Tiefer Schnitt ins Leben

In Südafrika starben Anfang Juli offiziell 30 junge Männer an missglückten Beschneidungen, mehr als 300 sind verletzt oder schwer verstümmelt. Dabei wurde bekannt, dass im Mai diesen Jahres auch schon über 30 Jugendliche bei dieser Zeremonie ihr Leben lassen mussten.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/suedafrika-beschneidungszeremonien-fordern-30-todesopfer-a-909906.html

 

Dass männliche Kinder und Jugendliche (immerhin ca. ein Drittel der männlichen Kinder weltweit) diesem Ritual unterzogen werden, hat sich auch bei uns Regenwürmern rum gesprochen, aber über Probleme bei diesem Eingriff reden die Menschen nicht gerne. Mensch kann davon ausgehen, dass es weltweit eine sehr hohe Dunkelziffer bei Komplikationen oder gar Todesfällen nach verunglückten Beschneidungen gibt.

Dass Menschen brutal sein können, wissen wir im Erdreich nur zu gut. Was uns aber immer wieder erstaunt, ist, wie sie ihre Brutalität begründen. Im Falle der Beschneidung nämlich mit hygienischen und medizinischen Gründen. Wie uns Menschen versichert haben, ist Hygiene kein Problem, wenn mann sich regelmäßig wäscht. Und Beschneidungen können problemlos dann ausgeführt werden, wenn es medizinisch geboten ist. Die Vorhaut zu entfernen, weil sie ja mal Probleme machen könnte, ist Unfug. Schließlich wird Kindern auch nicht automatisch der Blinddarm entfernt, sondern erst dann, wenn er tatsächlich Probleme macht. Da es beim Eingriff nun öfter zu Komplikationen bis hin zu Todesfällen kommt, ist das medizinische Argument aus Wurm-Sicht völlig daneben.

 

Es gibt weitere Argumente: Gründe der Kultur bzw. Tradition und der Religion. Die kulturellen Traditionen Europas zeugen von Kastrationen für schöne Stimmen, zeugen vom Pranger, von Inquisition, von Hexenverbrennungen, von grausamsten Folter- und Tötungsmethoden. Andere Länder, andere Sitten: In China war es mal üblich, aus Schönheitsgründen Mädchen die Füße zu verkrümmen. Heute sind all diese Sachen abgeschafft oder zumindest verpönt.

Stellen wir uns mal vor, wir reisen in die betreffenden Zeiten und Orte zurück. Wurm kann da jetzt schon das Geschwafel hören: „Ja, das ist deren Kultur und Tradition, das muss mensch verstehen, da muss mensch Rücksicht drauf nehmen, Tradition ist immer etwas Gutes“. Nein – ein Wurm versteht das nicht! Gut, Moden ändern sich. Aber Bestialitäten sind Bestialitäten. Zu jeder Zeit und an jedem Ort. Und durch nichts zu rechtfertigen. Wenn sich ein Mensch das nicht zu sagen traut – ein Wurm tut das.

Ist eine Bestialität aber aus religiösen Gründen erlaubt? Für Menschen offensichtlich ja. Doch auch hier sagt der Wurm: Bestialitäten sind Bestialitäten. Zu jeder Zeit und an jedem Ort. Und durch nichts zu rechtfertigen.

Machen wir einmal ein Gedanken-Experiment: Wäre es denkbar, „aus religiösen Gründen“ einem Kind ein oder zwei Ohrläppchen abzuschneiden? Ein Auge auszustechen (ein Auge reicht ja zum Sehen, das andere ist für „Gott“)? Wenn demnächst jemand eine neue Religion gründet und erklärt, es sei "Gottes Wille", Kinder zu verstümmeln – wo wäre für jeden Einzelnen der Punkt erreicht, an dem er sagen würde „es reicht!“? Gibt es den überhaupt? Schließlich handelt es sich ja um Religion.

Völlig unverständlich für uns Würmer ist die Tatsache, dass so eine Verstümmelung nicht erwachsene Männer an sich machen lassen, sondern Säuglinge, Kinder und Jugendliche dazu gezwungen werden. So grausam dieser Vorgang bei Säuglingen auch aussehen mag: Diese haben wenigstens das Glück, sich später nicht daran erinnern zu können.

Wird der Eingriff ein paar Jahre später vorgenommen, sieht das etwas anders aus. Meistens geschieht das im Rahmen einer Feierlichkeit und die Opfer wissen zumindest halbwegs, was auf sie zukommen wird. Es gibt aber auch gar nicht so wenige Fälle, in denen der arme Kerl an nichts Böses denkt – und auf einmal stehen mehrere starke Männer um ihn herum. Und dann geht’s ab.

So oder so – es handelt sich um einen tiefen Schnitt ins Leben. Wer bislang ein Urvertrauen in Mutter, Vater und sonstige Verwandte hatte, wird es nach dieser Prozedur wahrscheinlich nicht mehr haben. Die Sensibleren werden ihr Leben lang ein Trauma haben und für die Unsensibleren sind auf einmal seelische und körperliche Gewalt Bestandteil des Lebens. Das war eine großartige Lektion darin, dass auf völlig Wehrlose nicht die geringste Rücksicht genommen wird und ihnen die Machtverhältnisse zur völligen Unterordnung eindrucksvoll aufgezeigt werden.

Wenn solche Männer später selbst in der einen oder anderen Machtposition stehen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie denjenigen, die unter ihnen stehen, mal so richtig zeigen, „wo der Hammer hängt“. Und sehr groß wird die Wahrscheinlichkeit sein, dass sie verächtlich auf solche herab schauen, die sich bei der Beschneidung nicht so „mannhaft“ aufgeführt haben wie sie selbst. Und solche Wesen, die sich solch einer Prozedur nicht unterziehen mussten (sprich: Frauen), werden erst gar nicht ernst genommen.

Hier noch ein paar Links für diejenigen, die sich näher zum Thema informieren wollen:
www.zwangsbeschneidung.de
und http://pro-kinderrechte.de/kampagne
und http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

 

Dort sind auch Filme zum Thema zu sehen. Sollte es tatsächlich noch Menschen geben, die nicht gänzlich verroht sind und deren Kopf nicht völlig von Weihrauch umnebelt ist: Der Wurm wünscht diesen nach Ansicht der Filme einen angenehmen Schlaf.