Förderung

Ein Volk, das solche Boxer, Fußballer, Tennisspieler und Rennfahrer hat, kann auf seine Uniwersitäten ruhig verzichten“

http://www.edition-staeck.de/pl263-pl-universitaeten.html

Der Spruch stammt vom Plakat-Künstler Klaus Staeck, siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/32-staeck-brief.html

Mensch frage sich, wie viele Sportler er kennt und wie viele Wissenschaftler. Und was für ein Land wichtiger ist: die Qualität seiner Sportler oder die seiner Wissenschaftler?

Einer dieser Wissenschaftler ist Peter Scholze, der letzte Woche die Fields-Medaille, den „Nobelpreis für Mathematiker“ gewonnen hat.

 

Fields-Medaille

 

Aus „Wikipedia“: „Die Fields-Medaille, offizieller Name International Medal for Outstanding Discoveries in Mathematics (deutsch: „Internationale Medaille für herausragende Entdeckungen in der Mathematik“), ist eine der höchsten Auszeichnungen, die ein Mathematiker erhalten kann. Sie ist benannt nach ihrem Stifter, dem kanadischen Mathematiker John Charles Fields (1864–1932), und wurde das erste Mal 1936 vergeben. Seit 1950 wird sie alle vier Jahre von der Internationalen Mathematischen Union (IMU) anlässlich des Internationalen Mathematikerkongresses (ICM) an zwei bis vier Mathematiker verliehen, die jünger als 40 Jahre sind und sich in besonderer Weise auf dem Gebiet der mathematischen Forschung hervorgetan haben (so formell definiert seit 1966). Mit der Verleihung ist ein Preisgeld von 15.000 kanadischen Dollar verbunden.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Fields-Medaille

 

Peter Scholze

 

Christoph Drösser: „Selbst wenn die internationalen Buchmacher Wetten auf die Fields-Medaille angenommen hätten – mit diesem Tipp wäre niemand reich geworden. Peter Scholze galt schon beim letzten Mal als heißer Kandidat auf die höchste Auszeichnung, die es in der Mathematik zu holen gibt. Jetzt hat der 30-jährige Dresdner, der in Bonn forscht, beim Internationalen Mathematikerkongress in Rio de Janeiro diesen wichtigen Preis bekommen. Und kaum jemand war überrascht.

Gefreut hat sich Scholze trotzdem. Ist das wie beim Nobelpreis, deren Empfänger manchmal nachts aus dem Schlaf geklingelt werden? "Ganz so war es nicht", sagt Scholze am Telefon aus Rio. Denn der Hochschullehrer an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und Direktor am Max-Planck-Institut für Mathematik wusste schon seit Monaten Bescheid. "Ich habe eine E-Mail vom Präsidenten der Internationalen Mathematischen Union bekommen, ob man nicht mal skypen könnte. Aber da konnte ich mir schon denken, worum es ging."

Die Fields-Medaille, die mit 15.000 kanadischen Dollar dotiert ist, wird alle vier Jahre an zwei bis vier Mathematikerinnen und Mathematiker unter 40 Jahren vergeben. Die meisten werden sozusagen bei letzter Gelegenheit ausgezeichnet, bevor sie die Altersgrenze erreichen. Aber Peter Scholze ist selbst unter den Schlausten ein Ausnahmetalent. Er schaffte seine Promotion in Bonn in ein paar Semestern und wurde mit 24 der jüngste ordentliche Professor Deutschlands. Bis dahin hatte er in seinem Forschungsgebiet, der Arithmetischen Geometrie, schon revolutionäre Beiträge geleistet.

Es ist nicht leicht zu erklären, womit sich Scholze beschäftigt. Sein Fachgebiet liegt an der Schnittstelle zwischen der Zahlentheorie, die sich mit den ganzen Zahlen 1, 2, 3, 4 und so weiter beschäftigt, und der Geometrie, also der räumlichen Anordnung mathematischer Objekte. Die Gebilde, die Scholze konstruiert hat, nennen sich "perfektoide Räume". Die ganzen Zahlen seien Funktionen in einem dreidimensionalen Raum, erklärt Scholze, und die Primzahlen seien in gewisser Weise Knoten darin. "Aber das darf man nicht ganz wörtlich nehmen."

Während der Laie angesichts solcher Erklärungsversuche eher ratlos zurückbleibt, bescheinigen die Kolleginnen und Kollegen Scholze eine außerordentliche Klarheit im Denken und auch im Erklären. "Er hat mehrere Aspekte seines Gebiets komplett revolutioniert und gleichzeitig enorm vereinfacht, sodass wir nun ein viel besseres Gefühl für diese Probleme haben", sagt etwa Matthew Morrow, der Postdoktorand bei Scholze war und nun an Frankreichs Zentrum für Wissenschaftliche Forschung CNRS in Paris arbeitet. Und Michael Harris von der Columbia University, einer der Experten auf diesem Gebiet, sagt über Scholzes neue Konzepte: "In der zeitgenössischen Mathematik gibt es selten ein so klares Beispiel für eine neue Begriffsbildung."

Der Fields-Medaillen-Gewinner ist bekannt dafür, alles im Kopf zu durchdenken und nie mitzuschreiben. Notizzettel würden ihn nur verwirren, sagt er über sich. Alle, die ihn näher kennen, beschreiben ihn als einen bescheidenen und ziemlich normalen jungen Mann, dem jegliche Eitelkeit fremd sei. "Es geht ihm nicht darum, der führende Kopf auf seinem Gebiet zu sein", sagt Morrow. "Er will einfach die Mathematik um ihrer selbst willen verstehen. Gleichzeitig hat er eine mathematische und professionelle Reife weit über sein Alter hinaus, das macht ihn zu einem idealen Mentor für jüngere Mathematiker, auch wenn sie – wie ich – älter sind als er."

Rufe an renommierte amerikanische Universitäten wie Harvard und Stanford hat Scholze bisher abgelehnt. "Ich fühle mich sehr wohl in Bonn und ich habe auch vor, da zu bleiben", sagt er. Das dortige Hausdorff-Zentrum für Mathematik, ein im Rahmen der Exzellenzinitiative gegründeter Forschungscluster, biete ihm ideale Arbeitsbedingungen. Dort arbeitet übrigens auch der zweite deutsche Fields-Medaillen-Träger, Gerd Faltings, der die höchste Mathematikauszeichnung im Jahr 1986 bekam.

Die drei weiteren Fields-Medaillen, die in Rio dieses Mal verliehen wurden, gingen an Akshay Venkatesh (36) von der US-amerikanischen Princeton University, Alessio Figalli (34) von der ETH Zürich und Caucher Birkar (40) von der britischen University of Cambridge.“

https://www.zeit.de/wissen/2018-08/fields-medaille-peter-scholze-erhaelt-bedeutendsten-mathematik-preis

 

Frauen und Mathematik

 

Maryam Mirzakhani und der Iran

 

Holger Dambeck im Jahr 2014: „Auf dem Mathematikkongress ICM in Seoul wird mit Maryam Mirzakhani erstmals eine Frau ausgezeichnet. Die 37-Jährige stammt aus Iran und holte schon als Schülerin zwei Goldmedaillen bei Internationalen Mathematik-Olympiaden. Nun hat Mirzakhani auch eine Fields-Medaille. Das Preisgeld von 15.000 kanadischen Dollar fällt zwar vergleichsweise mickrig aus - dafür ist das Renommee umso größer. Die Fields-Medaille wird immer wieder als Nobelpreis der Mathematik bezeichnet.

"Sie ist in Iran sehr bekannt", sagte Ingrid Daubechies, Präsidentin der International Mathematical Union (IMU), die den Preis vergibt. In ihrer Heimat gelte Mirzakhani als Vorbild für junge Studenten. "Für mich als Frau ist es wunderbar zu sehen, dass sie gewonnen hat", sagte die IMU-Präsidentin der Website des Wissenschaftsmagazins "New Scientist". In Zukunft werde es nichts Außergewöhnliches mehr sein, wenn eine Frau die höchste Mathematikerehrung bekomme.

Ausgezeichnet wurde Mirzakhani für ihre "herausragenden Beiträge" zur Dynamik und Geometrie von Riemannschen Flächen. "Ihre Arbeiten haben Methoden verschiedener Gebiete wie algebraische Geometrie, Topologie und Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammengebracht", urteilte die Jury.“

http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/fields-medaille-fuer-maryam-mirzakhani-mathematikerpreis-geht-an-frau-a-985806.html

Holger Dambeck: „Ihr Werdegang klang fast wie ein Märchen. Maryam Mirzakhani wurde 1977 in Teheran geboren und besuchte dort eine Spezialschule, die vom iranischen Staat für besonders talentierte Schülerinnen eingerichtet worden war.“

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/maryam-mirzakhani-mathematikerin-und-fields-medaillen-gewinnerin-ist-tot-a-1157962.html

Aus dem Reisebericht „Menschen im Iran“: „… Das Argument zählt und damit die Überzeugungskraft …

Iraner sind im Diskutieren geübt und haben zudem das Bewusstsein, aus einer großen, Jahrtausende alten Hochkultur zu stammen …

Viele Iraner denken technokratisch, ergreifen technische Berufe, studieren technische Fächer, gründen kleine Firmen. Der Staat unterstützt und steuert das. Na und? Genau: Bei Arabern ist das so nicht der Fall. Das sind begnadete Händler, aber keine Techniker ...“

http://www.edwin-grub-media.de/reiseberichte/asien/iran/menschen-im-iran.html

Wer den Iran lediglich aus der westlichen Propaganda kennt, wird zwangsläufig fehl gehen. Von religiösen Aspekten abgesehen, ist der Iran den Europäern weitaus näher als den umliegenden arabischen Ländern. Zur iranischen Mentalität sei neben dem erwähnten Reisebericht der Wurm-Beitrag http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/182-taxi-teheran.html empfohlen.

Dass eine Iranerin die Fields-Medaille gewonnen hat und die „Spezialschule, die vom iranischen Staat für besonders talentierte Schülerinnen eingerichtet worden war“, überraschen dann zumindest diejenigen, die den Iran in erster Linie mit religiösem Fanatismus in Verbindung bringen.

 

Mädchen in Deutschland

 

Lena Greiner: „Peter Scholze hat als zweiter Deutscher die Fields-Medaille gewonnen. Vor ihm erhielten seit 1936 mehr als 50 Männer die höchste Auszeichnung für Mathematiker - und nur eine Frau.

Dieses krasse Ungleichgewicht passt zu dem Vorurteil, wonach Mädchen einfach schlechter sind in Mathe. Doch stimmt das überhaupt?

Tatsächlich zeigen die deutschen Pisa-Ergebnisse: Mädchen weisen überraschend häufig sehr schlechte Leistungen in Mathematik auf und erreichen öfter als Jungen nicht die notwendigen Mindestkompetenzen.

Doch: Das heißt nicht, dass Jungen von Natur aus einen besseren Zugang zu Zahlen haben. Denn es gibt Länder, in denen die Ergebnisse ganz anders aussehen. So schnitten isländische Mädchen bei Pisa bereits eindeutig besser in Mathe ab als ihre gleichaltrigen Mitschüler. Und auch in der Timss-Studie zeigten in mehreren Ländern Mädchen bessere Matheleistungen.

Woran liegt es also, dass Mädchen in Deutschland sich seltener für Mathe begeistern und häufiger schlechte Noten haben? Forscher haben mehrere Gründe dafür ausgemacht.

Mädchen trauen sich oft weniger zu - und haben deshalb auch schlechtere Noten. So sagen sie einer anderen OECD-Studie zufolge, dass sie "einfach nicht gut in Mathe" seien - selbst dann, wenn sie bei Pisa genauso gut abgeschnitten hatten wie ihre Klassenkameraden.

Und eine Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt: "Jungen schreiben sich im Schulfach Mathematik größere Fähigkeiten zu als Mädchen - in einem Ausmaß, das durch die tatsächlichen Schulnoten nicht gerechtfertigt ist." Die Forscher haben für Deutschland repräsentative Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) ausgewertet und kamen zu dem Schluss: Die entsprechenden Selbsteinschätzungen von Schülerinnen und Schülern weichen bereits in der fünften Klasse deutlich voneinander ab. Bis einschließlich zur zwölften Jahrgangsstufe bleiben die Unterschiede weitgehend bestehen.

"In vielen Gesellschaften herrscht ein Klima, in dem es als normal erscheint, dass Mädchen Mathe nicht so gut können", sagt OECD-Sprecherin Antonie Kerwien - ein Faktor, der sich offenbar auch in Deutschland auf die Schulleistungen auswirkt. Grundlage ist das Rollenklischee, dass Mädchen einfach nicht rechnen können und sie in dieser Fehleinschätzung auch noch von vielen Eltern bestärkt werden.

So hat sich in den vergangenen Jahren auch unter Wissenschaftlern die Überzeugung durchgesetzt, dass Mädchen unbewusst dazu erzogen werden, keine Mathe-Überflieger zu sein. Gerade die Eltern tragen demnach oft bewusst oder unbewusst dazu bei, dass sich Jungen mehr für Mathe und Naturwissenschaften interessieren - indem sie sich laut Umfragen für ihre Töchter seltener einen technischen oder naturwissenschaftlichen Beruf vorstellen können als für ihre Söhne.

Dass es sich dabei nur um einen Bildungsmythos handelt, ändert nichts daran, dass sich Vorurteile häufig bestätigen, weil Mädchen sich dadurch weniger zutrauen - und ihr schlechteres Abschneiden so zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird.

In den Neunzigerjahren fanden kanadische und amerikanische Forscher heraus, dass Studentinnen in einem Mathetest deutlich weniger Punkte erreichten, wenn sie vorher gesagt bekamen, dass Frauen in diesem Test üblicherweise schlechtere Leistungen erbringen als Männer. Ohne diese Ansage schnitten die Studentinnen ähnlich gut ab wie ihre männlichen Kommilitonen.

Ein Aspekt, der Mädchen bei uns in ihrer Begeisterung für Mathe bremst, könnte auch der Unterricht an deutschen Schulen sein. Die Kölner Professorin für Kognitive Mathematik, Inge Schwank, erforscht seit vielen Jahren, wie Kinder an mathematische Aufgaben herangehen. Sie fand heraus, dass viele Mädchen gut statische Strukturen analysieren, sich aber schlechter dynamische Prozesse vorstellen können - was wiederum Jungs oft leicht fällt.

Es gibt also offenbar Unterschiede im Gehirn, doch die bedeuten nicht, dass Mädchen automatisch schlechter in Mathe sind. Man müsste sie lediglich anders auf die Aufgaben vorbereiten, damit sie genauso gut abschneiden wie Jungs. "Der Unterricht muss neu gedacht werden, um Mädchen besser fördern zu können", sagt Schwank.

Waren Anfang der Achtzigerjahre unter den exzellenten Mathe-Schülern in den USA noch 14-mal mehr Jungen als Mädchen, hat sich diese Lücke inzwischen verkleinert: 2010 kamen auf jede Top-Mathe-Schülerin nur noch zweieinhalb mal so viele ebenso gute Schüler.

Bildungsforscher machen dafür ein gewandeltes gesellschaftliches Bewusstsein und mehr erfolgreiche Rollenmodelle für Frauen und Mädchen verantwortlich. Die Daten aus dem US-Test stimmten zuversichtlich, heißt es in dem Bericht: Bald schon werde das Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen ausgewogen sein, und es sei realistisch, "dass wir in ein paar Jahrzehnten genauso viele Nobelpreis-Gewinnerinnen wie -Gewinner in den naturwissenschaftlichen Fächern haben".

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/mathe-warum-maedchen-schlechter-abschneiden-a-1221366.html

Holger Dambeck 2009: „Mädchen können nicht besonders gut rechnen? Von wegen. Dieses Klischee gilt schon lange als widerlegt.

In den USA gibt es bei Schulprüfungen in Mathematik praktisch keine Unterschiede mehr zwischen den Geschlechtern - das ergab eine "Science"-Studie 2008. Mädchen aus Ländern wie Russland, Singapur, Armenien oder Iran erzielen in den Vergleichstests Pisa und TIMSS durchschnittlich sogar die höheren Punktzahlen. In Deutschland liegen Jungen beim Rechnen zwar noch vorn, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind aber deutlich kleiner als etwa bei der Lesekompetenz - eine Domäne der Mädchen. Und wie gut Mädchen tatsächlich rechnen können, wenn sie nur entsprechend gefordert und gefördert werden, zeigt ein Vergleich der deutschen Bundesländer. Schülerinnen aus Sachsen zum Beispiel erreichten bei Pisa 2006 einen Mittelwert von 517 Punkten - in lediglich 4 der 16 Bundesländer kamen Jungen auf höhere Werte in der mathematischen Kompetenz.

Soweit sind die Ergebnisse, was das Basiswissen der Mathematik betrifft.

Ganz anders sieht es aus, wenn es um die Spitze geht.

Die begehrten Fields-Medaillen, auch als Nobelpreis der Mathematik bezeichnet, wurden bislang ausschließlich an Männer vergeben. Weibliche Mathegenies hat es in den vergangenen Jahrzehnten sicherlich gegeben. Aber bis ganz nach oben hat es keines geschafft.

Warum nur?

Denken Frauen und Männer schlicht anders?

Und macht das dann den Unterschied, wenn es ums Knacken von Jahrhundertproblemen wie der Fermatschen Vermutung oder der Poincaré-Vermutung geht? Beide Theoreme wurden von Männern bewiesen, Andrew Wiles (1994) und Gregori Perelman (2003).

Das Rätsel der wenigen weiblichen Spitzenmathematikerinnen glauben Janet Hyde und Janet Mertz von der University of Wisconsin nun gelöst zu haben - mit viel Statistik und etwas Kurvendiskussion.

Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die These, dass Jungen und Mädchen zwar im Mittel gleich gut rechnen können, die Streuung bei Jungen aber - aus welchen Gründen auch immer - größer ist. Mit anderen Worten: Es gibt mehr männliche Schüler und Erwachsene in der Spitze, aber auch mehr unter den besonders leistungsschwachen.

Kaum Mädchen unter den Top-Talenten

Schon 1894 hatte der Brite Havelock Ellis die Behauptung aufgestellt, dass die intellektuellen Fähigkeiten bei Männern stärker variieren als bei Frauen. Nimmt man an, dass eine Gaußsche Glockenkurve die Verteilung der Mathe-Künste in der gesamten Bevölkerung beschreibt, dann müsste die Kurve der Frauen spitzer und höher sein als die der Männer. In den Randzonen weitab vom Mittelwert würde die Männerkurve jedoch deutlich über der der Frauen liegen (siehe Grafik oben).

Daten des US-Bundesstaats Minnesota bestätigen diese These, schreiben Hyde und Mertz im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences". Unter den besten fünf Prozent der Studenten befänden sich fast anderthalb mal mehr Männer als Frauen - beim obersten Prozent seien es sogar mehr als doppelt so viele. Beide Werte entsprächen ziemlich genau den theoretischen Vorhersagen, die auf zwei unterschiedlich spitzen Normalverteilungen beruhten.

Auch die Teilnehmerstatistiken der Internationalen Mathematikolympiaden (IMO) untermauern den Anschein der männlichen Dominanz an der Spitze - und zwar auf beeindruckende Weise. Pro Jahr darf jedes Land sechs Teilnehmer im Höchstalter von 19 Jahren stellen. Zur IMO schaffen es nur die absoluten Ausnahmetalente. "Das ist das Einer-von-einer-Million-Level", sagen die Forscherinnen. Junge Frauen finden sich nur selten in den Teams, Serbien und Russland erreichen mit einem Anteil von 21 Prozent noch die höchsten Quoten (siehe Tabelle).

Für Hyde und Mertz belegen diese Statistiken über Schüler und Mathe-Genies gleichwohl, dass mathematisches Talent nicht an ein bestimmtes Geschlecht gebunden ist. Bei der Pisa-Studie von 2003 waren in Ländern wie Island, Thailand und Großbritannien im obersten Prozent genauso viele Mädchen wie Jungs.

Und selbst die IMO-Daten zeigen nach Meinung der Forscherinnen, dass Mathe-Genies öfter auch weiblich sind, wenn nur die Unterstützung da ist. Ausgerechnet das geteilte Deutschland soll dafür ein Beleg sein: "Die DDR war mit am erfolgreichsten auf der Welt, wenn es darum ging, Mädchen mit außergewöhnlicher mathematischer Begabung zu identifizieren und zu fördern", sagt Mertz im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

Über Jahrzehnte hätte das Team der Bundesrepublik ausschließlich aus Jungen bestanden, während die DDR in den 13 Jahren bis zur Wiedervereinigung fünf Mädchen entsandt habe - darunter mit Karin Kröger im Jahr 1984 sogar eine Goldmedaillengewinnerin, die die volle Punktzahl erreichte. "Diese Erkenntnisse stellen die These von der größeren Variabilität unter Männern in Frage", stellen die Forscherinnen fest.

Sind genetische Faktoren entscheidend?

Die zwischen den IMO-Teams aus Deutschland, Tschechien, der Slowakei und Südkorea beobachteten großen Unterschiede und Veränderungen in der Frauenquote könnten primär kaum mit biologischen Faktoren erklärt werden, schreiben die beiden Wissenschaftlerinnen. Dazu stünden die Populationen einander genetisch zu nahe. Anders gesagt: Jungen sind nicht von Natur aus besser in Mathe.

Dass Frauen bei der IMO bislang nicht über eine Quote von 20 Prozent hinauskamen, erklärt Mertz mit einer "Mischung aus soziokulturellen Faktoren, Bildung und Umfeld". Bei diesen Faktoren gebe es aber von Land zu Land große Unterschiede.

Die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV) hält Frauen für genauso begabt wie Männer. "Mathematisches Talent ist nicht an ein bestimmtes Geschlecht gebunden", sagt DMV-Sprecher Thomas Vogt im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Bei den Studienanfängern im Fach Mathematik sei die Frauenquote in Deutschland mittlerweile auf etwa 50 Prozent gestiegen.

In der Spitze, bei den Doktoranden und Professoren, nehme der Anteil der Frauen wieder ab - "nicht weil sie aufhören, exzellent zu sein, sondern weil eine Karriere in Wissenschaft und Wirtschaft mit Kindern und Familie immer noch schwierig ist". Negativ wirkten aber auch Vorurteile und Erwartungen der Gesellschaft, der Eltern, der Freunde und Freundinnen gegen ein technisches Fach. "Und es fehlen eben auch die Vorbilder - ein Teufelskreis", sagt Vogt.“

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/rechenkuenste-der-frauen-warum-nur-maenner-spitzen-mathematiker-sind-a-629727.html

Einen wesentlichen Punkt sieht der Wurm darin, ob es gesellschaftlich gewünscht ist, dass Mädchen ein gewisses Selbstbewusstsein entwickeln oder zu einem „Püppchen“ werden, das keinen gesellschaftlichen Nutzen hat. Oft tragen die eigenen Mütter dazu bei. Siehe dazu auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/18-rosa-stinkt.html oder http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/28-oh-it-can-speak.html .

Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Dadurch, dass die Mädchen nicht mit „Mädels-Zeug“ konfrontiert wurden, sahen sie sich als gleichwertig an, was sich auch im Berufsleben fortsetzte: der Prozentsatz von Frauen in naturwissenschaftlichen Berufen und als Führungskräfte betrug ein Vielfaches von dem im Westen.

„Mädels-Zeug“ sind etwa solche Kinder-Bücher, bei denen es um Mädchen im Internat geht, die sich hauptsächlich für Aussehen, Kleidung, Jungs interessieren.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/288-die-sodann-bibliothek.html

Wer selbstbewusste und damit mathematisch begabte Frauen haben will, muss früh in der Erziehung damit anfangen und die Gesellschaft, vor allem die Eltern, darin einbinden. Vorbildlich in dieser Hinsicht waren nicht nur die ehemaligen sozialistischen Staaten, sondern auch die heutigen skandinavischen Länder. Siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/35-das-wir-entscheidet-vorbild-skandinavien.html

 

Förderung im Sozialismus

 

Die Wurzeln des Peter Scholze

 

Heike Klovert: „Fields-Preisträger Peter Scholze ging auf eine Schule, die schon zu DDR-Zeiten mathematisch besonders begabten Kindern vorbehalten war …

"Wir haben früh gemerkt, dass er eine besondere Begabung hat", sagt Cohaus, die seit 2004 das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Berlin leitet. "Es macht uns stolz, dass wir ihn in die entsprechende Richtung fördern konnten."

Das Gymnasium war in der DDR eine von einem guten Dutzend sogenannter Spezialschulen mathematisch-naturwissenschaftlich-technischer Richtung, mit denen der sozialistische Staat Spitzenförderung betrieb. Ähnliche Schulen gab es auch für musikalisch, sportlich oder sprachlich hochbegabte Kinder.

Bis heute hat sich das Heinrich-Hertz-Gymnasium der Förderung sehr leistungsstarker Schüler verschrieben. Wer dorthin will, muss gute Noten mitbringen und einen Eignungstest bestehen. Im vergangenen Jahr nahm die Schule 90 von 128 Bewerbern auf.

Die Schulchronik liest sich wie eine Trophäensammlung. 2005, 2006 und 2007: Peter Scholze erringt Goldmedaillen bei den Internationalen Mathematik-Olympiaden in Mexiko, Slowenien und Vietnam. Fünfmal gewann er den Bundeswettbewerb Mathematik. Auch viele andere Schüler glänzen bei Wettbewerben.

Fast alle ehemaligen DDR-Spezialschulen bestehen weiterhin - und fördern auch weiter erfolgreich mathematische Ausnahmetalente. Die BRD hingegen hatte kein vergleichbares Netzwerk von Eliteschulen aufgebaut. "Das hatte den Geschmack von nationalsozialistischer Eliteförderung und war lange tabu", sagt Erziehungswissenschaftler Christian Fischer von der Universität Münster, der sich auf die Begabungsforschung spezialisiert hat.“

www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/peter-scholze-diese-schule-in-berlin-foerderte-den-hochbegabten-a-1221505.html

Holger Dambeck: „Dass es der Bonner bis in den Olymp der Mathematik geschafft hat, verdankt er auch der untergegangenen DDR. Genau wie sein Doktorvater Rapoport und wie sein erster Mentor an der FU Berlin, der Matheprofessor Klaus Altmann, besuchte er das Heinrich-Hertz-Gymnasium in Berlin. Die in der DDR gegründete Spezialschule bietet Talenten bis heute beste Bedingungen.

Freunde aus dem Westen Deutschlands hätten die Schulzeit als Leidenszeit erlebt, berichtet Scholze, sie blickten oft neidisch auf die Profilschulen in Berlin und der ehemaligen DDR. "Diese Schulen sind ein Glücksfall, und ich hoffe, dass auch künftige Generationen von Schülern das Glück haben, in einem Netzwerk von mathematisch und naturwissenschaftlich herausragenden Schulen unterrichtet zu werden", schreibt er in einem Brief an seine ehemalige Schule.“

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/peter-scholze-deutscher-mathematiker-bekommt-fields-medaille-a-1215660.html

In der DDR wurden also Hochbegabte besonders gefördert und in der BRD nicht. Die westliche Propaganda ging genau anders rum, nämlich, dass in der DDR „Gleichmacherei“ betrieben wurde und das Individuum behindert wurde, wo es nur ging.

In der BRD gab es allerdings auch Elite-Schulen und -Internate. Die waren aber nicht für besonders gute Schüler bestimmt, sondern für Schüler von reichen Eltern. Förderung alos nach Herkunft und nicht nach Fähigkeit.

Der gern geübte Vorwurf, dass in der DDR nur „linientreue“ Menschen gefördert wurden, stimmte. Weshalb sollten die erklärten Feinde des Landes gefördert werden? In einem katholischen Spitzen-Internat des Westens wird es auch keine ausdrücklichen Atheisten gegeben haben.

 

Schulische Erziehung im Sozialismus

 

Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Wie in allen sozialistischen Ländern, wurde das Lebens-Notwendige wie Wohnen (und Wohn-Eigentum) und Lebensmittel stark subventioniert. Zu den stark subventionierten Produkten gehörten auch Bücher, die sehr günstig zu kaufen waren.

Vor allem wurde das Lesen in den Schulen gefördert. Den Kindern wurde gleich zu Beginn die Funktionsweise der meist umfangreichen Schulbibliothek erklärt. Und pro Schuljahr gab es eine Bücherliste, die zwar nicht im Unterricht behandelt wurde, aber die Bücher bzw. Texte gelesen und ein kleiner Text über den Inhalt geschrieben werden musste. Auch, wenn das nur ein paar Zeilen gewesen sein sollten.

Auch heute noch schwärmen Menschen über die Qualität sowohl der Inhalte als auch Form der Bücher. Angefangen bei den Kinder- und Jugendbüchern.

Propaganda kam nur wenig vor und war dann leicht erkennbar. Es gab zwar westliche Bücher, aber nicht alle. Unter anderem gab es keine Pornographie, keine Bücher, bei denen es Probleme mit Lizenzen oder Devisen gab und keine Bücher, deren Inhalte „nicht erwünscht“ waren.

Der gesamte kulturelle Bereich wurde gefördert und da die Ablenkungs-Möglichkeiten (etwa Diskotheken) gerade bei Jugendlichen weitaus geringer waren als im Westen, gab es bei den Menschen aus den sozialistischen Ländern gegenüber den westlichen Menschen zwei gravierende Unterschiede:

1. Es gab eine sehr viel bessere Allgemein-Bildung. Wer als West-Mensch der Überzeugung war, eine gute Allgemein-Bildung zu haben, wurde beim Aufeinander-Treffen mit einem Ost-Menschen sehr schnell eines Besseren belehrt – die wussten sehr viel mehr.

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Länder kamen viele gebildete Menschen in den Westen, um dort zu arbeiten. Und mussten sich dann anhören, dass ihr Schul-Unterricht und ihr ganzes Leben aus Propaganda bestanden hätte, sie nichts Nutzenswertes gelernt hätten und nichts wüssten. – Dabei war der dortige Schul-Unterricht weit mehr auf Leistung getrimmt als im Westen und „Propaganda“ kam nur am Rande vor.

2. Dadurch, dass die Mädchen nicht mit „Mädels-Zeug“ konfrontiert wurden, sahen sie sich als gleichwertig an, was sich auch im Berufsleben fortsetzte: der Prozentsatz von Frauen in naturwissenschaftlichen Berufen und als Führungskräfte betrug ein Vielfaches von dem im Westen.

„Mädels-Zeug“ sind etwa solche Kinder-Bücher, bei denen es um Mädchen im Internat geht, die sich hauptsächlich für Aussehen, Kleidung, Jungs interessieren.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/288-die-sodann-bibliothek.html

Je nach Land mag es mehr oder weniger große Unterschiede gegeben haben, aber im Grunde ging es in eine ähnliche Richtung:

Bis zur 8. Klasse hatten die Schüler Chancen, sich zu entwickeln. Danach gab es Prüfungen vor allem in Sprachen und Mathematik. Je nach Prüfungs-Ergebnis konnten dann die Schüler auf ein gutes oder auch nicht so gutes Gymnasium kommen.

Dadurch, dass alle Schüler die gleichen Materialien und die gleiche Schuluniform hatten, waren äußerliche Unterschiede in der Herkunft nicht so leicht feststellbar. Kinder von ärmeren Eltern hatten also weniger Nachteile als in anderen Ländern.

Schul- bzw. Studien-Abbrecher gab es nur sehr wenige, da versucht wurde, auch die Schwächeren „durchzubringen“. Das heisst nicht per „Gnaden-Erlass“, sondern durch zusätzlichen Einzel-Unterricht in den Ferien, damit diese die Prüfungen doch noch schafften.

 

Lernen für das Leben

 

Von der 1. bis zur 4. Klasse war Handarbeit angesagt. Jungs und Mädchen zusammen. Dazu gehörten häkeln, stricken, nähen, Arbeiten mit der Laubsäge, löten. Jeder musste Knöpfe annähen, einen Schal stricken, ein Tischtuch besticken.

Ab der 5. Klasse wurde mit Nähmaschinen, auch mit elektrischen, genäht und alles Wissenswerte zum Thema wie theoretische Textil-Technologie wurde den Kindern beigebracht. In der Holzwerkstatt musste als Abschluss-Arbeit ein Stuhl oder ein Tisch selbst gefertigt werden.

Ein Jahr hatten alle Technisches Zeichnen und Ingenieure trugen vor, wie verschiedene Maschinen funktionieren.

Ein Praktikum in der Industrie war vorgeschrieben (ein Tag pro Woche für ein gutes Jahr), worüber zum Schluss eine Arbeit geschrieben werden musste.

Jungs hatten zusätzlich noch mit Metall-Bearbeitung zu tun.

Zwei bis drei Wochen vom Schul- bzw. Studienjahr mussten die Schüler zusammen mit den Lehrern in der Landwirtschaft helfen. Je nach Region etwa Äpfel pflücken, Trauben lesen, Mais ernten und sortieren. Während dieser Zeit wurde viel zusammen gesungen und gespielt. Auf Neudeutsch heisst das heute „Teambuilding“.

Von der 5. bis zur 8. Klasse wurde einmal im Monat eine Gruppe von 5-6 Schülern zur Schulspeisung abgestellt. Abseits dessen hatte die Klasse die Möglichkeit, kleinere Snacks in der Schule zu verkaufen. Es wurden Pudding gekocht und Sandwiches gemacht. Die Schüler lernten so planen, einkaufen, zubereiten, verkaufen. So wurde mit großen Tablets mit 15 bis 20 Sandwiches in der Schule rumgelaufen und zum Verkauf angeboten: Die Schüler haben gelernt, mit allen Situationen umzugehen, auch, wenn mal etwas kaputt geht oder runter fällt.

 

Laufbahn der besseren Schüler

 

Theoretisch waren alle Gymnasien gleich, zumal überall der gleiche Lehrplan galt. Aber natürlich gab es Schulen, die ein höheres Ansehen genossen als andere, da sie die besseren Lehrer hatten, die mehr als üblich machten und mit richtig viel „Herzblut“ dabei sein konnten. So bildeten sich „Schulen für Intellektuelle“ heraus, in denen besonders viele Kinder von Ärzten, Architekten, Ingenieuren oder Lehrern waren.

Je nach Land gab es „Olympiaden“ in zumindest Mathematik und in Sprachen; herausragende Schüler kamen in „Sommer Camps“, bei denen sie besonders geschult wurden. Und in manchen Ländern wie der DDR gab es auch Elite-Schulen. Mit „Elite“ ist in diesem Fall die geistige Elite gemeint und nicht die politische oder wirtschaftliche Elite.

Das Ansehen der Schulen wurde vor allem danach bestimmt, wie hoch der Anteil jener Studenten war, die später studierten.

Da die Studienplätze nach dem gesellschaftlichen Bedarf vergeben wurden, konnte jeder Student davon ausgehen, nach dem Studium einen adäquaten Arbeitsplatz zu haben. Allerdings waren sie verpflichtet, für die Leistungen des Staates (kostenloses Studium, Wohnen, Essen, Taschengeld zum Leben), nach dem Studium 3 Jahre lang dorthin zu gehen, wo der Staat es anordnet. Und das ging nach Abschluss-Noten: die besten konnten sich die attraktivsten Plätze aussuchen, während die nicht so Guten damit rechnen mussten, zumindest für drei Jahre an den Arsch der Welt versetzt zu werden – je nach Land und Region konnte das schon sehr unangenehm sein.

 

Nach dem Studium

 

Das im Westen verbreitete Märchen, dass alle gleich viel verdienten, stimmt natürlich nicht. Allerdings waren die Gehalts-Unterschiede nicht so groß: das Verhältnis des Unterschieds zwischen dem Gehalt etwa einer Putzfrau und eines Fabrik-Direktors war maximal 1:5.

Zum eigentlichen Gehalt gab es noch Zusatzeinkommen wie Schwarzarbeit oder Korruption. Je höher einer in der Hierarchie stand, umso bessere Möglichkeiten gab es für Nebeneinkünfte. Das hätte offiziell nicht sein sollen, da es gegen die Chancen-Gleichheit war und meistens keine Steuern auf die Zusatz-Einkünfte bezahlt wurden – war aber alles andere als selten.

Den Eliten in den sozialistischen Ländern ging es also nicht schlecht innerhalb ihres Landes. Aber dort wurden sehr stark Lebensmittel, Wohnraum und Kinder-Erziehung subventioniert, um die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Das ging zu Lasten von „Luxusgütern“, die stark besteuert wurden und die nicht immer leicht zu bekommen waren.

Wem es eigentlich gut geht, aber sehen muss, wie die „Kollegen“ im Westen leben und vor allem konsumieren konnten, der will das auch haben. Mit einem einzigen Monatsgehalt einen Fernseher zahlen und sofort mitnehmen können, ist eine große Verlockung.

Dass die sozialistischen Länder wg. wirtschaftlicher und politischer Probleme und nicht zuletzt außenpolitischen Drucks zusammengebrochen sind bzw. eliminiert wurden, ist Geschichte.

Das liegt aber nicht an der Erziehung an den Schulen. Die westliche Behauptung, dass dort außer „Ideologie“ nichts gelernt worden sei und die Schüler nichts konnten, ist übelste Menschen-Verachtung. Sowohl in der Breite wie in der Spitze waren die sozialistischen Schüler den westlichen Schülern überlegen. Und „Ideologie“ bekamen die westlichen Schüler zur Genüge verpasst. Etwa im Religions-Unterricht, der ausschließlich aus Ideologie bestand. Oder in den Fächern Gemeinschafts- oder Sozialkunde oder Geschichte.

Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Mensch kann darüber streiten, ob das gesamte Geschichtsbild der DDR, ihre Meinung zum Bauernkrieg oder das Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen „Propaganda“ ist. Was mensch auch immer zur DDR-Regierung zu sagen hat - zumindest hat sie sich dieses Themas angenommen, Stellung für die damalige „gemeine Bevölkerung“ genommen und ihre eigene Bevölkerung dafür zu interessieren versucht.

Mensch vergleiche nur einmal das monumentale Bauernkriegspanorama mit den läppischen Bauernkriegs-Denkmälern und –Museen im Westen Deutschlands (bei allem Respekt vor den lokalen Bemühungen).

Wenn selbst in Westdeutschland aufgewachsene Menschen, die sich als „gebildet“ bezeichnen, zu Thomas Müntzer nicht viel einfällt, vom Schicksal von Tilman Riemenschneider oder Jörg Ratgeb kaum etwas kennen, von der Schrift von Friedrich Engels „Der deutsche Bauernkrieg“ oder den „Zwölf Artikeln“ noch nie etwas gehört haben und auch nichts vom monumentalen Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausen und von staatlicher Seite dazu wenig bis nichts dazu vermittelt wird – das ist Propaganda.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/113-fruehbuergerliche-revolution-in-deutschland.html

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm