Roter Stern über China

Vor 100 Jahren wurde die Kommunistische Partei Chinas gegründet.

Was die Führer dieser Partei auch immer falsch gemacht, welche Verbrechen sie auch immer begangen haben: die Verbrechen ihrer Gegner waren größer bzw. wären größer gewesen.

Und die KP Chinas hat es geschafft, spätestens ab 1949 Hunderte von Millionen Menschen aus dem Elend zu befreien und ab 1978 Hunderte von Millionen Menschen aus der Armut zu befreien.

Der Wurm beschreibt mit Hilfe von Edgar Snow und Siegfried Kogelfranz den Siegeszug bis zur Machtergreifung 1949 und geht mit Hilfe von Rainer Rupp auf die Verkommenheit der heutigen westlichen Journaille ein, die den gelb-roten Teufel an die Wand malt.

 

 

Roter Stern über China

 

Siegfried Kogelfranz: „… (Mao) empfing auch gelegentliche Besuche aus den USA: den Journalisten Edgar Snow, der mit seinem Buch »Roter Stern über China« ein weltweit aufsehenerregendes Epos über die chinesischen Kommunisten schrieb.“

https://www.spiegel.de/politik/die-barbaren-unbedeutend-und-widerwaertig-a-c94c5360-0002-0001-0000-000013493218

Rainer Rupp: „Zum Schluss eine Empfehlung des Autors dieser Tagesdosis, nämlich das Buch von Edgar Snow „Roter Stern über China“ nochmals zu lesen. Veröffentlicht im Jahr 1939 ist es das mitreißende, klassische Werk über die Geburt der kommunistischen Bewegung in China des US-Zeitzeugen Snow, der Zhou Enlai und Mao Zedong damals persönlich kannte.“

https://www.rainerrupp.de/100-jahre-roter-stern-ueber-china/

Aus „Wikipedia“: „Edgar Snow (* 17. Juli 1905 in Kansas City, Missouri; † 15. Februar 1972 in Genf) war ein amerikanischer Journalist, der dank seines Buches Red Star over China (1937, deutsche Ausgabe Roter Stern über China) über seine Begegnungen mit Mao Zedong international bekannt wurde …

Mao selbst hatte die Initiative zu seiner von Snow verfassten Biografie ergriffen. Red Star over China entstand zu großen Teilen aus Interviews, die Mao und andere Kommunisten Snow über einen Zeitraum von drei Monaten im Sommer 1936 gaben. Mao überließ dabei nichts dem Zufall. Er antwortete schriftlich auf die Fragen, die Snow vorab einreichen musste. Hierdurch entstand nach Ansicht der Historiker eine Mixtur aus wertvollen Informationen und inhaltlichen Fälschungen. Dabei verfestigte Mao den zentralen Heldenmythos der Kommunistischen Partei Chinas, den Langen Marsch, indem er Snow erzählte, er habe bis auf seine Krankheitsphasen den größten Teil der 10.000 km langen Strecke wie die einfachen Soldaten zu Fuß zurückgelegt. Über seine damaligen Verbindungen zu Moskau und Stalin ließ Mao kein Wort verlauten, auch erfand er Schlachten und Heldentaten, das Ausmaß an Terror negierte er.

Das Buch wurde in viele Sprachen übersetzt und trug erheblich dazu bei, Mao international populär zu machen und einen Stimmungsumschwung zu seinen Gunsten in der westlichen Welt herbeizuführen. Das Buch erschien auf Chinesisch unter dem Titel „Geschichte einer Reise in den Westen“. Snows Berichte zeigten durchweg eine deutliche Sympathie für die Politik der Volksrepublik China. Seine Berichterstattung hatte der zeitgeschichtlichen Forschung zufolge großen Einfluss auf das China-Bild im Westen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Edgar_Snow

 

Unter „Epos“ stellt sich der Wurm etwas anderes vor und der „Wikipedia“-Text ist völlig irreführend. Zwar geben neben Mao auch andere kommunistische Führer ihre Meinung und ihre Geschichte zum Besten – jedoch handelt es sich hierbei um einen geringen Teil des Buches. Neben allgemeinen politischen Entwicklungen der Zeit in China beschreibt Edgar Snow das Innenleben im roten Bereich - und das macht das Buch so wertvoll. Vor allem über dieses Innenleben und manche Hintergründe möchte der Wurm aus dem Buch zitieren:

 

Der Gegner

 

„Das Nanking-Regime konnte sich auf die Sicherheit der von den Fremdmächten beherrschten Industriegebiete in den Vertragshägen verlassen, auf ihre Truppen, ihre Geschütze, ihre Festlandpolizei, ihre Flußkanonenboote, wie auch auf ihren Reichtum, ihre Presse, ihre Propaganda, ihre Spione. Es bedeutete wenig, daß die Fremdmächte nur selten an der Kriegführung gegen die Rote Armee teilnahmen, nämlich wenn es sich wirklich als notwendig erwies. Viel wichtiger war, daß sie die Industriearbeiter polizeilich kontrollierten, dem Nanking-Regime mit Munition und Flugzeugen aushalfen und sich freundlicherweise mit einer Sprachregelung einverstanden erklärten, die den Bürgerkrieg schlicht als nicht vorhanden betrachtete, indem sie die Kommunisten als ‚Rote Banditen‘ bezeichneten, so daß die unangenehme Frage von Nichteinmischungs-Komitees (wie im spanischen Bürgerkrieg) gar nicht erst auftauchte. So waren die kommunistischen Führer gezwungen, sich auf die ländlichen Bezirke zurückzuziehen, wo die Sowjetbewegung, wenn sie auch Ziel e und Ideologie eines proletarischen Klassenbewußtseins beibehielt, faktisch eine auf die armen Bauern gestützte, nationale und sozialrevolutionäre Bewegung entfaltete.“

 

Landbewegung

- Hungersnot

 

„Während der großen Hungersnot im Nordwesten, die etwa drei Jahre andauerte und vier riesige Provinzen in Mitleidenschaft zog, besuchte ich im Juni 1929 einige der Dürregebiete in Suiyuan am Rande der Mongolei. Wie viele Menschen in diesen Jahren verhungerten, weiß ich nicht genau, und wahrscheinlich wird man das auch nie wissen; heute ist es vergessen. Ihre Zahl wird oft mit 3.000.000 angegeben, eine konservative halboffizielle Schätzung; aber ich denke nicht daran, andere Schätzungen zu bezweifeln, die bis 6.000.000 reichen. Die Katastrophe ging, kaum bemerkt von der westlichen Welt und sogar von den Küstenstädten Chinas, vorbei; aber eine Handvoll mutiger Chinesen und Ausländer, die der amerikamisch finanzierten Internationalen Hilfskommission für die Hungersnot in China angehörten – ihr Sekretär Dwight Edwards, der amerikanische Ingenieur O.J. Todd und ein bewundernswerter amerikanischer Missionsarzt, Robert Ingram – setzten ihr Leben in diesen typhusverseuchten Gebieten ein, um einige von diesen Menschen vor der Vernichtung zu bewahren. Ich verbrachte mit ihnen einige Tage, ging durch Todesstädte, durch öde Wüsten, die einst fruchtbarer Boden gewesen waren, durch ein Land des nackten Schreckens.

Ich war dreiundzwanzig. Ich war in den Osten gekommen auf der Suche nach dem ‚Glanz des Orients‘, nach Abenteuern. Dieser Ausflug nach Suiyuan hatte als etwas Derartiges begonnen. Aber hier stieß ich zum ersten Male in meinem Leben plötzlich auf Menschen, die starben, weil sie nichts zu essen hatten. In diesen alptraumartigen Stunden in Suiyuan sah ich Tausende von Männern, Frauen und Kindern, die vor meinen Augen verhungerten.

Haben Sie jemals einen Menschen gesehen – einen guten, ehrlichen Mann, der hart gearbeitet hat, einen ‚gesetzestreuen‘ Bürger, der niemandem etwas getan hat -, der seit über einem Monat nichts zu essen hatte? Es ist ein marternder Anblick. Sein sterbendes Fleisch hängt in runzligen Falten an ihm; jeden Knochen an seinem Körper kann man genau sehen; seine Augen starren, ohne etwas zu sehen; und selbst wenn er ein Jugendlicher von 20 Jahren ist, bewegt er sich wie eine uralte Frau, schleppt sich von Ort zu Ort. Wenn er Glück gehabt hat, hat er vor langer Zeit seine Frau und Töchter verkauft. Er hat außerdem alles verkauft, was er hatte – das Holz von seinem Haus und die meisten seiner Kleider. Manchmal hat er sogar den letzten Fetzen über seiner Scham verkauft und schwankt dort in der brennenden Sonne mit Hoden, die wie verwelkte Olivensamen von ihn herabhängen – der letzte grimmige Scherz, der daran erinnert, daß dies einst ein Mann war. Kinder sind noch bemitleidenswerter mit ihren vornübergebeugten, verunstalteten kleinen Skeletten, ihren krummen Knochen, mit zweigähnlichen kleinen Armen und blauen Bäuchen, die mit Rinde und Sägemehl gefüllt sind, aufgequollen wie Geschwülste. Frauen liegen eingesunken in den Ecken und warten auf den Tod, die schwarzen, messerscharfen Hinterbacken treten hervor, die Brüste wie zusammengefallene Säcke. Aber es gibt schließlich nicht mehr viele Frauen und Mädchen. Die meisten von ihnen sind gestorben oder verkauft worden.

Das waren Dinge, die ich selbst gesehen hatte und nie wieder vergessen würde. Millionen waren auf diese Weise vor Hunger gestorben, und weitere Tausende starben immer noch aus diesem Grunde in China. Ich hatte in den Straßen von Saratsi frische Leichen liegen sehen und in den Dörfern flache Gräber, wo Opfer von Hunger und Seuchen dutzendweise begraben waren. Aber dies war am Ende doch nicht das Schockierendste. Was wirklich schockierte, waren die immer noch reichen Leute in vielen dieser Städte, Leute, die Reis und Weizen horteten, Geldverleiher und Grundbesitzer, die sich bewaffnete Schutztruppen zu ihrer Verteidigung hielten, während sie enorme Profite machten. Wirklich schockierte, daß es in den Städten – wo die Beamten tanzten oder mit Sing-song-Mädchen spielten – Getreide und Nahrung gab und seit Monaten gegeben hatte; daß es in Peking und Tientsin und an anderen Orten Tausend Tonnen Weizen und Hirse gab, die von der Hungersnotkommission meistens als Spenden aus dem Auskland gesammelt worden waren, aber nicht zu den Verhungernden transportiert werden konnten. Warum nicht? Weil im Nordwesten einige Militärmachthaber saßen, die alles rollende Material auf ihren Eisenbahnen festhielten und nichts in den Osten durchließen, während im Osten andere Kuomintang-Generäle saßen, die kein rollendes Material westwärts schickten – nicht einmal zu Verhungernden -, weil sie fürchteten, es würde von ihren Rivalen beschlagnahmt.

Während die Hungersnot wütete, entschloß sich die Kommission, mit amerikanischem Geld einen großen Kanal zu bauen, um die von der Dürre förmlich gebackenen Landstriche zu bewässern. Die Beamten gaben ihnen alle nur erdenkliche Hilfestellung – und begannen sofort, für ein paar Pfennig pro Quadratmeter alles Land aufzukaufen, das bewässert werden sollte. Eine Horde Geier fiel in dieses unglückselige Land ein und kaufte von den verhungernden Bauern Tausende von Quadratmetern Ackerland für deren Steuerschulden oder ein paar Pfennig und warteten damit auf Pächter oder auf Regentage.

Aber die große Mehrheit der Leute, die da starben, starb ohne jeden Akt des Protestes.

‚Warum revoltieren sie nicht?‘, fragte ich mich. ‚Warum marschieren sie nicht als eine große Armee los und greifen die Schurken an, die sie besteuern, aber nicht ernähren können? Die ihr Land beschlagnahmen, aber nicht ihre Bewässerungskanäle reparieren können? Oder warum fallen sie nicht in Horden in die großen Städte ein und plündern die Reichtümer der Verbrecher, die ihre Töchter und Frauen kaufen, die Männer, die weiter ihre Bankette von sechsunddreißig Gängen verschlingen, während ehrliche Leute verhungern? Warum nicht?‘

Ich war von ihrer Passivität tief verwirrt. Eine Zeitlang dachte ich, nichts würde einen Chinesen zum Kämpfen bringen.

Ich hatte mich geirrt. Der chinesische Bauer war nicht passiv; er war kein Feigling. Er würde kämpfen, wenn er eine Methode, eine Organisation, Anleitung, ein durchführbares Programm, Hoffnung hätte – und Waffen. Die Entwicklung des Kommunismus in China hatte dies bewiesen. Gegen diesen Hintergrund sollte es uns deshalb nicht überraschen zu hören, daß die Kommunisten im Nordwesten beliebt waren, denn die Lebensbedingungen waren für die Bauernmassen dort nicht besser als anderswo in China.“

 

- Grundbesitzer und ihre Hilfstruppen

 

„… Da die Vorsitzenden der pao-chia fast immer reiche Bauern, Großgrundbesitzer, Pfandleiher oder Geldverleiher waren – jedenfalls die eifrigsten aller Untertanen -, waren sie natürlich wenig geneigt, dafür zu bürgen, daß ein Pächter oder verschuldeter Bauer frei von rebellischen Gedankenanwendungen sei. Aber ohne Bürgschaft zu sein war eine ernste Angelegenheit. Ein Mann ohne Bürgschaft konnte auf jeden Vorwand hin als „verdächtiges Subjekt“ ins Gefängnis geworfen werden.

Die Folge davon war, daß die gesamte Bauernschaft von der Gnade der Grundbesitzerklasse abhing, die jederzeit einen Mann dadurch ruinieren konnte, daß sie ihm die Bürgschaft verweigerte. Eine der wichtigsten Funktionen der pao-chia war die Eintreibung der Steuern für die Erhaltung der min-t’uan oder Miliz. Die min-t’uan wurde ausgewählt, organisiert und kommandiert von den Grundbesitzern und der „Gentry“. Ihre Hauptpflichten waren, den Kommunismus zu bekämpfen, Pachtgeld und Schulden der Landpächter, Anleihen und Zinsen eintreiben zu helfen und die Anstrengungen des örtlichen Magistrats zu unterstützen, die Steuern einzuziehen.

Wenn also die Rote Armee ein Gebiet besetzte, so waren ihr erster und letzter Feind die min-t’uan. Denn die min-t’uan hatten keine andere Basis als die Grundbesitzer, die sie bezahlten, und verloren diese Basis, wenn die Kommunisten kamen. Der Klassenkampf war in China am besten bei den Auseinandersetzungen zwischen min-t’uan und roten Partisanen zu beobachten; denn hier fand sehr oft ein bewaffneter Konflikt zwischen Grundbesitzern und ihren früheren Pächtern und Schuldnern statt. min-t’uan-Söldner gab es Hunderttausende, die sehr wichtige Hilfstruppen für die etwa 2.000.000 nominell antikommunistischen Truppen Chinas abgaben.“

 

- Landverteilung alt

 

„Um zu verstehen, warum die Zahl der Kommunisten ständig wuchs, besonders unter der patriotischen Jugend, und warum der Kommunismus noch immer die Schatten großer Erhebungen und Veränderungen in der geschichtlichen Szenerie des Fernen Ostens warf, muß man einen Blick auf ihre wichtigsten Argumente werfen.

Vor allem, so argumentierten die Roten, habe China, nachdem Nanking die lebendigen Kräfte der Revolution gespalten hatte, an Boden verloren. Kompromiß folgte auf Kompromiß. Das Versagen in der Agrarreform hatte weitreichende Unzufriedenheit und offene Rebellion der zunehmend verarmenden Landbevölkerung in vielen Teilen des Landes zur Folge …

Szechuan war eine der Provinzen, wo die Steuern für sechzig oder mehr Jahre im voraus eingetrieben und viele tausend Äcker von Bauern verlassen worden waren, die die Pacht oder die überhöhten Darlehenszinsen nicht bezahlen konnten. Ich fand Zeitungsartikel, die ich über einen Zeitraum von sechs Jahren gesammelt hatte, unter meinen Papieren, die über vergleichbare Notsituationen in vielen anderen Provinzen berichteten. Es gab nur wenig Anzeichen dafür, daß die Häufigkeit dieser Notsituation abnahm.

Während die Masse der Landbevölkerung in immer schnellerem Tempo dem Ruin zusteuerte, wuchs die Konzentration von Landbesitz und Reichtum in den Händen einer kleinen Anzahl Grundbesitzer und Grundstückswucherer im gleichen Verhältnis wie die selbständigen Bauernhöfe abnahmen. Sir Frederick Leith-Ross soll gesagt haben, daß es keine Mittelklasse in China gäbe, sondern nur die unglaublich Armen und die sehr Reichen. Ungeheure Steuern, die Methode der Ernteabgaben und das ganze traditionelle System von sozialen, politischen und ökonomischen Beziehungen, das Dr. Karl August Wittfogel als die ‚Asiatische Produktionsweise‘ beschreibt, war darauf ausgelegt, die landlose Bauernschaft ständig in einem Zustand schwerer Verschuldung zu halten, ohne Rücklagen und unfähig, Dürre-, Hunger- oder Überschwemmungszeiten zu ertragen.

Als Mao Tse-tung 1926 Sekretär des Kuomintang-Komitees der Bauernbewegung (und Kandidat des Zentralen Exekutivkomitees der Kuomintang) war, überwachte er die Statistiken für Landverteilung in 21 Provinzen. Er erklärte, daß die Untersuchungen ergaben, daß ansässige und abwesende Grundbesitzer, reiche Bauern, Beamte, Grundstückswucherer, insgesamt etwa 10 Prozent der Landbevölkerung, zusammen über 70 Prozent des bebaubaren Landes in China besaßen. Etwa 15 Prozent war im Besitz mittelloser Bauern. Aber über 65 Prozent der Landbevölkerung, nämlich arme Bauern, Pächter und Landarbeiter, besaßen nur 10 bis 15 Prozent des gesamten Ackerlandes.“

 

- Land denen, die es bebauen

 

„Die unmittelbare Unterstützungsbasis für die Roten im Nordwesten war offensichtlich nicht so sehr die Entwicklung des ‚jeder nach seinen Fähigkeiten‘ zu ‚jeder nach seinen Bedürfnissen‘ als vielmehr so etwas wie das eingelöste Versprechen Dr. Sun Yat-sens: ‚Land denen, die es bebauen.‘“

 

- Landverteilung neu

 

„Um die bäuerliche Unterstützung der kommunistischen Bewegung zu verstehen, mußte man sich an die Lasten erinnern, die die Bauernschaft im Nordwesten unter dem früheren Regime getragen hatte. Wo immer die Roten jetzt hinkamen, gab es keinen Zweifel, daß sie die Situation für den Pächter, den armen Bauern, den mittleren Bauern und alle Habenichtse radikal veränderten. Im ersten Jahr wurden alle Arten von Besteuerung abgeschafft, um den Bauern Zeit zum Aufatmen zu geben, und in den alten Gebieten wurde nur eine einfache progressive Grundsteuer und eine einfache Umsatzsteuer (von 5 bis 10 Prozent) erhoben. Zweitens gaben die Roten den landhungrigen Bauern Land und begannen die Nutzbarmachung großer Gebiete ‚Brachlands‘ – meistens das Land von abwesenden oder geflohenen Grundbesitzern. Drittens nahmen sie Land und lebendes Inventar den reichen Klassen weg und verteilten es unter die Armen.

Die Neuverteilung des Landes war ein wesentlicher Grundsatz der Politik der Roten. Wie wurde sie durchgeführt? Später sollte es aus Gründen nationaler politischer Verschiebungen einen drastischen Rückzug in der Landpolitik der Sowjets geben; aber als ich im Nordwesten herumfuhr, sahen die Landgesetze, die in Kraft waren (von der Sowjetregierung des Nordwestens im Dezember 1935 verkündet), die Beschlagnahme allen Landes von Grundbesitzern und reichen Bauern vor, das nicht von den Eigentümern selbst bebaut wurde. Grundbesitzern und reichen Bauern wurde jedoch soviel Land zugestanden, wie sie mit ihrer eigenen Arbeit bebauen konnten. In Gebieten, wo keine Bodenknappheit herrschte – und es gab viele derartige Gebiete im Nordwesten -, wurde das Land von wohnhaften Grundbesitzern und reichen Bauern praktisch überhaupt nicht beschlagnahmt, aber das Brachland und das Land abwesender Besitzer verteilt; manchmal gab es eine Neuverteilung von sehr gutem Land, den Armen wurde besserer Boden gegeben, den Grundbesitzern die gleiche Menge schlechteren Bodens zugeteilt.“

 

Rote Armee

 

„Ob ihnen die Rote Armee gefalle, fragte ich sie. Sie sahen mich mit echtem Erstaunen an. Offensichtlich war es keinem von ihnen jemals in den Sinn gekommen, daß jemandem die Rote Armee nicht gefallen könne.

‚Die Rote Armee hat mir Lesen und Schreiben beigebracht‘, sagte Alter Hund. ‚Hier habe ich gelernt, wie man mit einem Funkgerät umgeht und mit einem Gewehr zielt. Die Rote Armee hilft den Armen.‘

‚Ist das alles?‘

‚Sie ist gut zu uns, und wir werden nie geschlagen‘, fügte Dorfvetter hinzu. ‚Hier sind alle gleich. Hier geht es nicht zu wie in den weißen Gebieten, wo die Armen die Sklaven der Grundbesitzer und der Kuomintang sind. Hier kämpft jeder, um den Armen zu helfen und China zu retten. Die Rote Armee bekämpft die Grundbesitzer und die weißen Banditen; außerdem ist sie gegen die Japaner. Warum sollte irgend jemand eine solche Armee nicht leiden können?‘

Unter ihnen war auch ein Bauernjunge, der in Szechuan zur Roten Armee gestoßen war; ich fragte ihn nach seinen Gründen. Er erzählte mir, daß seine Eltern arme Bauern waren, die nur vier mou Land besaßen (weniger als ein Acker = 40 ½ Ar, zuwenig, um ihn und seine zwei Schwestern zu ernähren. Als die Rotchinesen in sein Dorf kamen, berichtete Dorfvetter, hießen alle Bauern sie willkommen und brachten ihnen heißen Tee und Süßigkeiten. Die Schauspieler der Roten Armee führten Theaterstücke auf. Alle waren glücklich. Nur die Grundbesitzer ergriffen die Flucht. Als das Land neuverteilt wurde, erhielten auch seine Eltern ihren Anteil. Deshalb waren sie dann nicht traurig, sondern freuten sich sehr, als er sich der Armee der armen Leute anschloß.

Ein anderer junger Mann von etwa 19 Jahren war früher Lehrling eines Eisenschmieds in Hunan gewesen; sein Spitzname war ‚T’ieh Lao-hu‘, der Eisentiger. Als die Rote Armee sein Gebiet erreichte, ließ er Zündpfanne, Blasebalg und Lehre fahren und hatte nichts Eiligeres zu tun, als sich, nur mit ein paar Sandalen und Hosen bekleidet, aufnehmen zu lassen. Warum? Weil er die Lehrmeister, die ihre Lehrlinge verhungern ließen, und die Grundbesitzer, die seine Eltern beraubten, bekämpfen wollte. Er kämpfte für die Revolution, die die Armen befreien würde. Die Rote Armee war gut zur Bevölkerung und beraubte und schlug sie nicht, wie es die weißen Armeen taten …

Einige waren dazugestoßen, um gegen Japan zu kämpfen, zwei, um der Sklaverei (Lehrlingsarbeit; in jenen Teilen Chinas kam sie der Sklaverei gleich) zu entgehen, drei waren von den Truppen der Kuomintang desertiert; aber die meisten hatten sich angeschlossen, ‚weil die Rote Armee eine revolutionäre Armee ist und die Grundbesitzer und den Imperialismus bekämpft‘ …

Sie waren eine gemischte Gesellschaft, aber ‚nationaler‘ in der Zusammenstellung als gewöhnliche chinesische Armeen, die meist sorgfältig nach Provinzen getrennt waren. Ihre Herkunft aus verschiedenen Provinzen und ihr entsprechend unterschiedlicher Dialekt schien sie nicht voneinander zu trennen, sondern war Gegenstand ständiger gutgelaunter Spötteleien. Ich habe niemals einen ernsthaften Streit zwischen ihnen erlebt. Tatsächlich sollte ich während all meiner Reisen in roten Gebieten nie Zeuge einer einzigen Prügelei werden – für junge Männer wirklich bemerkenswert.

Obwohl Tragik das Leben von beinah allen überschattete, waren sie vielleicht zu jung, als daß das sie tief hätte niederdrücken können. Sie machten auf mich einen recht glücklichen Eindruck; sie waren wohl die erste bewußt glückliche Gruppe chinesischer Proletarier, die ich gesehen hatte. Gewöhnlich begegnete einem passive Genügsamkeit in China; aber die höhere Emotion, die Glück heißt und eine positive Einstellung zum Dasein bedeutet, fand man tatsächlich selten.

Sie sangen beinah den ganzen Tag beim Marschieren, und ihr Vorrat an Liedern nahm kein Ende. Sie sangen nicht auf Kommando, sondern spontan, und sie sangen gut. Wann immer einen von ihnen der Geist trieb oder jemandem ein geeignetes Lied einfiel, barst er förmlich los, und Kommandeur und Truppen fielen in seinen Gesang ein. Sie sangen sogar in der Nacht und lernten neue Volkslieder von den Bauern, die ihre Shensi-Gitarren herausholten.“

„Der chinesische Soldat kämpfte so tapfer wie jeder andere, wie ich 1932 während der Schlacht um Shanghai selbst feststellen konnte. Sieht man einmal vom Mangel an moderner technischer Ausrüstung ab, so lag die Schwierigkeit meist darin, daß die militärischen Führer unfähig waren, das ihnen zur Verfügung stehende Menschenmaterial auszubilden, die Soldaten mit militärischer Disziplin, politischem Verständnis und dem Willen zum Sieg zu erfüllen. Darin lag die Überlegenheit der Roten Armee – in vielen Schlachten war sie die einzige, die wußte, wofür sie kämpfte. Es war vor allem der größere Erfolg der Roten bei den erzieherischen Aufgaben, die der Aufbau einer Armee verlangt, der sie befähigte, einem zahlenmäßig und technisch so außerordentlich überlegenen Feind standzuhalten.

In der verbissenen Ausdauer, der Fähigkeit, Entbehrungen ohne Murren zu ertragen, waren die chinesischen Bauern, aus denen der größte Teil der Roten Armee bestand, nicht zu übertreffen. Dies zeigte sich während des Langen Marsches, auf dem die Roten, von allen Seiten schwer bedrängt, im Freien schliefen und wochenlang von ungeschältem Getreide lebten. Trotzdem gingen sie aus diesen Strapazen als eine festgefügte militärische Streitmacht hervor. Und diese Zähigkeit kam immer in der harten Routine zum Ausdruck, die sich die Rote Armee Tag für Tag auferlegte.“

 

Arbeiter

 

„Ich blieb drei Tage in Wu Ch’i Chen, besuchte Arbeiter in den Fabriken, ‚inspizierte‘ die Arbeitsbedingungen, nahm teil an ihren Theatervorstellungen und politischen Zusammenkünften, las ihre Wandzeitungen und ihre Schriftzeichen-Bücher, unterhielt mich mit ihnen – und entwickelte mich zum Sportler. Ich beteiligte mich an einem Basketballspiel auf einem der drei Spielfelder in Wu Chi …

Das alles schien sehr fortschrittlich, wenn auch vielleicht noch weit entfernt von einer kommunistischen Utopie. Es war wirklich sehr interessant, daß solche Bedingungen tatsächlich mitten in der Verarmung der Sowjets verwirklicht wurden. Wie primitiv sie verwirklicht wurden, ist eine andere Frage. Sie hatten Klubs, Schulen, geräumige Unterkünfte – sicher, das gab es alles -, aber in Höhlenwohnungen untergebracht, mit der nackten Erde als Fußboden, keine Duschen, keine Kinos, keine Elektrizität. Sie wurden mit Nahrung versorgt; aber die Mahlzeiten bestanden aus Hirse, Gemüse und manchmal Hammelfleisch, ohne irgendwelche Delikatessen. Sie bezogen ihre Löhne und Sozialversicherung regelmäßig in der Sowjetwährung; aber die Artikel, die sie damit kaufen konnten, waren streng auf das Notwendigste beschränkt – und auch davon nicht allzuviel.

‚Unerträglich‘, würde der durchschnittliche amerikanische oder englische Arbeiter sagen. Ich erinnerte mich jedoch an Shanghaier Fabriken, wo kleine Jungen und Mädchen 12 oder 13 Stunden am Tag an ihrer Arbeit standen oder saßen und dann erschöpft auf einer dreckigen Baumwollsteppdecke in Schlaf fielen, auf ihrem Lager direkt neben den Maschinen. Ich erinnerte mich an kleine Mädchen in Seidenspinnereien und an die blassen jungen Frauen in Baumwollfabriken, die nicht anders als Sklaven für vier oder fünf Jahre an ihre Arbeitsplätze verkauft worden waren, ohne Möglichkeit, bei Tag oder bei Nacht das schwer bewachte, von einer hohen Mauer umgebene Fabrikgebäude zu verlassen, es sei denn mit einer speziellen Erlaubnis. Und ich erinnerte mich, daß in Shanghai im Jahr 1935 mehr als 29.000 Leichen auf den Straßen aufgelesen und aus den Flüssen und Kanälen gezogen wurden – Leichen der Ärmsten der Armen, von verhungerten oder ertränkten Babys oder Kindern, die ihre Eltern nicht ernähren konnten.

Wie primitiv das Leben in Wu Ch’i Chen auch immer sein mochte, so schien es für die Arbeiter dort doch wenigstens ein Leben in guter Gesundheit, Bewegung, sauberer Bergluft, Freiheit, Würde und Hoffnung zu sein und ein Leben mit Entwicklungsmöglichkeiten. Sie wußten, daß niemand Geld aus ihnen schlug. Ich glaube, sie fühlten, daß sie für sich und für China arbeiteten, und sie sagten, sie seien Revolutionäre! Ihre täglichen 3 Stunden Lesen und Schreiben, ihre politischen Unterrichtsstunden und ihre Schauspielgruppen nahmen sie sehr ernst, und sie wetteiferten angestrengt um die kümmerlichen Preise, die in Wettbewerben zwischen Gruppen und Einzelpersonen für Sport, Literatur, Hygiene, Wandzeitungen und Steigerung der Arbeitsproduktivität ausgesetzt waren. All dies hatte Wirklichkeitsgehalt für sie, Dinge, die sie nie zuvor gekannt hatten, unmöglich kennen konnten in irgendeiner anderen Fabrik Chinas; sie schienen dankbar für die Lebensmöglichkeiten, die ihnen damit eröffnet wurden.

Für einen alten Chinakenner wie mich war dies alles schwer zu glauben, und ich war mir nicht klar, was für eine Bedeutung dies letzten Endes haben würde. Aber ich konnte die Beweise, die ich gesehen hatte, nicht einfach leugnen. Um diese Beweise im einzelnen darzulegen, müßte ich ein Dutzend Geschichten erzählen von Arbeitern, mit denen ich redete; aus ihren Essays und Kritiken in den Wandzeitungen zitieren, die in der kindlichen Kritzelschrift derer geschrieben waren, die gerade das Lesen und Schreiben gelernt hatten – viele davon übersetzte ich mit Hilfe des Studenten. Ich müßte von den politischen Zusammenkünften berichten, an denen ich teilnahm, und von den Theaterstücken, die die Arbeiter ausdachten und aufführten, und von den vielen kleinen Dingen, die gewöhnlich einen ‚Eindruck‘ ausmachen.“

 

Rotes Theater

 

„Daß die Roten fest zum Kampf entschlossen waren und glaubten, daß der Kriegsanfang sie als erste an der Front finden würde, zeigten nicht nur die leidenschaftlichen Äußerungen ihrer Führer, die harte praktische Schulung in der Armee und ihre Vorschläge für eine Einheitsfront mit ihrem zehnjährigen Feind, der Kuomintang, sondern auch die intensive Propaganda, die man in allen Sowjetgebieten beobachten konnte.

Eine führende Rolle in dieser Erziehungsmission spielten die vielen Jugendgruppen, die Jen-min K’ang-Jih Chu She oder antijapanische Volksschauspieltruppe, die unaufhörlich durch die Roten Gebiete reisten, das Evangelium des Widerstandes verbreiteten und den schlummernden Nationalismus der Bauern weckten. Zu einer Veranstaltung dieser erstaunlichen Kindertheater ging ich kurz nach meinem ersten Besuch an der Universität der Roten Armee.

Die Leute begaben sich schon zur Bühne unter freiem Himmel, die in einem alten Tempel improvisiert war, als ich mich mit dem jungen Beamten, der mich ins Rote Theater eingeladen hatte, auf den Weg machte. Es war Sonnabend, zwei oder drei Stunden vor Sonnenuntergang, und ganz Pao An schien auf den Beinen. Kadetten, Maultiertreiber, Arbeiterinnen aus der Uniform- und Schuhfabrik, Angestellte aus den Kooperativen und dem Postamt der Sowjets, Soldaten, Zimmermannsleute, Dorfbewohner mit ihren Kindern – alle strömten der großen, grasbewachsenen Fläche neben dem Fluß zu, wo die Schauspieler auftraten. Man kann sich nur schwer eine demokratischere Versammlung vorstellen – wie eine Chautauqua aus alten Zeiten.

Man verkaufte keine Eintrittskarten, es gab keine Kleidervorschriften und keine Ehrenplätze, Ziegen grasten auf dem unweit gelegenen Tennisplatz. Ich entdeckte Lo Fu, den Generalsekretär des Politbüros des ZK, Lin Piao, Lin Po-chu (Lin Tsu-han), den Finanzkommissar, den Vorsitzenden Mao Tse-tung und andere Funktionäre mit ihren Frauen in der Menge verstreut, wie sie wie alle anderen auf dem weichen Rasen saßen. Nachdem die Aufführung begonnen hatte, schenkte ihnen niemand mehr viel Beachtung.

Quer über die Bühne hing ein großer Vorhang aus rosa Seide, auf dem in chinesischen Schriftzeichen und in latinisierter Umschrift – von den Roten befürwortet, um die Massenerziehung zu beschleunigen – die Worte „Antijapanische Volksschauspieltruppe“ standen. Das Programm sollte drei Stunden dauern. Es stellte sich als eine Kombination von kurzen Stücken, Tänzen, Liedern und Pantomimen heraus – eine Art Varieté oder Show, einheitlich nur durch die beiden Zentralthemen: Anti-Nipponismus und die Revolution. Das Programm steckte voller offener Propaganda; die Requisiten waren primitiv. Aber es hatte den Vorteil, daß es sich von allem Zymbelgeklingel und Falsettgesinge befreit hatte und Gegenwarts-Themen verwendete statt der bedeutungslosen historischen Intrigen, mit denen sich die dekadente chinesische Oper beschäftigt. Was ihm an Feinheit und Raffinement fehlte, glich es teilweise aus durch seine robuste Vitalität, den funkelnden Humor und das Zusammenspiel zwischen Schauspielern und Publikum. Die Gäste des Roten Theater schienen wirklich zuzuhören: eine erstaunliche Sache, verglichen mit dem gelangweilten Opernpublikum, das seine Zeit meistens damit verbrachte, Früchte und Melonensamen zu verspeisen, sich zu unterhalten, heiße Tücher hin und her zu werfen, sich gegenseitig in ihren Logen zu besuchen und nur gelegentlich einmal einen Blick auf die Bühne zu werfen …

Zwischen den Akten erscholl der Ruf nach Stegreifsängern aus dem Publikum … Danach wurde zu meinem äußersten Schrecken gefordert, daß der wai-kuo hsin-wen chi-che – der ausländische Zeitungsreporter – seine Lungen in einem eigenen Solo strapazieren sollte! Sie weigerten sich, meine Entschuldigungen anzunehmen … Sie beharrten auf ihrer Forderung. In äußerster Verzweiflung trug ich schließlich ‚Der Mann auf dem fliegenden Trapez‘ vor. Sie hörten sehr höflich zu. Eine Zugabe wurde nicht verlangt …

Mit unendlicher Erleichterung sah ich den Vorhang für den nächsten Akt aufgehen, der sich als Gesellschaftsdrama mit revolutionärem Thema herausstellte – ein Buchhalter, der sich in die Frau des Grundbesitzers verliebte. Dann kamen weitere Tänze, eine „Lebende Zeitung“, die sich mit den letzten Nachrichten aus dem Südwesten befaßte, und ein Chor von Kindern, der die ‚Internationale‘ sang. Hier wurden Fahnen von mehreren Nationen an Stangen einer erleuchteten Säule in der Mitte aufgezogen, um die herum die jungen Tänzer sich niederließen. Während des Singens erhoben sie sich langsam und standen, als das Lied endete, mit geballten Fäusten aufrecht da.

Das Theater war vorbei, aber meine Neugierde blieb. Am nächsten Tag interviewte ich Fräulein Wei Kung-chih, die Leiterin der antijapanischen Volksschauspieltruppe …

Sie erzählte mir einiges über die Geschichte des Roten Theaters. Schauspieltruppen wurden zuerst 1931 in Kiangsi organisiert. Dort bildeten die Roten an der berühmten Gorki-Schule (unter der technischen Leitung von Yeh Chien-ying) in Juichin, an der über 1.000 Studenten aus den Sowjetgebieten studierten, etwa sechzig Theatertruppen aus. Sie reisten durch die Dörfer und an die Front. Jede Truppe hatte lange Wartelisten von Dorfsowjets, die Vorstellungen erbaten. Die Bauern, die dankbar für jede Abwechslung in einem Leben ohne kulturelle Ereignisse waren, bereiteten freiwillig Transport, Unterkunft und Verpflegung für diese Besuche vor …

‚Die Bauern legen weite Strecken zurück, um unsere Stücke zu sehen‘, berichtete mir Fräulein Wie. ‚Manchmal, wenn wir uns in der Nähe einer weißen Grenze aufhalten, schicken uns die Kuomintang-Soldaten heimliche Botschaften mit der Bitte an unsere Schauspieler, in einen Marktflecken im Grenzgebiet zu kommen. Wenn wir dieser Bitte nachkommen, lassen rote und weiße Soldaten ihre Gewehre zurück und sehen sich auf dem Marktplatz unsere Vorstellung an. Wenn die höheren Offiziere der Kuomintang davon wissen, erlauben sie es nie, denn viele der Kuomintang-Soldaten wollen nicht länger gegen unsere Rote Armee kämpfen, wenn sie einmal unsere Schauspieler gesehen haben.‘

Was mich an diesen dramatischen ‚Klubs‘ überraschte, war, daß sie bei so dürftiger Ausstattung doch ein echtes soziales Bedürfnis befriedigen konnten. Sie hatten nur äußerst kümmerliche Requisiten und Kostüme, brachten es jedoch fertig, mit diesem primitiven Material die echte Illusion des Dramas zu erwecken. Die Schauspieler erhielten dafür nur Nahrung, Kleider und einige wenige lebenswichtige Dinge, aber wie alle Kommunisten studierten sie täglich und glaubten, daß sie für China und das chinesische Volk arbeiteten. Sie schliefen überall, aßen fröhlich, was man ihnen vorsetzte, und legten zu Fuß große Entfernungen von Dorf zu Dorf zurück. Im Hinblick auf materielle Bequemlichkeit waren sie ohne Frage die schlechtest bezahltesten Thespisjünger der Welt; trotzdem hatte ich nie welche gesehen, die glücklicher aussahen …

Es gab keine mächtigere und keine feinfühliger gehandhabte Propagandawaffe in der kommunistischen Bewegung als die Schauspieltruppen der Roten. Durch dauernde Programmänderungen und beinah täglichen Wechsel der ‚Lebende Zeitungs‘-Szenen wurden die neuen militärischen, politischen, ökonomischen und sozialen Probleme zum Material der Stücke, Zweifel und Fragen wurden der skeptischen Bauernschaft humorvoll und verständlich beantwortet. Wenn die Roten neue Gebiete besetzten, war es das Rote Theater, das die Furcht der Leute dämpfte, ihnen die grundlegenden Ideen des Roten Programms erklärte und revolutionäre Gedanken unter die Leute brachte, um ihr Vertrauen zu gewinnen …

Wohin immer auch auf ihren unglaublichen Wanderungen das Schicksal diese Roten geführt hatte, da hatten sie nachdrücklich tiefgreifende soziale Veränderungen gefordert – auf die die Bauern auf keine andere Weise hätten hoffen lernen können – und hatten den Armen und Unterdrückten neuen Glauben an die eigene Tat gebracht.

Wie schwer sie auch zuweilen geirrt hatten, wie tragisch ihre Exzesse, wie übertrieben ihre Emphase hier oder das Ungestüm dort auch immer gewesen sein mochte, so war es doch ihr echtes und nachdrücklich gefühltes propagandistisches Ziel, die Millionen im ländlichen China zu ihrer Verantwortung für die Gesellschaft aufzurütteln; den Glauben an die Menschenrechte in ihnen zu wecken, die Furchtsamkeit, Passivität und die statischen Glaubenssätze des Taoismus und Konfuzianismus zu bekämpfen und sie zum Kampf für die ‚Herrschaft des Volkes‘ zu erziehen, zu überreden und zweifellos auch zuweilen durch hartnäckiges Insistieren zu ihrem eigenen Glück zu zwingen – eine neue Vision im ländlichen China -, zum Kampf für ein Leben in Gerechtigkeit, Gleichheit, Freiheit und menschlicher Würde, wie die Kommunisten sie verstanden. Weit eher als die frommen, aber bedeutungslosen Resolutionen, die in Nanking verabschiedet wurden, konnte der wachsende Druck der Bauernschaft, die nach zweitausendjährigem Schlaf sich allmählich in einem Zustand von Bewußtsein auf die eigenen Füße stellte, die Verwirklichung einer weitgehenden Veränderung dem Land aufzwingen.“

 

Internationalismus

 

„Ein Beispiel für ihren Internationalismus war die intensive Anteilnahme, mit der die Roten die Ereignisse des spanischen Bürgerkriegs verfolgten. Situationsberichte wurden in der Presse abgedruckt, in den Versammlungsräumen der Dorfsowjets ausgehängt und den Armeen an der Front bekanntgemacht. Die politische Abteilung hielt spezielle Vorlesungen über Ursache und Bedeutung des spanischen Bürgerkrieges und verglich die ‚Volksfront‘ in Spanien mit der ‚Einheitsfront‘ in China. Massenversammlungen wurden einberufen, Demonstrationen abgehalten, öffentliche Diskussionen über dieses Thema angeregt. Es war manchmal ganz erstaunlich, Bauern zu finden, selbst irgendwo abgelegen in den Bergen, die ein bißchen was über solche Ereignisse wie die Eroberung Abessiniens durch die Italiener und die deutsch-italienische Intervention in Spanien wußten und von den Achsenmächten als den ‚faschistischen Verbündeten‘ ihres Feindes Japan sprachen. Trotz ihrer geographischen Abgeschiedenheit wußten diese Bauern, dank den Radionachrichten, den Wandzeitungen und den Lektionen kommunistischer Lehrer und Propagandisten, mehr über diesen Aspekt der Weltpolitik als die Bauern in anderen Teilen Chinas.“

 

Reformen

 

„Der frühere Direktor der National City Bank in Peking, G. Martel Hall, der letzte Amerikaner, der vor den Japanern durch die Partisanengebiete geflohen war, sagte mir, er könne sich den Erfolg der Partisanenführer bei den Bauern nur erklären durch ‚deren eigene Integrität und Ehrlichkeit, ihren energischen Patriotismus, ihr Engagement für die praktische Demokratie, ihren Glauben an die einfachen Leute und ihre unermüdlichen Anstrengungen, sie zu Aktion und Verantwortungsbewußtsein zu ermuntern‘.

Der gemeinsame Haß gegen die Japaner schuf die Stimmung, mit deren Hilfe diese Aktivisten den Patriotismus des Volkes ausnutzen konnten; aber Seite an Seite mit politischen Reformen kamen wirtschaftliche und soziale Änderungen. Bei den Frauen hatten die Gesetze, die Monogamie, Freiheit zur Eheschließung im Mündigkeitsalter, freie Erziehung und Wahlrecht ab achtzehn festsetzten, überraschenden Anklang gefunden. Nach Professor Lindsay gab es in den Partisanengebieten Frauenorganisationen mit mehr als 3.000.000 Mitgliedern. Viele Frauen waren in die Dorf- oder Stadträte gewählt worden, und eine große Anzahl junger Mädchen trug wichtige politische und militärische Verantwortung.“

 

Rote Erfolge (und Racheakte)

 

„… Aber ein paar herausragende Punkte schienen jetzt durch freundliche und feindliche Berichte bestätigt, die klar die Basis für die Unterstützung der Roten Armee zeigten. Das Land wurde neu verteilt und die Steuern herabgesetzt. Kollektive Unternehmen wurden in weitem Umfang eingerichtet; bis 1933 gab es über 1.000 Sowjetkooperative allein in Kiangsi. Es wurde berichtet, daß Arbeitslosigkeit, Opium, Prostitution, Sklavenhandel mit Kindern und Zwangsheirat verschwunden und die Lebensbedingungen der Arbeiter und armen Bauern in den befriedeten Gebieten sehr verbessert worden seien. Massenerziehung war in den stabilisierten Sowjets sehr erfolgreich. In manchen Gebieten erreichten die Roten in drei oder vier Jahren einen höheren Grad an Alphabetismus in der Bevölkerung als an anderen Stellen des ländlichen China nach Jahrhunderten vorhanden war. In Hsing Ko, dem kommunistischen Modellbezirk, sollen 80 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben gekonnt haben.

‚Die Revolution‘, bemerkte Mao Tse-tung, ‚ist keine Tea-party.‘ Daß ‚rote‘ Terrormethoden in großem Maß gegenüber Grundbesitzern und anderen Klassenfeinden angewandt wurden – sie wurden verhaftet, ihres Landes beraubt, in ‚Massengerichtsverhandlungen‘ verurteilt und häufig hingerichtet – war zweifellos wahr, wie auch die kommunistischen Berichte selbst bekräftigen. Sollten solche Handlungen als Greueltaten oder als ‚Volksjustiz‘ angesehen werden, die die bewaffneten Armen, wenn sie endlich die Gewehre hatten, als Strafe für ‚weiße‘ Terrorverbrechen der Reichen ausübten?“

 

Notwendigkeit des Triumphs

 

„Auch wenn man nicht alle Schlußfolgerungen teilte, eines schien doch sicher zu sein, und was Lenin zwanzig Jahre früher geschrieben hatte, war immer noch richtig: ‚Was immer das Schicksal der großen chinesischen Revolution sein mag, gegen die verschiedene ‚zivilisierte‘ Hyänen jetzt ihre Zähne wetzen, keine Kraft der Welt wird die alte Sklaverei in Asien wieder herstellen, noch die heroische Volksherrschaft der Massen in den asiatischen und halbasiatischen Ländern vom Angesicht der Erde vertilgen können.‘

Und noch etwas schien mir ebenso sicher zu sein. Die Ideale des demokratischen Sozialismus, für die Zehntausende in China schon ihr Leben gelassen hatten und die Kräfte, die hinter ihnen standen, waren unzerstörbar. Die Bewegung für eine soziale Revolution in China konnte Rückschläge erleiden, vorübergehend den Rückzug antreten müssen, vielleicht für einige Zeit stagnieren, sie mochte im Angesicht neuer Notwendigkeiten und Ziele ihre Taktik ändern, vielleicht sogar gezwungen werden, in den Untergrund zu gehen; sie würde weiter reifen, sich verändern, und eines Tages den Sieg davontragen. Denn (wenn dieses Buch irgend etwas beweist, so dies) die Voraussetzungen, die diese Bewegung geboren hatten, trugen die Notwendigkeit ihres schließlichen Triumphs in sich selbst.“

 

Chinas Demütigungen, seine Revolutionen, Reformen und Kriege gegen sich selbst

 

In einer 3teiligen Serie aus dem Jahr 1989 berichtet Siegfried Kogelfranz über die letzten 150 Jahre chinesischer Geschichte:

https://www.spiegel.de/politik/die-barbaren-unbedeutend-und-widerwaertig-a-e9c2e760-0002-0001-0000-000013494727

https://www.spiegel.de/politik/die-barbaren-unbedeutend-und-widerwaertig-a-bb99f15e-0002-0001-0000-000013495521

https://www.spiegel.de/politik/die-barbaren-unbedeutend-und-widerwaertig-a-c94c5360-0002-0001-0000-000013493218

 

Brutstätte des neuen Denkens

 

„Chinas Intelligenz wurde nun vom Beispiel der russischen Oktoberrevolution befeuert, als schlimmster Feind des daniederliegenden Reiches des Traditionalismus gebrandmarkt.

Brutstätte des neuen Denkens war die Universität Beida. Dort lehrten und studierten Liberale und Radikale, Sozialisten, Anarchisten, Kommunisten, wie der Amerikaner John Dewey, der Brite Bertrand Russel, Rabindranath Tagore aus Indien. Überzeugter Marxist war der Beida-Professor Li Dazhao, bald Mitbegründer der KP Chinas, den dann ein Warlord erwürgen ließ. Unter seinen Hilfsbibliothekaren hatte er einen großgewachsenen, gutaussehenden jungen Mann namens Mao Tse-tung.

Am 1. Juli 1921 wurde im Beisein des von Moskau entsandten Komintern-Agenten Grigorij Woitinsky in der Boai-Mädchenschule im französischen Viertel von Schanghai die KP gegründet. Zwölf Delegierte vertraten insgesamt 57 Mitglieder. Von Moskau erhielt die neue KP sogleich den Befehl, sich in die Kuomintang zu integrieren, da in China die Zeit »weder für den Kommunismus noch ein sowjetisches System reif« sei.“

 

Sowjetunion und Tschiang Kai-schek

 

„Die Politik in der »Ersten Vereinigten Front« der Nationalisten und Kommunisten aber wurde von Sun und seinen Kuomintang-Funktionären gemacht. 1923 schickte Sun seinen brillanten jungen Stabschef nach Moskau, der dort die Organisation der KPdSU und der Roten Armee studieren wollte. Der erweckte bei den Russen den Eindruck eines begabten radikalen Offiziers mit Sympathien für die Kommunisten, weshalb sie ihm dann auch jahrzehntelang gegen die chinesischen Kommunisten die Stange hielten. Sein Name war Tschiang Kai-schek, Sohn eines Salzhändlers aus Zhejiang.

Auch ihre politischen und militärischen Berater schickten die Sowjets nicht zu den chinesischen Kommunisten, sondern zur Kuomintang: Michail Borodin, einen aus Witebsk stammenden Juden, der eigentlich Grusenberg hieß und als Reisender in Revolution schon in Amerika, Mexiko, Spanien und Deutschland gewesen war, sowie den hervorragenden General Wassilij Blücher, der unter dem Decknamen Galin in China auftauchte.

Mit russischer Hilfe gründeten die Chinesen die Militärakademie von Whampoa, deren Chef Tschiang Kaischek wurde. Für die politische Erziehung war ein junger Kommunist namens Tschou En-lai verantwortlich, der in Frankreich und Deutschland studiert hatte.

Als Sun Jat-sen starb, war sein Vermächtnis ein Brief an die KPdSU, in dem er die ewige Freundschaft mit der Sowjet-Union beschwor: »Wir hinterlassen eine Partei, die mit Ihnen in der historischen Aufgabe verbunden bleibt, China zu befreien.«

Mitten in die Nachfolgekämpfe platzte ein Putsch Tschiang Kai-scheks, der sich selber zum neuen Generalissimus der Kuomintang ernannte und seine ersten Aktionen gegen die Kommunisten richtete: Er verhaftete alle KP-Mitglieder an der Militärakademie, sogar die russischen Berater, entschuldigte sich aber später bei Borodin: Noch brauchte er seine Russen, deren »Internationalismus« er insgeheim zutiefst mißtraute - das sei nur ein anderer Name für den althergebrachten Imperialismus der Ausländer.

Natürlich hielten diese von Verbrechen und Korruption lebenden Gesellschaften gar nichts vom Kommunismus, der ihnen mit Sicherheit die Geschäfte verderben würde. Sie boten sich Tschiang als schlagkräftige Sturmtruppen gegen die Roten an. Und der machte auch bald Gebrauch von seinen Hiwis aus dem Milieu.

Auf Wunsch Stalins und organisiert von den russischen Militärberatern brachen die Kuomintang- und KP-Streitkräfte 1926 zu einem Feldzug gen Norden auf, um die dort herrschenden Warlords zu vernichten.

In einem Blitzfeldzug stieß Tschiang nach Schanghai vor, dessen von den Kommunisten organisierten Arbeiterräte die Stadt bereits mit Streiks und Demonstrationen paralysiert hatten. Wie Stalin 1944 die Russen vor dem aufständischen Warschau, hielt Tschiang jedoch seine Truppen vor Schanghai an und sah zu, wie die Rebellen von den Truppen des Warlords Li Pao-chang massakriert wurden.

Die Schergen Lis schlugen Tausenden Bürgern die Köpfe ab und paradierten mit den blutigen Trophäen durch die Straßen. Aber nach einem Aufstand, dem Andre Malraux später in seinem Drama »So lebt der Mensch« ein Denkmal setzte, eroberten Schanghais Arbeiter doch noch ihre Stadt. Dann erst rückte Tschiang in Schanghai ein und befahl nun selbst eine erbarmungslose Jagd auf alle KP-Mitglieder und -Sympathisanten.

Alle, die auch nur irgendwelcher Verbindungen mit der KP verdächtig waren, wurden von Tschiangs Greifern, zu denen sich Verbrechergesindel aus den Geheimgesellschaften gesellt hatte, auf der Stelle erschossen. Die Blutorgie, die mit Massenhinrichtungen im Morgengrauen des 12. April 1927 begann, dauerte wochenlang an, bis es in der Stadt und ihrer Umgebung, aber auch in anderen Orten wie Nanking, Kanton, Hangzhou, Fuzhou, keinen bekannten Kommunisten mehr gab.

Tschou En-lai entkam dem Massaker nur knapp. Und auch Mao mußte nächtens aus Kanton flüchten, um Tschiangs Mordbanden zu entgehen, wurde später doch noch gefangen, entkam aber auf dem Weg zur Exekution.

Tschiang begründete seinen barbarischen »weißen Terror« gegen die roten Verbündeten damit, daß er sie vernichten müsse, bevor die ihm an den Kragen gehen konnten.

Josef Stalin, den die Liquidation seiner chinesischen Genossen offenbar wenig berührte, beglückwünschte den Generalissimus zur Eroberung Schanghais. Und die Sowjetberater drängten auf eine Fortsetzung des Feldzugs gegen die Warlords …

Auch Stalin verfolgte die Kontakte zwischen den gelben Genossen, die so gar nicht auf sein Kommando hören wollten, und den Amerikanern mit tiefem Mißtrauen. Gegenüber dem US-Botschafter in Moskau, Harriman, qualifizierten er und Außenminister Molotow Mao und dessen Partei als »Margarine«-Kommunisten ab und ließen durchblicken, Moskau sei es völlig gleichgültig, was aus ihnen werde.

Stalin setzte in seiner politischen Strategie noch immer auf Tschiang, der bei Kriegsende über 340 Millionen Chinesen herrschte und mehr als 5 Millionen Soldaten mobilisiert hatte. Moskau riet den Kommunisten wieder einmal, eine Koalition mit Tschiangs Kuomintang einzugehen.

Dem sowjetischen Diktator war aus eigensüchtigen Gründen an einem korrupten, nach innen schwachen Führer in China gelegen: Er wollte Teile der japanischen Hinterlassenschaft in China als Beute an sich bringen.

Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945, die das Schicksal Osteuropas entschied, nannte Stalin seine Bedingungen für den von den USA dringend erwünschten Kriegseintritt der Sowjet-Union gegen die Japaner. Die Atombombe war noch nicht einsatzbereit, und der US-Oberbefehlshaber im Pazifik, General Douglas MacArthur, wollte 60 Sowjetdivisionen für die Niederwerfung der kampfstarken japanischen Armeen in der Mandschurei.

Stalin war gern bereit, den Japanern den Gnadenstoß zu versetzen. Aber er wollte dafür dauernden sowjetischen Einfluß in der Mandschurei, Benützungsrechte für die dortigen Eisenbahnen, die eisfreien Häfen von Dairen und Port Arthur sowie die Äußere Mongolei weiterhin als sowjetischen Satellitenstaat.

Die Westalliierten erfüllten Moskau alle diese Wünsche, ohne die Chinesen auch nur zu fragen. Ein alarmierter Tschiang schickte seinen Schwager nach Moskau. Die Russen, die das bereits geschlagene Japan zwei Tage nach dem Atombombenabwurf von Hiroschima und noch unmittelbar vor der Kapitulation Tokios angriffen, überrannten rasch die Mandschurei. Sie drohten nun der nationalchinesischen Regierung, dieses schwerindustrielle Zentrum den Kommunisten zu übergeben, falls sich Tschiang Moskaus Wünschen nicht beuge.

In die Enge getrieben, unterschrieben die Nationalchinesen am 14. August - dem Tag, an dem Japans Kaiser Hirohito den Krieg für beendet erklärte - und schlossen mit Moskau gleich auch einen 30jährigen Freundschaftsvertrag. Tschiang tröstete sich damit, daß er zu den Weltkriegssiegern zählte, und, wie er meinte, nun in Ruhe der kommunistischen Konkurrenz im Lande den Garaus machen konnte …

Tschiang, der den Besitz der Mandschurei als entscheidend für den Ausgang des Bürgerkriegs ansah, hatte bei den Amerikanern durchgesetzt, daß die eine halbe Million seiner Soldaten per Schiff und Flugzeug nach Norden transportierten.

Doch nun legten sich jäh die Russen quer. Sie hatten längst alle für ihren Rückzug vereinbarten Fristen verstreichen lassen und zeigten keinerlei Interesse an einer starken nationalistischen Armee in ihrem Besatzungsgebiet. Denn dort waren Stalins Soldaten emsig damit beschäftigt Beute zu machen: Sie demontierten die Rüstungsindustrie, die Japan während des Krieges in der Mandschurei ausgebaut hatte.

Tausende Züge mit Maschinen, Gerät und demontierten Werkshallen rollten in Richtung Sibirien. Vor ihrem Abzug im Mai 1946 schraubten die Russen auch noch die Schienen ab. Der Wert des Plünderguts überstieg zwei Milliarden Dollar - damals eine gewaltige Summe …

Als einziger Botschafter hatte der sowjetische Diplomat Nikolai Roschtschin den von Genossen gehetzten Marschall bis zu seinem Einschiffungshafen nach Taiwan begleitet - Zeichen dafür, daß Stalin bis zuletzt aufs falsche Pferd setzte: Der sowjetische Diktator riet dem siegreichen Mao noch im Frühjahr 1949, sich mit dem Norden zufriedenzugeben und Südchina Tschiang zu überlassen.“

 

Rückzug auf’s Land

 

„Doch Tschiang war entschlossen, die kommunistische Konkurrenz ein für allemal auszurotten, und ließ seine Soldateska gegen Arbeiter und Bauern los, die sich in Räten und Genossenschaften organisiert hatten. Allein in Hunan brachte ein Tschiang-ergebener Warlord 330.000 Bauern um.

Die Kommunisten betrachteten fortan Tschiang nur noch als einen der blutrünstigsten Warlords Chinas. Sie zogen sich nach vergeblichen Aufständen aufs Land zurück, um das Volk in den Dörfern für die Revolution zu gewinnen …

Der selbsternannte Generalissimus der Kuomintang, Marschall Tschiang Kai-schek, spielte zwar nach innen und außen den unumschränkten Herrscher Chinas, doch in Wahrheit hörten kaum je mehr als fünf Provinzen im Süden und Osten des Landes widerspruchslos auf sein Kommando. In den übrigen Gebieten, vor allem im Norden, herrschten mächtige Warlords.

Dazu gab es noch Hunderte lokale Soldatenhäuptlinge, die dank ihrer bewaffneten Banden schrankenlos mit Gut und Leben der unglücklichen Bewohner umgingen.

Obwohl das ländliche China überwiegend bitterarm war, preßten die jeweiligen Blutsauger das Letzte aus ihren Untertanen heraus. Bei einem durchschnittlichen Ackerland von 1,3 Hektar pro Kleinbauer - daraus konnte er ein Jahreseinkommen von rund 60 Mark ziehen, wovon die Hälfte dem Landlord abzuliefern war - führten Dürren, Überschwemmungen oder Bürgerkriegsverheerungen zu entsetzlichen Hungersnöten, die etwa Ende der zwanziger Jahre im Norden Millionen Opfer forderten. Der Amerikaner Edgar Snow, späterer Mao-Biograph, der 1929 durch Nordchina reiste, berichtete über den großen Hunger:

Soweit das Auge reichte, nur versteinerte tote Erde, die wenigen Bäume grau, ohne Blätter, unter ihnen lagen sterbende Menschen. Die Bauern krochen mit aufgeschwollenen Leibern in die Städte und starben auf den Straßen. Skelette, die sich selbst kaum noch bewegen konnten, stapelten die Leichen zu Haufen. Auf Ochsenwagen wurden abgemagerte junge Mädchen, Kinder oft noch, zu Bordellen gekarrt, wo sie drei oder fünf Mark, selten mehr einbrachten. Auf den Märkten gab es Menschenfleisch.

Das Wüten der Warlords, der Weiße Terror in den großen Städten, hatte die Kommunisten aufs Land getrieben. In der Partei brach Streit aus. Einige Genossen wollten trotz allem weiter mit Tschiang kollaborieren, andere plädierten für die Neuorganisation einer Untergrundpartei in den Städten.

Nur Mao Tse-tung, der sich nie einer Parteilinie unterworfen hatte, war entschlossen, den Kampf von den Dörfern aus neu zu beginnen. Er hatte die Bauern als »revolutionäres Subjekt« entdeckt, statt, wie im klassischen Marxismus, die Arbeiterklasse, die in China nur in den Fabriken weniger Großstädte existierte.

Die städtischen KP-Mitglieder verspotteten Mao, der damals in den Jinggang-Bergen nistete, als Räuberhauptmann und schlossen ihn als Abweichler Ende 1927 aus dem Zentralkomitee aus.

Ein Mitstreiter namens Zhu De stieß mit einer Bande bewaffneter Kommunisten zu ihm, gemeinsam befehligten die beiden nun 10.000 Mann, darunter Genossen, die bald berühmt werden sollten: Lin Piao und Tschen Ji.

Die Partei selbst existierte in China kaum noch. Ihren 6. Kongreß mußte sie 1928 in Moskau abhalten, da es in der Heimat keinen Platz mehr gab, wo sich die Mitglieder ohne Lebensgefahr versammeln konnten. In der Sowjethauptstadt machten sich die Chinesen über den seltsamen Bauernkrieger Mao lustig, der in der Einöde Südostchinas die Revolution verkündete: »Was für eine Art von Marxismus kann das wohl sein in den Jinggang-Bergen?«

Als Mao fünf Monate später vom Moskauer Parteitag hörte, war er mit seinen Partisanen bereits in eine fruchtbare Gegend der Jiangxi-Provinz gezogen und hatte Qiujin zur Hauptstadt einer von ihm ausgerufenen »Sowjetrepublik« gemacht. Er kommandierte damals die schlagkräftigste rote Truppe in Südchina, und die Führung der KP drängte ihn zum Angriff auf Städte.

Doch Mao wußte, daß er keine Chance hatte, und ignorierte die Weisungen der Zentrale. Dann wurde er krank. Ein Komintern-Bulletin meldete bereits seinen Tod. Aber er lebte - allerdings fielen seine Frau und seine Schwester Massakern der Tschiang-Soldaten zum Opfer.“

 

Der Lange Marsch

 

„Im April 1934 stellten sich die in die Enge getriebenen Kommunisten in Kuangchang zu einer offenen Feldschlacht, bei der sie schwere Verluste erlitten. Das Ende schien unausweichlich.

Da war es der Deutsche Braun, der vorschlug, wie man den Plan seiner Landsleute auf der anderen Seite zunichte machen könnte. Er riet zu einem Massenausbruch aus dem Ring nach Westen hin, wo man vielleicht einmal Kontakt zu den Russen bekommen könnte. Nur so sei die Rote Armee noch zu retten. Nach anfänglichem Zögern stimmte Mao zu, obwohl dies bedeutete, daß man 20.000 Verwundete und Tausende Frauen und Kinder - darunter auch zwei Kinder Maos und seinen jüngeren Bruder - zurücklassen mußte.

So begann in der Nacht zum 16. Oktober 1934 ein Unternehmen, das zunächst wie der gewöhnliche Ausbruchsversuch einer bedrängten Armee aussah, aber ein Jahr später als militärische und politische Glanzleistung in die Geschichte einging und den Grundstein für die kommunistische Machtübernahme im volkreichsten Land der Erde legte: der »Lange Marsch«, ein Epos übermenschlicher Leistungen und unglaublichen Heroismus, gegen das, wie die Londoner »Sunday Times« schrieb, »Hannibals Alpenübergang, Mohammeds Hidschra nach Medina oder Napoleons Rückzug aus Moskau wie Ferienausflüge aussehen«.

86.000 Rotarmisten und Funktionäre, darunter einige hundert Frauen, verließen in jener Oktobernacht ihre Sowjetrepublik zwischen dem Südchinesischen Meer und dem Jangtse-Strom. Bewaffnet waren sie mit 33.000 Gewehren, einigen hundert MGs, ein paar Mörsern und Geschützen.

Aber sie schleppten auch zwei erbeutete Flugzeuge mit sich, Akten, Druckpressen, Nähmaschinen für Uniformen, Kisten voller Banknoten und Silber. Für all das gab es kein Fahrzeug. Jeder Mann trug 30 Kilo auf dem Rücken, der Rest wurde auf Pferde und Mulis geladen.

Als sich die Heersäule in Bewegung setzte, war sie fast 80 Kilometer lang. Die Soldaten wußten nicht, wohin es gehen sollte, manche wähnten gar, es sei ein Manöver. Aber auch die Führer hatten keinerlei Vorstellung, was wirklich vor ihnen lag. Für die Welt draußen war der Aufbruch der Roten Armee kaum ein Thema. Die »New York Times« meldete in vier Zeilen auf Seite 6: »40.000 chinesische Kommunisten streichen plündernd durch das Land.«

400.000 Kuomintang-Soldaten setzten sogleich zu einer gnadenlosen Verfolgungsjagd an - nachdem sie die Zurückgebliebenen massakriert hatten. Dabei wurde auch Maos jüngerer Bruder erschossen; seine Kinder sah er nie wieder.

Tschiang selber, über das Entwischen der Roten, derer er sich schon so sicher gewähnt hatte, aufs äußerste erbost, verfolgte ihren Weg von Aufklärungsflugzeugen aus und hetzte von allen Seiten seine Bataillone auf die flüchtende Kolonne.

Nach mehreren Flußüberquerungen, bei denen die nationalistische Luftwaffe - in der zeitweise deutsche Piloten sowie Amerikas Flieger-As Charles Lindbergh aushalfen - an den Ufern Menschenknäuel zusammenbombte und -schoß, war die Rote Armee auf gut 30.000 Mann zusammengeschmolzen.

In der Stadt Zunyi, nach fast drei Monaten aufreibenden Rückzugskampfes, verlor Moskaus Mann Otto Braun seine Führungsstellung. Mao Tse-tung, der laut Brauns Schilderung »eher den Eindruck eines Dichters und Denkers machte als den eines Politikers oder Soldaten«, übernahm am 8. Januar 1935 das alleinige Kommando. Eine entscheidende Stimme für ihn war jene Tschou En-lais gewesen, der bis dahin oft in Konkurrenz zu Mao gestanden hatte.

So aber wurde Mao, der hochgewachsene, damals noch hagere Bauernsohn, oft kränklich, Frauen und der Poesie zugetan, zum Vorsitzenden gewählt, was er dann auch auf Lebenszeit blieb.

Mao setzte sich durch, weil er ein überzeugter chinesischer Nationalist war und seine Landsleute es nach all den Jahrzehnten der Demütigung satt hatten, sich von Ausländern herumschubsen zu lassen.

Das galt auch für einen Genossen wie Otto Braun, über den in der Volksarmee allerlei Abträgliches wie Schlüpfriges erzählt wurde:

Er aß und trank, so hieß es, soviel wie vier Chinesen, und da er keinen Reis mochte, mußte extra ein Bäcker für ihn mitmarschieren. Wenn er beim Marsch schlappmachte, ließ er sich schon mal von vier Soldaten tragen. Und, so die Gerüchte, der hochgewachsene blonde Deutsche sei scharf auf junge Chinesinnen gewesen, die ihn jedoch ob seines überdimensionierten Gliedes fürchteten, weshalb die Partei für den nordischen Hünen schon mal eine etwas kräftiger gewachsene Gefährtin besorgte - die ihm jedoch prompt weglief.

Schließlich: Mao konnte gut mit den Kommandeuren der Roten Armee, von denen er die meisten seit vielen Jahren kannte. Er beharrte auf seiner Idee einer Bauernrevolution, der die Städter auf dem Marsch übers Land wenig entgegenzusetzen hatten.

Und Mao besaß Charisma. Heroische Ikonen, die gläubige Genossen später von ihm malten, weisen, ob gewollt oder nicht, eine Ähnlichkeit mit Christus-Abbildungen auf, so sehr, daß die Kopie eines italienischen Künstlers lange im Vatikan hing, bis in den späten sechziger Jahren jemand die wahre Herkunft des Gemäldes bemerkte, worauf der falsche Heiland blitzartig abgehängt wurde.

In Zunyi erließ Mao Verhaltensregeln für die Rote Armee, die das kommunistische Volksheer zu einer Truppe machte, wie sie China noch nie erlebt hatte: diszipliniert, korrekt, höflich und hilfsbereit gegenüber der Bevölkerung, lieber hungernd als etwas ohne Bezahlung zu nehmen. »Zunyi«, so ein amerikanischer Historiker, »war der Ort, an dem aus der Massenflucht der Roten Armee der Lange Marsch, wo die Niederlage zum Sieg wurde.«

Die erste Herausforderung des neuen Vorsitzenden kam bald: die Überquerung des mächtigen Jangtse, an dessen Ufern starke nationalistische Streitkräfte auf die erschöpften Roten lauerten. Mao bewährte sich dabei als glänzender Stratege. Er schickte Lin Piao zu einem Ablenkungsangriff gegen Kunming. Dort machte gerade Tschiang samt Frau Urlaub. Der Marschall, der Mao in der Falle wähnte, mußte nun selber Hals über Kopf in die französische Kolonie Indochina flüchten.

Als zweite Ablenkung ließ Mao eine Bambusbrücke bauen, auf die Tschiangs Flugzeuge nun pausenlos ihre Bomben warfen. Derweil hatte ein in nationalistische Uniformen gekleideter Stoßtrupp eine Kuomintang-Garnison am Ufer überfallen. Auf deren Booten setzte binnen neun Tagen die ganze Rote Armee über den Fluß.

Sie zog weiter, entdeckte dabei den scharfen Mao-Tai-Schnaps, der später zu einer Art Nationalgetränk der Roten wurde, und stieß dann auf eine Barriere, die der vor Wut rasende Tschiang zum endgültigen Grab für die Roten ausgewählt hatte: den Dadu-Fluß.

Der reißende Bergstrom wurde auf seinem Weg vom Himalaja zum Jangtse nur an einer Stelle überbrückt: In Luding, wo auf Befehl des Kaisers im Jahre 1701 eine Hängebrücke aus holzkohlegeschmolzenen Eisenketten gespannt worden war, seither ein Knotenpunkt für den Verkehr zwischen dem Reich der Mitte und dem Orient.

Die Nationalisten hatten sie nicht zerstört, weil sie es für schlechthin unmöglich hielten, daß die im direkten Schußfeld ihrer Maschinengewehre liegenden Eisenketten passiert werden könnten - die Holzplanken auf der Südhälfte hatten sie vorsorglich abmontiert.

Doch am Nachmittag des 30. Mai 1935 hangelten sich 22 Freiwillige, jeder mit einer Maschinenpistole, einem Schwert und zwölf Handgranaten armiert, unter dem Feuerschutz ihrer Kameraden an den Ketten gegen das Feindufer. Von dort her empfing sie mörderisches Feuer, unter dem die ersten Angreifer getroffen in das tosende Wasser stürzten. Doch die anderen kletterten weiter, worauf die überraschten Nationalisten Petroleum über die auf ihrer Hälfte verbliebenen Planken gossen und sie anzündeten.

Durch die Flammen und den Rauch stürmte die Handvoll Überlebender ans Ufer, warfen ihre Handgranaten, schossen sich den Weg frei. Ihnen folgten Truppen, die in fieberhafter Eile neue Planken zwischen die Ketten gelegt hatten.

Am Abend waren die Brücke und die Stadt Luding in der Hand der Roten. 17 der 22 Freiwilligen, die als erste die Brücke gestürmt hatten, waren gefallen.

Das Beispiel ihres Opfermutes beeindruckte Tschiangs Soldaten so sehr, daß hundert von ihnen sich der Roten Armee anschlossen. Tschiangs letzte Falle war überwunden, nun waren die Kommunisten außerhalb der Reichweite der Hauptmacht des Marschalls, der vergebens je 100.000 Silberdollar auf die Köpfe der bekanntesten KP-Führer ausgesetzt hatte.

Die Überquerung des Kunlun-Gebirges, der »Großen Schneeberge«, an der Grenze zu Tibet forderte dann nochmals Tausende Opfer. Viele der leichtbekleideten Südchinesen, die weder solche Höhen von über 5.000 Meter noch Frost gewöhnt waren, legten sich einfach hin und starben an Erschöpfung, dünner Luft oder durch Erfrieren. Lin Piao, der herzkrank war, fiel mehrmals in Ohnmacht und mußte getragen werden - wie Mao, der Malaria-Anfälle hatte.

Mit seinen vielleicht noch 20.000 Soldaten zog Mao nach Norden, dem härtesten Test des ganzen Weges entgegen. Es war das sogenannte Grasland an Tibets Nordostgrenze: eine unübersehbare Hochebene von Marschgras in einem tückischen Sumpf, in dem sich Menschen und Tiere nur von Grasballen zu Grasballen balancierend bewegen konnten, selbst dabei oft noch bis zum Knie in den stinkenden Morast versinkend.

Von riesigen Moskitos zerfressen, von Hagel- und Schneestürmen heimgesucht, die Orientierung in der horizontlosen Ebene verlierend, stolperte und watete die Kolonne wochenlang durch die völlig unbewohnte Wüstenei.

Die Soldaten konnten sich nicht zum Schlafen in die tückische Brühe legen und ruhten stehend, wobei ihnen die Füße einschliefen. Sie hatten außer Getreidekörnern nichts zu essen, kauten Gras und probierten Beeren, nach deren Genuß viele elend starben.

Die Männer tranken ihren eigenen Urin. Einige Kommandeure befahlen ihren Leuten, aus ihrem Kot unverdaute Getreidekörner wieder herauszuwaschen und noch mal zu essen. Die Berichte Überlebender dieses Todesmarsches durch den großen Graslandsumpf lesen sich wie Grauenszenen aus der Apokalypse. Ermattete ertranken in der schleimigen Sumpfbrühe, andere froren während eines Schneesturms am Boden fest. Viele verirrten sich in der Einöde und versanken im Morast. Schließlich mußten sich die zu Tode erschöpften Soldaten noch gegen wilde Stammeskrieger einen Paß freikämpfen. Dann endlich erreichten sie Shaanxi, Maos Ziel.

Nach einem Jahr, drei Tagen und fast 10.000 Kilometern war der Lange Marsch zu Ende. Von den ursprünglich 86.000, die im Oktober zuvor in Jiangxi aufgebrochen waren, lebten noch etwa 5.000, die restlichen der knapp 8.000 Mann, die mit Mao als in Lumpen gehüllte Skelette das Ziel erreichten, waren unterwegs rekrutiert worden. Aber die Rote Armee hatte ein schier übermenschliches Beispiel von Ausdauer und Opfermut gegeben, ohne Parallele in der Geschichte. Es wurde zum Heldenepos des neuen China.

Im Schatten der Großen Mauer gründete Mao zusammen mit einheimischen Kommunisten die Sowjet-Basis Shaanxi-Gansu, den Kern des künftigen China. Hauptquartier wurden die Lößhöhlen des später dazugewonnenen Yanan, weitab von den Zentren des Reiches.“

 

Sowjetrepublik aufgebaut

 

„Es war beeindruckend, was der Bauernpartisan Mao Tse-tung binnen eines Jahrzehnts mit jenen wenigen tausend halbverhungerten und zerlumpten Soldaten, die den Langen Marsch überlebt hatten, in seiner Sowjetrepublik erreichte: Anfang 1945 herrschte er über rund 100 Millionen Chinesen auf einem Territorium von etwa einer Million Quadratkilometern. Seine Rote Armee und die Bauernmilizen zählten fast drei Millionen Mann.

Das alles hatte er ohne jede Hilfe von außen aufgebaut. Denn die Weltkriegsalliierten unterstützten allein Tschiang Kai-schek - mit vielen hundert Millionen US-Dollar, modernen Waffen und Beratern.

Das von Tschiang kommandierte China wurde während des Zweiten Weltkriegs sogar als vierte Großmacht in die Reihen der Großen Drei - USA, Sowjet-Union, Großbritannien - aufgenommen. Selbst Stalin unterstützte militärisch nur Tschiangs Nationalisten: 250 Millionen US-Dollar war ihm Nationalchina wert, etwa tausend Flugzeuge samt 2.000 Piloten; sowjetische Pioniere bauten in China Tausende Kilometer Straßen.“

 

Wende

 

„Die Soldaten, mit wertlosem Papiergeld-Sold abgefunden, plünderten das Volk aus und trieben es so den Kommunisten in die Arme, deren Rote Armee strikte Disziplin wahrte.

Auch der Terror der Kuomintang, die Linksverdächtige in sogenannte Gedankenkorrekturlager steckte, in denen sie in KZ- oder Gulag-Manier gequält wurden, trug dazu bei, daß die Massen ihre Hoffnung auf die KP setzten, obwohl Tschiang sich selbst großspurig zum »Präsidenten der Republik China« hatte wählen lassen. Er brachte das Volk noch mehr gegen sich auf, als er weite Landstriche am Huang-He fluten ließ, um einen kommunistischen Vormarsch zu stoppen. Eine halbe Million Bauern verlor dadurch seine Existenz.

Nicht nur das Volk, auch die Armee setzte sich zunehmend zum Feind ab, der Mitte Juni 1947 an mehreren Fronten seine Offensive begann. Als die Tschiang-Generäle in der Mandschurei Autos, Züge und Flugzeuge requirierten, um ihr Gold und anderes Raubgut sowie ihre Konkubinen nach Nanking in Sicherheit zu bringen, ahnte der US-General David Barr, daß dies der Anfang vom Ende war: »Mehr brauche ich nicht zu sehen.«

In der Tat dezimierte Lin die Kuomintang-Truppen in der Mandschurei binnen drei Monaten um 150.000 Mann. Ganze Divisionen liefen geschlossen über. Nach einem knappen Jahr hatte er die gesamte Nordarmee Tschiangs aufgerieben - 470.000 der besten und bestausgerüsteten Soldaten der nationalchinesischen Regierung.

Obwohl die Nationalisten nun Halbwüchsige und Kinder in die Armeen preßten, war das Schicksal nicht mehr zu wenden. Am 31. Januar 1949 fiel Peking ohne einen Schuß in die Hand der Roten, damit der ganze Nordosten. Binnen fünf Monaten hatte Tschiang anderthalb Millionen Mann durch Tod, Verwundung, Gefangenschaft oder Desertion verloren.

Ein zweimonatiger Feldzug brachte Zentralchina samt Tschiangs Hauptstadt Nanking in kommunistische Hand. Der Rest artete in eine Massenflucht der Tschiang-Armeen aus: Zuerst nach Kanton, dann Chongqing, dann Chengdu, schließlich im Dezember auf die Insel Taiwan. Dort hielt der geschlagene Generalissimus, der in zwei Jahren das volkreichste Land der Welt verspielt hatte, bis zu seinem Tod 1975 noch die Fiktion von einem »Nationalchina« unter seiner Führung aufrecht - längst von der Geschichte überrollt.“

 

Das Ende

 

„Doch Chinas Revolutionsführer schuf unwiderrufliche Fakten: Am 1. Oktober 1949, 28 Jahre nach Gründung der KPCh, 14 Jahre nach dem Langen Marsch, rief Mao Tse-tung, 55, in Peking die Volksrepublik China aus - ein Jahrhundert nach der Demütigung des Reiches der Mitte durch die Imperialisten im Opiumkrieg.

Vom Tor des Himmlischen Friedens herunter erklärte der Bauernrevolutionär vor den Chinesen und der ganzen Welt: »Unser Werk wird in die Annalen der Geschichte der Menschheit eingehen. Die Chinesen, die ein Viertel der Menschheit stellen, haben sich erhoben.«“

 

Danach

 

„Was die chinesischen Kommunisten aus diesem Erfolg, dem vielleicht bedeutendsten Ereignis dieses Jahrhunderts, dann gemacht haben, ist eine endlose Geschichte von ungeheueren Anstrengungen und imponierenden Leistungen, aber auch von verratenen Idealen, ideologischem Krampf, menschlicher Niedertracht und maßloser Überheblichkeit. Der Mensch, für den die Revolution erkämpft wurde, galt zeitweise nichts im revolutionären China, sein Geist wurde der Macht geopfert, Millionen verloren sinnlos ihr Leben.“

 

China und die Welt

 

„Jene wiederum hielten die Chinesen, seit sie mit ihnen in Berührung kamen, für rückständig, grausam und verbohrt und wollten sie beharrlich zu ihren Weltanschauungen bekehren, gleich ob mit Missionaren, Kanonen oder überlegener Technik.

So erregt sich eine schaudernde Welt wieder einmal über die Grausamkeiten der Chinesen - als ob es kein Gulag, kein Auschwitz, keinen Pol Pot und keinen Idi Amin, keine mörderischen Ajatollahs oder schießwütigen Caudillos gegeben hätte.

Das mag auch daran liegen, daß die meisten Herrschenden sich bemühen, im Verborgenen zu foltern oder zu morden, die Chinesen ihre Grausamkeiten aber offen zeigen: Der Terror soll das Volk, die Barbaren, die Feinde schlechthin beeindrucken und abschrecken …

Eine Konstante zieht sich durch die wechselvolle und wirre Geschichte von vier Jahrzehnten Volksrepublik in China (1949-1989): Nie ließen sich die chinesischen Kommunisten, auch darin würdige Erben der alten Himmelssöhne, bei ihren Taten und Untaten davon beeinflussen, was das Ausland über sie dachte oder von ihnen erwartete. Mochten die Barbaren draußen schwatzen oder drohen, was immer sie wollten, die Führer des Reichs der Mitte folgten ihren eigenen Maximen.“

 

Rainer Rupp über die Gegenwart

 

„Vor einer Woche am Donnerstag begannen in der Volksrepublik China (VRC) die Feierlichkeiten zum Hundertsten Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) am 1. Juli 1921. Dabei war erstaunlich, wie vehement sich in den westlichen Medien der anti-kommunistische Beissreflex wieder durchgesetzt hat. Auch in unseren deutschen, selbsternannten Qualitätsmedien hatten die Kommentatoren fast ausnahmslos nur Hohn und Spott, Verleumdungen und Verunglimpfungen für die chinesische Staats- und Parteiführung übrig; und davon nicht zu wenig.

Hier einige Beispiele:

Die FAZ z.B., also die Zeitung hinter der angeblich stets ein kluger Kopf steckt, verdummte ihre Leser mit dem Titel „Kommunismus der Wolfskrieger“, in dem sie ein düster-bedrohliches Bild über den Aufstieg Chinas malte. „Xi Jinping beschwört die nationale Wiedergeburt Chinas“ titelte der Tagesspiegel, um dem chinesischen Staatschef anschließend fälschlicherweise zu unterstellen, er habe in seiner Rede „die Großmachtansprüche Chinas bekräftigt“. Und glaubte man dem Spiegel, dann tat der chinesische Präsident Xi auch anlässlich der Feierlichkeiten zum Hundertsten Jahrestag das, was er am liebsten tut, nämlich alle möglichen Länder zu bedrohen. – Nur zur Erinnerung: Es sind nicht chinesische Kriegsschiffe, die im Golf von Mexiko vor der US-amerikanischen Küste kreuzen, oder vor den Küsten Englands, Frankreichs oder Deutschlands chinesische Aggressionsgelüste demonstrieren. Umgekehrt wird ein Schuh daraus.

In dem unsäglichen Spiegel-Artikel vom 1.7. mit der Überschrift: „Präsident Xi Jinping droht – nicht nur Taiwan“ heißt es im Untertitel: „70.000 geladene Gäste, Helikopter und Kampfjets über dem Tiananmen-Platz: China feiert 100 Jahre Kommunistische Partei. Staatschef Xi Jinping wurde deutlich – und sprach von der »Großen Mauer aus Stahl“. Im Text des Artikels bringt Der Spiegel ein Foto, das junge chinesische Frauen zeigt, die freudig lachend Fahnen ihres Vaterlandes schwenken. Ein schönes, friedliches Bild. Das kann der geifernde Spiegel so nicht durchgehen lassen. Deshalb setzt er mit einem gehässigen Begleittext zum Foto dem Leser schnell die richtige Brille auf, durch die er das Bild anschauen soll. Der Text zum Bild lautet: „China feiert 100 Jahre KP: Kitsch, Propaganda, Drohungen“.

In einem Artikel am 4.7. des Korrespondenten von „Die Welt“, Maximilian Kalkhof, ist „Chinas KP, wandelbar wie ein Chamäleon“. Und Chamäleons darf man natürlich nicht trauen und deshalb hatte Herr Kalkhof schon seit Längerem vor den „Provokationen aus Peking“ gewarnt und deshalb gefordert, „Europa muss bei China hart bleiben“. Bereits im Sommer letzten Jahres war der Schreiberling des „Qualitätsmediums“ Die Welt, das fest auf der Atlantik-Brücke Position bezogen hat, noch weiter gegangen, mit der Aufforderung: „Auch Deutschland muss die Sprache der Macht lernen, und die Vorgänge in Hongkong nicht nur einfach hinnehmen.“

Diese Ermahnung hat sich offensichtlich Frau Kriegsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer (AKK) zu Herzen genommen. Dem Vorbild der Niederschlagung der Gelben Gefahr beim Boxeraufstand folgend, hat sie jetzt auch ein deutsches Kriegsschiff ins Südchinesische Meer geschickt. Dort soll die deutsche Kriegsmarine gemeinsam mit den Amerikanern Flagge zeigen und sich vor Ort an deren Provokationen gegen die Chinesen beteiligen. Denn für die Atlantiker in Berlin gilt immer noch das Diktum: An der Seite der Amerikaner kämpfen heißt siegen lernen, wie der große Sieg, den wir gerade gemeinsam in Afghanistan errungen haben.

Laut Verlautbarung bezüglich des deutschen Abzugs vom Hindukusch, wo bisher ja angeblich Deutschlands Sicherheit verteidigt wurde, hat AKK mit genialem Durchblick erklärt, die Bundeswehr habe ihren Kampfauftrag an der Seite des US-Bündnispartners erfüllt. Trotz dieses großen Erfolgs ist die Bundeswehr aber dann doch ganz ohne klingendes Spiel und das übliche Tscheng-Dareng-Brimborium so schnell wie möglich sang- und klanglos mit dem Schwanz zwischen den Beinen aus Afghanistan nach Hause abgehauen, — gerade noch rechtzeitig bevor auch der letzte Ami klammheimlich mitten in der Nacht nach 20 Jahren das Feld seiner mörderischen Heldentaten verlassen hat: nach 20 Jahren Bombardierung von Dörfern und Hunderttausendfacher Tötung und Verstümmelung von Zivilisten, Alt und Jung;

nach 20 Jahren Mord und Folter in geheimen CIA-Gefängnissen.

nach 20 Jahren intensiver Produktion von Millionen afghanischen Flüchtlingen

nach 20 Jahren ohne etwas dauerhaft Positives im Land geschaffen zu haben.

Und bei all dem hat die Bundeswehr stolz ihren Auftrag in Afghanistan an der Seite der Amerikaner erfüllt. Übersetzt heißt das, dass die humanitäre Bundeswehr für die zig Tausende schweren und schwersten amerikanischen Verbrechen Beihilfe geleistet und Schmiere gestanden hat. Aber unter Führung ihres Obersten Klein wird der Bundeswehr zurecht auch der Massenmord an über Hundert Zivilisten, hauptsächlich Frauen und Kindern, zur Last gelegt. Anstatt den Oberst Klein zur Verantwortung zu ziehen ist er vom Berliner Kriegsministerium zum General befördert und in den Ruhestand versetzt worden.

Aber zurück zum eigentlichen Thema dieser Tagesdosis, nämlich die Feiern zum 100ten Jahrestag der Gründung der Kommunistische Partei Chinas (KPCh). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die westlichen Medien im Auftrag der bei uns herrschenden, neo-liberalen Eliten alles darangesetzt haben, um das Jahrhundert-Ereignis im Reich der Mitte mit abgegriffenen Kampfbegriffen aus der antikommunistischen Propagandakiste der westlichen Demokraturen zu besudeln.

Aber ein Blick über den Tellerrand des transatlantischen, medialen Einheitsbreis über China, hätte den interessierten Leser belehrt, dass dieser von Hass auf Sozialismus verengte Blick in den meisten anderen Völkern der Welt nicht geteilt wird. Im Gegenteil. Als Beispiel sei ein bemerkenswertes Loblied auf die Errungenschaften der KPCh hiernach zusammengefasst, das ausgerechnet von einem hochrangigen indischen Diplomaten, dem Botschafter a.D. MK Bhadrakumar verfasst und am 2. Juli 2021 in der in Asien viel gelesenen „Asia Times“ an prominenter Stelle veröffentlicht wurde.

Aufeinander folgende Regierungen Indiens haben in den letzten Jahrzehnten aus unterschiedlichen Gründen nicht gerade die freundschaftlichsten Beziehungen zu China gepflegt. Umso erfreulicher ist es, dass der ehemalige, indische Top-Diplomat im Botschafter-Rang und international bekannte geo-politische Kommentator Bhadrakumar die Entwicklungen in China aus der Sicht der Entwicklungsländer beschreibt.

Für Botschafter Bhadrakumar sind die Feierlichkeiten in Peking kein Jahrhundert- sondern ein Jahrtausend-Ereignis. Das hat laut dem Autor damit zu tun, dass die in Washington ansässige Weltbank schätzt, „dass die Kommunistische Partei Chinas in den vier Jahrzehnten seit 1978 insgesamt 800 Millionen Menschen aus der absoluten Armut geholt hat, eine Leistung und einmalig in der Menschheitsgeschichte“.

Als der aktuell noch amtierende chinesische Staatschef Xi Jinping im Jahr 2012 neuer Generalsekretär des Zentralkomitees der KPCh geworden war, hatten sich immer noch etwa 100 Millionen Menschen hauptsächlich in den Randregionen Chinas unter der Armutsgrenze befunden. Xi versprach, dass auch sie bis zum Jahr 2020 aus dieser Armutsfalle befreit würden. „Er löste dieses Versprechen im vergangenen Dezember ein, als China völlig frei von Armut wurde“, schreibt Botschafter Bhadrakumar in Asia Times, um dann zu erklären, wie die chinesische KP dieses Problem gelöst hat:

„Um das Programm zur Armutsbekämpfung durchzuführen, suchte die KPCh von 2013 bis 2020 in den Regionen Erste Parteisekretäre aus und entsandte sie zusammen mit regional gebildeten Arbeitsgruppen in ländliche und abgelegene Gebiete, um jede arme Familie und jedes arme Dorf genau zu identifizieren und gezielte Projekte landesweit umzusetzen, um ihr Leben und ihren Lebensunterhalt umfassend und nachhaltig zu verbessern“.

Das bedeutete also keine sozialen Almosen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Im übertragenen Sinn bedeutet das z.B.: Ein armes Dorf bekam also keine Fische als Lebensmittelhilfe, sondern Angeln und Netze und den dazugehörigen Teich mit einer gesicherten Wasserversorgung, samt Instruktionen, wie man Fische züchtet und durch Räuchern oder Pickeln haltbar macht und auf den nächsten Markt bringt.

Zurück zum Text des indischen Ex-Botschafters, wo es heißt:

„Es ist genau dieses einzigartige System eines Parteienstaats, das Chinas epochalen Aufstieg erklärt. Die KPCh ist in China allmächtig und zum Synonym für die Nation, die Gesellschaft und ihre Politik geworden. Kurz gesagt, die nationale Entwicklung ergibt sich aus der beharrlichen Umsetzung langfristiger Ziele, die sich die KPCh gesetzt hat.“

„Das System der Kommunistischen Partei basiert auf hoch gebildeten, kompetenten Funktionären, die mit Basiserfahrung in mehreren Provinzen an die Spitze aufgestiegen sind, die ihre nationale Perspektive geprägt haben, was die oberste Führungsebene kollegial macht und zur Konsensbildung in wichtigen nationalen Fragen beiträgt.“

Wie wenig die westlichen Hofschranzen des Neo-Liberalismus von China und dem gesellschaftlichen Stellenwert der Kommunistischen Partei begriffen haben, wird beispielhaft deutlich, wenn man den hysterischen Beitrag in der oft als „alte Tante“ verspotteten Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 18. Februar 2021 liest, in der Schreiberling Matthias Naß ganz im Stil anti-kommunistischer Hetze den Staatschef Xi Jinping als Despoten darstellt:

„Er hat das Sagen, immer und überall“ heißt es im Titel und im Untertitel wird ergänzt: „Mit Xi erlebt China einen Rückfall in die Zeiten der Ein-Mann-Diktatur“.

Mit diesem geistigen Exkrement hat Zeit-Autor Naß gezeigt, wie willig er seinem Auftrag zum obligatorischen China-Bashing nachkommt. Zugleich hat er seine Unwissenheit oder – wenn er es besser weiß – seine Bereitschaft zum Lügen unter Beweis gestellt. Denn laut Botschafter Bhadrakumar läuft es auch auf der chinesischen Führungsebene kollegial ab und Konsensbildung bestimmt alle wichtigen Fragen von nationaler Bedeutung. Hier nochmals, die entsprechende Passage aus der Asia Times:

„Das System der Kommunistischen Partei basiert auf hoch gebildeten, kompetenten Funktionären, die mit Basiserfahrung in mehreren Provinzen an die Spitze aufgestiegen sind, die ihre nationale Perspektive geprägt haben, was die oberste Führungsebene kollegial macht und zur Konsensbildung in wichtigen nationalen Fragen beiträgt.“

Als Anmerkung möchte ich hier einwerfen, dass es im System der von neo-liberalen Eliten beherrschten westlichen Demokraturen unter den Anwärtern für politische Führungspositionen eine Negativauslese gibt, bei der nicht die Besten, sondern die Biegsamsten, denen das Wohl der arbeitenden Massen egal ist, nach oben kommen.

Laut Botschafter Bhadrakumar ist es das einzigartige System eines Parteienstaats, das Chinas epochalen Aufstieg erklärt. Die KPCh ist in China zum Synonym für die Nation, die Gesellschaft und ihre Politik geworden. Kurz gesagt, die nationale Entwicklung ergibt sich aus der beharrlichen Umsetzung langfristiger Ziele, die sich die KPCh gesetzt hat. Wörtlich schreibt er:

„Die 100-Jahre Marke kennzeichnet einen historischen Durchbruch für China, der die Vorhersagen der meisten ausländischen Beobachter bei weitem übertrifft. Kurz gesagt, die KPCh hat die beiden gemeinsamen Ziele erreicht, die Armut zu eliminieren und sich gegen ständiges Mobbing durch Ausländer zu wehren.“

„In der Tat stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und sorgt für Kontinuität von einer Generation zur anderen. Das jährliche Partei-Konklave im Badeort „Beidahe“ zeugt von dieser Kontinuität und Veränderung im geordneten Übergang – etwas was keiner anderen kommunistische Partei der Welt so konstant gelungen ist.“

„Die KPCh hat früh erkannt, dass ihre politische Legitimität letztlich darin liegt, eine starke Wirtschaft aufzubauen und den Lebensstandard der Menschen in einem Klima der Stabilität und Berechenbarkeit ständig zu erhöhen. Heute strotzt die Nation vor Hoffnung auf ein noch besseres Morgen.“

Das konnte der KPCh nur gelingen, indem sie den ideologischen Dogmatismus des Marxismus-Leninismus (der Sowjetunion) abgestreift hat und durch einen “Sozialismus mit chinesischen Merkmalen” ersetzt hat, der durch einen kontinuierlichen Prozess des Experimentierens, der Innovation, der Korrektur und der Überwindung von Fehlern charakterisiert ist“.

Dieser von Botschafter Bhadrakumar beschriebene Prozess war 1978 von Deng Xiaoping eingeleitet und mit den seither weltberühmten Worten treffend zusammengefasst worden. “Es spielt keine Rolle, ob eine Katze schwarz oder weiß ist, solange sie Mäuse fängt.” Damit wurde China aus der ideologischen Zwangsjacke befreit, die z.B. während der so genannten „Kulturrevolution“ enorme Schäden angerichtet hatte. In den nachfolgenden Jahrzehnten begab sich die Volksrepublik China auf einen radikal neuen Entwicklungspfad, mit dem es gelang, die wichtigsten, tatsächlichen Bedingungen und Erfordernisse des Landes zu jedem Zeitpunkt zu erfüllen, ohne sich jedoch von den Grundlagen des Marxismus zu entfernen. Zweifellos hat die KPCh auch aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion entsprechende Lehren gezogen.

Laut dem indischen Autor des Asia Times Artikels kann die KPCh nicht einfach kategorisiert oder mit einer anderen politischen Partei in der Geschichte verglichen werden. Neben ihrer breiten Mitgliederzahl (95 Millionen) sei die Partei auch in ihren anderen Attributen einzigartig. Sie sei nicht nur eine politische Kraft der Superlative, sondern definiere auch Chinas institutionelle Struktur und Staatsform. Wörtlich schreibt der Botschafter a.D., der sich auch im politischen System des Westens auskennt:

„Anders als im Westen, wo eine politische Partei für eine Weile das Gleichgewicht der politischen Macht aufrechterhalten kann, hat sich die KPCh den Auftrag erteilt, das chinesische Volk Generation für Generation zu führen. Offensichtlich übertrifft das Wesen der KPCh eindeutig den kognitiven Rahmen, in dem sich traditionell westliches politisches Wissen und Erfahrung über Parteien bewegen“, so der Ex-Botschafter, um dann auf einen Leitartikel in der großen chinesischen Tageszeitung People‘s Daily vom Donnerstag letzter Woche zu verweisen. Daraus zitiert er:

“In den kritischsten Momenten der Neuzeit wandten sich die chinesischen Kommunisten dem Marxismus-Leninismus zu. Indem sie die Theorien an Chinas tatsächliche Bedingungen anpassten, belebten die chinesischen Kommunisten die große Zivilisation, die von der Nation über Tausende von Jahren mit der Macht der Wahrheiten des Marxismus geschaffen wurde.“

“Die chinesische Zivilisation glänzte wieder mit ungeheurer geistiger Kraft. Hundert Jahre später hat der Marxismus China tiefgreifend verändert, während China auch den Marxismus stark bereichert hat. Die KPCh hält die Einheit der Emanzipation des Geistes und der Suche nach der Wahrheit sowie die Einheit der Festigung von Tradition und Innovation aufrecht und hat dem Marxismus ständig neue Horizonte eröffnet.”

Soweit das Zitat aus der „People’s Daily“.

Im Gegensatz zu den Warnungen in den westlichen Hetzschriften verhält sich China gegenüber anderen Ländern nicht normativ. Peking präsentiert die KPCh nicht als Modell für den Rest der Welt. Im Gegenteil, die Experimente und Erfahrungen der KPCh werden auf chinesischem Boden gemacht, und die Partei lässt sich von ihren eigenen Erfahrungen der Modernisierung und von den Ressourcen der chinesischen Zivilisation inspirieren.

Im Unterschied zu der alten und wiedergeborenen Kolonialherren-Mentalität hierzulande, wo es schon wieder heißt: „Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen“, gibt es sowas weder in der chinesischen Kultur noch in der KPCh. China zwingt keinem anderen Land seine Lebensart oder Werte auf, wie das in so manchen unserer „Qualitätsmedien“ behauptet wird.

Der Weg der Kommunistischen Partei des Landes wird durch Chinas zivilisatorisches Erbe von Tausenden von Jahren definiert, das tief im kollektiven Bewusstsein des Volkes wurzelt. Dabei werden der Wert und die besondere Bedeutung eines einheitlichen politischen Systems im Staat hervorgehoben, was zerstörerischen Wettbewerb und regionale Spaltungen verhindert und die nationale Sicherheit der chinesischen Gesellschaft aufrechterhält. Die große Inklusivität der chinesischen Gesellschaft, die die KPCh repräsentiert, kennt in der Welt keine Parallele.

Vor dem Hintergrund dieser über Jahrtausende gewachsenen Zivilisation gehören die Planspiele, die derzeit in Washington, in der NATO und EU ausgeheckt werden, um China gesellschaftlich und politisch zu spalten, in die Kategorie westlicher Wahnvorstellungen. Die politischen Halsabschneider-Methoden, die sich bei Farbenrevolutionen und anderen westlich orchestrierten Umstürzen bewährt haben, um das avisierte Land gewaltsam zu transformieren und in die US-geführte, neo-liberale Weltordnung zu integrieren, funktionieren in China nicht. Diesbezüglich befinden sich die westlichen China-Politiker mehrheitlich in einem Verweigerungsmodus, in dem sie die Tatsache, dass China anders funktioniert, einfach nicht wahrhaben wollen.

Aber zurück zum Artikel von Botschafter Bhadrakumar, der vor dem Hintergrund der zunehmend konfrontativen Politik der USA und ihrer West-Vasallen fragt, was das alles soll.

„Worum geht es also bei diesem indo-pazifischen Juckreiz des Westens”? Klar gesagt, es ist die Manifestation einer hartnäckigen Rivalität, die zum Teil ihre Wurzeln in dem obsessiven Glauben Washingtons hat, dass die USA eine einzigartig bedeutsame Ausnahmenation ist. Hauptsächlich aber spielt das wachsende Gefühl von (westlichem) Neid und Unbehagen eine Rolle, dass ein anderes Land schnell aufholt und dass das den Untergang für Amerikas globale Hegemonie bedeuten könnte.“

„Trotz des gespielt-unbekümmerten politischen Draufgängertums Washingtons, werden es die USA schwer haben, mit Chinas dynamischer, innovativer und schnell wachsender Wirtschaft mitzuhalten, die gemessen in Kaufkraftparität bereits die Nr. 1 der Welt ist.“

„Professor Stephen Watt von der Harvard Kennedy School twitterte letzten Donnerstag: “Viele US-Außenpolitikexperten sind besorgt über Chinas Aufstieg. Ich auch. Aber wie viele dieser Experten haben darüber nachgedacht, dass China nicht an vielen Orten Kriege führt, während es stetig an Reichtum, Macht und Einfluss gewinnt?”

Im Grunde genommen haben sich die USA selbst in diese missliche Lage manövriert. Die verschwenderischen US-Kriege und militärischen Interventionen haben Billionen Dollar an nationalen Ressourcen vernichtet, die stattdessen zur Wiederherstellung und Erneuerung der maroden wirtschaftlichen Infrastruktur des Landes und zur Beseitigung angehäufter sozialer Widersprüche, sowie zur Überwindung des tief verwurzelten Rassismus hätten eingesetzt werden können, und nicht zuletzt „auch zur Korrektur wirtschaftlicher Ungleichheiten, ganz abgesehen von einem dysfunktionalen politischen System mit hoffnungslos veralteten Wahlgesetzen, die die Ermächtigung der Menschen verhindern. Man denke nur an die in den USA verbreitete Massenarmut und fehlende medizinische Hilfe, von der fast die Hälfte der US-Bevölkerung betroffen ist.

Aus der Rede von Präsident Xi am Donnerstag letzte Woche in Peking geht klar hervor, dass China entschlossen ist, nicht vor US-Mobbing und militärischen Drohungen zu kapitulieren. Wie er es ausdrückte, trägt die chinesische Nation keine aggressiven oder hegemonialen Eigenschaften in ihren Genen, aber sie wird niemals ausländische Versuche zur Unterdrückung oder Unterwerfung China zulassen. Dementsprechend beendet Ex-Botschafter Bhadrakumar seine Überlegungen in der Asia Times mit den Worten:

„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der von den Pionieren des Kommunismus in China entwickelte ‚Gründungsgeist‘ der KPCh eine Kraft sein wird, mit der man in der Weltpolitik rechnen muss.“"

https://www.rainerrupp.de/100-jahre-roter-stern-ueber-china/

 

Der weitere Aufstieg Chinas soll aufgehalten oder zumindest verlangsamt werden. Über die geo-politischen Zusammenhänge ging der Wurm bereits in einem früheren Beitrag ein: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/306-schwerpunkt-verlagerung.html

Neben den von Rainer Rupp erwähnten Schreiberlingen ist in Sachen westlicher Propaganda noch der TV-Sender arte zu erwähnen:

„Drei Jahre nachdem "Die Welt des Xi Jinping" (2018) mit großem Erfolg ausgestrahlt wurde, werfen die Regisseurin Sophie Lepault und ihr Co-Autor Romain Franklin erneut einen Blick auf China. Mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Wuhan tut der chinesische Staatschef alles, damit China als großer Gewinner aus der Corona-Krise hervorgeht ...

Xi Jinping nutzt wie üblich Nebelkerzen und Köder, um von Chinas wirklichen Verantwortlichkeiten abzulenken, und verfolgt seine politische und diplomatische Agenda mit einem einzigen Ziel: die Integration von Minderheiten in den chinesischen Riesen, selbst wenn das bedeutet, auf Gewalt zurückzugreifen. Völkermord an den Uiguren, die fortschreitende Unterdrückung der Autonomie Hongkongs, eine zunehmend bedrohliche Präsenz im Chinesischen Meer, mit einem kaum verhohlenen Ziel: die Vereinnahmung Taiwans. Auch die Aufklärung der Ursprünge der Corona-Pandemie scheint mehr verschleiert und verschleppt als befördert zu werden.

Die Ambitionen des Reichs der Mitte werden durch die immer selbstbewussteren Auftritte des chinesischen Staatschefs bestätigt. Mehr denn je sendet Xi Jinping unmissverständliche Zeichen, dass China auf wirtschaftlichem, militärischem und diplomatischem Gebiet zur führenden Weltmacht avancieren will.“

https://www.arte.tv/de/videos/078193-000-F/die-neue-welt-des-xi-jinping/

 

Was mensch auch immer an der chinesischen Politik kritisieren mag: bei den Themen „Uiguren“, „Hongkong“ und „Taiwan“ handelt es sich direkt um chinesische Themen – dem Wurm ist nicht bekannt, dass China weit entfernt Kriege führt.

Am chinesischen „Sündenregister“ verblüfft eines. Nämlich jenes Thema, das in den letzten Jahrzehnten das stärkste Argument war, um China zu diskreditieren, jetzt aber fehlt: Tibet.

Der Wurm hat keine Ahnung, warum in dieser Dokumentation bzw. überhaupt in der letzten Zeit das Thema „Tibet“ in den Hintergrund gerückt ist. Irgend etwas ist in dieser Hinsicht in Bewegung.

Dass es sich bei der arte-Dokumentation zu einem großen Teil um Propaganda handelt, wird nach der Hälfte der Doku deutlich. Vor allem ab Minute 1:17: „2014 hat Xi Jinping die Region der Uiguren besucht. Das ging durch alle Medien. Vor allem sein Besuch der Armee, wo er Folter-Instrumente besichtigte und betonte, dass jede Bedrohung der Einheit des Landes ausgerottet werden müsse“.

 

https://www.youtube.com/watch?v=14iOompvyEk

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

10. Juli – Wochenkommentar von Ferdinand Wegscheider

„Es gibt keine Schwarzfahrer mehr…“ - Im neuen Wochenkommentar geht es heute um selbstlose Verteidigung krimineller Straftäter aus Afghanistan durch barmherzige NGOs, um die weitere politisch korrekte Verbannung schlimmer rassistischer Begriffe aus unserem Sprachgebrauch und um kleine Schwindeleien unseres coolen Gesundheitsministers.

https://www.servustv.com/aktuelles/v/aa-27jtzj8xh1w11/

 

#allesdichtmachen #niewiederaufmachen #lockdownfürimmer: Nina Gummich

https://www.youtube.com/watch?v=ABXd1wWgERY

 

Baerbocks Bußgeldkatalog | Das Grün steht für Verbot | Strippenzieher

https://www.youtube.com/watch?v=wciJMMigPnM

 

Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 34

https://www.youtube.com/watch?v=_6-G0Akq3ig

 

HallMack Schwarzfahren wird abgeschafft

https://www.frei3.de/post/205a265c-9306-439e-87f8-c5a52897c01d

 

HallMack Merkel bittet Richter zu Tisch

https://www.frei3.de/post/25c2d9ff-740a-4ccd-93c0-32ff7ff555f4

 

HallMack Deutsches Weltraumkommando

https://www.frei3.de/post/a82f7951-81a5-4f08-af4e-8f78fa89b278