Missachtung des gesprochenen Wortes

Timo Kirez: „"Fake News": Angehender US-Botschafter in den Niederlanden blamiert sich kolossal in Interview

Ab 2018 soll Pete Hoekstra der neue Botschafter der USA in den Niederlanden werden. Schon im Vorfeld sorgte Hoekstra mit Äußerungen über vermeintliche "No-Go-Zones" in den Niederlanden für Ärger. Ein holländischer Journalist hakte nun noch einmal nach – nicht zum Vorteil von Hoekstra.

Das Interview beginnt harmlos - doch dann geht es schnell zur Sache: Der Journalist der niederländischen TV-Sendung Nieuwsuur erinnert den kommenden US-Botschafter an Äußerungen, die dieser in einer Debatte getätigt habe:

Sie haben mal in einer Debatte erwähnt, dass es in den Niederlanden "No-Go-Zonen" gäbe. Und dass Autos und Politiker angezündet würden...

Aber der Journalist kann seine Frage kaum zu Ende formulieren - da fällt ihm der Botschafter schon ins Wort:

Das habe ich nicht gesagt. Das ist nicht korrekt zitiert. Wir würden das "Fake News" nennen. Ich habe das nie gesagt.

Der Journalist hakt noch einmal kurz nach:

Aber das haben sie doch gesagt...

Doch Hoekstra bleibt bei seiner Sicht der Dinge:

Ich habe das nicht gesagt.

Dann passiert, was passieren musste. In das Video-Interview wird ein Ausschnitt genau der Debatte eingeblendet, in der Hoekstra für alle klar hörbar unter anderem folgendes sagt:

"[...] Chaos in den Niederlanden... Autos werden angezündet... Politiker werden angezündet... Und, ja: Es gibt "No-Go-Zones" in den Niederlanden."

Jetzt wird es erst richtig skurril: Denn wer nun glaubt, dass Hoekstra klein beigibt, sieht sich schnell eines Besseren belehrt. Der Journalist sagt nach dem Video-Ausschnitt zu dem Diplomaten, dass er ja gerade von "Fake News" gesprochen habe, doch prompt unterbricht ihn Hoekstra wieder:

Das habe ich nicht Fake News genannt. Ich habe das Wort heute nicht benutzt.

Der verdutzte Reporter fragt nach:

Nein?

Darauf Hoekstra:

Nein.

Das Interview verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Internet und wurde schnell zu einem viralen Hit. Man darf auf die Memes gespannt sein.“

https://deutsch.rt.com/international/62623-fake-news-angehender-us-botschafter-in-den-niederlanden-blamiert-sich-kolossal-in-interview/

 

 

Auf den ersten Blick hört sich das tatsächlich skurril an – ist aber ein typischer Bestandteil menschlicher Kommunikation, der nur selten dermaßen deutlich, prominent und nachprüfbar zutage tritt.

 

Realität wird dem eigenen Denken angepasst und aggressiv nach außen vertreten

 

Aus zwei früheren Beiträgen des Wurms: „Es gibt zwei Möglichkeiten, an die Dinge ran zu gehen:

1) Das Ergebnis orientiert sich an den Fakten. 10 + 20 = x. In diesem Falle ist x 30. Also der Versuch, objektiv zu sein und seine Meinung dahingehend zu bilden, wie die Dinge tatsächlich sind. Egal, ob einem die Zahl 30 sympathisch ist oder nicht.

2) Das Ergebnis steht von vornherein fest. Es lautet 25. Vollkommen egal, wie die zwei zu addierenden Zahlen lauten. Was nicht passt, wird passend gemacht.

Nach dem 2. Muster agiert die überwiegende Anzahl der Menschen. Mal mehr, mal weniger. Von kleineren Dingen, die zurecht gebogen werden bis hin zu Lebenslügen.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/262-drauf-los.html

„Extrem für immer

Es gibt ja durchaus frühere jugendliche „Rebellen“, die im Alter eher gemäßigt wurden.

Aber die Frage, die sich nicht nur bei Marieluise Beck stellt, lautet: Wie schafft es mensch, das Gegenteil von dem zu sagen und zu machen, das er in jungen Zeiten verkündet hatte?

Das ist aber die falsche Frage. Denn es gibt eine Konstante in deren Leben, die immer gleich geblieben ist: das Extreme.

Egal, was sie sagen, egal, was sie tun - solche Menschen befinden sich immer im Besitz der absoluten Wahrheit. Der Blödsinn kann nicht blöd genug sein. Diese Sorte wird auch nie etwas vermuten – sie wird immer Behauptungen aufstellen. So widersinnig diese auch immer sein mögen.

Mit ihrem dominanten Auftreten und ihrer (zumeist) rhetorischen Überlegenheit schüchtern sie natürlich solche Menschen ein, die sich und ihrer Sache eher unsicher sind und kommen leichter in führende Positionen in Gesellschaft, Wirtschaft oder Politik.

Es ist so gut wie sinnlos, mit dieser Sorte von Mensch zu diskutieren – es geht denen nicht um Argumente, sondern darum, ihre Mitdiskutanten zu dominieren und ihre eigene Meinung als die allein richtige dastehen zu lassen. Wie blödsinnig die auch immer sein mag. Und meistens glauben sie auch noch selbst daran.

Wenn sie einen Vorteil darin sehen, das genaue Gegenteil von dem bisherigen zu erzählen, so ist das für sie kein Problem. Hauptsache, sie sind weiter obenauf.

Es gibt durchaus standfeste Personen, die von der Jugend bis ins Alter ihre grundlegenden Überzeugungen beibehalten oder geänderten Situationen bzw. Erfahrungen oder Informationen anpassen – aber es gibt sehr viele Menschen, die überhaupt keine Grundüberzeugungen haben. Denen geht es darum, ihre Dominanz ihren Mitmenschen gegenüber auszuspielen.

Davon gibt es leider viele. Der Wurm hat einige von ihnen aufgeführt …“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/286-extrem.html

Daneben gibt es noch weitere Strukturen der menschlichen Kommunikation, die die Bewohner des Erdreichs fassungslos machen:

 

Dominanz wg. sozialer Stellung

 

Im alltäglichen Leben gibt es Menschen, die mehr oder weniger unauffällig sind und oft sogar als ausgesprochen „ruhig“ gekennzeichnet werden. Das trifft allerdings nur dann zu, wenn sie es mit Gleichrangigen oder Höhergestellten zu tun haben.

Wehe jedoch, wenn solche Menschen der Meinung sind, Menschen vor sich zu haben, die sozial unter ihnen stehen (etwa Kinder oder jüngere Geschwister) – die bekommen dann all die aufgestaute Frustration ab. Auf denen wird oft Jahrzehnte lang herumgehackt, sie werden nach allen Regeln der Kunst „fertig“ gemacht, sie müssen sich Unterstellungen bösartigster Art anhören, haben gefälligst das zu tun, was ihnen gesagt wird und „das Maul zu halten“.

Nach dem Ablassen der ganzen Aggressivität sind sie wieder halbwegs zurechnungsfähig und tun so, als ob nichts passiert sei. Tatsächlich halten sie ihr Benehmen für völlig normal und wundern sich bei Kritik. Dann ist das Opfer „überempfindlich“.

Wenn das Opfer zurück schreien würde, würde sie das nicht weiter stören, denn das gehört ja zu ihrer Normalität dazu. Wenn das Opfer diese ganze Prozedur über sich ergehen lässt und hofft, dass dieser Albtraum endlich vorüber gehen möge, steigert sich der Aggressor oft sogar noch in einen Rausch hinein.

Ist dann aber zutiefst verwundert, wenn ihm das Opfer hinterher auf die eine oder andere Art und Weise aus dem Weg geht.

 

Unkritisierbar

 

Gerade die aggressivsten Menschen sind zu einem ernsthaften Gespräch nicht fähig und gehen unangenehmen Fragen aus dem Weg.

Sie haben ja ihre Dominanz, auch wenn das Verhältnis ihren Mitmenschen gegenüber noch so zerrüttet sein mag.

Wenn es zu einer Gegenüberstellung kommt, wird der Aggressor alles tun, um sich mit der für ihn unangenehmen Thematik nicht befassen zu müssen. Dazu gibt es vier Möglichkeiten:

1. Ignorieren der Anschuldigungen.

2. Abwiegeln: ist ja alles nicht so schlimm oder nicht so gemeint , mensch soll nicht so empfindlich sein.

3. Ablenken: auch wenn es noch so deutlich ist, selbst wenn es eindeutig schriftlich formuliert sein sollte, wird nach einer Ablenkung gesucht, um sich mit der eigentlichen Thematik nicht beschäftigen zu müssen.

Beispiel: Person A macht Person B die heftigsten Vorwürfe. Eindeutig, ausdrücklich und in deutscher Sprache. Und zitiert zum Schluss Person C, die genauso wie andere auch unter dem Benehmen von Person B leiden. Person C ist in diesem Fall die Ablenkung. Person B erklärt, dass Person C ohnehin nicht ernst zu nehmen sei und damit ist der Fall erledigt.

4. Einlenken: „Ja, ich habe verstanden, Du hast vollkommen Recht. Alles wird gut“. Das ist meistens kein Einsehen, denn der Kritisierte versteht oft nicht, worum es überhaupt geht.

 

Selbst dann, wenn es solche Gespräche mehrfach geben sollte, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Kritisierte gar nicht merkt, dass er überhaupt kritisiert worden ist. Aus seiner Sicht ist er unfehlbar und unkritisierbar, da er ja der beste Mensch ist, der auf Erden wandelt. Wundert sich über den Zwergen-Aufstand, nimmt ihn aber nicht ernst.

Und ist dann völlig fassungslos, wenn ihm erklärt wird, dass die Beziehung offiziell beendet ist und der Andere sich endgültig nicht mehr mit ihm herumärgern will.

 

Die zwei Pole der menschlichen Kommunikation

 

Es gibt zwei Extrem-Pole der menschlichen Kommunikation mit allerlei Zwischenformen:

 

Pol Nr. 1

 

Wenn Menschen des ersten Pols reden, dann, weil sie etwas zu sagen haben. Das, was sie sagen, meinen sie ernst. Sie stellen solche Fragen, deren Antworten sie interessieren. Sprache ist für sie ein Mittel der Information. Sie sind sachlich, übertreiben nicht und lügen nicht. Wenn sie danach gefragt werden, ob sie gerade ein neues Kleidungs- oder Schmuckstück tragen oder beim Friseur waren, gehen sie davon aus, dass der Fragende genau das wissen will und geben die entsprechende Antwort.

 

Pol Nr. 2

 

Für Menschen des zweiten Pols hat Sprache nichts mit Information zu tun, sondern mit dem Austausch von Emotionen. Sie stellen Fragen, deren Antworten sie nicht interessieren, reden Stunden lang ohne etwas zu sagen, haben überhaupt kein Interesse am Gesprächs-Thema – Hauptsache, es wird geredet.

Wenn Menschen beider Pole sich über den Weg laufen, wird nichts Gutes dabei raus kommen: keiner von beiden kann verstehen, wie der jeweils andere „so“ drauf sein kann. Sie merken zwar, dass es kommunikativ nicht so gut läuft wie bei ihren bevorzugten Gesprächs-Partnern, verstehen aber nicht warum.

Darunter leidet vor allem Pol Nr. 1: wenn es nichts zu reden gibt, dann gibt es eben nichts zu reden. Das ist Pol Nr. 2 völlig fremd und wird nicht aufhören, Pol Nr. 1 in ein Gespräch verwickeln zu wollen, denn reden will ja seiner Meinung nach jeder.

So kommt es auch zu den Situationen, in denen Pol Nr. 2 sich lauthals darüber beschwert, dass Pol Nr. 1 nicht mit ihm reden will. Pol Nr. 1 wundert sich, schließlich hat er ja alles beantwortet, was Pol Nr. 2 wissen wollte. Und steht selbst nicht unter dem Zwang, die ganze Zeit reden zu müssen.

Drohungen von Pol Nr. 1 sind immer ernst zu nehmen. Auch dann, wenn er sie leise und langsam vorträgt. Wenn der andere sich daneben benimmt, folgt die entsprechende Konsequenz. Die war ja auch angekündigt und ernst gemeint. Drohungen von Pol Nr. 2 sind nie ernst zu nehmen. Auch dann, wenn sie laut und schnell vorgetragen werden.

Reines Gift sind „Anspielungen“: Pol Nr. 2 traut sich nicht, eine bestimmte Aussage zu treffen bzw. Frage zu stellen und versucht das dann über den Umweg der Anspielungen. Pol Nr. 1 ist das nun total fremd. Entweder er kapiert nicht, dass da hinten- oder nebenrum agiert wird. Oder er kapiert es und hält es für eine Beleidigung seines Intellekts. Und ist auf jeden Fall zutiefst beleidigt: entweder meint der andere, dass er das für ihn unaufrichtige Spiel mitmacht oder er hält ihn für so dumm, dass er das gar nicht merkt. Warum wird er auch nicht direkt gefragt? Er hat ja nichts zu verbergen und würde auch alles beantworten, was der andere fragen würde.

Möglicherweise ergibt sich ja doch eine recht gute Beziehung. Vor allem dann, wenn es Pol Nr. 2 nicht um Belanglosigkeiten, sondern um das Bedürfnis nach Wahrheit, Aufrichtigkeit, Verständnis geht. Die bekommt er nämlich von Pol Nr. 1.

Eine dauernde Kommunikation, ja Partnerschaft zwischen beiden Polen ist möglich, allerdings sollten sich beide über ihre unterschiedlichen Kommunikations-Wege bewusst sein. Ansonsten ist der Schrecken (ob mit oder ohne Ende) vorgezeichnet.

Aus früheren Beiträgen des Wurms: „„Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Das ist ein schöner Satz, an den wir uns im Erdreich halten. Wenn wir etwas wissen wollen, dann fragen wir danach (und zwar genau danach); was wir sagen, das denken wir; wenn wir etwas nicht verstehen, sagen wir das. Schwierig wird es erst, wenn wir mit den Menschen zu tun haben. Bei den meisten Menschen funktioniert das gar nicht so und ist dann tatsächlich „vom Übel“.

Die fangen ein Gespräch über ein Thema an, das sie gar nicht interessiert und wurm soll dann erraten, worüber die jetzt reden wollen. Wenn wurm den Fehler macht, über das von ihnen selbst angefangene Thema zu reden, sind sie enttäuscht oder verärgert. Weiters stellen sie Fragen, deren Antworten sie nicht im Geringsten interessieren. Hauptsache, es wird überhaupt geredet. Da macht es nichts, wenn zwei sich anlügen (und beide wissen, dass sie das tun), aber mensch hat gute Gefühle dabei und freut sich.

Als Wurm entsteht da schon der Eindruck, dass der Inhalt der menschlichen Gespräche völlig uninteressant ist und hauptsächlich Emotionen ausgetauscht werden. Manchmal sind diese Gespräche ja wirklich interessant, aber wenn einer von uns danach die Menschen fragt, geben diese den Inhalt zum überwiegenden Teil völlig falsch wider. Was für ein extremer Unfug dabei raus kommt, kann jeder einfach feststellen: Einfach einen Menschen vor den Fernseher setzen und eine Nachrichtensendung ansehen lassen. Und hinterher erzählen lassen, was es da zu sehen gab. Das geht schon mit einer einzigen Nachrichtenmeldung unmittelbar danach gefragt. Für einen Wurm ist das Ergebnis grauenhaft. Wir da unten haben früher die Menschen wg. ihres großen Gehirns bewundert und uns gefragt, was die damit alles machen können. Und dann das!"

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/23-big-brother-is-watching-you.html

„Nicht nur, dass dieses Volk geschichtsvergessen ist (wurm will lieber nicht wissen, wie viele mit dem Begriff „Reichskristallnacht“ überhaupt etwas anfangen können) – mittlerweile ist es auch nicht mehr ernst zu nehmen. Hauptsache, mensch vergnügt sich und hat Spass (oder tut so, weil es von ihm erwartet wird). Die Beliebigkeit regiert und Kommunikation dient kaum noch zur Übermittlung von Informationen, sondern zum Austausch von Emotionen. Der eine Mensch zeigt dem anderen, wie lustig und wie toll er ist.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/43-romantische-kristall-nacht.html

 

Nicht an der Sache interessiert

 

„Erstaunlich ist auch, dass es da oben anscheinend nur oberflächlich einen Gemeinsinn gibt und nur sehr wenige „an der Sache“ (also dem Gesprächsthema) interessiert sind. Meistens geht es nur um sich selbst und die eigenen Kumpels. Und diejenigen, die tatsächlich „an der Sache“ interessiert sind, werden misstrauisch beäugt („der engagiert sich ja nur aus Eigeninteresse für das Thema, wie alle anderen auch“). Wer als Wurm unter die Menschen gerät, kann davon ein Lied singen. Da nicht wichtig für Karriere oder Privatleben, werden wir gerne völlig ignoriert. Auch dann, wenn die uns täglich sehen. Auch dann, wenn wir irgend welche größere Taten begangen haben, die sie mitbekommen haben und die auf irgend eine Art und Weise Einfluss auf ihr Leben haben. Total auf sich selbst und ihre Kumpels fixiert, setzen sie sich einfach nicht mit uns auseinander. Manchmal auch nicht mit ihren Mitmenschen. Und jammern dann darüber, dass sich für sie auch keiner interessiert. Auch wenn sie öffentlich vor Hunderten oder Tausenden von „Freunden“ ihren Freitod ankündigen würden, dürfte die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sein, dass das kaum einen interessiert.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/23-big-brother-is-watching-you.html

 

Problemen aus dem Weg gehen

 

Manchmal gibt es private oder berufliche Aufforderungen, Verbesserungs-Vorschläge vorzubringen. Die meisten Menschen bringen keine Vorschläge, auch wenn sie noch so unglücklich über ein Problem sind. Sie trauen sich nicht oder wollen niemanden „verletzen“.

Sollten es dann aber bleiben lassen, über ihre „Probleme“ zu jammern.

Nur dann, wenn Probleme klar und deutlich angesprochen werden, können sie gelöst werden.

 

Anfortas-Frage

 

Die meisten Menschen erwarten von den anderen, dass diese „funktionieren“. Sich also so zu verhalten, wie es in der jeweiligen Gemeinschaft üblich ist. Und die Aufgaben zu erfüllen, die einem gestellt werden.

Nun ist diese Funktionalität nicht immer erfüllt. Mensch will oder kann nicht und hat dafür oft gute Gründe. Diejenigen, die angepasstes Verhalten erwarten, sind enttäuscht, weil mensch nicht funktioniert.

Ein Verhältnis zu einem Menschen zu haben, setzt voraus, ihn und seine Beweggründe zu verstehen zu versuchen. Dazu muss mensch die Gründe für ein Nicht-Funktionieren kennen. Oft traut sich mensch nicht, nach diesen Gründen zu fragen, oft will er es gar nicht wissen. Es wird lediglich das Nicht-Funktionieren gesehen.

Das ist alles andere als gut für das persönliche Verhältnis. Der eine ist verärgert, weil er merkt, dass eine Missstimmung da ist und er nicht deswegen angesprochen wird, der andere ist verärgert, weil kein angepasstes Verhalten gezeigt wird.

In den meisten Fällen würde die Frage „warum machst Du das so?“ helfen.

Udo Baer: „Nach der Wunde fragen

In dem großen Roman „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach aus dem 12. Jahrhundert kommen zwei Ritter vor, Klingsor und Anfortas. Beide haben Schuld auf sich geladen, beide leiden an dieser Wunde. Klingsor verdrängt seine Schuld/seine Wunde und wird zum Täter. Anfortas leidet und wartet darauf, dass ihn jemand erlöst.

Parzival betritt das Schloss, in dem Anfortas lebt und leidet. Er sieht sein Leiden und es drängt ihn, nach dem Leiden zu fragen. Doch er tut dies nicht, er hält sich zurück, denn er folgt der Ideologie, die er von einem Lehrer übernommen hat, dass er höher gestellte Personen nicht nach ihrem Befinden fragen darf.

So verbringt er weitere Jahre auf Wanderschaft, bis er schließlich erneut das Schloss betritt. Anfortas leidet immer noch an seiner Wunde. Parzival, nunmehr gereift und offen für das Leiden anderer, zeigt Mitgefühl und fragt Anfortas: „Oheim, was wirret du?“ („Woran leidest du?“). Nach der Wunde zu fragen und Mitgefühl zu zeigen, erlöst Anfortas.“

http://www.trauma-und-wuerde.de/512-2/

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm