Stalingrad

Das entscheidende Ereignis im 2. Weltkrieg war nicht die Landung der Alliierten in der Normandie (wie es medial gerne dargestellt wird), sondern die Schlacht um Stalingrad, die vor 75 Jahren statt fand und mit dem Sieg der Sowjetunion endete.

Gedenk-Feierlichkeiten an kriegerischen Jahrestagen werden gerne als Mahnung an den Frieden genutzt.

Dass kein Vertreter der deutschen Regierung zum Gedenken an 75 Jahre Stalingrad zur Mahnung an den Frieden dabei war sowie die bösartigen Reaktionen aus deutscher Politik und Medien lassen das Schlimmste für die nahe Zukunft befürchten.

 

Die Schlacht um Stalingrad

 

Ulrich Heyden: „Der Kampf um Stalingrad dauerte vom 17. Juli 1942 bis zum 2. Februar 1943. Es war die größte Schlacht im Zweiten Weltkrieg. Die Verluste auf beiden Seiten waren unbeschreiblich. Genaue Zahlen gibt es nicht. Nach russischen Angaben wurden 487.000 Rotarmisten getötet und 650.000 verwundet. Auf Seiten der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten starben 300.000 Soldaten, 91.545 Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft, darunter 2.500 Offiziere, 24 Generäle und Generalfeldmarschall Paulus. Viele der deutschen Gefangenen starben in der Gefangenschaft in Folge von Krankheiten. Nur 6.000 der deutschen Kriegsgefangenen von Stalingrad kehrten in die Heimat zurück.

Nach dem Sieg der Roten Armee übernahm diese die strategische Initiative. Die Menschen in deutschen Konzentrationslagern begannen zu hoffen.

Nach dem Sieg von Stalingrad schickten Roosevelt und Churchill Glückwunschtelegramme an die sowjetische Führung. Der englische König Georg VI. schickte Stalin einen Säbel, den dieser auf der Konferenz von Teheran mit beiden Händen in Empfang nahm und küsste. Auf dem Säbel waren die Worte eingraviert „für die Verteidiger von Stalingrad als Zeichen der Anerkennung vom britischen Volk“.

Zu den Schlüsselereignissen der Schlacht gehört der Angriff der deutschen Luftwaffe mit 600 Flugzeugen am 23. August 1942, bei dem 40.000 bis 90.000 Menschen starben. Am gleichen Tag rückten deutsche Panzer bis auf einen Kilometer an die berühmte Traktorenfabrik von Stalingrad heran. Es begann ein erbitterter Kampf um die drei großen Rüstungsfabriken der Stadt, „Roter Oktober“, Traktor-Fabrik und Artillerie-Fabrik „Barrikade“, in der trotz der Kämpfe weiter produziert wurde.

Von der Traktorenfabrik fuhren die neuen Panzer – noch ohne Geschosse und nur mit einem Werksfahrer besetzt - direkt an die Front. Am 23. November 1942 schloss sich der Kessel um die deutsche 6. Armee. In der Stadt kämpften Rotarmisten und deutsche Soldaten nun Mann gegen Mann, mit Gewehren, Granaten und Messern, um jede Straße, um jedes Treppenhaus.“

https://www.rubikon.news/artikel/angriff-auf-die-sowjetunion-kein-verbrechen-mehr

Gert Ewen Ungar: „Stalingrad steht für die verlustreiche Wende und den beginnenden Untergang des Deutschen Reiches, erkämpft mit einem hohen Blutzoll durch die Sowjetunion. Der Name der Stadt Stalingrad hat sich daher tief ins kollektive Bewusstsein der Deutschen und der Völker der Sowjetunion eingeschrieben. Er steht für unermessliches Leid und den Willen der Führung des Deutschen Reiches, jede Realität und alle Fakten zu leugnen und auch noch den letzten Mann zu opfern, um dem Gegner Schaden zuzufügen und Opfer abzuverlangen. Den deutschen Medien kam in diesem Zusammenhang die Aufgabe zu, die Situation schön zu reden, dem deutschen Volk Niederlagen als Sieg zu verkaufen und eine Überlegenheit zu behaupten, wo Untergang war.

700.000 Menschen kostete die Schlacht um Stalingrad das Leben, die meisten davon waren Soldaten der Roten Armee. Im deutschen Gedächtnis sind vor allem die Kriegsgefangen geblieben. Von den über 100.000 in sowjetische Gefangenschaft geratenen Soldaten der deutschen Wehrmacht kehrten lediglich 6.000 zurück. Schon hier beginnt die Verschiebung, denn wenn von den Strapazen der Kriegsgefangenschaft die Rede ist, wird der Grund für diese Gefangenschaft oftmals vergessen. So als wäre sie schicksalhaft plötzlich über die Soldaten der Deutschen Wehrmacht hereingebrochen.“

https://deutsch.rt.com/meinung/64821-umgang-mit-stalingrad-moralische-bankrotterklarung-bundesregierung-rassenideologie-ressentiments/

 

Russisches Gedenken

 

Ulrich Heyden: „In Russland leben immer noch viele Kriegsveteranen. Im letzten Jahr waren es noch 1,8 Millionen. Die Veteranen werden im Mittelpunkt der diesjährigen Stalingrad-Gedenkveranstaltungen stehen.

In den Moskauer Stadtbezirken finden jeweils bis zu 60 Veranstaltungen statt. Es gibt Treffen mit Veteranen, Kranzniederlegungen, wissenschaftliche Vorträge und Konzerte.

Das Programm im Gebiet Wolgograd (dem ehemaligen Stalingrad) umfasst 200 Gedenkveranstaltungen. Am 24. Januar begann in Wolgograd eine internationale wissenschaftliche Konferenz. Am 2. Februar findet in der Stadt des historischen Sieges eine Militärparade und abends ein Gedenkkonzert statt.“

https://www.rubikon.news/artikel/angriff-auf-die-sowjetunion-kein-verbrechen-mehr

„Rede des russischen Außenministers Sergej Lawrow am 1. Februar 2018 in Moskau auf einer Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag des Sieges in Stalingrad:

Verehrte Genossen, Freunde, Kollegen, meine Damen und Herren,

dieses Jahr steht im Zeichen des 75. Jahrestages des Sieges in Stalingrad. Die Erinnerung daran wird nicht nur in unserem Land weithin beachtet, sondern auch in vielen Staaten der Welt.

Zweifellos war die Schlacht von Stalingrad der wirkliche Beginn einer tiefgreifenden Wende im Großen Vaterländischen Krieg und im Zweiten Weltkrieg insgesamt. Sie zählt zu den Schlüsselereignissen der Weltgeschichte. Sie wurde zum klaren Ausdruck von Mut, Standhaftigkeit und Opferbereitschaft aller Völker der früheren UdSSR. Sie machten die verbrecherischen, menschenverachtenden Ideen der Nazis zunichte und verhinderten eine globale Katastrophe. Wir alle stehen in der nicht abzutragenden Schuld der Helden.

Der Sieg der sowjetischen Soldaten löste im Ausland eine begeisterte Reaktion aus und stärkte das internationale Ansehen unseres Landes. Davon kündet die hier gezeigte Ausstellung von Dokumenten aus dem Außenpolitischen Archiv der Russischen Föderation. Unser Sieg in Stalingrad hatte besondere Bedeutung für den Kampfgeist unserer Verbündeten in der Antihitlerkoalition. US-Präsident Franklin Delanoe Roosevelt nannte ihn einen epischen Kampf, dessen entscheidendes Resultat alle Amerikaner feierten. In der Ehrung, die er später im Namen des Volkes der USA nach Stalingrad sandte, unterstrich er, dass »die seelische Kraft und die Hingabe« der tapferen Verteidiger der Stadt »für ewig in die Herzen aller freien Menschen Eingang gefunden« habe.

Der britische König schenkte Stalingrad ein Schwert, auf dessen Klinge in russischer und englischer Sprache die Inschrift eingraviert war: »Den Bürgern Stalingrads, den stahlharten – König George VI. als Zeichen tiefer Bewunderung des britischen Volkes.«

Der Sieg von Stalingrad beeinflusste die strategische Lage an den anderen Fronten des Zweiten Weltkrieges und motivierte die Widerstandskämpfer Europas, die unter dem Eindruck des Ereignisses an der sowjetisch-deutschen Front ihren Kampf gegen die Besatzer aktivierten.

Es ist von tiefer Symbolik, dass heute viele Straßen und Plätze europäischer Städte den Namen Stalingrad tragen. Das ist ein Tribut an die beispiellose Tapferkeit und den Mut seiner heldenhaften Verteidiger.

Ihr Beitrag zu den Bemühungen aller, den Feind so schnell wie möglich zu zerschmettern, beeinflusste auch den außenpolitischen Dienst des Vaterlandes. Seine Tätigkeit war von den ersten Tagen des Krieges an darauf gerichtet, eine Antihitlerkoalition zu bilden und zu festigen, zu sichern, dass Militärtechnik, Lebensmittel und andere dringend benötigte Waren ununterbrochen geliefert wurden. Buchstäblich Tag und Nacht wurde eine intensive diplomatische Arbeit geleistet. Eines der wichtigsten Ergebnisse war die Durchführung der Moskauer Außenministerkonferenz Ende 1943 und der Teheraner Gipfel der »großen Drei«.

Sehr geehrte Damen und Herren, Freunde, Genossen,

die wichtigste Schlussfolgerung aus den Ereignissen jener Jahre sollte die Verpflichtung sein, alles zu tun, damit eine Wiederholung ähnlicher Tragödien vermieden werden kann. Wir haben nicht das Recht zu vergessen, zu welchen katastrophalen Konsequenzen das Streben nach Weltherrschaft auf der Grundlage der Überzeugung von der eigenen Einzigartigkeit geführt hat. Die Schicksale der Welt dürfen nicht von einem einzigen Staat oder einer kleinen Gruppe »Auserwählter« bestimmt werden. Sicherheit muss für Teilnehmer am internationalen Leben gleich und unteilbar sein. Eine feste Barriere gegen die Verbreitung von Ideen der Intoleranz, der Fremdenfeindlichkeit, rassischer, nationaler oder sonstiger Überlegenheit zu errichten, ist unsere heilige Pflicht gegenüber denjenigen, die mit ihrem Blut und ihrem Leben die Menschheit vor dem Grauen der »braunen Pest« retteten.

Leider ist die Immunität gegenüber dem nazistischen Virus in einigen Ländern schwächer geworden. Wir sind heute Zeugen ungezählter Versuche, die Geschichte zu fälschen, die Kämpfer und Befreier zu beschmutzen, die Nazis und ihre Handlanger aber weißzuwaschen. Tiefe Beunruhigung ruft die Situation in der Ukraine hervor, in der sich Neonazis und Radikale ausbreiten. In einer Reihe europäischer Länder lebte der Kampf um die Kriegsdenkmäler neu auf, die den für Frieden und Freiheit auf unserem Kontinent Gestorbenen gewidmet sind, deren Sieg viele Völker vor dem Verschwinden unter dem nazistischen Joch bewahrte.

Russland wird dieser perversen Entwicklung weiterhin mit Härte entgegentreten. Wir werden in den zwischenstaatlichen Beziehungen weiterhin die historische Wahrheit aufrechterhalten, die Ideale des Guten und der Gerechtigkeit. Die Ehre und der gute Name der Sieger, die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges – sie sind unantastbar.

Die Erfahrung von Verbundenheit und Waffenbrüderschaft in den Jahren des zweiten Weltkrieges wird unter heutigen Bedingungen besonders benötigt, da die internationale Gemeinschaft mit zahlreichen gefährlichen Herausforderungen zu kämpfen hat, darunter internationalen Terroristen, die wie die Nazis völlig Missachtung menschlichen Lebens bei der Verfolgung ihrer manischen Ziele zeigen. Offensichtlich ist, dass wir ihnen und ebenso anderen Bedrohungen nur auf der Grundlage von Solidarität und gegenseitigem Vertrauen begegnen können, gestützt auf das Völkerrecht und auf die zentrale koordinierende Funktion der UN.

Ich möchte unterstreichen, Russland ist bereit für eine gemeinsame Anstrengung, für wechselseitig respektvolle Zusammenarbeit, für die Bündelung der Kräfte und die kollegiale Suche nach Lösung aller angesammelten Probleme im Interesse der Festigung des Friedens, der Stabilität und der Sicherheit.“

https://www.jungewelt.de/artikel/326718.rede-des-russischen-au%C3%9Fenministers-sergej-lawrow.html

 

Russland trauert, gewünschte Freundschaft mit Deutschen

 

Willy Wimmer: „Russland und seine Menschen beantworten das, was ihrem Land und ihnen angetan worden ist, mit dem aufrichtigen Wunsch nach guter Nachbarschaft.

Wo, in Gottes Namen, hat es eine derartige Einstellung schon einmal gegeben? Berlin verhält sich, als ginge Berlin diese Einstellung nichts an.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=42207

Albrecht Müller: „Die meisten NachDenkSeiten-Leserinnen und Leser werden davon unterrichtet sein, dass unsere amtierende Regierung und der Bundespräsident ausgesprochen schäbig mit dem Gedenken an das Ende der Schlacht um Stalingrad und die vielen Opfern, Russen wie Deutsche und Menschen aus anderen Völkern umgegangen sind. Zum 75. Jahrestag am 2. Februar ist kein offizieller deutscher Vertreter in Wolgograd erschienen. Erstaunlich viele deutsche Medien haben sich über die Gedenkfeiern in Russland eher mit Spott als mit Sympathie und Trauer hergemacht. Der frühere Regierungspräsident von Braunschweig Karl-Wilhelm Lange, lange auch Präsident des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge, hat an die ihm aus der Zusammenarbeit bekannte Museumsdirektorin Valentina Sorokoletova einen Brief geschrieben, den zu lesen und zu verbreiten wirklich lohnt.

Liebe Valentina,

heute vor 75 Jahren kapitulierten die Reste der 6. Armee unter General Paulus in Stalingrad nach monatelangen schweren Kämpfen, bei denen auf beiden Seiten fast 500.000 Soldaten, Zivilisten – auch viele Kinder unter ihnen – ihr Leben verloren. Ich wäre heute gern bei Euch, unter den Zehntausenden gewesen, die sich zum Trauern und Gedenken in Wolgograd versammelt haben. Denn ich weiß um die Gefühle der Veteranen und Veteraninnen, die an diesem Tage nicht nur einen Sieg über die deutschen Aggressoren feiern, sondern sich auch an das Leiden, an das Sterben und den Tod erinnern, der keinen Unterschied machte zwischen Soldaten und Zivilisten, zwischen Frauen und Kindern und auch nicht zwischen Russen und Deutschen.

Du hast zahlreiche Briefe der jungen deutschen Soldaten aus dem Wolgograder Militärmuseum veröffentlicht, die ihren sicheren Tod vor Augen einen letzten Gruß an ihre Mutter richteten, Briefe die die Heimat nicht mehr erreichten. Ihre Abschiedsworte klingen in ihrer Trauer, ihrem Mut und in ihrem Trost für ihre Mütter nicht anders als die Briefe ihrer russischen Kameraden, die ebenso unschuldig in diese Kämpfe gezogen waren und ihr Leben opferten, weil der militärische Befehl ihnen keine andere Wahl ließ.

Und ich erinnere mich an die vielen Gespräche mit russischen Generälen, Offizieren und einfachen Soldaten, die ihren deutschen Gegnern mit Respekt begegneten und ihnen die Hand zur Versöhnung reichten, weil sie sehr wohl zu unterscheiden wussten zwischen der faschistischen Führung unter Adolf Hitler und seiner Aggression gegen die Sowjetunion und den deutschen Soldaten und dem deutschen Volk.

Ich fühle mich an diesem Tag in tiefer Trauer Dir, den Wolgogradern und den Veteranen verbunden, erinnere mich an unsere Zusammenarbeit beim Bau der Soldatenfriedhöfe in Wolgograd/Rossoschka und bin dankbar für die Brücken der Versöhnung, die wir hier für unsere beiden Völker geschaffen haben, Brücken auf denen wir uns – Alte und Junge – begegnen konnten, uns umarmten und gelobten, dass Nichts und Niemand uns jemals wieder von diesem Weg der Versöhnung, des Friedens und der Zusammenarbeit würde abbringen können.

Die Ansprache von Präsident Putin im Jahre 2001 vor dem deutschen Bundestag, dessen Mitglieder ihm für diese große Rede zu den deutsch-russischen Beziehungen im gerade begonnenen 21. Jahrhundert stehend dankten, bildete den symbolischen Eckstein dieser neuen Friedensordnung zwischen unseren Völkern und für Europa. Für uns schien sich damals ein Traum zu erfüllen.

Doch heute, am 75. Jahrestag der Schlacht von Stalingrad stehen wir vor den Trümmern dieses allzu kurzen Traums, mitten in einem neuen kalten Krieg, der allein den Interessen der USA/NATO dient und die Kräfte der Versöhnung, des Friedens und der Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland durch Hochrüstung, durch Manöver an der Grenze zu Russland sowie durch wirtschaftliche Sanktionen zu zerstören versucht.

Trotz alledem, liebe Valentina, wollen wir nicht verzweifeln, sondern an unserem Traum festhalten und mit allen Kräften dafür arbeiten, dass die Kräfte des Friedens und der Versöhnung den Sieg erringen werden über diese aus den Tiefen der Hölle wieder hervorgestiegenen Gespenstern der Vergangenheit. Zu dieser beharrlichen Arbeit verpflichten uns die Erinnerung an die Schlacht und die Soldatenfriedhöfe in Stalingrad, das Gedenken an die Millionen Opfer des Großen Vaterländischen Krieges und unsere Verantwortung für die jungen Menschen in unseren Völkern, die unser politisches Wirken zu Recht eines Tages vor Allem daran messen werden.

In Freundschaft und Verbundenheit sowie mit herzlichen Grüßen an alle Freunde in Wolgograd

Dein Karl-Wilhelm"

https://www.nachdenkseiten.de/?p=42290

 

Verantwortungslosigkeit gegenüber Russland

 

Ulrich Heyden: „Zu einer Diskussion in der gesamten Gesellschaft über die Verbrechen an der Ostfront und den Hungertod von über drei Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen kam es in Deutschland nie, im Gegensatz zum Holocaust, über den seit Anfang der 1980er Jahre offen und immer stärker gesprochen und publiziert wurde. Die Zahl von 27 Millionen Toten auf Seiten der Sowjetunion (davon 15 Millionen Tote auf Seiten der sowjetischen Zivilbevölkerung) wird in deutschen Medien selten genannt. Dass die Intellektuellen in Deutschland heutzutage lieber über die Opfer der Stalin-Herrschaft sprechen, obwohl die Opferzahl unter Stalin viel geringer war, zeigt, dass die Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges in Deutschland viel zu früh beendet wurde.

Aus persönlichen Gesprächen weiß ich, wie die Russen (auch die jüdischen Russen) es schmerzt, dass wir Deutsche viel Mitgefühl für die Juden und Israel haben, die Leiden der Russen und anderer Sowjetvölker im Zweiten Weltkrieg aber nicht kennen oder vergessen haben.

Meine Gesprächspartner vergleichen und fragen, warum habt ihr so wenig Mitgefühl mit unserem Leiden während des Zweiten Weltkrieges?“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

Gert Ewen Ungar: „Gegenüber Russland gibt es keinerlei sich aus der gemeinsamen Geschichte ableitende Verpflichtung. Weder aus der Befreiung vom Faschismus noch aus der Wiedervereinigung, wie man an der Osterweiterung der NATO deutlich sehen kann. Wir ziehen keine historischen Lehren. Weder aus dem in einem verabscheuungswürdigen Rassismus wurzelnden Generalplan Ost, der den deutschen “Herrenmenschen” durch Ermordung und Versklavung der slawischen “Untermenschen” Lebensraum im Osten erschließen sollte, noch aus dessen faktischer Umsetzung wie der Belagerung von Leningrad, bei der die Stadt nicht zum Aufgeben, sondern die Einwohner zum Verhungern gebracht werden sollten, ergibt sich für die Bundesregierung eine historische Verantwortung. Stattdessen scheint es, als wäre genau diese rasseideologisch begründete deutsche Überheblichkeit, die zu einer nahezu unermesslichen Zahl an Toten geführt hat, wieder groß en vogue …

Doch in solchen Artikeln des Mainstreams wird auch deutlich, wie tief die Ressentiments gegen Russland sitzen. An diesem Gedenkwochenende wurde wieder einmal deutlich, wie tief eingeschrieben in die deutsche Kultur das ist, was den Generalplan Ost aber auch das aktuelle Russland-Bashing des Mainstreams und die beschämende Verweigerungshaltung der Bundesregierung gegenüber ihrer historischen Verantwortung möglich macht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde viel aufgearbeitet, die in einer kruden Rasseideologie gipfelnde Idee der Überlegenheit der Deutschen gegenüber den Slawen, insbesondere den Russen jedoch nur ungenügend.

Sie lässt sich allzu einfach reaktivieren, wovor der Mainstream in seiner Propagandawut aktuell reichlichen Gebrauch macht. Und sie bleibt unwidersprochen. Während es ganz einfach ist, sich die Attribute antisemitisch, antiamerikanisch oder homophob einzufangen, sind es oftmals gerade jene selbsternannten Tugendwächter, die im Hinblick auf Russland kein Tabu kennen und ihren antirussischen Gefühlen völlig freien Lauf lassen. Dass diejenigen, die sich sonst für Vielfalt, Buntheit und Gendergerechtigkeit einsetzen, im Hinblick auf Russland all diese Grundsätze und Haltungen über Bord werfen, zeigt, wie wirkmächtig der rassistische Mechanismus auch heute noch ist.

Die irrwitzige Lehre von der eigenen Überlegenheit ist nach wie vor wirksam und zeigt sich bei derartigen Gelegenheiten wie dem Gedenktag des Endes der Schlacht von Stalingrad in aller Klarheit: in der Berichterstattung darüber und in der geschichtlichen Ignoranz der deutschen politischen Kaste. Dabei könnte keine Nation der Welt besser wissen, dass es eine anlasslose Aggression Russlands nicht gibt, als die deutsche. Kein Land in der EU könnte mit seiner Geschichte ausgleichender wirken als Deutschland. Doch es macht von seiner Möglichkeit, aus einer historischen Verantwortung heraus Frieden zu stiften, keinen Gebrauch, sondern reaktiviert und bedient im Fall von Meinungsunterschieden tief in die Kultur eingeschriebene Ressentiments, um so zu eskalieren. Das ist die Schande Deutschlands. Sie zeigte sich am vergangenen Wochenende wieder in aller Deutlichkeit.“

https://deutsch.rt.com/meinung/64821-umgang-mit-stalingrad-moralische-bankrotterklarung-bundesregierung-rassenideologie-ressentiments/

Ulrich Heyden: „Trotz der gigantischen Verbrechen der Wehrmacht in der Sowjetunion macht die Russophobie nicht einmal vor den Linken halt. In einer linken Monatszeitschrift aus Hamburg las ich vor einiger Zeit, die Märsche des „Unsterblichen Regiments“ in Russland am 9. Mai, dem Siegestag, wo die Menschen die Porträts ihrer gefallenen Angehörigen durch die Innenstädte tragen, seien „Militarismus“. Ich wünschte mir, die Schreiber und Schreiberinnen solcher Behauptungen würden selbst einmal in Russland an einem Marsch zum Gedenken an die Soldaten der Roten Armee dabei sein und mit den Teilnehmern sprechen. Keine Angst! Die beißen nicht!“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

 

Kein deutsches Interesse

 

Gert Ewen Ungar: „Das Ende der Schlacht um Stalingrad jährte sich am 2. Februar zum 75. Mal. Anlass genug für die Pflege einer gemeinsamen Erinnerungskultur zwischen Deutschland und Russland sollte man zumindest meinen. Selbstverständlich fand im heutigen Wolgograd, damals Stalingrad, eine Gedächtnisfeier statt. Selbstverständlich wären auch Mitglieder der Bundesregierung herzlich willkommen gewesen, um sich gemeinsam auch über aktuelle Differenzen hinweg zu erinnern und aus der Geschichte Lehren zu ziehen. Selbstverständlich blieben Vertreter der Bundesregierung fern. Im Gegenteil: Die Bundesregierung erklärte auf eine kleine Anfrage der Linken, inwieweit sie den Angriffskrieg gegen Russland verurteilt:

Die Einordnung damaliger militärischer Handlungen ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Als verbrecherisch könnten Handlungen konkreter Täter einzustufen sein, die gegen anwendbares Recht verstießen …

Weiter heißt es in der Antwort der Bundesregierung:

Eine moralische Bewertung des soldatischen Dienstes einzelner Wehrmachtsangehöriger kann nur auf Grundlage des Prinzips der individuellen Verantwortlichkeit erfolgen.

Juristisch mag das korrekt sein. Moralisch ist es eine Bankrotterklärung. Man kann sich als Deutscher für die Bundesregierung nur schämen. Denn was heißt das, was hier ausgeführt wird? Es heißt: Der Überfall auf die Sowjetunion als solcher ist juristisch nicht zu verurteilen. Eventuell können einzelne Handlungen dabei verbrecherisch gewesen sein. Das muss man aber erstmal untersuchen. Zu allem anderen nehmen wir als Regierung keine Stellung. Merke: Historische Verantwortung als Staatsräson gibt es nur gegenüber Israel, Bündnistreue bis in den eigenen Untergang nur gegenüber den USA.“

https://deutsch.rt.com/meinung/64821-umgang-mit-stalingrad-moralische-bankrotterklarung-bundesregierung-rassenideologie-ressentiments/

Ulrich Heyden: „In Berlin scheint man zu hoffen, dass der Jahrestag möglichst still und schmerzlos vorübergeht. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage hervor, welche die stellvertretende Chefin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen und andere Abgeordnete der Linksfraktion, am 20. Dezember 2017 einreichten. In ihrer Antwort erklärt die Bundesregierung, dass man den Krieg gegen die Sowjetunion nicht insgesamt als verbrecherisch bezeichnen könne. Man müsse „Einzelfälle“ prüfen. Doch die Vernichtung der Stadt Stalingrad durch 600 deutsche Flugzeuge, die Spreng- und Brandbomben warfen, war kein Einzelfall. Tausende andere Städte und Dörfer der Sowjetunion wurden ausradiert oder schwer beschädigt. Darf man das nun nicht mehr sagen, nur weil Berlin behauptet, in der Ukraine werde die Demokratie aufgebaut? …

Skandalös ist die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten. Inwieweit die militärischen Handlungen der Wehrmacht im Rahmen eines nicht-provozierten Angriffes und Vernichtungskrieges „grundsätzlich als verbrecherisch einzustufen sind“, wollten die Abgeordneten wissen.

Darauf antwortet die Bundesregierung am 17. Januar, “die Einordnung damaliger militärischer Handlungen der Wehrmacht als verbrecherisch im strafrechtlichen Sinne ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Als verbrecherisch könnten Handlungen konkreter Täter einzustufen sein, die gegen anwendbares Recht verstießen, insbesondere Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“

Es verschlägt einem die Sprache, wie schnell die Bundesregierung, die in den 1980er Jahren gewonnene Einsicht über den Vernichtungskrieg an der Ost-Front mit 3,3 Millionen verhungerten sowjetischen Kriegsgefangenen nun in die Kategorie "Einzelfälle" zurückstuft.

Die stellvertretene Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke, Sevim Dagdelen erklärte gegenüber Rubikon, „die Angriffe der Wehrmacht auf Stalingrad waren ein Verbrechen wie alle militärischen Handlungen der Nazi-Wehrmacht im Rahmen des verbrecherischen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und ihre Menschen. Da gibt es kein Vertun und keine ‚einzelfallbezogene‘ Abwägung.“ Die Abgeordnete verweist darauf, dass der Sieg der Roten Armee in Stalingrad „ein entscheidender Schritt zur Befreiung von der Nazi-Diktatur“ war. „Er war ein Triumph, der neue Hoffnung spendete und letztlich unsere Geschichte, die europäische, ja die Weltgeschichte zum Positiven verändert hat. Dass die Bundesregierung daran mit keiner Silbe erinnern will, ist unwürdig und beschämend. Es ist ein geschichtspolitischer Offenbarungseid.“

Mit ihrer Anfrage hatten die Abgeordneten der Linken offenbar versucht herauszufinden, ob die Bundesregierung den 75. Jahrestag nutzt, um Geschichtsbewusstsein und Verantwortung zu stärken, ob sie versucht Geschichtsklitterung und grassierendem Rechtsextremismus in der Bundeswehr entgegenzuwirken.

Die Antwort auf die Kleine Anfrage macht klar, dass die Bundesregierung den 75. Jahrestag verstreichen lassen will, ohne ihn für eine breite Aufklärung zu nutzen. Spezielle Veranstaltungen zum Thema Stalingrad sind nicht geplant. Allerdings plane das Zentrum für Militärgeschichte der Bundeswehr die Präsentation neuer Bücher zum Thema. Der deutsche Botschafter in der Russischen Föderation „beabsichtige“ an einer Gedenkveranstaltung in Wolgograd teilzunehmen. Das klingt nach einer Pflichtübung ohne Emotion.

Anlässlich des 70. Stalingrad-Jahrestages – nur wenige Monate vor dem Beginn des Bürgerkriegs in der Ukraine – hatte sich das offizielle Deutschland noch etwas einfallen lassen. In Wolgograd waren die Symphonieorchester von Osnabrück und Wolgograd in einem gemeinsamen Konzert aufgetreten. „Das Konzert kam bei der Bevölkerung ausgesprochen gut an und konnte einen deutlichen Akzent in Richtung Versöhnung und Zukunft setzen“, hieß es damals in einem Bericht der deutschen Botschaft. Ob das Wort Aussöhnung von deutscher Seite in diesem Jahr überhaupt Verwendung findet? Angesichts des Tons, den die Bundesregierung in ihrer Antwort an die Abgeordneten anschlägt, wäre das eine Überraschung.

Was zeigt die Antwort der Bundesregierung? Der Autor dieser Zeilen hat den Eindruck, dass Berlin an die Positionen während des Kalten Krieges in den 1950er und 1960er Jahren anknüpft. Damals war in Westdeutschland offiziell nur von verbrecherischen "Einzelfällen" an der Ostfront die Rede. Die große Masse der Soldaten habe sich an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung nicht beteiligt, hieß es in den Medien und am Tisch der Familie.

Dass eine ganze Armee die Sowjetunion ohne Vorwarnung überfiel und mit einem verbrecherischen Vernichtungskrieg überzog, wurde in der Bundesrepublik erst ab Mitte der 1980er Jahre von Teilen der westdeutschen Elite als Fakt angenommen und auch öffentlich ausgesprochen. Ein Durchbruch in Richtung zur bitteren Wahrheit war die Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der am 8. Mai 1985 erklärte, der 8. Mai sei „ein Tag der Befreiung“.

Weizsäcker erwähnte die „unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der Polen, die ihr Leben verloren haben“. Er sagte, „die Initiative zum Krieg aber ging von Deutschland aus, nicht von der Sowjetunion.“ Er sagte auch „wenn wir daran denken, was unsere östlichen Nachbarn im Kriege erleiden mußten, werden wir besser verstehen, daß der Ausgleich, die Entspannung und die friedliche Nachbarschaft mit diesen Ländern zentrale Aufgaben der deutschen Außenpolitik bleiben.““

https://www.rubikon.news/artikel/angriff-auf-die-sowjetunion-kein-verbrechen-mehr

 

Lektion nicht gelernt?

 

Ulrich Heyden: „Angesichts der immer dreisteren Russophobie in den großen deutschen Medien muss man sich fragen: Haben wir die Lektion unserer Großeltern und Eltern nicht gelernt, die elendig in den Schützengräben von Stalingrad, Leningrad und Berlin verreckt sind? Kann ein Deutscher bei klarem Verstand es schweigend hinnehmen, dass deutsche Soldaten nach Litauen, direkt an die Grenze zu Russland entsandt wurden? Wo sind sie, die Günter Grass und Heinrich Böll von heute, die sagen, Frieden und Entspannung mit Russland und „Nie wieder Krieg!“, schon gar nicht an der Seite einer kriegshungrigen ukrainischen Führung!“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

Günter Grass und Heinrich Böll – das waren noch Zeiten. Zur aktuellen Literatur-Nobelpreis-Trägerin wurde Herta Müller bestimmt (mit Sicherheit kein Zufall), die bösartige Hetze gegenüber Russland betreibt. Aus einem früheren Beitrag des Wurms:

„Herta Müller hatte und hat ihre Vorteile durch ihr nachträgliches Dissidententum. Diejenigen, die sie bezahlen, hatten auch ihre Vorteile, indem sie jemanden nach vorne brachten, der immer und immer wieder zum Besten gibt, wie schlimm der Sozialismus ist, wie schlimm Russland ist und wie schlimm China ist.

Wie sich beide Seiten ergänzen und sich gegenseitig die Bälle zuspielen, zeigt etwa das Interview von Andrea Seibel mit ihr in der „Welt“ mit dem Titel „Putins Dreistigkeit beleidigt meinen Verstand” vom 05.03.2015:

http://www.welt.de/kultur/article138087231/Putins-Dreistigkeit-beleidigt-meinen-Verstand.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/153-was-gesagt-werden-muss.html

 

Einseitige Darstellung

 

Ulrich Heyden: „Russland wurde in Deutschland schon immer sehr einseitig dargestellt. Ich erinnere mich an die 1950er, 1960er und 1970er Jahre, als wir Westdeutschen die Sowjetunion noch nicht aus eigener Anschauung kannten. Für die deutschen Medien war Russland damals das Land der Plattenbauten. Dass die deutsche Wehrmacht zwischen 1941 und 1945 tausende Dörfer und Städte ausradiert oder schwer beschädigt hatte, darüber wurde in den deutschen Medien geschwiegen.

Ich erinnere mich an die Schlagzeilen der Bild-Zeitung über „die Russen“, die wie die schlimmsten Tierquäler kleine Hunde in Satelliten setzen und sie in der Erdumlaufbahn kaltblütig sterben lassen. Da wir zuhause Hunde hatten, ging mir der Tod von Laika, die 1957 im „Sputnik 2“ starb, besonders nahe.“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

Ulrich Heyden: „Das Gift der Lüge, der Verdrehung und der Übertreibung wurde uns, wenn es um Russland geht, immer schon verabreicht, auch in den 1990er Jahren, als sich Russland und der Westen annäherten. Doch seit dem georgisch-russischen Krieg 2008 wurde die Tagesration an Lügen-Tropfen erst langsam und dann immer mehr erhöht. Die größte Lüge ist zweifellos, dass die Jahre unter Putin Russland schlecht getan haben. Die zweite große Lüge ist, dass man Russland erziehen kann und muss. Und die dritte große Lüge ist, dass Russland ohne den Westen nicht vorankommt ...

Die deutschen Intellektuellen von heute scheinen mir besonders anfällig für einen untergründigen oder auch offenen Hochmut gegenüber Russland. Und dieser Hochmut ist das Einfallstor verantwortungsloser Gedankenspiele nach dem Motto, man müsse die „russische Expansion“ in Europa stoppen.

Eine Wurzel des Hochmuts sind Desinteresse und Ignoranz. In den 1990er Jahren war es in Russland „zu gefährlich“. Mal dort hinfahren? Mit eigenen Augen gucken? „Auf keinen Fall! Dort legt dich die Mafia um!“

Viele waren der festen Überzeugung, dass sie als Tourist in Russland nur Prostituierte, Mafiosi und Straßenkinder zu Gesicht bekommen. Alle begabten Künstler aus Moskau und St. Petersburg, die seien doch längst nach Berlin und New York ausgewandert. Und die Künstler, die noch in Russland waren? Nun ja, die hatten eben nicht „internationales Niveau“, sonst hätten sie sich ja längst im Westen angeboten, anstatt von ein paar Rubeln zu leben.

An der Schaffung dieser Russland-Phobie war ich als Moskau-Korrespondent auf die eine oder andere Art auch beteiligt, denn ich musste mich den von den Chefredaktionen gesetzten Themen fügen. Für uns Korrespondenten standen in den 1990er Jahren harte Themen wie Mafia, Rekruten-Schinderei, Straßenkinder und Prostituierte ganz oben auf der Redaktions-Wunschliste.

Ein besonderer Knüller war die Versenkung der russischen Raumstation „Mir“ im Pazifik, 2001. Darüber habe ich für ein Berliner Privatradio mehrmals am Tag Aufsager geliefert. Mir waren diese News per Telefon zuwider, aber ich machte mit, weil ich für faire Reportagen fast keine Abnehmer fand, die auch zahlten.

Der Tod der Sowjetunion war für die großen deutschen Medien eine große Party, wie ich sie noch nie erlebt habe. Jahrelang wurde die Überlegenheit des westlichen Kapitalismus gefeiert und behauptet, die Sowjetunion sei nicht reformierbar gewesen. Und immer wieder wurde behauptet, nur der Kapitalismus westlichen Zuschnitts eröffne Russland eine Zukunft. Zum Glück kam dann Putin an die Macht. Die Party war mit ihm zu Ende, der russischen Wirtschaft und den Menschen begann es nun besser zu gehen. Doch für die deutschen Medien begann die tägliche Fahrt durch das russische Gruselkabinett. „Bitte festhalten! Bleiben sie angeschnallt!“

Nur bei einem sozialen Thema gab es in den 1990er Jahren ein bohrendes Interesse der Heimat-Redaktionen. „Wie können die Russen leben, wenn sie keine Löhne und keine Renten bekommen?“, wurde ich gefragt. „Schreiben sie etwas darüber!“ Gut gesagt, bei einem Zeilenhonorar von 50 Cent. Um über Russlands Tauschwirtschaft, den Selbstanbau auf der Datscha, kurz, die bargeldlose Wirtschaft zu schreiben, braucht man 100, 200 Euro. Denn man muss raus auf die Straße, auf die Datschen fahren, sich mit an die Küchentische setzen, Wodka trinken.

Doch die Redakteure in Deutschland hofften wohl, dass ich ihnen eine Mitleids-Story liefere, wo man sich als Deutscher mal wieder so richtig gut fühlen konnte in seinem Wohlstandsspeck. „Guck mal, die in Russland! Geht es uns da nicht richtig gut?“

„Fakten, Fakten, Fakten!“ Dass man eine geldlose Tauschwirtschaft, die selbstgezogenen Tomaten auf dem Küchenfenster, die an die Verwandtschaft verschenkte Birnen-Konfitüre, nicht in Mark- oder Euro-Preisen beschreiben kann, dass es dazu keine Marktanalysen gibt, darüber dachten die Redakteure in Deutschland nicht nach. Das schien sie eigentlich auch gar nicht zu interessieren.

Immer wieder stieß ich auf das Problem, dass man von uns Moskau-Korrespondenten verlangte, Bilder von Russland zu beschreiben, die in den Köpfen westlicher Redakteure und Intellektueller herumschwirrten, die aber nur einen Teil der russischen Realität betrafen. Ich meine Themen wie Stalin-Nostalgie, erschossene Journalisten und Oppositionelle und ungebremster Wodka-Konsum.

Als Kontrast dazu war man angehalten „die Guten“ ausführlich darzustellen, tschetschenische Freiheitskämpfer, junge, westlich orientierte Unternehmer und Schriftsteller sowie die jungen „Reform“-Politiker im Kreml.

Wer sich als Moskau-Korrespondent an diesen schwarz-weißen Eckpfeilern orientierte, konnte gut leben. Wer das nicht wollte, musste seine Rubel sehr genau zählen.

Natürlich gab es viel Mitgefühl mit Russland. Die deutschen Zeitungen berichteten in den 1990er Jahren ausführlich über Straßenkinder, den Anstieg von Prostitution, Drogentote und Aids in Russland. Aber waren das nicht in Wirklichkeit Krokodils-Tränen? Denn über den Kapitalismus durften wir nicht schreiben.

Wenn ich geschrieben hätte, dass Straßenkinder das Resultat von westlich verordneter wirtschaftlicher Schocktherapie und Entstaatlichung sind, hätte ich mich sofort dem Verdacht ausgesetzt, dem alten kommunistischen System nachzutrauern. Die Kommentatoren der großen deutschen Medien hämmerten uns immer wieder ein, dass es zum harten Abschied vom sowjetischen System mit all seinen Folgeerscheinungen, wie Massenarbeitslosigkeit und dem Zerfall der Sozialsysteme, keine Alternative gibt. Man behauptete, je schneller der Kapitalismus westlichen Stils in Russland eingeführt werde, desto schneller würden die schweren sozialen Belastungen für die Bevölkerung verschwinden.

Das Schwarz-Weiß-Denken meiner Auftraggeber macht mich fassungslos. Für alternative Wirtschaftsmodelle – von denen ich träume – war in meinen Zeitungen, bis auf wenige Ausnahmen, kein Platz.

Manchmal hatte ich den Eindruck, dass ein Teil der deutschen Elite im Tschetschenien-Krieg auf der Seite der Separatisten stand und dass man sich eine Schwächung Russlands wünschte.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung druckte am 6. Februar 1995 auf Seite fünf ein dreispaltiges Bild.

Es zeigt zwei tschetschenische Kämpfer. Der eine von beiden trägt eine großkalibrige Waffe, die er in den Himmel richtet und dabei lacht. Unter dem Foto steht in einem längeren Text mit der harmlosen Überschrift „Tschetschenische Opposition kritisiert Russland“, „das Bild zeigt den tschetschenischen Kämpfer, der das Flugzeug abgeschossen haben will.“ Es ging um den Abschuss des ersten russischen Kampfflugzeuges vom Typ SU-25 im Tschetschenien-Krieg, am 4. Februar 1995.

Einen Beweis, dass eben dieser Kämpfer das Flugzeug abschoss, hatte die FAZ nicht. Die Zeitung schreibt denn auch eher unbestimmt, „der Kampfbomber SU-25 wurde am Samstag durch die tschetschenische Luftabwehr abgeschossen“.

Dass am 4. Februar 1995 ein Kampfflugzeug vom Typ SU-25 über dem Bezirk Tschetschen-Aul von einer tschetschenischen Flak abgeschossen wurde, hatten damals die offiziellen russischen Stellen bestätigt.

Die FAZ-Redaktion hätte sicherlich auch ein anderes Bild von dem Abschuss veröffentlichen können, um damit die Neutralität des Blattes im Tschetschenien-Konflikt zu unterstreichen. Dass man jedoch dreispaltig einen lachenden Tschetschenen ins Bild setzte, der sich als Schütze rühmt, war Ausdruck klammheimlicher Freude, die es in der FAZ-Redaktion damals offenbar gab, die man aber den Lesern aus Gründen der political correctness nur per Bild übermitteln wollte.

Man konnte das veröffentlichte Bild auch so lesen: Seht her, die Tschetschenen kämpfen so, wie auch unsere Väter gekämpft haben.

Ich war damals oft in Tschetschenien und habe viel von der tschetschenischen Seite berichtet. Ich war ein Gegner der russischen Kriegsführung und hoffte auf einen Kompromiss zwischen Grosny und Moskau. In einen plumpen Anti-Russismus bin ich zum Glück nicht abgerutscht. Auch mit russischen Soldaten habe ich damals oft gesprochen.

Ich möchte betonen, dass es mir nicht darum geht, eine unkritische Russlandliebe einzufordern. Aber von einem gut ausgebildeten Journalisten sollte man erwarten, dass er oder sie das andere Land in all seinen Schattierungen und nicht nur über die harten Themen wahrnimmt. Auch erwarte ich ein Mindestmaß an Anstand und Geschichtskenntnis.“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

 

Nur ein schlechter Russe ist ein guter Russe

 

Ulrich Heyden: „Natürlich wagt sich der deutsche Intellektuelle nicht zu sagen, alle Russen sind bemitleidenswert-dumme Putin-Untertanen. Neeeein. Es gibt natürlich auch kluge, begabte, gute Russen! Wer die sind? Nun ja, die Pianisten und Geiger, die in deutschen Konzertsälen auftreten, die Oppositionellen, denen man in Russland das Leben schwer macht und die in den Westen auswandern. Diese Russen werden vom deutschen Mainstream-Intellektuellen geliebt. Denn man fühlt sich durch sie bestätigt. Sie sind pflegeleicht. Sie fordern kein tieferes Nachdenken über Russland.

Das Pendant zum deutschen Intellektuellen mit gesunder Russophobie ist der russische Liberale in Moskau und St. Petersburg, der über die „ungebildeten“ Putin-Anhänger die Nase rümpft und sich selbst für etwas Besseres hält. Durch einen schlechten Streich der Geschichte wurde man in einem „rückständigen“ Land geboren, dabei gehört man doch eigentlich nach Paris oder New York.

Dass viele russische Liberale, die jetzt die westliche Zivilisation und ihre Politiker anhimmeln, in der sowjetischen Oberschicht großgeworden sind, die Privilegien dieser Oberschicht und die sowjetische Universitätsausbildung genossen haben und in den großen Wohnungen und Datschen leben, die sie von ihren Eltern geerbt haben, dass ihre Eltern Offiziere, Geheimdienstmitarbeiter, Journalisten, Generäle, Minister, Wissenschaftler und staatlich finanzierte Künstler waren, darüber wollen diese Liberalen nicht öffentlich sprechen. Dass sie selbst Produkt der sowjetischen Gesellschaft sind, darüber reflektieren sie nicht. Sie stehen auf der Seite der Ukraine und wollen von einem Putsch in Kiew nichts wissen, genauso wie ihre intellektuellen Freunde in Berlin und München.“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

 

Aufgabe der Medien

 

Ulrich Heyden: „Das Russland-Bild in den großen deutschen Medien könnte schon mit wenigen Hintergrundberichten und Reportagen etwas gerade gerückt werden. Die deutschen Medien könnten die soziale Lage und den Zustand der Wirtschaft im Russland der 1990er Jahre mit der Lage in Russland heute vergleichen. Sie könnten über die hunderten, vom russischen Staat finanziell geförderten, zivilgesellschaftlichen Organisationen berichten, die vor allem im Sozial- und Bildungsbereich tätig sind. Darf man vielleicht auf eine Reportage – ohne Häme – über die typischen Putin-Wähler in der russischen Provinz hoffen?

Die deutschen Medien könnten über russische Fernseh-Talk-Shows berichten, wo regelmäßig Vertreter der Ukraine und Vertreter westeuropäischer Staaten und der USA als Diskussionsteilnehmer auftreten. Sie könnten über den staatlich finanzierten liberalen und Kreml-kritischen Radiosender Echo Moskau und bekannte Vertreter der russischen Liberalen berichten, die als Berater von Wladimir Putin tätig sind, wie der ehemalige Finanzminister Aleksej Kudrin. Darf man auf eine Reportage über die Higher School of Economics in Moskau hoffen, die für die russische Regierung neoliberale Reformprogramme im Gesundheits- und Bildungsbereich ausarbeitet?

Wann lernen wir endlich die Lektion unserer Väter und Großväter und gehen auf Russland zu, anstatt uns manisch von ihm abzugrenzen?“

https://www.rubikon.news/artikel/woher-dieser-hochmut

 

Aktuelle Propaganda

 

Gert Ewen Ungar: „Stattdessen scheint es, als wäre genau diese rasseideologisch begründete deutsche Überheblichkeit, die zu einer nahezu unermesslichen Zahl an Toten geführt hat, wieder groß en vogue.

Gegen diesen Eindruck kann man sich kaum wehren, wenn man sich die Beiträge auf Tagesschau, im Spiegel, der Süddeutschen und anderen Gazetten des Mainstreams anschaut. Da wird kein gutes Haar an Russland gelassen. Da wird das ganze Rüstzeug der Propaganda ausgepackt. Wie beispielsweise hier im Tagesspiegel, wo der Autorin Jutta Sommerbauer zum Stalingrad-Gedenken nichts anderes einfällt, als Putin-Bashing zu betreiben und krude Thesen zu verbreiten:

„Der Auftritt des russischen Präsidenten vor dem Wolgograder Konzertpublikum dauerte keine fünf Minuten. Und doch beinhaltete die Grußbotschaft Wladimir Putins, in der er an die "grandiose Schlacht" von Stalingrad erinnerte und den im Publikum sitzenden Veteranen zu ihrer Tapferkeit gratulierte, die Essenz des Putinismus. Der im schwarzen Anzug gekleidete Staatschef sprach von der Selbstaufopferung der Russen und dem Vermächtnis der Roten Armee. Klar war: Hier geht es nicht um Politik, sondern um etwas Größeres, etwas darüber Stehendes. Es geht um die Pflicht zum Patriotismus.”

Nicht einen Moment hält Sommerbauer inne, nicht einen Moment ist sie in der Lage, die historische Leistung der Sowjetunion bei der Befreiung Deutschlands vom Faschismus zu würdigen. Nicht einen Moment der Differenzierung gegenüber Putin, der einmal sagte, die Deutschen seien nicht Schuld am Faschismus, sie seien vielmehr das erste Opfer dieser Ideologie geworden. Eine angebliche Verpflichtung der Russen zum Nationalstolz ist es Sommerbauer wichtig herauszuarbeiten, wozu Stalingrad von Putin in weniger als fünf Minuten instrumentalisiert wird. "Geht’s noch?", möchte man fragen. "Oder ist jetzt der Tiefpunkt des deutschen Mainstream-Journalismus" endgültig erreicht?”

Weder Russland noch Putin verdienen Respekt. Sie haben nicht das Recht auf einen halbwegs ausgewogenen, differenzierten und sachlichen Journalismus. An Gedenktagen schon zweimal nicht. So mag sich das der stromlinienförmig zurechtgestutzte Mainstreamjournalist und seine politisch korrekt gendernde Kollegin denken.“

https://deutsch.rt.com/meinung/64821-umgang-mit-stalingrad-moralische-bankrotterklarung-bundesregierung-rassenideologie-ressentiments/

Ulrich Heyden: „Die wichtigste Erkenntnis der „Tagesschau“-Redaktion zum 75. Jahrestag des Sieges von Stalingrad ist: Deutschland hat seine NS-Geschichte hervorragend aufgearbeitet. Putin aber will nicht über Stalins Verbrechen reden und hält stattdessen „pompös-martialische“ Gedenkveranstaltungen ab, um seine Macht zu stärken. „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ berichteten von den Feiern in Wolgograd voller Kälte, ohne Emotion und mit kaum kaschiertem Hochmut.

Als Experte durfte Sönke Neitzel vom Historischen Institut Potsdam die größte Niederlage, die Deutschland jemals erlebt hat, „historisch einordnen“. Deutschland habe die Geschichte des Nationalsozialismus vorbildlich aufgearbeitet, Russland dagegen bediene sich der Geschichte „wie an einem Wühltisch“, so der Nachwuchs-Historiker. Putin suche sich einfach einen „symbolisch aufgeladenen Ort“ aus, um das Land um den Präsidenten zu einen.

„Symbolisch aufgeladener Ort“, das klingt so emotionslos, dass es einem kalt den Rücken runterläuft. Wo ist das Gefühl für die hunderttausenden deutschen Soldaten, die für die Welteroberungspläne der Nazis verheizt wurden? Wo ist das Eingeständnis, dass die sowjetischen Soldaten in Stalingrad eine Heldentat vollbrachten, dass sie Europa vor dem Faschismus retteten?

Deutschland könnte Größe zeigen, indem es den sowjetischen Soldaten dankt. Stattdessen stellt sich Jung-Historiker Sönke Neitzel hin und preist die Leistungen Deutschlands bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Die Russen hätten die Aufarbeitung ihrer Geschichte nach einem kurzen Aufbruch in den 1990er Jahren dagegen abgebrochen. Russland wolle nicht über die sprechen, „die von der Roten Armee erschossen wurden“. Wen Neitzel damit genau meint, bleibt unklar. Meint er die Hunderten von deutschen Aufklärern und Sondereinsatzgruppen, die hinter den sowjetischen Linien tätig waren und im Großraum Stalingrad von Rotarmisten gefangengenommen wurden?

Neitzel fordert, die Russen müssten darüber reflektieren „wie die Rote Armee gekämpft“ hat. Hinter dieser Äußerung steckt der Vorwurf, die Rote Armee habe zu brutal gekämpft. Was meint er damit? Den Einsatz der Stalin-Orgel, die in Russland liebevoll „Katjuscha“ genannt wird? …

In dem Bericht der ARD-Korrespondentin Birgit Virnich wird mit keinem Wort erwähnt, dass am 2. Februar sowohl die Abgeordneten der Partei Die Linke, Stefan Liebich und Heike Hänsel, als auch der deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch, bei den Gedenkfeierlichkeiten dabei waren.

Offenbar passt es nicht in den aggressiv-hochmütigen Stil der Tagesschau-Berichterstattung, dass da Deutsche zusammen mit Russen der schrecklichsten Schlacht im Zweiten Weltkrieg gedacht haben. Aber haben die Linke-Abgeordneten nicht die Gefühle zumindest von einem großen Teil der Deutschen in Wolgograd vertreten? Sind diese Gefühle zu akzeptieren oder handelt es sich dabei um „Nachgeben gegenüber Russland“?

Die Tagesschau-Redaktion nimmt sich das Recht heraus unsere Gefühle zu lenken, weg von der Versöhnung, hin zum Hochmut. Damit macht sie genau das, was sie Putin wortreich vorwirft: Sie nutzt den Stalingrad-Gedenktag für politische Ziele.

Stefan Liebich und Heike Hänsel haben es nach Wolgograd geschafft. Sehr gut! Ich habe mich gefreut. Gut auch, dass RT deutsch über den Besuch der Linke-Abgeordneten und die Militärparade in Wolgograd eine Reportage gemacht hat. Reportagen dieser Art wurden vor zehn Jahren noch in der Tagesschau gesendet. Nun ist es der russische Staatssender RT, der dafür sorgt, dass die fehlende Meinungspluralität in Deutschland nicht völlig verloren geht. Vielen Dank dafür!“

https://www.rubikon.news/artikel/die-stalingrad-abrechnung

 

Kooperatives Russland

 

Gert Ewen Ungar: „Und dann darf das Klischee vom auflebenden Patriotismus in Russland nicht fehlen. Doch nichts könnte falscher sein als die These, unter Putin würde sich Russland von der Welt abschotten und einen kruden Patriotismus hochleben lassen.

Russland öffnet sich seit Jahren, kooperiert nicht nur, sondern initiiert Kooperationen. Mit China, mit dem Iran, mit den BRICS, der Shanghai-Group und und und. Russland gestaltet Weltpolitik, diplomatisch weitsichtig, was von der Bundesregierung nicht behauptet werden kann. Denn dass ein sich zunehmend marginalisierendes Europa unter deutscher Führung die Tür zu Russland immer zuschlägt, kann Putin nicht angelastet werden. Es ist hiesige Dummheit.“

https://deutsch.rt.com/meinung/64821-umgang-mit-stalingrad-moralische-bankrotterklarung-bundesregierung-rassenideologie-ressentiments/

 

NATO-Politik

 

Willy Wimmer: „Auf der Krim werden vermehrt die sterblichen Überreste deutscher Soldaten gefunden. Sie können auf dem fast überirdisch schönen deutschen Soldatenfriedhof nahe der Hafenstadt Sewastopol nicht beigesetzt werden, weil die dafür zuständigen deutschen Behörden jede Zusammenarbeit mit den russischen Behörden verweigern. Wendet man sich an den Herrn Bundespräsidenten, bleibt man ohne Antwort.

Was soll man von einem Land halten, das sich seinen Gefallenen gegenüber wegen der aktuellen NATO-Politik so verhält? Es ist eine Frage des Anstandes und der Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft, der Toten zu gedenken. Die Geschichte des letzten Jahrhunderts kennt zu viele Anlässe.

Nichts davon sollte aus dem Blickfeld gerückt werden, weil aus einer derartigen Einstellung neues Elend entsteht. Gilt das nicht in besonderer Weise für Stalingrad und den unermesslich hohen Blutzoll, den die Menschen jenseits von Brest für den Angriff des Deutschen Reiches auf die damalige Sowjetunion gezahlt haben? Warum wird fünfundsiebzig Jahre nach dem Ende der Stalingrader Schlacht nicht der Millionen Opfer dieses Krieges gedacht? Warum weigert sich die Bundesregierung, den Opfern die Ehre zu erweisen?  Warum lassen wir uns gegen Russland durch eine ebenso verlogene wie aggressive Politik wieder in Stellung bringen? Ausgerechnet von jenen angeblichen Verbündeten, die mit dem Krieg gegen Österreich-Ungarn und das kaiserliche Deutschland 1914 nichts anderes im Sinne hatten als die endgültige Vernichtung Deutschlands und der Donaumonarchie? Warum sprechen alle in Europa wieder von Krieg mit und gegen Russland, wenn wir endlich einmal wahrhaben könnten, dass es Moskau war, das den Schlüssel für die Einheit Deutschlands uns zu treuen Händen überlassen hatte? …

Warum setzen wir nicht durch, dass einzig die “Charta von Paris” aus dem November 1990 und damit wenige Wochen nach der deutschen Wiedervereinigung, das bestimmende Dokument der europäischen Zusammenarbeit bleibt? Krieg sollte nach den Schrecknissen des vergangenen Jahrhunderts aus Europa verbannt bleiben. Es waren Bill Clinton als amerikanischer Präsident und seine Außenministerin, Frau Albright, die mit dem ordinären Angriffskrieg gegen Jugoslawien die alte europäische Kriegsordnung wieder hergestellt haben …

Es hat uns alle aus “blauem Himmel” heraus getroffen, was Obama und Frau Clinton zu Beginn dieses Jahrzehntes gegenüber unseren russischen Nachbarn in Gang gesetzt haben. Aufmarsch und die tödlichen Militär-Mätzchen des Kalten Krieges sind nichts dagegen. Amerikanische Generale schwätzen wieder in Europa vom großen Krieg. Man glaubt es kaum und hält es vor dem Hintergrund der heutigen Politik für ein Märchen, daß im Sommer 2012 das Stabsmusikcorps der Bundeswehr noch auf dem Roten Platz in Moskau aufspielen konnte.

Mehr ausgestreckte Hand von russischer Seite geht nicht. Und wie war die deutsche Antwort?

Deutsche Regierungsmitglieder waren aktiv in den Kiewer Putsch involviert und dieser wurde gegen Moskau instrumentalisiert. Soll Rußland ein Ko-Schlag nach dem Modell 1914 versetzt werden, um es anschließend von innen heraus vernichten zu können? Uns stellt sich eine Frage: Mourir pour Washington? Das richtet sich keinesfalls gegen den derzeitigen amerikanischen Präsidenten Trump. Zwar scheint jeder amerikanische Präsident “seinen” Krieg führen zu wollen, aber bislang ist Präsident Trump nicht auffällig geworden, wenn es um den Kampfeinsatz geht. Fraglich ist jedoch, ob sich sein Einflußbereich über den “Rosengarten” am Weißen Haus hinaus erstreckt oder unter der Militärführung im Weißen Haus nicht längst die globalen amerikanischen Militärbefehlshaber das Gesetz des Handelns in die Hand genommen haben.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=42207

 

Zuschlechterletzt

 

Nichts gegen den guten Willy Wimmer – aber es geht nicht um „mourir pour Washington“.

Wurm könnte den Eindruck haben, die deutschen Eliten, zumindest Politik, Medien und Historiker, wären gierig darauf, einen Krieg gegen Russland anzuzetteln.

Dazu genügt ein Blick in frühere Beiträge des Wurms, der diese Thematik schon des Öfteren beschrieben hatte. Unter anderem hier:

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/95-kriegshetzer.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/110-go-east.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/137-inne-halten.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/187-heilige-allianz.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/240-friedensfahrt-nach-moskau.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/266-heute-gehoert-uns-europa-und-morgen-die-ganze-welt.html

Nicht zu vergessen die „Gutmenschen“, die sich medial gegen alle Personen und Gruppen von Menschen aufhetzen lassen: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/189-ein-gutmensch-ist-ein-schlechter-mensch.html

Es wird noch nicht einmal mehr so getan, als ob zumindest ein gutes Auskommen mit Russland gewünscht sei.

Es ist weiterhin davon auszugehen, dass Russland in den westlichen Medien für alles Übel dieser Erde verantwortlich gemacht wird. Angefangen mit schlechtem Wetter. Das trägt neuerdings den Namen „Russenpeitsche“ https://www.hurraki.de/wiki/Russenpeitsche .

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm