Thomas Kliemann: „Die Bonner Ausstellung von Marina Abramovic endet mit einem Traumergebnis: 62.000 Besucher sahen „The Cleaner“ in der Bundeskunsthalle. Es ist eine der bestbesuchten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst …
62.000 Besucher haben „The Cleaner“ gesehen. Für eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst ist das eine Traumzahl. Entsprechend gut aufgelegt ist Susanne Kleine, die Kuratorin der Schau. „Das war hier eine der bestbesuchten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst“, freut sie sich. Auch für sie selber sei es ein besonderes Erlebnis gewesen, „es war eine sehr intensive Zeit“, erzählt sie. Was sie beeindruckt habe, sei die hochemotionale Reaktion der Besucher gewesen: „Die Resonanz war außergewöhnlich positiv, weil die Leute sehr betroffen waren“, sagt sie, „mich hat am Ende einer Führung sogar eine Besucherin umarmt – mit Tränen in den Augen“.
Der Wurm war auch dabei und hatte keine Tränen in den Augen. Vielmehr fragt er sich, wer diese Leute sind, die vom Werk der Marina Abramovic so ergriffen sind.
Marina Abramovic
Aus „Schwerpunkte in der Ausstellung“:
„Gegenwart und Zeit
Im Zusammenhang mit der großen Retrospektive, die ihr das Museum of Modern Art in New York 2010 ausrichtete, war die Künstlerin drei Monate physisch mitThe Artist is Present (Die Künstlerin ist anwesend) in der Ausstellung präsent. Während der gesamten Laufzeit der Ausstellung, insgesamt 736 Stunden, saß sie auf einem Stuhl, schweigend, ohne je ihren Platz zu verlassen oder sich zu bewegen, und wechselte stumm Blicke mit Ausstellungsbesuchern, die auf dem leeren Stuhl ihr gegenüber Platz nahmen.
Dieser schweigsame Austausch von Blicken und Energie zwischen der Künstlerin und hunderten von Besuchern erweitert das Konzept der Nightsea Crossing-Serie, die sie mit Ulay zwischen 1982 und 1986 inszeniert hatte. (Diese Arbeit ist weiter hinten in der Ausstellung zu sehen.)
Würde der Stuhl ihr gegenüber leer bleiben? Wer in New York hat schon Zeit, das Telefon auszuschalten und still zu sitzen? Eine Vielzahl von Menschen, wie sich herausstellte. In dieser körperlich und geistig ungemein anstrengenden Langzeitperformance spielte das Publikum eine zentrale Rolle. Während die Künstlerin nur dasaß, reagierten viele der Besucher stark emotional auf die stille Begegnung.
Frühe Konzepte
Marina Abramović begann schon als Teenager zu malen. 1965, im Alter von 19 Jahren, wird Abramović in die Belgrader Akademie der Schönen Künste aufgenommen. Sie malt gemäß den dortigen Gepflogenheiten Stillleben, Porträts und Landschaften, aber auch Verkehrsunfälle bzw. Lastwagenzusammenstöße. Die Bilder halten den Moment fest, in dem zwei Lastwagen frontal zusammenstoßen und die dabei freigesetzte Energie und Kraft austauschen. Dieser Energieaustausch zwischen zwei Polen – später auch zwischen zwei Personen – wird eines der zentralen Themen der Künstlerin. Nach dem Bild Drei Geheimnisse von 1965, das einen Durchbruch darstellt, da es die Mitwirkung bzw. die Fantasie des Betrachters bewusst mit einbezieht, folgen Wolkenmotive. Sie verkörpern ein weiteres wichtiges Thema, ihr Interesse an Spiritualität und vor allem Immaterialität. Die Wolkenstudien führten zu Abramovićs ersten Ansätzen performativer Projekte, zum Beispiel zu der Idee des Zeichnens am Himmel mit Flugzeugkondensstreifen, was jedoch nicht realisiert wurde. In diesem Raum sind neben vorbereitenden Zeichnungen für andere frühe Arbeiten mehrere Entwürfe dafür zu sehen.
Erste Performances. Körper. Rhythmus
Abramović beginnt ihren eigenen Körper als Material zu verstehen und zu gebrauchen. Sie, das Subjekt, das eigene Erleben und vor allem die persönliche Verantwortung werden wesentlich für ihr Werk. Mit ihren nun mehr und mehr immateriellen Kunstäußerungen – Klang und Performance – fügt sie sich in die generelle Entwicklung der experimentellen Kunstszene der 1960er- und 70er-Jahre ein, man denke etwa an Joseph Beuys, aber auch an Valie Export, Gina Pane, Vito Acconci oder Charlotte Moorman.
1973 tritt sie mit ihrer ersten wirklichen Performance an die Öffentlichkeit: Rhythm 10, die Klang und Körper vereint. Sie sticht mit einem Messer so schnell wie möglich in die Zwischenräume zwischen ihren gespreizten Fingern und nimmt dieses Geräusch auf. Es ist die erste von fünf Rhythmus-Performances, in denen Abramović ihre neuen Ausdrucksmittel und Materialien – körperliche und geistige Belastungsfähigkeit, Schmerz und Gefahr sowie der direkte Austausch mit dem Publikum – in einem gemeinsamen Hier und Jetzt auslotet. Immer wieder setzt sie sich ganz bewusst auch echter Gefahr aus, was zu der Erkenntnis führt, dass es zu ihrer Existenz als Künstlerin gehört, sich bis zur Erschöpfung auszubeuten. So führt bei der Performance Rhythm 5 Sauerstoffmangel dazu, dass sie innerhalb des brennenden Sterns, eines damals in Jugoslawien allgegenwärtigen politischen Symbols, ohnmächtig wird. In dieser Zeit ändert sich ihre künstlerische Haltung nachhaltig durch eine persönliche Erkenntnis: Mit der legendären Performance Rhythm 0 von 1974 wird ihr im Sinne des Auslotens erweiterter Grenzerfahrungen immer klarer, dass auch das Publikum zum Akteur wird und sogar werden muss. Es lässt das Werk entstehen, und der Künstler ist sein Material: Abramović stellte den Zuschauern 72 Gegenstände zur Verfügung und lud sie ein, mit ihr zu machen, was sie wollten. Die Optionen provozierten Extremverhalten – sowohl hinsichtlich der Dynamik zwischen dem Verhalten Einzelner und der Gruppe als auch in Bezug auf das Verhalten der Gruppe gegenüber ihrer Person als Frau und Künstlerin. 1975 performte sie Lips of Thomas, bei der schließlich das Publikum einschritt und sie daran hinderte, sich weitere Schmerzen zuzufügen – die sie selbst gar nicht mehr wahrgenommen hatte.
Unter den Zuschauern der ersten zwei Rhythmus-Performances befand sich auch der deutsche Künstler Joseph Beuys, ein Pionier der damaligen europäischen Performance-Szene. Während dieser Jahre fand Abramović zum ersten Mal Anschluss an die Kunstszene jenseits ihrer osteuropäischen Heimat.
Schmerz. Schönheit. Befreiung
Manche Arbeiten bestehen aus einer einfachen Aktion, andere aus einer Vielzahl von Elementen und symbolischen Ebenen. Die Symbolik in Lips of Thomas ist vielschichtig und komplex. Honig, Rotwein, ein weiblicher Akt, ein Kreuz, ein fünfzackiger Stern – christliche, okkulte und kommunistische Symbole werden zu realen Malen auf dem Körper der Künstlerin. In der ritualisierten, masochistischen Séance erscheint sie gleichermaßen als Schamanin, Opfer und Märtyrerin.
Der weibliche Akt zählt zu den klassischen Motiven der Kunstgeschichte. In ihrer Performance Art Must Be Beautiful, Artist Must Be Beautiful, in der sie sich nackt das Haar bürstete, trat Abramović mit diesem Motiv in Dialog. Doch hatte ihre Aktion nichts von der Anmut und Eleganz, mit der sich die halbbekleideten Tänzerinnen in den Bildern des französischen Malers Edgar Degas (1834–1917) die Haare bürsten. In einem Akt aggressiver Selbstgeißelung bürstete sie Normen und Erwartungen an die dekorative Schönheit der Kunst und der Künstlerin gegen den Strich.
In den drei Freeing-Performances wird die völlige Erschöpfung zur Methode. Die Künstlerin schreit, bis sie keine Stimme mehr hat. Sie schreit alles aus sich heraus, bis nichts mehr da ist, und ermöglicht so einen kathartischen Neuanfang. Befreiung, Erlösung und Läuterung von Körper und Geist sind ein zentrales Thema im Werk der Künstlerin. Die Freeing-Arbeiten entstanden, bevor sich Abramović endgültig von den Zwängen Belgrads befreite und 1976 nach Amsterdam zog.
Relations. Abramović & Ulay
1975 lernt Marina Abramović Ulay (Frank Uwe Laysiepen) kennen, der wie sie an einem 30. November geboren wurde. Sie zieht nach Amsterdam, und die Stadt wird Ausgangspunkt erster gemeinsamer Konzepte; in den 12 folgenden intensiven Jahren von 1976 bis 1988 leben und arbeiten sie zusammen. Ihre symbiotische Beziehung „UlayundMarina“ bezeichnet Abramović als „Kleber“ – gemeint in dem ausschließlich positiven Sinn einer gemeinsamen Energie. 1977 kaufen sie einen alten Citroën-Bus, um in den nächsten drei Jahren in ihm zu leben und nomadisch von Ort zu Ort zu fahren; ihre Haltung haben sie als Manifest notiert:
ART VITAL
Kein fester Wohnsitz
Permanent in Bewegung sein
Direkter Kontakt
Lokaler Bezug
Selbstbestimmung
Grenzüberschreitung
Risikobereitschaft
Bewegliche Energie
Keine Proben
Kein festgelegtes Ende
Keine Wiederholung
Noch größere Verletzlichkeit
Abhängigkeit vom Zufall
Unmittelbare Reaktionen
Ihre legendären Performances, mit denen sie das performative Konzept um Dualität, Symbiose und Polarität erweitern, haben bis heute eine ungebrochene Relevanz und beeinflussen noch immer Kunstschaffende. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau (ohne einen speziellen Bezug zur persönlichen Beziehung der beiden) ist ein zentrales Thema, auch in ihren Arbeiten mit den Titeln Relation Works, in denen sie sich ohrfeigen, anschreien, den Atem des anderen einatmen, kollidieren oder gegen Säulen laufen – zumeist in formal vereinfachten, auf eine einzige Aktion ausgerichteten Kompositionen. Die beiden glichen sich einander auch äußerlich an, zum Beispiel durch identische Haarschnitte, um männliche und weibliche Energie zu vereinen bzw. die Differenz in Frage zu stellen.
Ihre Arbeiten loten dabei das Potenzial von negativer und positiver Energie, völliger Abhängigkeit und absolutem Vertrauen zwischen zwei Menschen aus, wovon auch Imponderabilia zeugt, das sie 1977 in Bologna zeigen. Das Publikum kann das Museum nur zwischen den beiden, die nackt links und rechts im Eingang stehen, betreten. Nicht allein das Thema Gender wird hier im Display transparent, sondern auch Fragen wie Verletzlichkeit, Scham, Moral usw. – und der Besucher ist ebenfalls ein aktiver Performer.
Die Liebenden. Der Bruch
In ihrer privaten Liebesbeziehung und der öffentlichen künstlerischen Partnerschaft wird die Suche nach Identität(en), nach Selbstbestimmung, nach grenzüberschreitenden Erfahrungen, nach dem Erleben von Zeit und Zeitlosigkeit bald immer intensiver und führt zum Aufbruch – die beiden verlassen Europa, um nicht-westliche Philosophien und Lebensformen kennenzulernen. Sie studieren diverse Meditationstechniken, Telepathie und Hypnose. Die Ureinwohner Australiens, tibetische Mönche und Sufis werden zu ihren Lehrmeistern. Sie trainieren ihre mentale Ausdauer und ihre Fähigkeit, stundenlang still zu sitzen, was später zur Serie der Nightsea Crossing-Performances führt, die zunächst Gold Found by the Artists hieß und die sie zwischen 1981 und 1987 22 Mal an den verschiedensten Orten weltweit aufführen, erstmals 1981 an 16 aufeinanderfolgenden Tagen in Sydney. Der ursprüngliche Titel war metaphorisch, aber auch wörtlich gemeint, hatten sie doch im Outback Australiens tatsächlich Gold gefunden, und ihre Erfahrungen bei den Aborigines waren metaphorisch gesehen ‚Gold wert‘. Die Reglosigkeit und das Schweigen, die Monotonie, das Aushalten von Schmerzen, die dabei entstehen, und das Erlangen eines höheren Wissens („flüssiges Wissen“) finden nun in der Performance Widerhall: Die beiden sitzen sich still an einem Tisch gegenüber und schauen sich in die Augen. Auf dem Tisch liegen diverse Gegenstände –, so auch das Gold, Bumerangs und eine lebende Schlange. Mit dieser Performance vollzieht sich jedoch ein Riss in ihrer gemeinsamen Arbeit, muss Ulay sie doch immer wieder abbrechen, während Marina ihm nicht folgt und die Performance im ursprünglich geplanten Zeitrahmen zu Ende führt. Zurück in Amsterdam beschließen die beiden – trotz diverser Widerstände seitens der chinesischen Behörden – die schon länger geplante Performance The Lovers durchzuführen. Über einen Zeitraum von 90 Tagen laufen sie von den entgegengesetzten Enden der Chinesischen Mauer (vom Kopf des mythischen Drachens im Osten und von seinem Schwanz im Westen) aufeinander zu und treffen sich in der Mitte. 1988, am Ende dieser inneren und äußeren Reise, trennen sie sich, und ihre private und künstlerische – lange Zeit symbiotische – Partnerschaft endet; die völlige Vertrautheit und das Verschmelzen gehen in Distanz über; eine Gemeinschaft ist nun endgültig nicht mehr möglich. Bereits die Arbeit Die Sonne und der Mond von 1987, zwei lackierte Vasen – eine hochglänzend, eine matt –, ist charakteristisch für die nun offensichtliche Polarität.
Balkan
Nach dem blutigen Zerfall Jugoslawiens in den 1990er-Jahren, den Jugoslawienkriegen, auch Balkankonflikt genannt, richtet die Künstlerin ihr Augenmerk mehr denn je auf ihr Heimatland und ihre serbischmontenegrinische Herkunft. Mehrere intensive Arbeiten thematisieren existenzielle, historische und politische Aspekte der Kriege. In ihrer Videoarbeit Cleaning the Mirror I wäscht sie hingebungsvoll ein menschliches Skelett – das alte slawische Ritual ist Trauerarbeit und ‚memento mori‘ zugleich. In Balkan Baroque manifestieren sich Schrecken und Schmerz des Krieges – aber auch Versöhnung, Schuld, Scham, Gestank, Tod, Leid und der Wahnsinn im weitesten Sinne. Sechs Stunden am Tag, vier Tage lang, sitzt die Künstlerin auf der Biennale von Venedig 1997 auf einem Berg frischer Rinderknochen und versucht, sie mit Bürste und Seifenlauge sauber zu schrubben. Dabei singt sie Fragmente traditioneller Lieder vom Balkan. Bestandteil der Arbeit ist ein Video, als Triptychon installiert: Im Zentrum spricht die Künstlerin über eine sogenannte Wolfsratte, die ihre Artgenossen tötet; zu beiden Seiten die stummen Porträts ihrer Eltern, die im Zweiten Weltkrieg unter General Tito gegen die Nationalsozialisten kämpften. Abramović inszeniert Balkan Baroque wie eine barocke Höllenvision inmitten des Kunstparadieses und wird dafür mit dem ‚Goldenen Löwen‘ ausgezeichnet.
In Balkan Erotic Epic, das auf Abramovićs Studium alter Fruchtbarkeitsriten beruht, setzt sich die Künstlerin mit der erotischen Energie von Mensch und Natur auseinander.
Immer mehr von immer weniger
Abramović widmet sich immer stärker ihren sogenannten transitorischen Objekten (Transitory Objects); Kristalle, Mineralien wie Rosenquarz, Amethyst oder Obsidian, die einen Energieaustausch zwischen dem Publikum und den Steinen ermöglichen. Diese Objekte sind ‚Instrumente‘, die den Betrachter einladen zu stehen, sich zu setzen oder hinzulegen, zu verweilen, innezuhalten und zu fühlen. Die Verbindung des menschlichen Körpers mit den Mineralien der Erde hat sie schon in den Erzählungen aus dem alten China fasziniert. Ihre Erkundungen der Übergänge von einem Zustand in einen erweiterten, von Energieaustausch zwischen Objekt und Subjekt und der Kraft von Mineralien und Ressourcen der Erde führen sie 1991 auch nach Brasilien, wo sie unter anderem eine Mine in der Sierra Pelada besucht.
Gold als natürliches Material, dem über alle Kulturen und spirituellen Traditionen hinweg eine Vielzahl von symbolischen und mystischen Bedeutungen zugesprochen wird, spielt auch in einer Videoarbeit eine Rolle: Abramović trägt eine zarte, bei jedem Luftzug zitternde Blattgoldmaske – sicher eine Hommage an Joseph Beuys (1921–1986), der in seiner Aktion Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt (1965) eine ähnliche Maske trug, die die Künstlerin wiederum 2005 in Seven Easy Pieces re-performte.
Waren ihre frühen Arbeiten eher laut und schmerzvoll grenzüberschreitend, werden nun andere Formen der Grenzüberschreitung gesucht – Stille, Natur, Mythos, Spiritualität, Einfachheit, Energie, Zeit und Transformation sind mehr und mehr die (medialen) Vokabeln.
Einige von Abramovićs Performances finden auch nicht vor Publikum statt, sondern nur vor der Kamera. In Sleeping Under the Banyan Tree sehen wir sie schlafend unter einem Banyanbaum, der im Buddhismus eng mit der Vorstellung von Spiritualität und Unsterblichkeit verbunden ist. Und The Kitchen V: Holding the Milk ist eine Hommage an die heilige Teresa von Ávila, die in ihren Schriften von einer mystischen Levitation (die ‚Kunst‘ des Schwebens) in ihrer Küche berichtet hat.
Praktiken – auch für ihre Lehrtätigkeit – wie Meditation, Fasten, Schweigen, Selbstkontrolle, Willenskraft, Durchhaltevermögen, Langsamkeit münden in die inzwischen weltweit durchgeführten Workshops für Studenten/Performer, Cleaning the House, deren Basis kollektive Entschleunigung und ‚slow movements‘ im Sinne einer positiven Aura und eines positiven Energieaustauschs sind.
Langzeitperformances
In den letzten Jahren ist Abramović mit einer Reihe von Langzeitperformances aufgetreten, in denen sie über einen ausgedehnten Zeitraum in einfach strukturierten Situationen in einem Ausstellungsraum anwesend ist. InThe House with the Ocean View zog die Künstlerin für zwölf Tage und Nächte in drei schwebende, miteinander verbundene Räume ein. Während ihrer täglichen Routine, zu der weder Essen noch Reden gehörte, konnten die Besucher ihr beim Schlafen, Duschen oder der Benutzung der Toilette zusehen. Sie trug dabei Kleidungsstücke, die von dem russischen Konstruktivisten Alexander Rodtschenko (1891–1956) inspiriert waren. Drei Leitern, deren Sprossen aus Tranchiermessern mit nach oben weisenden Klingen bestanden, trennten die Künstlerin von den Besuchern. Im Fokus der Arbeit standen die konstante Wahrnehmung und Erkenntnis von Wiederholung und Dasein, eine Ritualisierung von Alltagsverrichtungen wie Schlafen oder Duschen und der Austausch von Blicken und Energien mit den Besuchern.
Und Marina Abramović verfolgt weiter die Umkehrung der traditionellen Rollenverteilung zwischen Künstler, Publikum und Institution. So gab es in ihrer Ausstellung 512 Hours in der Londoner Serpentine Gallery keine Kunstwerke zu sehen – die Künstlerin trat in direkten Kontakt mit dem Publikum, ohne Vermittlung, Anweisungen oder Skript. Die Besucher mussten alle persönlichen Gegenstände abgeben und wurden aufgefordert, still einzutreten. Im Inneren der Galerie betraten sie einen leeren Raum, in dem sie einfache Übungen verrichteten: Auf eine weiße Wand starren, auf einem Bett liegen, im Zeitlupentempo gehen, Linsen und Reiskörner zählen oder auf einem Podest stehen. Jede dieser Aktivitäten half den Besuchern, die eigene Präsenz im Raum zu spüren, und früher oder später entwickelten sie genügend Empfindsamkeit, um die kollektive Energie wahrzunehmen. Das Werk stellte alle bestehenden Erwartungen hinsichtlich dessen auf den Kopf, was das Publikum normalerweise in einer Kunstgalerie erlebt – als Experiment, als ‚soziale Skulptur‛, die auf Partizipation basiert, entstand ein neuer Zeitbegriff.
Re-Performance
Seit 2005 arbeitet Abramović in verstärktem Maße mit Re-Performances, Wiederaufführungen bereits dargebotener Performances eigener und fremder Werke. So besteht die Inszenierung Seven Easy Pieces aus der Wiederholung von fünf Performances anderer Künstler aus den 1960er- und 70er-Jahren (Valie Export, Vito Acconci, Bruce Nauman, Gina Pane und Joseph Beuys), der Wiederholung einer eigenen frühen Performance sowie einer neuen, für den Anlass geschaffenen Performance. Das Projekt erstreckte sich über sieben Tage, täglich mit einer neuen siebenstündigen Performance. Der Titel Seven Easy Pieces (Sieben leichte Stücke) ist eindeutig ironisch.
Abramović sieht die Re-Performance als ein Mittel, Performance-Kunst mit neuem Leben zu erfüllen. Von einem zeitgenössischen Künstler neu aufgeführt, werden die Werke ihrem Dasein als rein historische Dokumente entrissen. Sie akzeptiert und begrüßt die Tatsache, dass sich die Arbeiten – eigene wie fremde – mit der Wiederaufführung durch andere Künstler und unter anderen Bedingungen verändern, so wie auch klassische Musikstücke bei jeder Interpretation anders klingen.“
Bilder einer Ausstellung
Auch für denjenigen, den das nun gar nicht interessiert: es lohnt sich sehr, sich mit den Darbietungen der Marina Abramovic auseinanderzusetzen und sich vor allem zu fragen, wer diese Menschen sind, die sich darob begeistern.
1. Auszüge aus dem Ausstellungskatalog
Rhythm 10
Ich lege ein weißes Blatt Papier auf den
Fußboden.
Ich lege zwanzig Messer von unterschied-
licher Größe und Form auf das Papier.
Ich stelle zwei Tonbandgeräte mit
Mikrofonen auf den Boden.
Ich schalte das erste Tonbandgerät ein.
Ich nehme das erste Messer und steche,
so schnell es geht, zwischen den Fingern
meiner linken Hand.
Jedesmal, wenn ich mich schneide,
wechsele ich das Messer.
Wenn ich alle Messer benutzt habe (alle
Rhythmen), spule ich das Tonbandgerät
zurück.
Ich höre mir die Aufnahme des ersten
Teils der Performance an.
Ich konzentriere mich.
Ich wiederhole den ersten Teil der
Performance.
Ich nehme die Messer in derselben
Reihenfolge, wiederhole dieselbe
Reihenfolge, folge demselben Rhythmus
und schneide mich an denselben Stellen.
In dieser Performance werden die
Abweichungen zwischen vergangener
und gegenwärtiger Zeit synchronisiert.
Ich spule das zweite Tonbandgerät zurück
und höre mir den doppelten Rhythmus
der Messer an.
Ich gehe weg.
Performance
Dauer: 1 Stunde
Museo d'Arte Contemporanea Villa Borghese
Rom, 1973
Rhythm 5
Ich baue mir ein Pentagramm. Die
Konstruktion besteht aus Holzspänen,
die in hundert Litern Benzin getränkt sind.
Ich entzünde das Pentagramm. Ich
schreite um das Pentagramm. Ich
schneide mir die Haare ab und werfe sie
in jeden Zacken des Pentagramms. Ich
schneide mir die Fingernägel und werfe
sie in jeden Zacken des Pentagramms.
Ich betrete den leeren Raum im Penta-
gramm und lege mich hin.
Ich merke nicht, dass durch das Feuer
sämtlicher Sauerstoff verbraucht ist,
wenn ich mich in das Pentagramm lege.
Ich verliere das Bewusstsein. Da ich liege,
reagiert das Publikum nicht.
Als die Flamme an meinem Bein züngelt
und ich noch immer nicht reagiere,
kommen zwei Leute aus dem Publikum in
das Pentagramm und tragen mich hinaus.
Die Performance wird unterbrochen.
Performance
Dauer: 90 Minuten
Student Cultural Center, SKC
Belgrad, 1974
Rhythm 2
Ich benutze meinen Körper für ein
Experiment.
Ich nehme Medikamente ein, die in
Krankenhäusern zur Behandlung von
akuter Katatonie und Schizophrenie
verwendet werden, wodurch mein Körper
in unvorhersehbare Zustände gerät.
Teil I
Im Angesicht des Publikums nehme ich
das erste Medikament ein.
Dieses Medikament wird Patienten
verabreicht, die an Katatonie leiden, um
sie zu zwingen, ihre Körperhaltungen zu
verändern.
Kurz nach Einnahme des Medikaments
beginnen meine Muskeln, sich heftig
zusammenzuziehen, bis ich die Kontrolle
völlig verliere.
Ich bin mir sehr bewusst, was passiert,
kann meinen Körper jedoch nicht
kontrollieren.
Performance
Dauer: 50 Minuten
Pause
Ich schalte das Radio bei einem
beliebigen Sender ein.
Während ich mich auf den zweiten Teil
vorbereite, hört das Publikum slawische
Volkslieder im Radio.
Dauer: 10 Minuten
Teil II
Im Angesicht des Publikums nehme ich
das zweite Medikament ein.
Dieses Medikament bekommen schizo-
phrenische Patienten mit starken
Verhaltensstörungen verabreicht, um sie
zu beruhigen.
Kurz nach Einnahme des Medikaments
wird mir zunächst kalt, dann verliere ich
völlig das Bewusstsein und vergesse, wer
ich bin und wo ich mich befinde.
Die Performance endet, als die Wirkung
des Medikaments nachlässt.
Performance
Dauer: 6 Stunden
Galerija Suvremene Umjetnosti
Zagreb, 1974
Rhythm 4
Raum A
Ich nähere mich langsam dem Industrie-
ventilator und atme so viel Luft wie
möglich ein.
Als ich die Öffnung des Gebläses
erreiche, verliere ich aufgrund des
extremen Luftdrucks das Bewusstsein.
Die Performance wird dadurch nicht
unterbrochen.
Nachdem ich seitlich zu Boden gefallen
bin, rotiert das Gebläse weiter und
bewegt mein Gesicht.
Raum B
Die Videokamera ist auf mein Gesicht
gerichtet, ohne den Ventilator zu zeigen.
Das Publikum hat beim Blick auf den
Monitor den Eindruck, dass ich unter
Wasser bin.
Nachdem ich das Bewusstsein verloren
habe, geht die Performance drei Minuten
lang weiter, ohne dass das Publikum
meinen Zustand zur Kenntnis nehmen
würde.
In der Performance gelingt es mir, meinen
Körper im bewussten und bewusstlosen
Zustand ohne Unterbrechung zu
benutzen.
Dauer: 45 Minuten
Galleria Diagramma
Mailand, 1974
Rhythm 0
Auf dem Tisch befinden sich 72 Gegen-
stände, die man nach Belieben an mir
verwenden kann.
Ich bin der Gegenstand.
Während dieser Zeit übernehme ich die
volle Verantwortung.
Diese Performance ist die letzte im Zyklus
der Rhythmen (Rhythm 10, Rhythm 5,
Rhythm 2, Rhythm 4, Rhythm 0).
Ich beende meine Körperrecherche in
bewusstem wie in bewusstlosem
Zustand.
Liste der Gegenstände auf dem Tisch
Gewehr Nadel Salz
Kugel Sicherheitsnadel Zucker
Blaue Farbe Haarnadel Seife
Kamm Bürste Kuchen
Klingel Bandage Metallrohr
Peitsche Rote Farbe Skalpell
Lippenstift Weiße Farbe Metallspeer
Taschenmesser Schere Schachtel Rasierklingen
Gabel Füller Geschirr
Parfüm Buch Flöte
Löffel Hut Heftpflaster
Baumwolle Taschentuch Alkohol
Blumen Weißes Blatt Papier Medaille
Streichhölzer Küchenmesser Mantel
Rose Hammer Schuhe
Kerze Säge Stuhl
Wasser Holzstück Lederschnüre
Schal Axt Garn
Spiegel Stock Draht
Wasserglas Lammknochen Schwefel
Polaroidkamera Zeitung Weintrauben
Feder Brot Olivenöl
Ketten Wein Rosmarinzweig
Nägel Honig Apfel
Performance
Dauer: 6 Stunden
Studio Morra
Neapel, 1974
Lips of Thomas
Ich esse langsam ein Kilo Honig mit
einem Silberlöffel.
Ich trinke langsam einen Liter Rotwein
aus einem Kristallglas.
Ich zerbreche das Glas mit meiner
rechten Hand.
Ich ritze mir mit einer Rasierklinge ein
Pentagramm auf den Bauch.
Ich peitsche mich gewaltsam aus, bis ich
keinen Schmerz mehr verspüre.
Ich lege mich auf ein Kreuz aus
Eisblöcken.
Die Hitze eines aufgehängten
Heizkörpers, der auf meinen Bauch
gerichtet ist, bringt das Pentagramm zum
Bluten.
Mein übriger Körper beginnt vor Kälte
starr zu werden.
Ich verharre dreißig Minuten lang auf dem
Eiskreuz, bis das Publikum die
Darbietung unterbricht, indem es die
Eisblöcke unter mir entfernt.
Performance
Dauer: 2 Stunden
Galerie Krinzinger
Innsbruck, 1975
Art Must Be Beautiful,
Artist Must Be Beautiful
Ich bürste mir das Haar mit einer
Metallbürste in der rechten Hand und
kämme mir gleichzeitig das Haar mit
einem Metallkamm in meiner linken
Hand.
Während ich dies tue, wiederhole ich
ständig „Art must be beautiful, artist
must be beautiful“, bis mein Gesicht
verletzt und mein Haar beschädigt ist.
Performance
Dauer: 1 Stunde
Kvindeudstillingen, Charlottenborg,
Kopenhagen, 1975
Role Exchange
Ich begegne einer Frau, die zehn Jahre
lang als professionelle Prostituierte
gearbeitet hat.
Zu diesem Zeitpunkt habe auch ich zehn
Jahre lang als Künstlerin gearbeitet.
Ich schlage ihr einen Rollentausch vor.
Sie akzeptiert.
Performance
Die Frau erscheint bei meiner Vernissage
in der De Appel Gallery in Amsterdam an
meiner Stelle.
Zur selben Zeit sitze ich in einem Fenster
des Rotlichtbezirks von Amsterdam.
Wir übernehmen beide die volle
Verantwortung für unsere Rollen.
Performance
Dauer: 1 Stunde
De Appel Gallery und Rotlichtbezirk
Amsterdam, 1975
Freeing the Voice
Ich liege mit nach hinten gelegtem Kopf
auf dem Boden.
Ich schreie, bis ich meine Stimme
verliere.
Performance
Dauer: 3 Stunden
Studentski Kulturni Centar
Belgrad, 1975
Freeing the Memory
Ich sitze mit nach hinten gelegtem Kopf
auf einem Stuhl.
Ohne innezuhalten spreche ich die
Wörter, die mir in den Sinn kommen.
Wenn mir keine Wörter mehr einfallen, ist
die Performance zu Ende.
Performance
Dauer: 1,5 Stunden
Galerie Dacid
Tübingen, 1975
Freeing the Body
Ich binde mir ein schwarzes Tuch um den
Kopf.
Ich bewege mich zum Rhythmus des
schwarzen afrikanischen Trommlers.
Ich bewege mich bis zur völligen
Erschöpfung.
Ich falle.
Performance
Dauer: 8 Stunden
Künstlerhaus Bethanien
Berlin, 1975
Relation in Space
In einem bestimmten Raum
Zwei Körper gehen immer wieder
aneinander vorbei und berühren sich
gegenseitig.
Nachdem sie ein höheres Tempo errreicht
haben, stoßen sie zusammen.
Performance
Dauer: 58 Minuten
38. Biennale, Giudecca
Venedig, Juli 1976
Besucher: 300
Breathing In/Breathing Out
In einem bestimmten Raum
Wir knien einander gegenüber, pressen
unsere Münder aufeinander.
Unsere Nasen sind mit
Filtermundstücken verstopft.
Ulay
Ich atme Sauerstoff ein.
Ich atme Kohlendioxid aus.
Marina
Ich atme Kohlendioxid ein.
Ich atme Kohlendioxid aus.
Ulay
Ich atme Kohlendioxid ein.
Ich atme Kohlendioxid aus.
Diese Performance wurde zweimal
präsentiert.
Beim ersten Mal begann Ulay mit der
Performance, indem er Sauerstoff
einatmete.
Beim zweiten Mal begann Ulay mit der
Performance, indem er Kohlendioxid
ausatmete.
Performance
Dauer: 19 Minuten
Student Cultural Center, SKC
Belgrad, April 1977
Besucher: 250
Imponderabilia
In einem ausgewählten Raum
Wir stehen uns nackt im Haupteingang
des Museums gegenüber.
Die Museumsbesucher müssen sich
zwischen uns hindurchquetschen, um
hineinzugelangen.
Jede Person, die eintritt, muss sich
entscheiden, wem von uns beiden sie
sich zuwenden will.
Performance
Dauer: 90 Minuten
Galleria Comunale &Arte Moderna
Bologna, Juni 1977
Besucher: 350
Die Performance wurde von der Polizei
unterbrochen und beendet.
Wandtext:
Unwägbar.
Unwägbare menschliche Faktoren wie
das ästhetische Empfinden. Die zentrale
Bedeutung von Unwägbarkeiten und wie
sie menschliches Verhalten bestimmen.
Expansion in Space
In einem ausgewählten Raum.
Zwei bewegliche Säulen sind zwischen
fest stehenden Säulen installiert.
Die fest stehenden und die beweglichen
Säulen sind vom Aussehen her identisch.
Die beweglichen Säulen haben das
Doppelte unseres Körpergewichts.
Wir stehen Rücken an Rücken zwischen
ihnen.
Wir bewegen uns simultan auf die
beweglichen Säulen zu, rennen wieder-
holt mit unseren Körpern gegen sie an
und bewegen sie so in Richtung der fest
stehenden Säulen.
Performance
Dauer: 32 Minuten
Documenta 6
Kassel, Juni 1977
Relation in Movement
In einem ausgewählten Raum
Ulay
Ich fahre mit dem Auto für unbestimmte
Zeit im Kreis herum.
Marina
Ich sitze in dem Auto, bewege mich für
unbestimmte Zeit im Kreis herum und
sage die Zahl der Kreise durchs
Megaphon an.
Performance
Dauer: 16 Stunden
10. Biennale de Paris
Paris, September 1977
Besucher: 200
Light/Dark
In einem bestimmten Raum
Wir knien einander gegenüber.
Unsere Gesichter sind von zwei starken
Lampen angestrahlt.
Abwechselnd ohrfeigen wir uns, bis einer
von beiden aufhört.
Performance
Dauer: 20 Minuten
Internationale Kunstmesse
Köln, Oktober 1977
Besucher: 70
AAA-AAA
In einem bestimmten Raum
Wir stehen uns gegenüber und produ-
zieren einen anhaltenden stimmlichen
Laut.
Wir bauen langsam die Spannung auf,
unsere Gesichter kommen sich immer
näher, bis wir dem jeweils anderen in den
offenen Mund schreien.
Performance
Dauer: 15 Minuten
RTB Television Studio
Lüttich, Februar 1978
Fernsehaufzeichnung
Amsterdam, März 1978
Filmdokumentation
Installation Two
Eine elektrische Heizplatte wird mittig auf
dem Boden installiert. Von der Mitte der
Decke fallen kontinuierlich Wassertropfen
auf die Heizplatte.
Dauer: 33 Tage
Rest Energy
Gemeinsam hielten wir einen gespannten
Bogen und einen vergifteten Pfeil.
Durch unser Körpergewicht entstand die
Spannung auf dem Bogen.
Der Pfeil war auf Marinas Herz gerichtet.
Jeder von uns hatte sich ein kleines
Mikrofon an der Brust befestigt, das die
sich verstärkenden Herzschläge
aufzeichnete.
Performance
Dauer: 4 Minuten, 10 Sekunden
ROSC'80, Dublin, August 1980
Besucher: 150
Nightsea Crossing
Präsenz
Präsent sein, über einen langen Zeitraum,
Bis die Präsenz steigt und fällt, vom
Materiellen zum Immateriellen, von
Form zu formlos, von
Zeit zu zeitlos.
Performance
Wir sitzen an zwei Seiten eines recht-
eckigen Tischs reglos einander
gegenüber, unsere Profile dem Publikum
zugewandt.
Die meisten Museen der Welt haben von
10 bis 17 Uhr geöffnet. Wir beschlossen,
während der gesamten Öffnungszeit des
Museums zu sitzen (sieben Stunden).
Das Publikum bekommt den Beginn und
das Ende der Performance niemals mit.
Während der gesamten Dauer der
Performance innerhalb und außerhalb
des Museums bleiben wir stumm und
nehmen keinerlei Nahrung zu uns,
sondern trinken nur Wasser.
22 Performances, 1981-1987
Performance
First International Biennial
Ushimado, Japan, 1985
Conjunction
Für dieses Projekt laden wir einen
tibetischen Lama und einen hoch-
graduierten Schamanen vom Stamm der
Pintupi aus der zentralaustralischen
Wüste ein, um gemeinsam mit uns zu
performen.
Hierzu bauen wir einen runden Tisch
(Durchmesser: 4 Meter), der mit
24-karätigem Blattgold bedeckt ist.
Mit Watuma Tarrur Tjungarrayi, Ngawang
Soepa Lucyar
In einem bestimmten Raum
Mitten unter der großen Kuppel einer
ehemaligen lutherischen Kirche wird ein
vergoldeter runder Tisch installiert. Rund
um den Tisch werden vier Stühle gestellt,
die nach Norden, Süden, Osten und
Westen ausgerichtet sind.
Die vier Teilnehmer sitzen reglos und
stumm auf den vier Stühlen.
Die erste Sitzung beginnt bei Sonnen-
aufgang und dauert vier Stunden. Die
zweite Sitzung beginnt am nächsten Tag
zur Mittagszeit und dauert vier Stunden.
Die dritte Sitzung beginnt am dritten Tag
bei Sonnenuntergang und dauert vier
Stunden. Die vierte Sitzung beginnt um
Mitternacht am vierten Tag und dauert
vier Stunden.
Performance
Dauer: 4 Tage mit je vierstündigen Sitzungen
Sonesta Koepelzaal, Museum Fodor
Amsterdam, April 1983
The Observer
In The Observer geseilte sich der
Schweizer Künstler Rémy Zaugg zum
Künstlerpaar. Zuvor, in Nightsea Crossing
Conjunction (April 1983), waren Ulay und
Abramovic gemeinsam mit einem
tibetischen Lama und einem Angehörigen
des Pintupi-Stamms aus der zentral-
australischen Wüste aufgetreten. Die
Rolle von Zaugg in Nightsea Crossing:
The Observer unterschied sich allerdings
von derjenigen der beiden zusätzlichen
Teilnehmer in Nightsea Crossing
Conjunction, denn er spielte ausdrücklich
den Part eines Zuschauers, nicht den
eines Teilnehmers.
„Marina und Ulay luden mich ein, bei
ihrer Performance Nightsea Crossing
mitzumachen. Auf ihren Vorschlag hin
sollte ich dabei als Beobachter agieren.
Was könnte leichter sein, als in die Rolle
eines Beobachters zu schlüpfen? Zum
Beobachten braucht man kein
Schauspieler zu sein. Jeder Beliebige
könnte diesen Part übernehmen. Schaut
man nicht ständig überall hin, auch wenn
man es gar nicht will?
Ist das nicht das Schicksal eines jeden,
der Augen hat? Um zu beobachten, muss
man lediglich präsent sein. Das ist die
einzige Bedingung, die man zu erfüllen
hat, vorausgesetzt, man bleibt ruhig. Der
leichte, sorglose, unvermeidliche Akt des
Sehens hinterlässt überhaupt keine
zuverlässige materielle Spur des
Beobachters oder dessen, was er
beobachtet. Aus dieser Aktivität konnte
nichts Nachweisbares oder Erklärliches
hervorgehen, nichts, worüber sich
diskutieren ließe, es bleibt nichts
Bemerkenswertes zurück.
Es ist ein Akt, der dem Gedränge in der
Welt nichts hinzufügt, nicht einmal die
winzigste Spur. So flüchtig sie auch sein
mag.
Mit diesen Argumenten sollte ich
geködert werden, und ich gab mich der
Verlockung hin. Ich akzeptierte die Rolle,
die mir angeboten wurde. Ich würde als
Beobachter agieren, Ich würde
beobachten. So wie ich einen Sonnen-
strahl auf dem nackten Holzfußboden
meines Ateliers beobachte.“
Rémy Zaugg
Middelburg, Niederlande, Oktober 1984
The Sun and the Moon
Wir waren nicht mehr in der Lage, zu
performen, und bauten daher zwei Vasen
in der Größe unserer Körper.
Die eine reflektierte, die andere
absorbierte das Licht.
Wir betitelten das Werk The Sun and the
Moon (Die Mond, der Sonne).
Kunstmuseum Bern
Bern, 1987
Great Wall Walk
An einem ausgewählten Ort
Wir liefen die Große Chinesische Mauer
in ihrer gesamten Länge ab.
Wir begannen am 30. März 1988.
Ich startete am östlichen Ende der Mauer
in Shanhaiguan, an der Küste des Gelben
Meers am Golf von Bohai und wanderte
in westliche Richtung.
Ulay startete am westlichen Ende der
Mauer in Jiayuguan am südwestlichen
Rand der Wüste Gobi und wanderte in
östliche Richtung.
Wir liefen aufeinander zu, bis wir uns
begegneten.
Nachdem wir beide kontinuierlich
neunzig Tage lang gelaufen waren, trafen
wir uns in Erlang Shan, in Shen Mu,
Provinz Shaanxi.
Performance
Dauer: 90 Tage
Die Große Chinesische Mauer
März bis Juni 1988
Waiting for an Idea
Bei mehreren Reisen nach Brasilien, wo
ich mit Mineralien an Transitory Objects
arbeitete, schulte ich mich darin, einen
klareren Geisteszustand zu erlangen.
Diese Übungen nenne ich Waiting for an
Idea.
Performance
Soledade und Maraba, Brasilien, 1991
Bewegungslos vor den
Amethystkristallen liegen
Dauer: 1 Tag
Im Inneren der Mine, Soledade, Brasilien, 1991
Bewegungslos vor den
Amethystkristallen sitzen
Dauer: 7 Stunden
Im Inneren der Mine, Soledade, Brasilien, 1991
Shoes for Departure - Transitory
Objects for Human Use
Anweisungen für das Publikum:
Ziehen Sie die Schuhe barfuß an.
Halten Sie die Augen geschlossen.
Bleiben Sie reglos.
Gehen Sie los.
Black Dragon - Transitory Objects for
Human Use
Anweisungen für das Publikum:
Stellen Sie sich vor die Wand.
Pressen Sie Ihren Kopf, Ihr Herz und Ihr
Geschlecht gegen die mineralischen
Kissen.
Dauer: unbegrenzt
The Onion
Ich esse eine große Zwiebel mit der Haut,
dabei schaue ich in den Himmel und
beklage mich über mein Leben.
Transkription der Tonaufnahme:
Ich bin es leid, auf Flugreisen dauernd
umzusteigen.
Ich habe es satt, in Wartezimmern, an
Bushaltestellen, auf Bahnhöfen und
Flughäfen zu warten.
Es hängt mir zum Hals heraus, endlos
lange Passkontrollen über mich ergehen
zu lassen.
Ich bin es leid, unter Zeitdruck im
Shopping-Center einkaufen zu gehen.
Ich bin es leid, berufliche Entscheidungen
treffen zu müssen, mir hängen
Vernissagen und langweilige Empfänge
zum Hals heraus, ich bin es leid, mit
einem Glas Mineralwasser herum-
zustehen und so zu tun, als wäre ich an
einer Unterhaltung interessiert.
Ich bin meine Migräneanfälle leid,
einsame Hotelzimmer, Zimmerservice,
Ferngespräche, grottenschlechte
Fernsehfilme.
Ich bin es leid, mich immer wieder in den
falschen Mann zu verlieben. Ich habe es
satt, mich für meine zu große Nase,
meinen zu dicken Arsch und den Krieg in
Jugoslawien zu schämen. Ich will
fortgehen, so weit weg, dass ich weder
per Fax noch per Telefon erreichbar bin.
Ich will alt werden, richtig alt, sodass
nichts mehr eine Rolle spielt.
Ich will verstehen und deutlich sehen, was
hinter all dem steckt. Ich will nicht mehr
wollen.
Video-Performance
Dauer: 10 Minuten
University of Texas at Arlington (UTA)
Dallas, 1995
Double Edge - Transitory Objects for
Human Use
Anweisungen für das Publikum:
Steigen Sie auf die Leitern, und zwar
nacheinander in dieser Reihenfolge:
I - Holzleiter
II - Messerleiter
III - Heißeisenleiter
IV - Eisleiter
Balkan Baroque
Die Installation
Auf die drei Wände des Raums werden
Bilder projiziert.
Meine Mutter, mein Vater und ich.
Auf dem Boden stehen zwei Kupfer-
becken und eine kupferne, mit Wasser
gefüllte Badewanne.
Performance
In der Mitte des Raums wasche ich
tausend frische Rinderknochen und singe
dabei ständig Volkslieder aus meiner
Kindheit.
Ausschnitte aus den Volksliedern, die ich
in Balkan Baroque singe:
Erster Tag
„Als wir bei unserem russischen Baum
stehen blieben, war schon alles schnee-
bedeckt ...“
Zweiter Tag
„Du singst schön, du singst schön,
Amsel, Amsel ... Was kann ich tun, was
kann ich tun, wenn meine Füße bloß
sind ...“
Dritter Tag
„He Kato, he mein Schatz, komm Salbei
mit mir pflücken ... Ich kann nicht, Herr,
ich kann nicht. Es scheint kein heller
Mond ...“
Vierter Tag
„Alle Vögel aus dem Wald, alle Vögel aus
dem Wald kommen hinab zur See. Nur
einer bleibt, nur einer bleibt, mir von
Liebesleid zu singen.“
Diese Zeilen singe ich ununterbrochen
jeden Tag sechs Stunden lang.
Performance
Dauer: 4 Tage, je 6 Stunden
47. Biennale
Venedig, Juni 1997
Energy Clothes - Transitory Objects
for Human Use
Anweisungen für das Publikum:
Bleiben Sie nackt unter dem fließenden
kalten Wasser stehen, bis Sie es nicht
mehr aushalten können.
Trocknen Sie sich ab.
Ziehen Sie die Energiekleider an.
Bewegungslos.
Dauer: unbegrenzt
The House with the Ocean View
Die Performance The House with the
Ocean View fand 2002 in der Sean Kelly
Gallery in New York statt.
Es wurden drei schwebende Räume mit
Blick auf die Straße gebaut. Die
Künstlerin und das Publikum waren nur
durch drei Leitern getrennt, deren
Sprossen aus Tranchiermessern mit nach
oben zeigenden Klingen bestanden. In
diesem Raum lebte ich zwölf Tage lang,
ohne zu essen oder zu sprechen. Das
Publikum konnte mir beim Schlafen,
Meditieren, Duschen oder bei der
Benutzung der Toilette zusehen. Die
Performance war eine Erklärung zur
Transparenz und zum Zustand von
Hilflosigkeit und erforderte einen
Energiedialog zwischen der Performerin
und den Zuschauern.
DIE IDEE
Diese Performance ist aus dem Wunsch
entstanden herauszufinden, ob es
möglich ist, mich selbst zu läutern, indem
ich mich einer einfachen täglichen
Disziplin, klaren Regeln und
Einschränkungen unterwerfe.
Kann ich mein Energiefeld verändern?
Kann dieses Energiefeld das Energiefeld
des Publikums und des Raums
verändern?
Künstlerin: Bedingungen für Lebende
Installation
Dauer der Performance: zwölf Tage
Essen: kein Essen
Wasser: viel quellreines Wasser
Sprechen: kein Sprechen
Singen: möglich, aber unvorhersehbar
Schreiben: kein Schreiben
Lesen: kein Lesen
Schlafen: sieben Stunden täglich
Stehen: unbegrenzt
Sitzen: unbegrenzt
Liegen: unbegrenzt
Duschen: dreimal täglich
Besucher: Bedingungen für Lebende
Installation
Benutzen Sie das Teleskop.
Schweigen Sie.
Treten Sie in einen Energiedialog mit der
Künstlerin
KLEIDUNG
Die Kleidung für The House with the
Ocean View ist inspiriert von Alexander
Rodchenko.
Die Farben der Kleidung wurden
ausgewählt in Übereinstimmung mit den
Prinzipien des hinduistischen Veda.
Die Stiefel sind dieselben, die ich 1988 auf
der Chinesischen Mauer getragen habe.
ARTIKEL
1 Flasche reines Mandelöl
1 Flasche Rosenwasser
1 Stück Naturseife
1 Holzkamm
12 dünne Baumwollhandtücher
12 Paar Baumwollslips
12 Baumwoll-T-Shirts
7 Baumwollhosen
7 Baumwollhemden
Performance
Dauer: 12 Tage
Sean Kelly Gallery, New York,
15.-26. November 2002
Count on Us
Die Multiscreen-Videoinstallation Count
on Us besteht aus fünf Teilen:
Junge: Ein Junge singt ein Liebeslied.
Mädchen: Ein Mädchen singt ein
sehnsüchtiges Lied.
Der Stern: Kinder bilden rund um ein
Skelett einen Stern auf dem Boden.
Tesla-Transformator: In meiner Hand
halte ich eine nackte Neonröhre ohne
irgendwelche Drähte. Vor mir befinden
sich zwei große Kupferdrahtspulen, durch
die 35.000 Volt Elektrizität strömen und
den Raum aufladen; sie gehen durch
meinen Körper und bringen die
Neonröhre in meiner Hand zum Leuchten.
Der Chor: Ein Chor aus schwarz
gekleideten Kindern singt, dirigiert von
einem Skelett, die Hymne der Vereinten
Nationen.
Confession
In Confession lasse ich meine Kindheits-
und Jugenderinnerungen Revue
passieren, während ich einen Esel
unverwandt anblicke. Mein Körper, der oft
extrem intensiven physischen
Belastungen ausgesetzt ist, bleibt in
diesem untertitelten Video völlig reglos.
Die Aufmerksamkeit verlagert sich hier
vom physischen zum mentalen
Universum. Intensive Blicke werden mit
dem Tier ausgetauscht, das mir während
der gesamten Dauer des Films direkt in
die Augen schaut.
Video-Performance, 2010. Video, Schwarz-Weiß,
Dauerschleife, stumm, untertitelt, Länge: 60
Minuten
The Artist is Present
Im Rahmen der großen Retrospektive, die
mir 2010 vom Museum of Modern Art
(MoMA) in New York ausgerichtet wurde,
inszenierte ich eine Performance, bei der
ich völlig reglos und stumm auf einem
Stuhl saß. Die Besucher wurden
aufgefordert, auf dem Stuhl mir
gegenüber Platz zu nehmen und mich
anzuschauen, so lange sie wollten. Die
Performance dauerte 736 Stunden, in
deren Verlauf ich mit 1.675 Personen
Blickkontakt hatte.
Diese Installation präsentiert eine Replik
des Möbelstücks, das in der MoMA-
Performance benutzt wurde. Zwei große
einander gegenüberliegende Bildschirme
zeigen mich und den jeweiligen Besucher
von Angesicht zu Angesicht. Das Werk
verkörpert meine totale Verletzlichkeit
und meine Offenheit gegenüber dem
Publikum.
In meinem Werk suche ich immer nach
ganz einfachen Formen, was Geometrie,
Architektur, Farbe, Elemente und die
Performance selbst betrifft. Doch jenseits
aller Einfachheit ist auch immer
Anstrengung mit im Spiel, denn mein
Werk verlangt eine außerordentlich
sorgfältige Vorbereitung. Die gilt
insbesondere für The Artist is Present,
eine der schwierigsten Performances, die
ich je gemacht habe. Früher war das
Publikum nicht anwesend; deshalb lässt
es sich auch nicht vergleichen. Am Ende
von The Artist is Present befand ich mich
daher in einem Zustand mentaler und
körperlicher Erschöpfung, wie ich sie nie
zuvor verspürt hatte. Ja mehr noch: Alle
meine Ansichten, alles, was mir wichtig
erschienen war, mein tägliches Leben, die
Dinge, die ich mochte und verabscheute
- alles war auf den Kopf gestellt.
Dreimonatige Performance
The Museum of Modern Art
New York, NY, März bis Mai 2010
512 Hours
Diese Performance fand 2014 in der
Serpentine Gallery in London statt.
Während der Ausstellung trat ich in
direkten Kontakt zum Publikum, ohne
Vermittlung, Anweisungen oder Skript.
Die Besucher mussten alle persönlichen
Sachen abgeben und wurden aufge-
fordert, still einzutreten. Im Innern der
Galerie betraten sie einen leeren Raum, in
dem das Werk erst entstehen sollte. In
diesem Raum mussten die Besucher
einfache Übungen verrichten: auf eine
weiße Wand starren, auf einem Bett
liegen, im Zeitlupentempo gehen, Linsen
und Reiskörner zählen oder auf einem
Podest stehen. Jede dieser Aktivitäten
half ihnen, ihre eigene Präsenz im Raum
zu spüren; früher oder später ent-
wickelten sie genügend Empfindsamkeit,
um die kollektive Energie wahrzunehmen.
Dieses Werk stellte alle bestehenden
Erwartungen hinsichtlich dessen auf den
Kopf, was das Publikum normalerweise in
einer Kunstgalerie erlebt. Es entstand ein
neuer Zeitbegriff, der täglich von mir und
meiner Partnerin Lynsey Peisinger auf
Video aufgezeichnet wurde.
Counting the Rice
Wir leben in einer schwierigen Phase, in
der Zeit immer wertvoller wird, da wir
immer weniger Zeit haben. Deshalb
möchte ich dem Publikum die Möglich-
keit geben, Zeit, Raum, Helligkeit und
Leere zu erfahren und darüber zu
reflektieren. Ich hoffe, dass die Teil-
nehmer dabei eine Verbindung zu sich
selbst und zur Gegenwart herstellen -
zum nicht fassbaren Moment des Hier
und Jetzt.
2. Re-Performances und partizipative Arbeiten
„Während der gesamten Laufzeit werden Wiederaufführungen Performances zu sehen sein, die von Performer/-innen dargeboten werden, sowie zwei Arbeiten, an denen die Besuchern partizipieren können.
Imponderabilia, 1977
„Unwägbar.
Unwägbare menschliche Faktoren wie das ästhetische Empfinden. Die zentrale Bedeutung
von Unwägbarkeiten und wie sie menschliches Verhalten bestimmen.“
Marina Abramović/Ulay, in: The Cleaner, 2017
In der Galleria Communale d’Arte Moderna in Bologna standen sich Marina Abramović und Ulay (Frank Uwe Laysiepen) 90 Minuten lang unbeweglich und nackt in einem schmalen Durchgang gegenüber, sodass die Besucher nur zwischen ihnen hindurch in das Museum gelangen konnten.
In der Re-Performance werden zwei Performer – wie im Original – nackt in einem Durchgang stehen, sodass der Besucher nur seitlich an ihnen vorbeigehen kann.
Dienstags und mittwochs 12–20 Uhr
Donnerstags bis sonntags 11–19 Uhr
Art Must Be Beautiful, Artist Must Be Beautiful, 1975
Diese Arbeit performte Marina Abramović zum ersten Mal beim Charlottenborg Art Festival in Kopenhagen. In der Originalversion saß die Künstlerin etwa eine Stunde lang – mit einer Haarbürste in der einen und einem Kamm in der anderen Hand – auf einem Stuhl. Während dieser Zeit kämmte sie sich – ununterbrochen brutal an ihren Haaren ziehend und zerrend – und wiederholte beständig den Satz „Art must be beautiful, artist must be beautiful“. Diese Arbeit wird in der Ausstellung als Re-Performance zu sehen sein.
Jeden Sonntag 12–15.30 Uhr
Luminosity, 1997
In dieser Videoarbeit sitzt die Künstlerin extrem ausgeleuchtet 60 Minuten lang nackt und ohne Bodenkontakt balancierend auf einem Fahrradsattel. Diese Arbeit wird in der Ausstellung als Re-Performance zu sehen sein.
Am Eröffnungswochenende (19.–22. April 2018)
Similar Illusion, 1981
Während der Skulptur-Triennale in Melbourne hielten Marina Abramović und Ulay, eingeschlossen von Tischen, an denen das Publikum Platz nehmen konnte, starr und bewegungslos 96 Minuten lang eine Tango-Pose. Die Künstlerin trug dabei ein rotes Kleid, Ulay einen schwarzen Anzug, passend dazu wurde sehr laut argentinische Tangomusik gespielt. Diese Arbeit wird als Re-Performance am Eröffnungswochenende in der Ausstellung zu sehen sein.
Am Eröffnungswochenende (19.–22. April 2018)
Work Relation, 1978
„We are doing heavy physical work;
Transporting stones back and forth in metal buckets.
There is no result.“
Marina Abramović/Ulay, in: Relation Work and Detour, 1980
Im Rahmen des Arnhem Festivals am Theater aan Rijn performten Marina Abramović und Ulay erstmals diese Arbeit, bei der sie mit schweren Steinen gefüllte Eimer von einem zum anderen Ende des Raumes trugen. Von zunächst zwei bis später acht Stunden wurde sie zu einer Dauer-Performance.
Die Re-Performance wird während der Laufzeit gezeigt, und auch die Besucher sind eingeladen, dabei mitzuwirken.
House with the Ocean View, 2012
„This performance came from my desire to see if it is possible to use daily discipline, rules and restriction to purify myself.“
Marina Abramović, in: The Biography of Biographies, 2004
In der Sean Kelly Gallery in New York zog die Künstlerin für 12 Tage und Nächte in drei schwebende, miteinander verbundene Räume ein. Während ihrer täglichen Routine, zu der weder Essen noch Reden gehörte, konnten die Besucher ihr beim Schlafen, Duschen oder der Benutzung der Toilette zusehen. Drei Leitern, deren Sprossen aus Tranchiermessern mit nach oben weisenden Klingen bestanden, trennten die Künstlerin von den Besuchern.
Exklusiv und zum ersten Mal wird diese Arbeit vom 12.–24. Juni 2018 in der Bundeskunsthalle als Re-Performance in Bonn zu sehen sein.
The Method
Die beiden Arbeiten/Übungen Mutual Gaze und Countin the Rice entstammen der Workshop-Reihe Cleaning the House (1979 ff.), die hauptsächlich dazu dient, die Marina-Abramović-Methode an Performer/-innen zu vermitteln und in diesem Fall auch für Besucher erlebbar zu machen. Sie sind fester Bestandteil der Ausstellung und können täglich während der Öffnungszeiten von den Besuchern genutzt werden.
Mutual Gaze, 2017/2018
Übung mit Beteiligung des Publikums aus der Workshop-Reihe Cleaning the House. Die Arbeit ist Teil einer Reihe von partizipativen Übungen nach der Abramović-Methode. Dabei sind die Besucher eingeladen, sich zu zweit gegenüber zu sitzen und einander in die Augen zu schauen. So kommt man im gegenwärtigen Augenblick an, verbindet sich mit sich selbst und mit dem Gegenüber.
Counting the Rice, 2015
„Wir leben in einer schwierigen Phase, in der Zeit immer wertvoller wird, da wir immer weniger Zeit haben. (…) Ich hoffe, dass die Teilnehmer eine Verbindung zu sich selbst und zur Gegenwart herstellen – zum nicht fassbaren Moment des Hier und Jetzt.“
Marina Abramović, in: The Cleaner, 2017
Hierbei handelt es sich um eine für die Besucher offene Übung, bei der an einem langen Tisch in der Ausstellung Reiskörner und Linsen gezählt oder sortiert werden können. Auf diese Weise sollen Ruhe, Konzentration und Achtsamkeit entstehen.“
3. Besuch der Ausstellung
Was erwartet mensch während der Ausstellung? Dokumentationen über Marina Abramovic‘s Werk, gerne auch mit Video-Installationen.
Die zwei Nackten, durch die mensch sich hindurchquetschen muss, waren tatsächlich da – allerdings gab es auch die Möglichkeit, an einer anderen Stelle den nächsten Raum zu betreten. Ganz so revolutionär ging‘s dann doch nicht zu.
Die Besucher hatten die Möglichkeit, sich gegenüber hinzusetzen und sich in die Augen zu schauen – was auch genutzt wurde. Das Interessante waren jedoch zig Bildschirme, die Reaktionen während der Original-Aufführung in New York zeigten. Unter anderem gab es etliche, die gerührt waren und weinen mussten. Der Eindruck besteht, dass es sich dabei zum großen Teil um Menschen handelt, die ansonsten auf sich selbst fixiert sind, aneinander vorbei reden und sich jetzt plötzlich mit einem anderen Menschen befassen müssen.
Es waren viele Besucher da, alle interessiert, viele ergriffen. Um einigermaßen erfassen zu können, was da passiert, war der Besuch lohnenswert. Alleine, um die Reaktionen beim gegenüber sitzen und sich in die Augen blicken zu sehen, aber auch, dass es mehrere Besucher gab, die allen Ernstes am langen Tisch saßen und Reiskörner und Linsen sortierten und zählten.
Dem Wurm stellt sich bei all dieser „Kunst“ und all diesen Reaktionen darauf nur eine Frage: was für Menschen sind das?
Wen beeindruckt diese Art von Kunst?
Um es kurz zu machen: Menschen, die keinerlei Bezug zur Realität haben. Grob zusammengefasst „Gutmenschen“, oft akademisch gebildet. Diese hat es schon immer gegeben, aber sie verlieren immer mehr die Bodenhaftung. Immer weniger haben sie Ahnung, was „unter“ ihnen passiert und immer weniger interessiert es sie.
Zur Einstimmung ein Beitrag des Performance-Künstlers Hape Kerkeling aus dem Jahr 1993: „Hurz!“
Der Wurm hat sich mehrfach mit diesen Gutmenschen befasst; ein Beitrag über Wissenschaftler trifft den Sachverhalt ganz gut: „Ein modernes Zauberwort für die Akademiker lautet „privat“. Abgesehen von den privaten Krankenkassen gibt es mehr und mehr private Kindergärten, private Schulen, private Internate, private Universitäten. Natürlich wollen die alle auch in einer noblen Wohngegend wohnen. Von der Wiege bis zur Bahre abgeschottet vom real existierenden Leben.
Und wenn sie mal gezwungen sind, mit etwas einfacheren Menschen zu tun zu haben (etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln), kann mensch davon ausgehen, dass sie von ihren Mitmenschen recht wenig mitbekommen, da sie sich dann sehr wahrscheinlich mit sich selbst und ihren mitgebrachten elektronischen Geräten beschäftigen.
Geballt sind diese Leute an den Universitäten zu besichtigen. Laut Eulalia Eule, der Leiterin der Arbeitsgruppe SAU (Schulen, Akademien, Universitäten), fühlen sich die Damen und Herren Wissenschaftler schon als etwas Besonderes und nehmen einfache Mitarbeiter (etwa Reinigungskräfte, Handwerker, Verwaltungsmenschen) kaum zur Kenntnis.
Das bekommen in erster Linie die Leute aus der Verwaltung zu spüren. Während für die Wissenschaft finanziell so ziemlich alles getan wird, ob sinnvoll oder nicht, wird die Verwaltung nicht ernst genommen. Wenn gespart wird, heisst es immer „wir werden Verwaltungskosten senken“. Da die Arbeit nicht weniger wird, bedeutet das, dass immer weniger immer mehr leisten müssen. Und entsprechend überlastet sind.
Und auch noch mit den Wissenschaftlern zu tun haben, die auf sie mehr oder weniger deutlich herab sehen und sich sehr oft die „akademische Freiheit“ nehmen, sich nicht an allgemein gültige Regeln wie etwa Fristen zu halten. Der „Apparat“ hat schließlich zu funktionieren und soll nicht dauernd auf lästige Regeln und Gesetze bestehen.
Egal wie gut einer ist und wie sehr er sich auch einsetzt – groß Karriere wird keiner an der Universität machen, der nicht wissenschaftlich tätig ist. Sehr wahrscheinlich wird er auch nicht für seine Arbeit gelobt. Bei den Wissenschaftlern sieht das anders aus: die loben sich gegenseitig, erhalten Preise und Titel, treffen Ihresgleichen recht häufig bei Tagungen und Konferenzen im In- und Ausland und fühlen sich überhaupt zu jeglicher Förderung berechtigt.
Nun, wer in wissenschaftlichen Berufen arbeitet, der hat es „geschafft“. Und wer es „geschafft“ hat, hat entweder einen mitleidsvollen oder einen mitleidslosen Blick auf diejenigen, die auf die eine oder andere Art und Weise Probleme mit dem Leben haben und sei es „nur“ finanzieller Art. Schließlich seien die ja selbst schuld an ihrem Unglück. Wenn sie selbst es bis nach oben gebracht haben, können andere das ja auch – wenn sie nur wollten und sich etwas dafür anstrengen würden.
Verstärkt wird diese Meinung durch das Bild von Sozialhilfe-Empfängern, das bewusst von den Medien so dargestellt wird: neben solchen, die eigentlich nicht berechtigt wären und als „Sozialschmarotzer“ bezeichnet werden, werden sehr oft unglückliche Gestalten präsentiert, die negative Assoziationen auslösen. Etwa Dicke und Faule, die sich gerne von „Junk Food“ ernähren. Getoppt wird das dadurch, dass sie viele Kinder haben.
Es mag ja solche Menschen geben – die Mehrheit sind sie allerdings nicht. Auch nicht bei denjenigen, die eine reguläre Arbeit haben und deren Gehalt “zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig“ ist. Und von denen gibt es immer mehr. Bedingt durch bewusste Niedriglohn-Politik seitens der Bundesregierung, Abbau von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen, Auslagerungen, Privatisierungen und Ersetzen großer Teile der Stammbelegschaft durch wesentlich schlechter bezahlte Zeitarbeitskräfte.
All dies sehen die meisten Wissenschaftler nicht oder wollen es nicht sehen. Dabei handelt es sich noch nicht mal um Schlechtmenschen. Im Gegenteil: häufig sind es richtige Gutmenschen, die sich um den Erhalt der Regenwälder kümmern, um bedrohte Kinder, Tiere und Völker „hinten, weit, in der Türkei“, die Bio- und „Fair Trade“-Produkte kaufen, sich für die Umwelt und für regenerative Energien einsetzen und überhaupt die ganze Welt retten möchten.
Nur das Elend im eigenen Land sehen sie nicht. Im Grunde handelt es sich um eine abgeschottete Parallel-Gesellschaft, die um sich selbst kreist.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/39-leben-im-elfenbeinturm.html
Kinder kann es der Meinung der Gutmenschen nach auf der Welt nicht genug geben http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/24-arabischer-winter.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/154-krokodilstraenen-der-internationalen-verbrecherbande.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/230-menschen-fischer.html.
Ihre eigenen Kinder erziehen sie so, dass diese sich als die Größten fühlen und kein Interesse am Schicksal anderer haben http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/300-generation-anything-goes.html , halten sie durch die entsprechenden Kindergärten und Schulen vom „Pöbel“ fern und verweigern sich der Schulmedizin mit dem Ergebnis, dass etwa Masern nicht ausgerottet werden, sondern sich vermehrt verbreiten http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/56-unausrottbar.html und damit zu schweren Krankheits-Verläufen und Todesopfern führen.
Religion finden sie immer gut http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/257-armuts-tourismus.html , auch dann, wenn erwiesen ist, dass diese oder einer ihrer Haupt-Vertreter zutiefst inhuman ist http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/302-hass-prediger.html . Entweder wird das ignoriert oder es wird etwas pseudo-religiöses so aus allem Möglichen zusammengebastelt, was dann zu esoterischem Blödsinn führt http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/125-brett-vorm-kopf.html . Rationale, wissenschaftliche Gründe interessieren sie nicht – ihre Emotion muss befriedigt werden http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/27-vampire-auf-dem-englischen-koenigsthron.html .
Wenn Menschen aus religiösen Gründen unnötig leiden müssen http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/194-verweigerte-hilfeleistung.html oder schikaniert werden http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/150-der-apotheker-danach.html , ist ihnen das völlig egal.
Sie geben vor, die Natur schützen zu wollen, sorgen aber durch eigenen Flächen-Verbrauch, Reise-Verhalten http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/90-oekoterrorist-noah.html und Konsum-Verhalten http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/210-unmoralische-blumenfreunde.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/337-fuer-den-muell.html für das genaue Gegenteil. Das Wohl der Tiere liegt ihnen sehr am Herzen, sorgen aber selbst etwa durch unnötigen Mode-Tand für bestialisches Leiden der entsprechenden Tiere http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/201-untier-im-pelz.html .
Sie halten sich selbst für „die Guten“ und halten es für gut, wenn anderen Staaten der deutsche Willen in politischen und wirtschaftlichen Fragen aufgezwungen wird http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/177-man-spricht-deutsch.html . Entsprechend finden sie es gut, wenn Deutschland militärisch wieder zur Weltmacht wird http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/266-heute-gehoert-uns-europa-und-morgen-die-ganze-welt.html . Nicht aus Gründen der Bösartigkeit, sondern deshalb, um die anderen zu ihrem Glück zu zwingen.
Sie glauben das, was die Staats-Medien ihnen sagen und finden jeden Krieg gut, bei dem vorgegeben wird, dass für das Gute gekämpft wird http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/189-ein-gutmensch-ist-ein-schlechter-mensch.html . Sie brauchen ein Feindbild und glauben an alles, was über dieses verbreitet wird. Dabei ist es für sie kein Problem, auf jegliche rechtsstaatliche Prinzipien zu verzichten http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/326-gut-gestylter-nato-strichjunge.html .
Die Auswirkungen ihrer Kriege interessieren sie nicht. Eine 6-stellige Zahl an Getöteten in Syrien? Egal. Kaum sind sie jedoch als „Flüchtlinge“ da, heisst es „ach, diese Armen, denen muss geholfen werden. Kommet alle herein“ http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/186-kater-vor-der-tuer.html . Das Schicksal der afrikanischen Bauern, die durch subventionierte Dumping-Importe seitens der EU um ihre Arbeit gebracht werden, interessiert sie auch nicht. Erst dann, wenn diese in Massen über‘s Mittelmeer flüchten, werden sie überhaupt wahrgenommen http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/154-krokodilstraenen-der-internationalen-verbrecherbande.html . Auf die Idee, die eigentlichen Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, kommen sie jedoch nicht.
Aus ihrer Vergangenheit haben sie gelernt. Mit der absurden Konsequenz, dass alles, was auch nur entfernt mit Kritik an Juden oder Israel zu tun haben könnte wie etwa Kritik an Banken, scharf kritisiert wird. Andersdenkende werden schnell als „Antisemiten“ verunglimpft http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/318-zeit-gegen-die-verleumder-vorzugehen.html. Dass während des II. Weltkriegs von ihren Vorfahren ein Vielfaches an Russen als an Juden getötet wurden, interessiert sie nicht im Entferntesten http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/317-stalingrad.html .
Sie wollen zwar, dass alle gut bezahlt werden, erwarten aber billige Preise http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/107-geiz-ist-geil.html – mit den entsprechenden Folgen. Wenn es heute noch Gewerkschaften gibt, die die Interessen ihrer Arbeitnehmer vertreten, werden diese auf‘s Übelste beschimpft, wenn es der eigenen Bequemlichkeit schadet http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/119-niedere-beweggruende.html . Staatliche Sozial-Ausgaben sind für sie des Teufels; mit laxer Steuer-Eintreibung oder Steuer-Hinterziehung haben sie, wenn überhaupt, nur geringe Probleme http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/117-diebstahl-ungeheuren-ausmasses.html . Selbst wollen sie immer weniger, am liebsten gar keine Steuern zahlen und vom Staat wollen sie, dass er alle möglichen und unmöglichen Ausgaben kürzt http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/283-schlanker-staat.html .
Sie haben kein Interesse an sozialen Problemen, sind aber entsetzt, wenn sich ein Mensch wg. was auch immer diskriminiert fühlt. Politisch sind sie empört, wenn diejenigen mit den sozialen Problemen sich von ihnen abwenden und für unerwünschte Wahl-Ergebnisse sorgen http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/91-nach-rechts-richtung-abgrund.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/251-zeitenwende.html . Diese werden dann als „weisser Müll“ beschimpft http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/254-weisser-muell.html .
Wenn unschätzbare Kulturgüter verlustig zu werden drohen, interessiert sie das nicht, sofern das nicht ihre Ideologie widerspiegelt http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/288-die-sodann-bibliothek.html . Wenn „Kunst“ aber ihre Ideologie widerspiegelt, wird jeder noch so blöde Blödsinn gefeiert. Namentlich Herta Müller, Pussy Riot, Ai Weiwei. Der russische Performancekünstler Pjotr Pawlenski hat diese Gutmenschen jedoch entlarvt: Lippen zunähen, sich nackt in Stacheldraht einwickeln, einen Teil des Ohrs abschneiden, Hodensack annageln – das alles war „Kunst“, solange es gegen den russischen Staat ging. Als er jedoch in Frankreich eine Bank anzündete, um gegen den Kapitalismus Front zu machen, war schnell aus mit lustig und er wurde in die Psychiatrie eingewiesen http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/301-komplett-einen-an-der-waffel.html . Dorthin gehören offensichtlich viele weitere „Performance-Künstler“ und deren Publikum. An dieser Stelle erinnert der Wurm gerne an Jonathan Swifts „Hospital für Unheilbare“ http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/307-ad-usum-delphini.html
Wehe, wenn es einer wagt, aus ihrem System auszuscheren – dann können die Gutmenschen sehr, sehr böse werden. Die Glücklicheren werden noch kaltgestellt http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/235-die-wiedergeburt-des-bassam-tibi.html , die Unglücklicheren werden wirtschaftlich ruiniert http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/192-die-vernichtung-des-akif-pirincci.html oder können sich im Land nicht mehr blicken lassen http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/40-flug-lug-und-betrug.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/58-respekt-vor-edathy.html .
Jene, die soziale Probleme haben, wisssen mittlerweile, wer dafür verantwortlich ist und was die dafür Verantwortlichen von ihnen halten. Mehr und mehr wenden sie sich von der Mitte der Gesellschaft ab. Mit unguten Folgen.
Der Pädagoge Johann Heil hatte einst den Begriff des „Mitte-Extremismus“ geprägt http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/105-weltmeister.html . Hier passt er. Wenn das die Mitte der Gesellschaft ist, dann braucht mensch keine extremen Ränder mehr. Wenn das die Gutmenschen sind, dann werden Schlechtmenschen gar nicht mehr benötigt.
Es sind nicht alle so, aber viele. Es gibt auch gute, engagierte Menschen unter ihnen, die der Wurm respektiert. Aber tendenziell bleibt der Wurm dabei: Ein Gutmensch ist ein schlechter Mensch.
Sie wollen nur Gutes, schaffen aber meist nur Böses.
Zurück zu Marina Abramovic. Was sagt die Bundesregierung?
„"Mit ihrer Kunst zwingt sie uns zum Mitfühlen", so Kulturstaatsministerin Grütters. Dass die Werke der international gefragten Ausnahmekünstlerin jetzt in Bonn gezeigt werden, freut auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters. "Es ist eine große Ehre, dass es der Bundeskunsthalle gelungen ist, diese herausragende Künstlerin mit ihrer Retrospektive über 50 Jahre künstlerischen Schaffens zu gewinnen", so Grütters zur Eröffnung …
Von dieser Art der Umsetzung ist auch Kulturstaatsministerin Grütters beeindruckt. "Wie sie sie in ihren Performances bis an ihre eigenen physischen und psychischen Grenzen umsetzt, hinterlässt beim Zuschauer ein ohren- und augenbetäubendes Gefühl von Faszination und Verstörung zugleich. Mit ihrer Kunst zwingt sie uns nicht nur zum Nachdenken, sondern in erster Linie zum Mitfühlen."
Zum Auftakt machte Kulturstaatsministerin Grütters gemeinsam mit der Künstlerin und Kuratorin Susanne Kleine einen Rundgang durch die Ausstellung.
Die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn ist eine Einrichtung des Bundes und wird mit rund 19 Millionen Euro zu 100 Prozent aus dem Haushalt der Kulturstaatsministerin gefördert.“
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2018/04/2018-04-20-bkm-abramovic.html
Kunst für Sie!
Sie wissen, dass Sie etwas Besonderes sind! Gönnen Sie sich für nur 10.000 € einen unvergesslichen Tag! Einmalig für Sie - und Ihre Nachbarn werden Jahrzehnte später noch darüber reden!
Der international bekannte Künstler Ruwu besucht Sie zu Hause. Inspiriert durch die Kunst von Marina Abramovic, lässt Ruwu die Energie zwischen sich und Ihnen fließen. Lassen Sie diese Energie auf sich einwirken!
Zur Begrüßung wird Sie Ruwu 5 Minuten lang ohrfeigen und anschließend 5 Minuten lang anschreien. Danach fährt Sie Ruwu im Auto 10x um den Block. Sie erhalten ein Megaphon, mit dem Sie jeweils am Startpunkt die Anzahl der gefahrenen Runden ansagen.
Wieder zu Hause, kämmt sich Ruwu 5 Minuten und sagt die Sätze „Kunst muss schön sein, Ruwu muss schön sein“. Er drückt Ihnen eine rohe Zwiebel in die Hand, die Sie wie einen Apfel essen. Währenddessen beklagen Sie sich darüber, wie das Leben Sie ungerecht behandelt hat.
Ruwu wäscht mehrere Rinderknochen und singt dabei Lieder aus seiner Heimat. Nach getaner Arbeit nimmt Ruwu die „Mr. Hyde-Pille“. Sie können ihm dabei zusehen, wie sehr ihn die Pille körperlich und geistig verändert. Sie werden es von selbst merken, wann es für Sie an der Zeit ist, den Raum zu verlassen und abzuschließen. Nach ca. einer halben Stunde lässt die Wirkung nach und Sie können den Raum wieder betreten. Das Ergebnis: eine demolierte Wohnung. Tatsächlich handelt es sich aber um Kunst auf hohem Niveau.
Ruwu bringt zwei schwere, mit Reiskörnern und Linsen befüllte Eimer. Mit diesen geht er durch die noch heilen Räumlichkeiten vom einen zum anderen Ende und wieder zurück. Kunstvoll wirft er den Inhalt der Eimer, so dass jeder Fleck Ihrer Räumlichkeiten bedeckt ist. Während Sie den Reis und die Linsen sortieren und zählen, können Sie Ruwu dabei zusehen, wie er isst, wie er trinkt, wie er sich auf dem Sofa räkelt.
Die Aktion mit dem Reis und den Linsen können Sie unterbrechen und später weiter führen. Sie haben die Möglichkeit, so lange Sie wollen, reglos und stumm Ruwu gegenüberzusitzen und ihm dabei in die Augen zu schauen. Spüren Sie den Fluss der Energie!
Lassen Sie sich das nicht entgehen! Ihnen werden vor Rührung und Glück die Tränen kommen! Weil Sie es sich wert sind!
Zum krönenden Abschluss holt Ruwu aus dem Auto einen toten Hasen. Diesem erklärt er seine Kunst und was er heute alles gemacht hat. Sie werden dem Hasen vorgestellt und dürfen ihm die Pfote schütteln. Ruwu zeigt dem Hasen das demolierte Zimmer, die gewaschenen Rinderknochen, die kunstvoll geworfenen und verstreut liegen Reiskörner und Linsen und die 10.000 €, die er dafür bekommen hat.
Der Hase und Ruwu verbeugen sich vor Ihnen und gehen.
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm