Aufstehen!

Was würde aus diesem Land werden, wenn alles so weiter ginge wie bisher?

Wäre es „ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“?

Wenn „ja“ - wer ist „wir“?

Diejenigen, die nicht „wir“ sind, sind allerdings mehr als „wir“.

Allerdings werden sie nicht ernst genommen. Auch und gerade von jenen Parteien, die für sie da sein sollten.

Diese Woche ging die Bewegung „Aufstehen“ an den Start. Wie es auch immer mit ihr weiter gehen wird – sie wird das Land verändern.

 

 

Das Versagen der Linken

 

Womit sich Linke in den vergangenen 20 Jahren auch immer beschäftigten – mit den Sorgen und Nöten der einfachen Bevölkerung hatte das immer weniger bis nichts zu tun.

Und das in der Hoch-Zeit des Neoliberalismus, in der mittlerweile ein Drittel der Bevölkerung Abstiegsängste hat und sich nicht sicher sein kann, ob sie in naher Zukunft eine sichere Arbeit, eine bezahlbare Wohnung oder ein Alters-Leben in Würde hat. Ganz zu schweigen von jenen Millionen, denen es sehr „dreckig“ geht.

Wer nimmt sich dieser Bevölkerungs-Gruppe an, wer macht Politik für sie? Die linken Parteien sind es nicht, oft kommen von ihnen solche Sprüche nach dem Motto, dass jeder selbst schuld an seinem Schicksal hat – sie selber hätten es ja auch geschafft.

Der Wurm als Chronist seiner Zeit hat darüber unter anderem in http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/251-zeitenwende.html und http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/310-links.html berichtet.

Als Beispiel Ludger Volmer über die Grünen: „Seit Jahren suche ich wie viele linke Grüne, die den Anpassungskurs der Partei nicht mitmachen wollen, nach neuen Perspektiven …

Die Grünen sind von ihren sozialen und pazifistischen Gründungsidealen weit abgerückt. Öko-Sozialisten und andere Linke sind ausgetreten und suchen eine neue Heimat. Den Grünen heute geht es nicht mehr um die Bekämpfung struktureller Armut, sondern um die Verschönerung des bürgerlichen Lebens. Sie drohen, zur Zweitpartei von Angela Merkel zu werden. Schön für einkommensstarke Mittelschichten, uninteressant für alle, die von Abstiegsängsten oder echter Not geplagt werden. Wir brauchen wieder eine antikapitalistische Linke, die eine „ganzheitliche Sicht“ auf die Ausbeutung von Mensch und Natur hat. Ohne Strategie gegen den Turbokapitalismus gibt es keine wirkliche Ökologie …

Es ist wie in den 1970er Jahren, als die Parteien sich von den Nöten und Wünschen der Menschen abkoppelten. Damals entstanden daraus die Grünen. Heute wenden sich die Leute nach rechts – auch weil die Grünen kein Gespür mehr für die alltäglichen Sorgen haben …

Viele andere, die sich links nennen, sind kulturell progressiv, aber was Oben und Unten, reich und arm angeht, ziemlich uninteressiert. Mit denen kann ich wenig anfangen.“

http://www.haz.de/Nachrichten/Politik/Deutschland-Welt/Gruenen-Politiker-Volmer-unterstuetzt-Wagenknecht

 

Richtungswechsel: nach rechts

 

Wer sich von linken Parteien im Stich gelassen fühlt, versucht es mit rechts. Diese Parteien sind zwar auch nicht besser, tun aber so, als ob sie sich um die Anliegen der einfachen Bevölkerung kümmern würden. Dazu haben sie den Vorteil, als böse „Opposition“ zu gelten. Überspitzt ausgedrückt „der Feind meines Feindes ist mein Freund“.

Werner Seppmann fasst zusammen, warum Arbeiter AfD wählen:

https://www.jungewelt.de/artikel/339180.afd-kahlschlag-und-misere.html

https://www.jungewelt.de/artikel/339250.afd-der-reflex-der-bedr%C3%A4ngten.html

Dirk Auer über den Schwenk von links nach rechts in einem traditionellen Arbeiter-Viertel: „Aber die Welt hat sich geändert. Seine Partei hat sich geändert. Und beides passt hier offenbar immer weniger zusammen in Marzahn-Nord. Die Linke, sagt Wolfgang Brauer, hat sich von ihrer sozialen Basis entfernt. Links und sozialer Protest, das war hier eine weitgehende Einheit zuletzt, als die Linke noch PDS hiess und fest in den Vereinen und sozialen Hilfeprojekten verwurzelt war. Stichwort: Kümmererpartei. Ihre Mitglieder halfen beim Ausfüllen von Formularen für die Rente, unterstützten bei Anträgen für Sozialhilfe und waren in Mieterinitiativen aktiv. Und der Wähler dankte es: Auf dem Gipfel der Popularität, 2001, holte Wolfgang Brauer in seinem Wahlkreis 56 Prozent …

Dazu gesellte sich eine schleichende kulturelle Entfremdung, als im Zuge ihrer Westausdehnung die Linke ihre Wähler zunehmend auch in den akademisch-mittelständischen Milieus der Innenstädte suchte. Neue Themen kamen auf wie Antirassismus und Geschlechterfragen – um den Preis, so klagt der Kulturpolitiker Brauer, einer ideologisch zunehmend «verkopften Sprache», mit der sich die Partei von der hiesigen Lebenswelt entfernte. Dieses «ganze verschwiemelte Zeug» über die postindustrielle Gesellschaft etwa, dass es kein Proletariat mehr gebe. Und wenn selbst in der örtlichen Bezirkszeitung aus Arbeitern – politisch korrekt – «Arbeiter*innen» werden, dann könnten die meisten hier nur den Kopf schütteln: Ham die keine anderen Probleme?

Die Wahlen 2006 und 2011 brachten die Quittung. Und in Marzahn-Nord war der Fall besonders tief: Von 56 Prozent Erststimmen ging es runter auf 41, dann noch einmal auf 36 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag da bei nur noch knapp 40 Prozent – der niedrigste Wert in ganz Berlin. Die Frustrierten und sozial Abgehängten von Marzahn-Nord waren politisch heimatlos geworden. Und dann kam die Flüchtlingskrise …

Das Neben- und Miteinander von Kulturen ist auch in Marzahn-Nord nichts Ungewöhnliches. Schon seit Jahren leben auch Russlanddeutsche, Vietnamesen und Polen im Quartier. Dazu kommt seit einiger Zeit ein langsamer, aber stetiger Zuzug von Menschen aus der Innenstadt, die sich die hohen Mieten dort nicht mehr leisten können. Von ihnen haben viele einen Migrationshintergrund. Nennenswerte Konflikte gab es keine.

Aber die Flüchtlingskrise wirkte dann wie ein Katalysator für das schon vorhandene Gefühl, von der Politik vergessen worden zu sein. So wurden in Marzahn-Hellersdorf deutlich mehr Flüchtlinge untergebracht als in den West-Bezirken Berlins. Und die Unterkünfte, grosse Objekte mit ein paar hundert Plätzen, so Wolfgang Brauer, wurden dann genau in die Problemzonen «geknallt». Die offizielle Begründung war: Da gibt es Platz, es sind landeseigene Flächen. Aber er glaubt, dass noch etwas anderes dahinterstand: Armut gehört zu Armut. Und an den Rand der Stadt. Hier waren die Armenfriedhöfe, hier waren die Mülldeponien, hier wurden die Massenquartiere gebaut – dann ist hier auch der Platz für Flüchtlinge. Dass der bürgerlich geprägte Süden des Bezirks verschont blieb, dafür hatte der örtliche CDU-Kandidat gesorgt. Auch der Ost-West-Gegensatz habe eine Rolle gespielt: Die Wessis, die Reichen, entsorgen ihre Problem zu unseren Lasten. Das brachte die Leute auf die Palme …

«Massenhaft Flüchtlinge abkippen», wo die Menschen sowieso schon genug Probleme haben, das geht gar nicht. Die AfD verknüpfte dann die Unterbringungsprobleme direkt mit den Nöten der Einheimischen: Für die Kinder hier fehlt das Geld, um die Heizung in der Schule zu reparieren, aber für 20 Millionen Euro wird ein Asylheim gebaut, hiess es. Dass das eine mit dem anderen wenig zu tun hat, dass es komplizierter ist: Natürlich, sagt Gunnar Lindemann. «Aber die Leute empfinden das eben so» …

Probleme hatte er indes mit der eigenen Partei, die den Standort des Wohnheims verteidigte. Und auf Sorgen der Bürger sei «relativ rotzig» reagiert worden. Kritische Frager sahen sich dem unterschwelligen Verdacht ausgesetzt, etwas gegen Flüchtlinge zu haben – und von da war es nicht mehr weit zum Vorwurf des Rassismus, dem man Paroli bieten müsse. Eine «grottige Überheblichkeit», findet Wolfgang Brauer, der eigentlich eine ordentliche Diskussion unter den Anwohnern erlebte. Doch am Ende sei alles auf die Frage hinausgelaufen: Bist du für Menschlichkeit oder dagegen? Da fühlte er sich an die DDR erinnert, wo es eine ähnliche Disziplinierungsformel gab. «Frieden» lautete die offizielle Staatsdoktrin, und wenn es einmal nicht mehr weiterging, hiess es: Bist du für den Weltfrieden – oder etwa dagegen? So war auch im Jahr 2016 in Marzahn-Nord kein Platz mehr für eine differenzierte Diskussion. Und die AfD-Parole war einfach: Wir wollen die hier nicht.

Bei der Wahl lagen Linke und AfD mit jeweils um die 30 Prozent fast gleichauf.“

https://www.nzz.ch/international/wo-die-afd-der-linken-den-rang-ablaeuft-ld.1403444

 

Was tun?

 

Dirk Auer: „Wie die Linke dagegenhalten kann? Schwierig, sagt Wolfgang Brauer, der heute wieder Lehrer an seiner alten Schule ist. Die soziale Frage müsse wieder in den Mittelpunkt, nicht nur deklarativ, sondern ganz konkret: Geht wieder in die Vereine, möchte er dem Nachwuchs seiner ehemaligen Partei zurufen. Mit politischen Sprüchen alleine, mit Ständen und Luftballons, das wussten die alten Genossen noch, kann man keinen Blumentopf gewinnen.““

https://www.nzz.ch/international/wo-die-afd-der-linken-den-rang-ablaeuft-ld.1403444

 

Werner Seppmann: „Was ist die Alternative?

Auf die Existenzsorgen der Menschen müssten, um alldem zu begegnen, zuallererst überzeugende und glaubwürdige Antworten, Zukunftsperspektiven gegeben werden. Mit einer (berechtigten) Forderung nach Erhöhung des Mindestlohnes auf zwölf Euro ist es jedenfalls nicht getan, denn ein Bollwerk gegen den rechten Formierungsprozess kann nur eine soziale Bewegung bilden, die nicht nur aufklärend agiert, sondern eine realistische Zuversicht vermittelt, auch wenn ein Blick auf die sozialen Kräfteverhältnisse und die politische Kultur in Deutschland nicht optimistisch stimmt. Es kommt hinzu, dass zukunftsorientierte Konzepte und Phantasien in den öffentlichen Diskussionen kaum noch eine Rolle spielen. Aber an ihrer Entwicklung wäre vorrangig im Rahmen einer politischen Bewegung zu arbeiten, die sich den Interessen einer Bevölkerungsmehrheit verpflichtet fühlt.

Wer den Rechten das Wasser abgraben will, muss für die Rücknahme von Sozialabbau und Rentenkürzungen kämpfen und das Arbeits- und Sozialrecht so »restaurieren«, dass die Misere der Prekarität beseitigt wird. Eine Sofortmaßnahme wäre die Wiederherstellung der Arbeitslosenversicherung auf dem Niveau, das vor den Konterreformen der Schröderschen »Agenda«-Politik bestand, also die Rückkehr zur einkommensabhängigen Zahlung von Unterstützungsleistungen über die einjährige Arbeitslosenphase hinaus. Das sollte zum unverzichtbaren Bestandteil einer antifaschistischen Strategie werden. Jedoch genauso wichtig wären Konzepte zur konsequenten Absenkung der sogenannten Normalarbeitszeit, um vorhandene Arbeit auf alle Köpfe zu verteilen. Für diese politischen Kernpunkte würde es sich schon lohnen »aufzustehen«.

Flankiert werden müssten solche politischen Initiativen von einer gründlichen Aufklärungskampagne, d. h. der Vermittlung eines Wissens, das an die alltäglichen Probleme anschließt und die Gründe für die zunehmende Präkarisierung thematisiert. Denn Not alleine lehrt noch nicht das Denken, jedenfalls nicht das kritische. Die isolierte Erfahrung, so bedrängend und belastend sie auch sein mag, muss zu den Ursachen sozialer Ungleichheit in Beziehung gesetzt werden.

Nicht zuletzt geht es um eine radikale Demokratisierung aller Arbeits- und Lebensverhältnisse. Für die Gewerkschaften ist es überfällig, ein umfassendes politisches Mandat in Anspruch zu nehmen ...“

https://www.jungewelt.de/artikel/339250.afd-der-reflex-der-bedr%C3%A4ngten.html

 

Aufstehen

 

Aufstehen“ wurde „von oben“ gegründet und hat viele prominente Unterstützer. Sofern sie sich der Sache der einfachen Bevölkerung annehmen, ist das eine sehr schöne Sache, denn dadurch ist eine gewisse Professionalität gewährleistet. Jene sozialen Bewegungen, welche in den letzten Jahren „von unten“ gekommen sind, wurden allesamt unten gehalten bzw. nieder gemacht. Als Beispiel sei die neue Friedensbewegung angeführt: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/184-querfront.html . Durch die breite Prominenz und die bittere Notwendigkeit ihrer Existenz wird eine Diffamierung von „Aufstehen“ deutlich schwerer fallen.

 

#aufstehen – die Sammlungsbewegung geht an den Start. Fragen an Sahra Wagenknecht

 

Ab morgen (4.8.2018) ist die Internetseite der mit Spannung erwarteten Sammlungsbewegung rund um die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht online. Und einen Namen hat die Bewegung auch: #Aufstehen. Albrecht Müller hatte die Möglichkeit, mit Sahra Wagenknecht über die neue Sammlungsbewegung zu sprechen und ihr die wichtigsten Fragen zu #Aufstehen zu stellen.

Wann wird die Sammlungsbewegung vorgestellt?

Offizieller Start unserer Sammlungsbewegung ist der 4. September. An dem Tag stellen wir die Namen unserer prominenten Gründungsmitglieder und auch den Gründungsaufruf öffentlich vor und werden unsere Ziele vor der Presse erläutern.

Unter welchem Namen?

Wir haben uns für #Aufstehen entschieden. Aufstehen für ein gerechtes und friedliches Land, darum geht es. Unter www.aufstehen.de wird ab morgen (4. August) auch schon eine vorläufige Webseite online gehen. Weil uns täglich Anfragen von Interessenten erreichen, die gern mitmachen möchten, wollen wir ihnen die Möglichkeit geben, sich schon jetzt zu registrieren.

Können Sympathisanten und mögliche Unterstützer Teil der Bewegung werden? Gibt es so etwas wie eine Mitgliedschaft?

Jeder, der sich auf unserer Webseite registriert, wird damit Teil der Bewegung. Er wird automatisch sowohl unsere vielfältigen Online-Inhalte erhalten als auch über Aktionen vor Ort informiert. Wir hoffen, dass wir sehr viele Mitstreiter gewinnen werden, denn nur dann wird unsere Bewegung ausreichend Druck entfalten können, um die Politik in diesem Land zu verändern. Das ist unser Ziel.

Ist die Bewegung eine Partei? Tritt sie bei Wahlen an? Wie kann man sich das konkret vorstellen? Im Vorfeld wurde ja gelegentlich “La France insoumise“ als Vorbild genannt. Die sind nach unserem deutschen Verständnis aber keine Sammlungsbewegung, sondern eine echte Partei.

La France Insoumise ist streng genommen keine Partei, aber das französische Wahlrecht erlaubt es, dass Bewegungen zu Wahlen antreten. Das ist in Deutschland anders. Dennoch gründen wir bewusst keine Partei, denn es geht uns zunächst einmal darum, Menschen mit ähnlichen Überzeugungen zusammenzubringen. Wir wollen sammeln, nicht spalten. Dafür ist es wichtig, dass niemand seine Organisation verlassen muss, um bei uns mitzumachen. Vor allem aber wollen wir ein attraktives Angebot an all diejenigen machen, die sich von der Politik zurückgezogen haben und keiner Partei mehr vertrauen. Ich wäre sehr froh, wenn wir viele von ihnen wieder zu einem Engagement ermutigen könnten, aber das schafft man sicher nicht mit einer neuen starren Parteistruktur.

Wie soll die Verknüpfung zu den bestehenden und geistesverwandten Parteien aussehen?

Wir hoffen, dass sich möglichst viele Mitglieder aus SPD, Linker und Grünen bei uns zusammenfinden. Nach meinen Erfahrungen gibt es gerade in der SPD sehr viele, die mit dem unerschütterlichen Agenda-2010-Kurs und dem erneuten Eintreten in die GroKo sehr unzufrieden sind. Und vermutlich gibt es auch bei den Grünen nicht wenige, die sich im Interesse der Umwelt auch mit mächtigen Industrielobbys anlegen wollten, statt als letzte Machtreserve von Frau Merkel den Status Quo zu verwalten. Die Sammlungsbewegung soll all diejenigen zusammenführen, die sich eine Erneuerung des Sozialstaats, ein Zurück zur Entspannungspolitik Willy Brandts und ein verantwortungsvolles, naturverträgliches Wirtschaften wünschen.

Gibt es so etwas wie Unterorganisationen, also regionale Gliederungen oder so etwas Ähnliches? Sind Treffen der Anhänger der neuen politischen Bewegung vorgesehen? Gibt es einen großen Kongress? Ein erster Auftritt in einer der großen Hallen Deutschlands, also in der Westfalenhalle oder im Olympiastadion, das wäre doch ein passendes Signal? Darauf warten viele.

Ja, es wird Strukturen vor Ort und natürlich auch größere Events und Kongresse geben. Ich wünsche mir, dass wir so schnell wachsen, dass wir bald tatsächlich die Westfalenhalle füllen könnten.

Gibt es eine Führung der Sammlungsbewegung? Welche Personen sind dabei?

Es gibt aktuell gut 40 prominente Gründungsmitglieder, deren Namen wir allerdings erst am 4. September öffentlich machen werden. Außerdem gibt es bereits ein hochmotiviertes, kreatives Team, das sich um unseren Online-Auftritt und die Sozialen Medien kümmern wird. Sobald #Aufstehen im September gegründet ist, werden wir natürlich auch Arbeitsstrukturen schaffen. Aber entscheidend ist für uns, dass jeder sich einbringen, jeder mitdiskutieren und die Bewegung mitgestalten kann. Dafür werden wir Möglichkeiten schaffen. Eine Bewegung lebt vom Engagement ihrer Mitstreiter.

Kann man in einigen wenigen Zeilen zusammenfassen, was die zentralen programmatischen Vorstellungen der Sammlungsbewegung sind?

Es geht um den Mut zur Überwindung des neoliberalen Mainstreams, um eine soziale Politik im Interesse der Mehrheit. Und um ein Ende der Kriegspolitik und des gefährlichen Wettrüstens. Der Neoliberalismus tritt die sozialen Bedürfnisse der weniger Wohlhabenden mit Füßen und bringt viele dazu, sich von der Demokratie abzuwenden. Am Ende profitieren davon rechte Parteien. Inzwischen bestimmt die AfD in Deutschland die Themen der Politik und treibt die anderen vor sich her. Das wollen wir nicht länger akzeptieren. Die konzerngesteuerte Globalisierung, der Sozialabbau, immer neue Kriege, das alles ist keine Naturgewalt. Es gibt dazu Alternativen und wir wollen den Menschen die Hoffnung zurückgeben, dass sich die Politik verändern lässt.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=45315

 

Soziale Mehrheiten sind das Ziel: Fabio De Masi über die Sammlungsbewegung und was sie von Parteien unterscheidet

 

Von Uwe Kalbe: „Sie sind Unterstützer der Sammlungsbewegung »Aufstehen«. Woran erkennt man die Unterstützer? Gibt es da eine Unterstützerkartei?

Ich hab mich wie zehntausende Andere auf der Homepage eingetragen. Aber ich gehöre zu jenen, die »Aufstehen« mit vorantreiben.

Sie sind also ein Unterstützer höherer Stufe?

Nein. Entscheidend ist, dass Menschen zusammenkommen, um die Unfähigkeit zu bekämpfen, soziale Mehrheiten zu schaffen. Selbst einige Medien schreiben ja, die Idee war richtig, sie finden nur die Leute falsch, die sie umsetzen. Aber niemand hat‘s gemacht. Wir machen es jetzt. Und das Echo ist riesig.

Ein Erfolg wäre ja daran zu messen, wie deutlich die Sammlungsbewegung die bisherige linke Mitte aufmischt. Wird so nicht die LINKE in Frage gestellt?

Nein. Ich kämpfe jeden Tag dafür, dass die LINKE stärker wird. Nur ist sie eben alleine offensichtlich nicht stark oder attraktiv genug. Und das ist ein Problem, weil sich dann immer mehr Menschen abwenden und auch die AfD stärker wird. So können wir eine soziale Wende in Deutschland nicht herbeiführen. Deswegen haben wir »Aufstehen« gegründet.

Die Sammlungsbewegung zielt auf alle drei Parteien der linken Mitte, auf SPD, LINKE und Grüne. Sind die nicht viel zu unterschiedlich, um in ihnen etwas Gemeinsames sammeln zu können?

Dann hätten es doch Bernie Sanders in den USA oder Jeremy Corbyn in Großbritannien oder Jean-Luc Mélenchon in Frankreich bleiben lassen können. Labour war doch völlig kaputt. Jetzt sind die wieder da.

Also wirbt diese Sammlungsbewegung um den guten Kern in allen drei Parteien?

Die Sammlungsbewegung wirbt um soziale Politik. Die LINKE ist alleine dafür zu schwach. Wir brauchen eine Veränderung auch bei Sozialdemokraten und Grünen. Ziel ist es, Parteien zu befähigen, wieder Wahlen zu gewinnen. Umfragen zeigen, es gibt Mehrheiten für gute Renten, gegen Wuchermieten oder für Abrüstung, aber eben nicht im Parlament. Da reicht es nicht, abstrakte Debatten über Rot-Rot-Grün zu führen. Wer rechnen kann, ist klar im Vorteil - dafür gibt es keine Mehrheit. Wenn man aber auf Entspannungspolitik setzt, auf einen Sozialstaat, der vor Abstieg schützt, auf öffentliche Investitionen, auf armutsfeste Renten, auf Steuergerechtigkeit oder gute Nachbarschaft in Europa, kann man auch das Kanzleramt erobern.

Dann zielt die Sammlungsbewegung eigentlich auf die SPD?

Nein, die Sammlungsbewegung zielt auf jene Menschen, die sich von Parteien nicht mehr angesprochen fühlen, und auch auf solche, die in ihren Parteien für eine soziale Wende streiten. Wir wollen populär sein und uns die Themen nicht mehr von Frau Merkel oder der AfD diktieren lassen.

Sahra Wagenknecht macht nie einen Hehl daraus, dass sie eine Wende der SPD für die entscheidende Voraussetzung eines Erfolges der Sammlungsbewegung hält.

Ja, natürlich. Das ist ein entscheidender Faktor, aber nicht der einzige.

Die Sammlungsbewegung kann nicht als eigenständige Kraft bei Wahlen antreten, weil ihre Mitglieder teils selbst Mitglieder von Parteien sind.

Das wäre ja auch völlig sinnlos. Wir wollen doch Parteien verändern.

Also entsteht hier keine Partei, sondern?

»Aufstehen« richtet sich an Menschen, die nicht Mitglied einer Partei werden wollen, aber sich für Themen engagieren. Und »Aufstehen« richtet sich andererseits an Menschen, die in ihren Parteien für einen populären, einen sozialen Kurs streiten. Das sind die zwei Ziele. Da würde es ja überhaupt keinen Sinn machen, eine neue Partei zu etablieren. Genau die tötet doch auch das Engagement von Menschen, die keine Lust auf die Ochsentour in Parteien haben.

Also geht es um eine Art Bürgerbewegung?

Ja.

Aber Wagenknecht hält die Kandidatur von Mitgliedern der Sammlungsbewegung auf offenen Listen der Bundestagsparteien für eine gute Idee.

Es spricht auch nichts dagegen, wenn Fabio De Masi, auch wenn er mit »Aufstehen« verknüpft wird, im Bundestag Reden für die LINKE hält.

Bisher sind die Parteien auf diese Weise nicht mehrheitsfähig geworden.

Das lag hoffentlich nicht an meinen Reden. Im Ernst, es gibt Leute wie Sahra Wagenknecht, die sehr viel Zuspruch erfahren. Und eine todkranke SPD, die es nicht schafft, sich aus eigener Kraft zu erneuern. All die Leute, die kurzfristig in den Umfragen bei Martin Schulz waren, die sind weg, aber nicht bei der LINKEN. Uns fehlt die Machtperspektive. Wenn wir mit »Aufstehen« Leute in den Parteien stärken, Menschen gewinnen wie die Kampagnen um Sanders oder Corbyn, können wir auch Wahlen gewinnen. Vielleicht entdeckt man dabei auch neue politische Talente wie die Demokraten in New York die junge Sozialistin Alexandria Ocaso-Cortez aus der Bronx.

Daniela Dahn sieht in einem Beitrag für das »neue deutschland« in der Sammlungsbewegung die Chance eines neuen Aufbruchs von unten. Wie viel Unten ist in der neuen Bewegung enthalten?

Das ist ein wichtiger Punkt. Es funktioniert zumindest nicht, wie Kevin Kühnert glaubt - wenn Kevin allein zu Haus sitzt, klopft dann die Bewegung an die Tür. Bewegungen waren nie nur spontan, sondern Menschen haben sich verabredet, weil etwas in der Luft lag. Sie bilden sich auch um Menschen, die in der Lage sind, andere Menschen für ihre Ziele zu begeistern. Wir haben uns eng mit der Corbyn- und der Sanders-Kampagne darüber beraten, wie man Menschen politisch aktiviert. Denn die Konzernspender kaufen Parteien, aber unser Potenzial sind die engagierten Menschen. Unser Netzwerk beruht auf Freiwilligen und es geht nicht darum, wer nächster Schatzmeister wird, sondern wer für unsere Ziele auf der Straße steht. Wir werden versuchen, durch Einsatz einer Software, die in politischen Bewegungen erprobt ist, Menschen besser zu erreichen, als Parteien es bisher gemacht haben.

Dieser Tage hat Sahra Wagenknecht in einem Beitrag die LINKE und die AfD über einen Kamm geschert, indem sie schrieb, realistische linke Politik müsse beide Maximalforderungen gleichermaßen ablehnen, den Rassismus der einen wie die grenzenlose Willkommenskultur der anderen. Wie will man so Verbündete auf der Linken gewinnen?

Linke Politik muss dagegen kämpfen, dass Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Dies bedeutet Bekämpfung von Fluchtursachen und Hilfe vor Ort, für die große Mehrheit, die es nie nach Europa schafft, sowie gute Integration für jene, die hier sind. Hinzu kommt ein Flucht-Soli der Vermögenden, den wir fordern. Von Willkommenskultur kann keine Rede sein, wenn man Menschen ins Industriegebiet abschiebt und den Rest als billige Arbeitskräfte ausbeutet.

Diese Politik kann man ja aber nicht der LINKEN vorwerfen. Selbst wenn man die Forderung nach offenen Grenzen falsch findet, wie sie in ihrem Programm steht.

Das sind die Debatten der LINKEN. In der Sammlungsbewegung gibt es einen Konsens darüber, dass man endlich das Spielfeld wechseln muss. Dass man wieder die Themen stark machen muss, mit denen wir gewinnen. Mieten, Pflegenotstand, Leiharbeit, Bildungsmisere, kaputte Brücken oder Auslandseinsätze der Bundeswehr. Dieser Aufgabe werden wir uns widmen.

Das erklärt aber nicht, warum man potenzielle Verbündete vor den Kopf stößt, indem man ihnen vorwirft, sie machten eine ebenso falsche Politik wie die AfD? 

Sahra Wagenknecht sagt, dass es weder human noch realistisch ist, die sozialen Verwerfungen in der Welt alleine über die Zuwanderungspolitik eines Landes lösen zu wollen. Das ist auch die Position von Bernie Sanders. Der Fehler besteht darin, ein Thema wie Flüchtlinge zum Markenkern zu machen, es so zu überhöhen, dass es spaltet und gemeinsame Interessen schwächt. Ich werde mich daran nicht beteiligen.“ 

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1097893.aufstehen-soziale-mehrheiten-sind-das-ziel.html

 

Oskar Lafontaine: Aufstehen und die falschen Argumente unserer Gegner

 

Die Sammlungsbewegung Aufstehen hat weiter Zulauf und die Gegner formieren sich. Ihre Argumente überzeugen aber nicht.

1. Gegenargument: Die Bewegung habe noch kein Programm: Diejenigen, die sich uns anschließen, sind für bessere Löhne durch Änderung der Hartz-Gesetze, für eine Rentengesetzgebung nach dem Beispiel Österreichs und für eine Wiederherstellung der sozialen Sicherungssysteme. Sie sind für bezahlbare Mieten, für mehr Sozialwohnungen, für zusätzliches Personal in der Pflege. Sie wollen, dass sich die Bundeswehr nicht an Rohstoff-Kriegen beteiligt, keine Waffen in Spannungsgebiete geliefert werden und dass die Konfrontations- und Aggressionspolitik gegenüber Russland beendet wird. Zudem wollen sie eine Europapolitik der guten Nachbarschaft und eine Umweltpolitik, die die Kumpanei mit den Konzernen beendet. Mit Naomi Klein sagen viele: Es gibt keinen grünen Kapitalismus. Würde nur ein Teil dieser Forderungen verwirklicht werden, dann hätten wir eine gerechtere Gesellschaft und eine friedlichere Welt. Die programmatische Blindheit scheint mittlerweile so groß zu sein, dass viele vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.

2. Gegenargument: Aus den jetzigen Führungsetagen der Sozialdemokraten oder Grünen habe sich noch keiner der Bewegung angeschlossen. Vielleicht können unsere Kritiker einen Sozialdemokraten oder Grünen aus den Führungsetagen benennen, der nicht für Sozialabbau, Auslandseinsätze der Bundeswehr oder Kungelei mit den Konzernen, wenn es um Umweltschutz gehen müsste, steht.

3. Einschlägig bekannte Politiker der Berliner Linken monieren, die Bewegung käme nicht von unten: Nachdem sich schon in den ersten Tagen über 60.000 dieser Bewegung angeschlossen haben – und die Zahlen wachsen täglich weiter – ist es reichlich anmaßend, zu behaupten, diese Bewegung käme nicht von unten. Und zur Kritik, dass sich führende Politiker beteiligen, kann man nur sagen: Die Bewegungen von Bernie Sanders, Jeremy Corbyn, Jean-Luc Mélanchon und Pablo Iglesias kamen selbstverständlich alle ohne bekannte Politiker aus (Achtung, Ironie). Den Vogel schoss wieder einmal die rechte Hand Bodo Ramelows, der Chef der Thüringer Staatskanzlei Benjamin-Immanuel Hoff ab, der meinte, die Bewegung richte sich gegen die da oben und sei damit anti-aufklärerisch. Er selbst muss noch aufgeklärt werden: Die Bewegung richtet sich nicht primär gegen die, die meinen, sie seien an der Macht, in Wirklichkeit aber nur an der Regierung sind, wie ein Spötter einmal bemerkte. Sie richtet sich vor allem gegen die, die in den Oligarchien oder Plutokratien an den Hebeln der Macht sitzen. Und um die wirklichen Machtstrukturen hinter der Fassadendemokratie aufzudecken, muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

4. Führende Politiker der LINKEN haben erklärt, die Bewegung sei kein Projekt der Partei DIE LINKE. Ihnen sind wir zu Dank verpflichtet, weil sie bestätigt haben, dass wir eine überparteiliche Bewegung sind und darauf hinarbeiten wollen, dass es im Bundestag wieder eine Mehrheit gibt, die wenigstens einen Teil der oben genannten Forderungen in Regierungspolitik münden lässt.

5. Bleiben noch die selbsternannten "Antikapitalisten“, die sich ein Leben lang damit beschäftigen, anderen vorzuwerfen, sie seien nicht links genug. Sie begnügen sich damit, schöne Papiere zu verfassen, die keinerlei Wirkung haben. Trotz der Schwierigkeiten, die wir kennen, suchen wir im parlamentarischen System einen Weg, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.“

https://www.facebook.com/oskarlafontaine/photos/a.198567656871376/1928656040529187/?type=3&theater

 

Primat der Politik zurückerobern

 

Daniela Dahn: „Angesichts der postdemokratischen Auflösungserscheinungen im Lande, in Europa und in der Welt wollen sich viele Menschen mit den mangelnden Möglichkeiten zu Einmischung und Selbstermächtigung nicht mehr abfinden. Gerade im weitesten Sinne Linksorientierte wollen nicht in Ratlosigkeit und Resignation verharren. Das zeigt der große Widerhall, den die Idee einer Sammlungsbewegung schon in den ersten Tagen des Registrieren-Könnens erfährt. Bislang war für Hunderttausende die einzige Möglichkeit, ihre Veränderungswünsche durch Resolutionen und Appelle an die Politiker zu erbitten. Das war mitunter nicht ohne Wirkung, befriedigt aber das Bedürfnis aktiv mitzugestalten nicht …

Wenn ein Jegliches seine Zeit hat, dann ist sie gekommen für einen linken öffentlichen Thinktank. Es geht um Emanzipation, um Gegenhalten, um Aufstehen. Dem sich ein aufrechter Gang anschließt. Über dessen Richtung eine allen Sympathisanten offen stehende Denkwerkstatt ohne hierarchische Strukturen und Tabus beraten sollte.

Dabei muss nicht am Nullpunkt angefangen werden, es gibt kompetente Bürgerbewegungen, Forschungs- und Gesprächskreise, die seit Jahren alternative Entwürfe vorlegen, auch zur Öffnung der Demokratie für mehr Bürgerbeteiligung. So diskutierten wir im Willy-Brandt-Kreis die Anregung des damaligen Direktors des Hamburger Friedensforschungsinstitutes, Dieter S. Lutz, nach der Parteien nicht der einzige Repräsentant des Gemeinwesens sein sollten. Zusätzlich zum Generalistenparlament schlug er ein dem Druck der Interessen entzogenes Expertenparlament vor, einen Zukunftsrat. Über dessen Wahlmodus und Zuständigkeit wäre gemeinsam nachzudenken. Auch darüber, ob es seine Unabhängigkeit durch Verzicht auf Diäten bewahren könnte. Aufwandsentschädigung sollte genügen. Diese Kammer könnte sowohl das Initiativrecht für Gesetze haben als auch ein Veto-Recht, um Politik und Kapital in den Arm zu fallen. Ein solches Gremium wäre der Ort, etwa Klima- und Friedensforschern regelmäßig das Wort zu erteilen …

Aber wenn der Druck dafür groß genug ist, wird es sich jede Partei überlegen müssen, ob sie sich dem Anspruch auf mehr Bürgerbeteiligung entgegenstellt. Und damit den Eindruck vertieft, die Vertretung des Volkes gegenüber den Eliten habe vermeintlich die AfD übernommen …

Um mitzumachen, muss und kann man gar nicht einer Meinung sein. Der gemeinsame Wille zur Veränderung mag vorerst genügen. Da werden sich auch einige ungebetene Gäste einfinden, was zu verkraften ist, wenn die Stichhaltigkeit des Argumentes ausschlaggebend ist. Es soll an vereinter linker Kraft nicht interessierten Kreisen kein weiteres Mal gelingen, ein Zusammengehen zu verhindern, wie unlängst bei der alten und jungen Friedensbewegung. Einem Neuaufguss der unseligen Querfrontdebatte durch das Hochspielen einiger weniger Trittbrettfahrer sollte von Anfang an eine Absage erteilt werden …

»Aufstehen« wäre auch die Suche nach der zu gewinnenden Zeit. Bleibt zu hoffen, dass sie gelingt. Ein Experiment. Kein Spiel. Denn Vorsicht, allzu viele Versuchsanordnungen hält die diesseitige Geschichte womöglich nicht mehr bereit. Wird die Chance verspielt, rette sich, wer kann: Der Wald steht schwarz und schweiget.“

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1097701.sammlungsbewegung-primat-der-politik-zurueckerobern.html

 

Gegen die Mythenbildung zur Sammlungsbewegung: Was sagen die Umfragen?

 

Tobias Riegel: „Rund um die neue Sammlungsbewegung „#Aufstehen“ werden bereits die negativen Mythen gebaut. Eine zentrale mediale Erzählung der Gegner ist die Argumentation, die Sammlung habe keine echte Basis, da sie „von oben“ installiert sei. Die sehr zahlreichen Anmeldungen bei „#Aufstehen“ sprechen jedoch eine andere Sprache. Eine Umfrage von emnid im Auftrag des „Focus“ bescheinigt der Sammlungsbewegung zudem ein Wählerpotenzial von über 30 Prozent und zeigt: Die Bewegung entspringt der Mitte der Gesellschaft.

Im medialen Umgang mit der neuen Sammlungsbewegung „#Aufstehen“ wird momentan versucht, die Bewegung als ein autoritäres Projekt ohne echte Basis darzustellen: Eine Bewegung müsse schließlich von unten kommen, sie könne nicht von einzelnen Prominenten und von oben „installiert“ werden. Diese Sichtweise ist heuchlerisch und zudem nicht zutreffend. So sind unter den Kritikern der deutschen Sammlungsbewegung zahlreiche Stimmen, die die neoliberale „Bewegung“ des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sehr wohl unterstützt haben – dabei erfüllt „En Marche“ genau jene Kriterien, die nun „#Aufstehen“ fälschlich untergeschoben werden: Es ist ein von etablierten Eliten installiertes seelenloses Medienkonstrukt, dass ausschließlich auf der publizistischen Macht seiner Initiatoren beruht.

Zudem hat „#Aufstehen“ die Medienmacht nicht wie „En Marche“ im Rücken, sondern gegen sich. Wie „RT“ es ausdrückte, hat „diese Bewegung gar nicht ausreichend Propaganda-Ressourcen oder Unterstützung durch den neoliberalen Betrieb, um den virtuellen Charakter zu haben, der ihr unterstellt wird“. Und da „#Aufstehen“ nicht wie „En Marche“ mit großem medialen Aufwand eine Pseudo-Euphorie entfachen kann, ist die Sammlungsbewegung zwingend auf ein vorhandenes „echtes“ Potenzial in der Bevölkerung angewiesen.

Dass dieses Potenzial vorhanden ist, zeigen einerseits die bis dato über 50.000 Anmeldungen bei „#Aufstehen“. Andererseits spricht eine Umfrage von emnid im Auftrag des „Focus“ eine deutliche Sprache zum Wählerpotenzial: 34 Prozent der Deutschen könnten sich vorstellen, der neuen Sammlungsbewegung bei einer Wahl die Stimme zu geben.

Wer würde „#Aufstehen“ wählen?

Sind das alles manipulierte Schafe, die blind der großen Verführerin Sahra Wagenknecht hinterhertrotten? Die Zahlen von emnid sagen: Nein – die Gefolgschaft von „#Aufstehen“ entspringt der Mitte der Gesellschaft, sie ist in Ost und West, bei Frauen und Männern gleichermaßen verankert. Das Meinungsforschungsinstitut hatte über tausend Bürger befragt.

Demnach ist die Zustimmung zu „#Aufstehen“ bei Anhängern der Linkspartei am höchsten (87%), bei denen der Unionsparteien am niedrigsten (14%). Die Größe der Familie korrespondiert mit der Zustimmung: Während nur 30% der Ein-Personen-Haushalte die Bewegung wählen würden, sind es bei vier Personen und mehr bereits 43%. Interessant ist die Einkommensverteilung der Sympathisanten: So würden 45% der Bürger mit einem Einkommen von 2500-3000 Euro „#Aufstehen“ wählen, aber nur 33% der Geringverdiener mit 1000-1500 Euro Gehalt – jene Bürger mit nur 1000 Euro oder weniger würden wiederum zu 44% zur Sammlungsbewegung tendieren.

Nur kleinere Unterschiede gibt es zwischen Ost (37% Zustimmung) und West (33%) sowie zwischen Männern (35% Zustimmung) und Frauen (33%). Erhebliche Abweichungen zeigen sich dagegen beim Kriterium Schulbildung – nur 25% der Volks- und Hauptschüler würden die Sammlungsbewegung unterstützen, dagegen aber 39% der Abiturienten und Studierenden. Angesichts des scharfen Widerstandes gegen „#Aufstehen“ aus den pseudo-linken Flügeln der Linkspartei und der Grünen sind folgende Zahlen interessant: Auf die Frage, „Fänden Sie es gut, wenn es in Deutschland ein neues linkes politisches Bündnis gäbe, das linke politische Positionen aus den bisher existierenden Parteien sammelt und politisch neu bündelt?“, antworteten 58% der Grünen und 90% der LINKEN mit „Ja“.

Autoritär wäre es, die Stimmung der Bürger zu ignorieren

Fazit dieser Umfrage: Der Wunsch nach einer neuen Sammlungsbewegung ist weder virtuell noch wurde er „autoritär“ von oben eingeführt. Vielmehr wird nun eine nicht zu leugnende Stimmung endlich aufgenommen. Den Fakt, dass es eher ein autoritärer Akt wäre, den Wunsch der Bürger nach Veränderung weiterhin zu ignorieren, als ihn endlich in Form einer Sammlungsbewegung ernst zu nehmen, hat ein Leser der NachDenkSeiten kürzlich auf den Punkt gebracht:

Dem Einwand, es handelt sich um eine Bewegung ‘von oben’, läßt sich sozusagen proaktiv entgegenhalten, dass es sich vielmehr um eine notwendige und ersehnte Handreichung von oben handelt. Haben die kritischen Bürger der BRD in den letzten Jahren nicht mehrfach versucht eine Bewegung ‘von unten’ aufzubauen (Occupy, Blockupy, NuitDebout, Anti-Gipfel-Bewegungen, Anti-Freihandelsverträge, Mahnwachen für den Frieden, Stopp Ramstein, etc.)? Und wurden diese von den MSM nicht alle gleichsam entweder stiefmütterlich mit Nichtbeachtung behandelt oder gar als linksextremistisch bzw. rechts-unterwandert und querfrontlerisch dargestellt, so dass der ‘normale Bürger’ den Kontakt und das Engagement unterließ? Sinnbildlich gesprochen erhielten diese Bewegungen nie die notwendige, positive Aufmerksamkeit, da ihnen die prominenten, bürgerlichen Unterstützer fehlten. Genau hier setzt nun die Sammlungsbewegung an. Mit entsprechend prominenten und populären Unterstützern zeigt man, dass einem die Themen und Sorgen der scheinbar gescheiterten Bewegungen genauso wichtig sind – man reicht die Hand von oben und gibt den Bewegungen von unten Halt und Solidität.““

https://www.nachdenkseiten.de/?p=45671

 

Wie geht es weiter?

 

Aufstehen“ wird die Politik verändern, wird das Land verändern. Wie, wird sich noch zeigen. Die Bewegung ist erst zwei Tage alt. Aber es bewegt sich was! Unabhängig von Politik wäre es ein extremer Erfolg, dass sich Menschen guten Willens (die es ja auch etwa in der CDU gibt) zusammen außerparlamentarisch engagieren.

Eine „linke Mehrheit“ im Parteien-Sinn erwartet der Wurm nicht; vor allem SPD und Grüne dürften zu sehr festgefahren sein.

Aber wer weiss – Labour in Großbritannien war auch schon „tot“ und wurde grandios zum Leben erweckt:

Ein überaus informativer und lebendiger Vortrag wurde am 19. April im Kieler Gewerkschaftshaus präsentiert. Steve Hudson, Aktivist bei der britischen Corbyn-Labour-Kampagne MOMENTUM und Vorsitzender des NoGroKo e.V. in Deutschland, berichtete über die unglaublich erfolgreiche Geschichte der Labour-Party in den vergangenen 2,5 Jahren.“

 

 

Außenminister Heiko Maas hat das zwar zu einem anderen Thema gesagt, aber es passt auch zu „Aufstehen“:

Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breitgemacht, die wir überwinden müssen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen. Die Jahre des diskursiven Wachkomas müssen ein Ende haben."

https://www.welt.de/politik/deutschland/article181391828/Bundesaussenminister-Maas-wirft-Deutschen-Bequemlichkeit-im-Kampf-gegen-Rassismus-vor.html

 

Aufstehen!

 

https://www.aufstehen.de/

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm