit fünfzehn Gerichtsprozessen seitens prominenter Kirchenvertreter und -verteidiger überzogen. Mit Recht schrieb Karlheinz Deschner, Autor der zehnbändigen Kriminalgeschichte des Christentums, zum Fall Küng: "Es ist grotesk, ja satirereif, dass dieser Mann, der seit Jahren vermutlich mehr Publizität genießt als jeder andere Theologe unserer Zeit, der weiterhin einen wohldotierten Lehrstuhl, weiterhin ein hohes Ansehen, weiterhin ein Millioneneinkommen aus seinen Büchern hat, ringsum von der Presse zu einem Märtyrer, einem zweiten Galilei hochgejubelt wird, als schrieben unsere Zeitungen Idioten".

Dagegen Deschner in diesem Zusammenhang zu mir: "Er allerdings trat konsequent aus der Kirche aus und konsequent wurde er um seine Professur, sein Haus gebracht und durch fünfzehn Prozesse wirklich eine Art Märtyrer."

Anlässlich meines Kirchenaustritts schrieb mir Hans Küng: "Ich teile Ihre ganze Kritik am evangeliumswidrigen Verhalten der Kirche. Aber ich würde Ihren Schritt des Kirchenaustritts nie vollziehen".

Tatsächlich sieht ja Küng durchaus wie ich alle Missstände, Verbrechen, Fälschungen und dubiosen Machenschaften der Kirche. Aber er ist zu ängstlich und feige, die einzig konsequente Folgerung daraus zu ziehen und aus der Kirche auszutreten. Wie mir Johannes Neumann, sein damaliger Kollege an der Universität Tübingen, der später auch als Rektor derselben fungierte, mitteilte, hat Küng sogar etwa bis 1980 seine Manuskripte, bevor er sie als Buch herausgab, der Kongregation für die Glaubenslehre, der früheren Inquisitionsbehörde, dem Heiligen Offizium vorgelegt, um ja keine Prozesse der Amtskirche gegen sich zu riskieren. "Küng und ich", so Neumann in einem Brief an mich, "haben als nützliche Idioten der Amtskirche fungiert".

In der Tat: Selbst in seinem hier analysierten neuesten Interview mit dem "Spiegel" präsentiert sich Küng durchaus nicht als mutiger Rebell, als den ihn die Presse bejubelt. Sagt er doch in diesem Interview: "Ich war manchmal zu polemisch und wäre froh, wenn ich manches nicht gesagt hätte... Man hat ja nur verlangt, dass ich ruhig sein soll. Was ich persönlich glaube, war denen in Rom egal, die haben gesagt: Sie können glauben, was Sie wollen". Fast klingt es wie Reue über seine ohnehin sehr gemäßigte Kirchenkritik, wenn er äußert: "Manche sagen, wenn ich damals klein beigegeben hätte, wäre ich längst Kardinal".

Während "Der Spiegel" behauptet, dass "im Vatikan zurzeit jene Revolution stattfindet, für die Hans Küng ein Leben lang gekämpft hat", gibt Küng im selben Interview offen zu, dass er auf die Amtskirche und den Vatikan im Grunde überhaupt keinen Einfluss ausgeübt hat: "Bis auf den heutigen Tag werden meine Bücher von der Hierarchie und der Schultheologie ignoriert". Wenn sie ignoriert wurden und der Hierarchie nicht zur Kenntnis kamen, können sie auch keine Revolution im Vatikan ausgelöst haben.

Aber mit der Verwendung des Begriffs Revolution greift auch "Der Spiegel" zu hoch, ebenso wenn er den Papst "einen Revolutionär" nennt. Es ist lächerlich, wie Küng gleich nach der Vorgabe des Stichworts "Revolution" durch den "Spiegel" die "revolutionären Taten" des neuen Papstes preist: "Die Vereinfachung der Kleidung, die Veränderungen des Protokolls, die ganz andere Sprache, das sind nicht nur Äußerlichkeiten. Er hat einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Man sieht bei diesem Papst wieder viel mehr den Dienstcharakter des Petrusamtes. Er fordert, dass man rausgeht aus der Kirche, dass man auf die Menschen zugeht.(...) Seine erste Reise führte ihn zu den Flüchtlingen nach Lampedusa.(...) Auch die Forderung nach einer armen Kirche führt zu einem anderen Denken."

Aber eine arme Kirche hat der Papst ja nicht realisiert und wird es auch nicht tun, indem er z.B. die enormen, aber doch toten Musealschätze des Vatikans verkauft und den Gelderlös an die Armen verteilt. Und es ist auch nicht bekannt, dass er den Bootsflüchtlingen in Lampedusa mehr als verbalen Trost gespendet hätte. Aber Küng frohlockt: "Ein katholischer Frühling ist schon da", freilich bestehe die "Gefahr von Rückschlägen und einer Gegenbewegung wie beim Arabischen Frühling".

Man sieht hier wieder einmal, wie schnell die von den Medien hochgelobten, aber in Wirklichkeit unechten Kritiker der Kirche umkippen. Zwei Bücher hat Küng dem neuen Papst geschickt und schon schmilzt er ob der Reaktion des Papstes dahin: "Ich habe schon zwei handgeschriebene und sehr freundliche Briefe von ihm erhalten. Auf dem Umschlag stand als Absender einfach 'F. Domus Sanctae Marthae, Vaticano', unterzeichnet 'mit brüderlichem Gruß'. Das ist schon ein neuer Stil."

Papst Franziskus hat einen neuen Freund gewonnen: Hans Küng. Schon sieht sich dieser in einer Front mit dem Papst gegen die deutsche Bischofskonferenz, denn die wolle ihn ja bis zum heutigen Tag partout nicht rehabilitieren. Aber mit dem Papst als neuem Freund kann er diesen Affront der Bischofskonferenz besser verschmerzen: "Papst Franziskus sollte nicht andere wichtige Aufgaben gefährden, indem er mich aufwertet und zu viel Nähe zu mir zeigt."

Ganz ähnlich ist jetzt der führende südamerikanische Befreiungstheologe Leonardo Boff wortwörtlich umgefallen. Ihn, den Ratzinger so oft gedemütigt und zu peinlichen Unterwerfungserklärungen gezwungen hat, hat Papst Franziskus umarmt und mit ihm ein paar freundliche Worte gewechselt. Seitdem ist er der Troubadour des neuen Papstes und singt er in zahlreichen kirchlichen Zeitschriften und Zeitungen das Loblied auf ihn als den "neuen Revolutionär" im Vatikan.

Weder Boff noch Küng als Symbole des vermeintlichen Fortschritts in der Kirche sind im Stande zu erkennen, geschweige denn öffentlich anzuerkennen, dass der neue Papst kein einziges der abstrusen und absurden Dogmen abändern oder gar aufheben wird oder dass er den Urquell des Hochmuts des Alleinseligmachenden, die päpstliche Unfehlbarkeit je widerrufen würde.

Wie zur Bestätigung dessen weist "Der Spiegel" im Interview mit Küng darauf hin, dass der neue Papst einen der schärfsten Hardliner im Vatikan, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, als Chef der Glaubenskongregation im Amt bestätigt hat, ihn also "weiter Glaubensaufseher und Großinquisitor spielen lässt". Das schwache Gegenargument Küngs: "Ich könnte mir vorstellen, dass Benedikt sich für den Verbleib Müllers stark gemacht hat".

Ein weiteres Argument, dass Papst Franziskus an der amtskirchlichen Dogmatik nicht rütteln wird: "Er hat die Heiligsprechung von Johannes Paul II. angekündigt, einem restaurativen Papst, der Gruppen wie Opus Dei und die Legionäre Christi stark gemacht hat". Auch dieses Argument kann Küngs Begeisterung für den neuen Papst nicht bremsen, er schiebt die Schuld an dieser Kanonisation auf das Weiterwirken des vorigen Papstes: "Die Heiligsprechung Wojtylas wurde von Benedikt forciert, unter Missachtung aller vorgeschriebenen Fristen. Dies nun einfach abzubrechen wäre nicht nur ein Affront gegen Benedikt, sondern auch gegen viele Polen. Ich kann verstehen, dass Franziskus das nicht will".

Wenn aber Franziskus den Polen einen neuen Heiligen servieren will, stellt er damit die Wahrheit über den keineswegs heiligen Lebenswandel Wojtylas hintan. Leider muss man dann aber ziemlich generell annehmen, dass der Papst vor lauter Rücksichtnahmen auf die vielen einflussreichen Cliquen im Vatikan das Gebot der Priorität der Wahrheit des öfteren mit Füßen treten wird.

Es geht ja auch letztlich nicht so sehr um die Legitimität der Heiligsprechung eines Johannes Pauls II. oder eines Johannes XXIII., sondern um eine wirklich revolutionäre Tat, die man Papst Franziskus allerdings nicht zutrauen kann, nämlich die Aufhebung überhaupt aller Heiligsprechungen, die in den meisten Fällen eine Farce, Legende, Lüge oder Betrug sind. Auch Küng gibt an dieser Stelle wenigstens zu, dass sie "eine Erfindung des Mittelalters" seien und dass man sich fragen könne, ob diese Heiligsprechungen "heute überhaupt noch Sinn machen".

Aber vielleicht spricht ja eine künftige Kirche auch noch Hans Küng heilig, wenn noch mehr Intellektuelle, die nur Küngs wegen in der Kirche bleiben, nach seinem Tod aus ihr austreten. Damit hat die Kirche ja nie Gewissensprobleme gehabt: Theologen, die sie ein oder mehrere Jahrhunderte vorher indiziert, exkommuniziert oder suspendiert hatte, hat sie später zu Kirchenvätern ernannt oder zur Ehre der Altäre erhoben.

Tatsächlich hat Küng mit dem Wojtyla-Papst jetzt schon eines gemeinsam: Er zelebriert sein eher oder später bevorstehendes Ende fast genauso öffentlichkeitswirksam, wie dieser Papst sein Sterben vor aller Augen demonstrierte. Man erinnere sich an das lange Sterben des Wojtyla-Papstes: Jede Geste, jeder Atemzug, jedes Stöhnen, jedes Flüstern, jedes Klagen wurde der Menge via TV nahegebracht. Alle sollten mitleiden, weil doch der Tod eines Großen viel mehr als der Tod eines gewöhnlichen Sterblichen bedeute (siehe dazu: H. Mynarek, Der polnische Papst, Freiburg 2005). Und jetzt sind wir seit etwa zwei bis drei Monaten Zeugen von ständig in die Medien gelangenden Nachrichten über Küngs Gesundheitszustand.

Er spricht auch im hier analysierten Interview von seinem "oft gequälten Gehirn", lässt den "Spiegel" referieren, dass Küng "ein alter, kranker Mann" sei, der "unter einem Hörsturz, (...) Arthrose und einer Makuladegeneration" leide, die dazu führe, dass er bald nicht mehr werde lesen können. Küng bestätigt: Ja, "das wäre das Schlimmste, nicht mehr lesen zu können". Aber natürlich wehre er sich "noch jeden Tag intensiv" gegen die bei ihm festgestellte Parkinson-Erkrankung. Allerdings nehme er all dies "als mahnende Vorboten des Todes", denn auch "meine Schrift wird klein und oft unlesbar, sie scheint fast zu verschwinden. Meine Finger versagen".

Wir dürfen aber auch erfahren, was Küng so alles gegen seinen Zustand tut: "Ich schwimme täglich eine Viertelstunde hier im Haus, mache physiotherapeutische Übungen auf dem Boden, dazu Stimmübungen, Fingerübungen. (...) Außerdem nehme ich täglich zehn verschiedene Tabletten". Dank dieser zehn Tabletten, "dank der Fortschritte der Hygiene und der Medizin" erreiche er eine "künstliche Verlängerung seiner Lebenszeit". Denn "das kann man von mir nicht erwarten, dass ich so einen Zustand in Kauf nehme" wie den des ebenfalls an Parkinson leidenden Muhammed Ali ("für mich eine schreckliche Vorstellung") oder den seines Freundes Walter Jens, der durch seine auch ihn, Küng, deprimierende Demenz "in eine Art Kindheit zurückgefallen ist", bevor er starb.

Man kann, ja man muss fast sagen, dass der Wojtyla-Papst und der Theologenpapst Küng wahre "Exhibitionisten des Leidens und Sterbens" sind. Aber natürlich kann Küng dabei nicht stehen bleiben. Er muss sich ja auch vor seiner an ihn glaubenden Öffentlichkeitsgemeinde heroisieren. Deswegen betont er tapfer: "Ich hänge nicht an diesem Leben" (was sogar die Hauptüberschrift des Interviews ist), "ich lebe auf Abruf und bin bereit, jederzeit Abschied zu nehmen". Hier widerspricht sogar "Der Spiegel" unter Hinweis auf Küngs Autobiographie, in der Küng klagt: "Es wird mir weh ums Herz, wenn ich bedenke, dass ich das alles aufgeben soll".

Da Küng in seinen drei dickleibigen Erinnerungsbänden ununterbrochen um sich selbst und seine Verdienste kreist ("Vielleicht habe ich deshalb auch immer wieder erwähnt, wer mich in Wissenschaft, Politik und Medien anerkennend zitiert"), wird es selbst dem "Spiegel" zu viel: "Ihnen wurde ein Leben lang Eitelkeit vorgeworfen. In Ihrer Biographie gibt es dazu sogar ein ganzes Kapitel (...). Sie schreiben, dass andere Theologen auf Sie neidisch waren, weil Sie öfter zu Fernsehsendungen eingeladen wurden, weil Sie auf einen sportlichen Körper und angemessene Kleidung Wert legen, einen Schlips tragen". Schwaches Dementi Küngs: "Meine Fähigkeiten habe ich selten überschätzt.(...) Und ich habe auch eine Abneigung gegen illusionistisch überschätzte Eigenschaften. Ich kenne meine Grenzen".

Es liegt wahrscheinlich auch nicht allein an Küng, dass ihm selbst der kleinste von ihm ausgehende Anlass zum Event gerät und sofort von den Medien aufgegriffen wird. Küng hatte beispielsweise nicht einmal gesagt, dass er tatsächlich Sterbehilfe in Anspruch nehmen werde. Aber sofort verkündeten Medien, dass er es tun werde und dass dies ein revolutionärer Affront gegen die Amtskirche sei. Allsogleich auch verlieh ihm die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (dghs) in Bonn einen Verdienstorden für seine Zivilcourage. Wohlgemerkt eine säkuläre Organisation, die von einem Atheisten, Hans-Henning Atrott, gegründet wurde.

Da nützte es nichts mehr, dass der eher ängstliche Küng sofort zurückruderte: "Ich habe mich immer dagegen gewehrt, dass man meine Einstellung zum Sterben als Protest gegen die kirchliche Autorität sieht. (...) Es wäre doch lächerlich, seinen Tod zu inszenieren als Protest gegen die kirchliche Autorität". Er habe auch "noch keinen Fahrplan" in Bezug auf die letzte Station seines Lebens. Allerdings: "Meine persönliche Sterbeliturgie habe ich in meinem letzten Memoirenband genau niedergelegt". "Der Spiegel": Aber "ein Pfarrer darf Ihnen nicht die letzte Ölung geben?" Küngs Antwort ist ein Jein, das zu der Zwiespältigkeit seines Charakters und seiner Theologie passt: "Ich werde einen Freund, der Priester und einer meiner Schüler ist, dabeihaben".

Der vermeintlich so progressive Theologe Küng war ohnehin in sakramentalen und liturgischen Dingen ein echter Konservativer. Immer wieder, zuletzt noch in seinem Buch "Ist die Kirche noch zu retten?", betont er, dass er ja schließlich von der Amtskirche nicht suspendiert worden sei, somit täglich seine hl. Messe zelebrieren könne, was er auch treu und brav tue. Dass er aber seinen Status als Priester aufgegeben hätte, wo doch der jüdische Jesus nicht im entferntesten im Sinn hatte, ein Christentum, Papsttum oder Priestertum zu stiften – davon war Küng meilenweit entfernt. Diesbezüglich blieb er ein ganz traditionalistisch-konservativer Kleriker. Man stelle sich vor: Der täglich seine Messe zelebrierende Priester Küng spricht die Wandlungsworte: "Das ist mein Leib", "Das ist mein Blut". Wie kann der sich so aufgeklärt gebende Küng in diesem Moment glauben, eine Hostie in den Leib Christi, ein paar Tropfen Wein in das Blut Christi zu verwandeln? Ein abergläubischer Irrsinn! Aber Küng vollzieht ihn, indem er die Messe zelebriert!

Schon in seinem eben genannten Buch hat sich Küng zum Spitzenreformer, Arzt und Psychotherapeuten der Kirche hochstilisiert. Gegen Ende seines hier analysierten Interviews aber bringt er noch das Kunststück fertig, sich als keuschen Aloysius darzustellen. "Leben Sie selbst zölibatär?" fragt ihn "Der Spiegel". Küng antwortet: "Ich bin nicht verheiratet, habe weder Frau noch Kinder". Der erste Teil dieser Antwort ("Ich bin nicht verheiratet") ist die Standardantwort vieler Priester, die mit Frauen zusammenleben. Und sie ist nicht einmal ganz falsch, weil der Begriff Zölibat zunächst einmal nur Ehelosigkeit meint. Da kann die Amtskirche in Hunderten von offiziellen Erklärungen bestimmen, dass das von ihr den Priestern auferlegte Zölibatsgesetz nicht bloß Ehelosigkeit, sondern auch Enthaltungen von jeglichem Sexualverkehr mit Frauen bedeutet, die meisten Priester halten sich nur an den ersten Teil der Bestimmung und verschweigen ihre Verhältnisse.

Was wäre das doch für ein revolutionärer Akt gewesen, wenn sich Küng öffentlich dazu bekannt hätte, dass er Frauen, Freundinnen, Lebensgefährtinnen hatte und dass er auch sein Outing als Protest gegen das widernatürliche Zölibatsgesetz der Kirche verstanden wissen wolle. Stattdessen hat er ganze Traktate gegen das Zölibatsgesetz der Kirche geschrieben, hat das Menschenrecht des Priesters auch auf seinen Leib und die Frau mit diversen Argumenten begründet, aber öffentlich stets so getan, als ob ihn das persönlich alles nicht betreffe. Und auch im jetzigen Interview spricht er nur von "meiner idealen Lebensbegleiterin... im Sinn einer vorbildlichen Wegkameradschaft: Wir haben getrenntes Eigentum, getrennte Stockwerke, getrennte Wohnungen. (...) Mehr habe ich darüber nicht zu sagen".

Zwar gibt er in einem anderen Zusammenhang seines Interviews zu, ein derart "wildes Leben" geführt zu haben, dass er gedacht habe, er würde nicht mal sein 50. Lebensjahr erreichen. Wer aber bei diesem "wilden Leben" auch an Sex denkt, liegt zwar beim Durchschnittsmann goldrichtig, missversteht aber den doch weit über dem Durchschnitt stehenden Hans Küng gehörig, denn der meint sicherlich ein "ganz anderes" wildes Leben.

Dabei müsste er sich gar nicht so zieren, denn auch ein Karl Lehmann oder ein Walter Kasper und eine Reihe anderer Theologen wurden zu Kardinälen ernannt, obwohl sie ihre Frauen hatten. Aber offenbar muss einer, der sich als Spitzenvertreter aller Reformbewegungen in der Kirche wähnt, auch noch den Mythos aufrechterhalten, frei von der sexuellen Begierde zu sein.

Auch diesbezüglich erweist sich Küng als braver Nachvollzieher der Zölibatsideologie seiner Kirche. Denn auch die Zölibatsenzyklika des von ihm, wie er betont, hochgeschätzten Pauls VI. stellt ja noch den zölibatären Priester als über den Menschen mit ihren Begierden stehend dar. Er sei gerade wegen seiner Beherrschung des Fleisches mehr als alle anderen Menschen sozusagen in der Mitte zwischen Gott und Mensch: zwar weniger als Gott, aber mehr als der Mensch.

Als Verdienst Küngs wertet "Der Spiegel" auch noch, dass er 1995 die Stiftung Weltethos ins Leben gerufen habe, und zwar, "um den Dialog zwischen den Religionen zu fördern". Aber eine echte Versöhnung der Weltreligionen konnte dabei gar nicht herauskommen, denn für Küng bleibt Jesus Christus unbezweifelbar der einzige und einzigartige Maßstab echter Menschlichkeit, selbst für säkular-humanistische Atheisten.

Und auch da werden wir zwei Dinge nicht erleben: Trotz allem Optimismus Küngs in Bezug auf den neuen Papst wird dieser weder das heuchlerische Zölibatsgesetz für Priester aufheben noch urbi et orbi feierlich ex cathedra erklären, dass alle Religionen gleichermaßen Wahres und Falsches enthalten und keine Weltreligion über eine andere zu stellen ist. Um eine echte Versöhnung, einen Weltfrieden der Religionen zu erreichen, müsste zuallererst das biblische Gottesbild von seinen haarsträubenden Grausamkeiten befreit werden. Allein über hundertmal befiehlt der biblische Jahwe-Gott sogar den Völkermord!

Aber was schreibt der alles glättende, alles vernebelnde, alles verschleiernde "Reformtheologe" Küng im Interview: "Der Gott der Bibel ist ein Gott der Barmherzigkeit und nicht ein grausamer Despot". Bei derart frecher Leugnung biblischer Tatbestände verbietet sich jeder weitere Kommentar.“

https://hpd.de/node/17484

 

Stiftung Weltethos

 

Aus „Wikipedia“: „Im Februar 1989 legte Küng das Basispapier für ein Symposium an der UNESCO zum Thema „Kein Weltfriede ohne Religionsfriede“ vor. Mitten während des Umbruchs in Osteuropa sprach er 1990 auf dem World Economic Forum in Davos zur Frage „Warum brauchen wir globale ethische Standards, um zu überleben?“. Im selben Jahr erschien das Buch Projekt Weltethos. Küng war Initiator und von 1995 bis 2013 Präsident der Stiftung Weltethos mit Sitz in Tübingen. 1993 hatte das Parlament der Weltreligionen eine „Erklärung zum Weltethos“ in Chicago verabschiedet, dessen Entwurf unter Federführung von Hans Küng im Institut für ökumenische Forschung der Universität Tübingen entstand. Mit dieser Erklärung verständigten sich erstmals Vertreter aller Religionen über Prinzipien eines Weltethos. Vier Jahre später folgte der Entwurf für eine „Allgemeine Erklärung der Menschenpflichten“ des InterAction Council, ein Gremium früherer Staats- und Regierungschefs unter dem Vorsitz des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_K%C3%BCng

Näheres zum „Weltethos“ gibt es unter anderem hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Weltethos

http://www.weltethos.org/

So löblich das Projekt Weltethos auch sein mag: es ist ein Produkt seiner Zeit. Wenn sich Hans Küng dessen nicht angenommen hätte, hätte dies ein anderer getan. Es hätte vielleicht anders ausgesehen, aber wäre in die gleiche Richtung gegangen.

Die Menschheit ist in den letzten Jahrzehnten sehr viel beweglicher und medial vernetzter geworden, so dass sich neben den Körpern auch die Gedanken immer mehr vermischen. Und diese Vermischung muss dann zumindest ideell begleitet werden.

Dies ist der eine Punkt. Der andere ist, dass sich heutzutage Religionen kaum ins Gehege kommen. Die Anzahl der Menschen, die von der einen zur anderen Religion wechseln, ist gering. Der Gegner einer bestimmten Religion ist heutzutage weniger eine andere Religion als überhaupt die Abkehr von der Religion. Sei es, in dem die Menschen sich ihr religiöses Weltbild aus mehreren Religionen zusammenbasteln, ins Esoterische abdriften oder das Säkulare bis hin zum Atheismus bevorzugen.

Da liegt der für die Religionen tatsächlich schädliche Punkt, bei dem die Religions-Gemeinschaften zusammen arbeiten sollten. Ob mit oder ohne Hans Küng.

Und das Projekt Weltethos ist beileibe nicht das erste oder gar einzige Projekt, das in diese Richtung geht.

Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „"Religions for Peace" ist das weltweit größte Bündnis von Religionsgemeinschaften, aktiv in rund 100 Ländern. 1961 wurde die Organisation gegründet mit dem erklärten Ziel, dass Religionsvertreter in Krisen und Konflikten Friedensarbeit leisten.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/402-religion-und-krieg.html

 

„Das Weltgebetstreffen für den Frieden ist ein interreligiöses Treffen von hohen Geistlichen verschiedener Religionen in der italienischen Stadt Assisi, das zum ersten Mal am 27. Oktober 1986 auf Einladung Papst Johannes Pauls II. veranstaltet wurde. In den Jahren 1993, 2002 und 2011 folgten drei weitere. Die Weltgebetstreffen waren eine Folge der Erklärung Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen im Jahre 1965 …

Am ersten Weltgebetstreffen 1986 nahmen insgesamt 150 Vertreter von 12 verschiedenen Gruppierungen teil. Darunter der Dalai Lama Tenzin Gyatso als Vertreter des tibetischen Buddhismus, Inamullah Khan (Islamischer Weltkongress), der römische Großrabbiner Elio Toaff (Juden in Rom), sowie Vertreter des Hinduismus, des Sikhismus und einige weitere religiöse Führer.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgebetstreffen

 

Unverschämterweise verschweigt Hans Küng, dass es gerade die säkular gesinnten Humanisten waren, die oft genug gegen den heftigsten Widerstand der Kirchen und Religions-Gemeinschaften vor allem im Zeitalter der Aufklärung für die heute gültigen ethischen Positionen sorgten. Für Hans Küng kommen die Säkularen kaum vor; Moral kommt aus seiner Sicht nur von der Religion.

 

Fazit

 

Hans Küng gehörte zu jenen Schein-Oppositionellen, die berechtigte Kritik auf ungefährliche Nebengleise kanalisieren (im katholischen Bereich zählen etwa „Zölibat“ oder „Unfehlbarkeit des Papstes“ dazu), aber nicht an den Kern des Problems gehen und damit von diesem ablenken.

Aus einem früheren Beitrag des Wurms über Karlheinz Deschner: „Und da sind wir schon bei einem Schwachpunkt in Deschners Werk angelangt: mit Kritik an Jesus hält er sich weitest gehend zurück. Und so gibt es durchaus gläubige, humanistisch gesinnte Christen, die mit ihm nach der Formel „guter Jesus, schlechte Kirche bzw. schlechte Menschen“ gut leben können und ihm in so ziemlich allem zustimmen.

Da verweist der Wurm gern auf Franz Buggle, der mit einem einzigen Buch genau diesen Jesus mit seinen eigenen Aussagen auseinander nimmt und aufzeigt, welch katastrophale Folgen dieser Jesus für einen Großteil der Menschheit hatte. Schon allein mit der Einführung von Teufel und Hölle mit ewigen Qualen, die es beide im Judentum nicht gab und nicht gibt.

http://fowid.de/fileadmin/textarchiv/Buggle_Franz/Jesus_Inhuman_TA1994_2.pdf

Dieses starke Buch trägt den Titel „Denn sie wissen nicht, was sie glauben – Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann“. Hierin führt er auch auf, welche Gefahren für die Welt christliches Gedankengut vor allem bei fundamentalistisch-konservativen Politikern, etwa bei den „Republikanern“ in den USA, beinhaltet.

Hier ein Mitschnitt eines Vortrages von Franz Buggle:

https://www.youtube.com/watch?v=YMV6IrU5Qls

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/92-aufklaerung-ist-aergernis.html

 

Franz Buggle hat sich im oben genannten Buch intensiv mit Hans Küng und dessen Rolle auseinandergesetzt. Bei vielen Menschen herrsche nämlich die Meinung vor, dass sie vielleicht nicht viel mit Religion, ganz bestimmt aber nichts mit der Kirche zu tun hätten – aber solange es solche Menschen wie Hans Küng gäbe, die sich „kritisch“ mit der Kirche auseinandersetzen, aber noch in ihr blieben, solange können sie selbst auch noch dabei bleiben.

Ob Kirchen, Parteien, Vereine oder sonstige Gemeinschaften – überall gibt es solche Schein-Oppositionelle, die von den eigentlich wichtigen Themen ablenken und wg. denen Menschen nicht austreten oder auf die Barrikaden gehen.

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

10. April – Wochenkommentar von Ferdinand Wegscheider

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ - Im neuen Wochenkommentar geht es heute um ein Thema, das uns schon lange unter den Fingern brennt: es geht um die jahrelangen politischen Bekenntnisse, wie wichtig Sport und Bewegung schon für junge Menschen sind. Wir schauen uns an, wieviel davon umgesetzt wurde und haben dazu auch einen ganz konkreten Lösungsansatz.

https://www.servustv.com/videos/aa-26puuqxjh1w11/

 

Gunnar Kaiser: Schweigen ist Gold

https://www.youtube.com/watch?v=MfOG3yns95k

 

Ganz besondere Helden - Ein Impf-Arzt erinnert sich

https://www.youtube.com/watch?v=8igBP5Za-c0

 

WIR MACHEN AUF by augustin

https://www.youtube.com/watch?v=nNlsIFS9Jxc

 

Nikolai Binner: Corona FÜR IMMER???

https://www.youtube.com/watch?v=hmQmGqmdEG8

 

Tamara Wernli: Corona und WAS UNS JETZT DROHT

https://www.youtube.com/watch?v=RcGkx6P43EI

 

"GLAUBEN SIE NUR OFFIZIELLEN QUELLEN"

https://www.bitchute.com/video/BfVawTJcFEPb/

 

AN WAS ERINNERT EUCH DAS?

https://www.bitchute.com/video/vPSM7vY25RMh/

 

Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 21

https://www.youtube.com/watch?v=DuPA1SxNzuk

 

Merkel Kombat | Putin und Biden im Kugelhagel | Strippenzieher

https://www.youtube.com/watch?v=u0GWoLxi9rg

 

HallMack Lizenz zum Lockdown

https://www.frei3.de/article/0d71a35a-76e3-4ecf-a067-41ab80085974

 

HallMack Mega Lockdown - Die neuen Einschränkungen

https://www.frei3.de/article/67ec8f17-01dd-4b54-96ac-a48a409b581c

 

HallMack Lasch, Lascher, Laschet

https://www.frei3.de/article/d1726bf4-10f1-4ef7-be4c-9bbd078c83a9

 

HallMack Notbremse für Johnson & Johnson

https://www.frei3.de/article/f27147fd-4da4-489d-bc7d-80eb1719af52

 

HallMack Dänemark stoppt AstraZeneca endgültig

https://www.frei3.de/article/06ed8e46-94cc-4581-8a66-bfe0f53ce675