Die Wiedergeburt des Bassam Tibi

„Liebe Leserinnen und Leser

Mich als ein in Deutschland lebender muslimischer Migrant, der einen Aufklärungsislam vertritt, irritiert der durch die Kombination aus Irrsinn und Unwissenheit gekennzeichnete Islamstreit in der deutschen Öffentlichkeit. Die Bundeskanzlerin und die AfD haben die Gemeinsamkeit, kein Sachwissen über den Islam zu haben. Stattdessen streiten sie ideologisch darüber, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder nicht. Im Englischen fragt man in Fällen, bei denen die Debattierenden ohne Wissen streiten: „What are we talking about?“. Den Islam gibt es nicht, und so kann es keine nützliche Debatte über einen unterstellten „Eintopf-Islam“ geben.

In dieser misslichen Situation gebührt der Monatszeitschrift Cicero ein großer Dank dafür, ab Juni 2016 eine Artikelserie mit der Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ gestartet zu haben. Cicero gab mir die Ehre, diese Serie mit einem Artikel im Juni-Heft unter der Überschrift „Ich kapituliere. Der Kopftuch-Islam hat den Euro-Islam besiegt.“ einzuleiten. Ich bin Urheber der Vision eines europäischen Reform-Islam, genannt Euro-Islam. Im vergangenen Vierteljahrhundert bin ich bei diesem Unternehmen sowohl von einer deutschen Kombination aus deutschem Staat und deutscher Staatskirche als auch von Islamisten und schriftgläubigen Muslimen angefeindet und bekämpft worden. Diese unheilige Koalition marginalisiert alle reformorientierten Euro-Muslime.

In dem fünf Seiten langen Cicero-Essay erkläre ich, worum es in der Debatte wirklich geht. Ich lade die offenen und vernunftgeleiteten Besucher meiner Webseite ein, meinen Cicero-Artikel zu lesen, um über den Irrsinn der Merkel-AfD-Islam-Debatte hinauszugehen und mit solidem Wissen zu erfahren, worum es geht.“

http://www.bassamtibi.de/?page_id=1099

So lautet der Beginn der Homepage von Bassam Tibi, der medial eine Wiedergeburt erlebt. Und diese Wiedergeburt spült ihn in der breiten Öffentlichkeit sehr viel weiter nach oben, als er jemals war.

Die Frage lautet: warum ist das so? Seit spätestens Anfang des Jahres ist Bassam Tibi immer präsenter in den Medien. Durch seinen oben erwähnten „Cicero“-Artikel im Juni und ein Interview in der „Welt“ Anfang Juli schlägt er immer höhere Wellen – obwohl er da absolut nichts Neues sagt.

„… und der zweite Grund ist, dass Sie mir ein Forum geben, weil man mich in Deutschland totschweigt.“

https://www.youtube.com/watch?v=-RlyW5TDUN8

Das Gespräch, das im Januar 2011 auf YouTube veröffentlicht wurde, zeigt deutlich, dass sich da etwas geändert hat: vor ein paar Jahren noch totgeschwiegen, jetzt lebendig geredet. Sehr zum Ärger derjenigen, die ihn (zumindest medial) lieber tot als lebendig sähen.

Hier ein Beispiel aus „Telepolis“:

„Die deutschen Islamophobiker haben einen neuen Shooting Star. Ganz jung ist er mit seinen 72 Jahren nicht mehr, aber das ist in einer Szene, die Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder als Idole feiert, gerade guter Durchschnitt. Dafür hat es seine Person aber in sich: Der Mann ist selbst Syrer, dazu noch Professor, er kannte Adorno und Horkheimer. Und er sagt Sachen wie: "Die Syrer von heute sind Antisemiten". Wenn es einer wissen muss, dann doch wohl Bassam Tibi, der Professor aus Göttingen.

Bassam Tibi hat sich mit einem Interview in der "Welt" zum Liebling der deutschen Rechten katapultiert. Was er liefert, sind die üblichen Produkte, die ein gut sortierter rechtspopulistischer Gemischtwarenladen eben so führt: Merkel überflutet das Land mit Flüchtlingen, kriminelle Banden junger Männer treiben ihr Unwesen, der Islam verträgt sich nicht mit dem Grundgesetz. Garniert mit Beispielen von sozialschmarotzenden, kriminellen Ausländern, die Tibi getroffen haben will.

Auf der Rechten schlägt das Interview aber vor allem wegen der Person ein wie eine Bombe. Einer, der selbst aus Syrien kommt, sagt genau das, was sie schon immer dachten - das konnten sich deutsche Rechte nicht entgehen lassen.“

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48773/1.html

Dass das politische Gutmenschentum eins auf „Rumpelstilzchen“ macht, ist zumindest nachvollziehbar. Der aktuelle Hype um Bassam Tibi zeigt zumindest eines: die Politik gegenüber dem Islam bzw. islamischen Menschen in Deutschland ändert sich. Zumindest ist die Bereitschaft da, über dieses Thema nachzudenken. Zumindest jenseits spinnerischer Kreise. Und die darüber nachdenken sind nicht nur „deutsche Rechte“.

Wer sich über Bassam Tibi ein schnelles Bild machen möchte, dem sei ein Gespräch in der Sendung „vis-a-vis“ vom Juni 2016 empfohlen:

http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=59918

http://www.3sat.de/page/?source=/sfdrs/visavis/187362/index.html

 

Rupert Regenwurm und Bassam Tibi

 

Aufmerksamen Lesern des Wurms ist Bassam Tibi nicht unbekannt. Selbst diese dürften sich aber freuen, wenn der Wurm die entsprechenden Passagen wiederholt (auch, wenn sie etwas länger sind). Sie haben nichts von ihrer Aktualität und auch nichts von ihrer Relevanz eingebüßt.

Islam in Europa

„Während sich Ibn Warraq komplett vom Islam gelöst hat und sich als Atheist bezeichnet, versteht sich Bassam Tibi als gläubiger Muslim, der säkular denkt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Bassam_Tibi

http://www.bassamtibi.de/start-2/

Er kennt den organisierten Islam und die daraus resultierenden Gefahren. Aus einem Vortrag mit dem Titel „Selig sind die Belogenen: Der christlich-islamische Dialog beruht auf Täuschungen – und fördert westliches Wunschdenken“:

„Im Mai 2000 nahm ich an einer Veranstaltung der "Kulturhauptstadt Europa" in Rotterdam teil. Genau zu diesem Zeitpunkt erregten heftige Attacken des Imams von Rotterdam gegen Homosexuelle die Gemüter. Der Imam - der sich übrigens ausdrücklich nicht als europäischer Bürger, sondern als marokkanischer Muslim versteht - erklärte unter anderem: "Die Schwulen müssen bekämpft werden; sie sind eine Gefahr für den Frieden." Von solchen Äußerungen alarmiert, schrieb der Soziologieprofessor Pim Fortuyn ein Buch mit dem Titel "Gegen die Islamisierung unserer Kultur".

Fortuyn, ein bekennender Homosexueller, ging in die Politik. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Auch sie gehört zum Thema "Dialog mit dem Islam". Pim Fortuyn gebührt - was immer man ihm sonst vorwerfen kann - das Verdienst, ein Denkverbot durchbrochen zu haben. Er sprach eine Wahrheit aus, die von einer falsch verstandenen westlich-liberalen Toleranz nicht mehr zugelassen wird: Eine religiöse Kultur, die abweichendes Verhalten wie die Homosexualität verdammt und verfolgt, ist rückständig. Ich selbst bin Muslim. Mich kann man nicht, wie Fortuyn, verdächtigen, ich wolle Muslime ausgrenzen. Umso eindeutiger stelle ich fest: Die Islamisierung der Welt ist ein fester Bestandteil islamischer Weltanschauung.“

(Pim Fortuyn gründete eine „rechtspopulistische“ Partei, die vor allem gegen den Islamismus gerichtet war. Das Ziel war, die Liberalität der Niederlande gegen totalitäre Tendenzen zu verteidigen. Mit allem Nachdruck.)

Weiter mit Bassam Tibi:

„Christen müssen sich mit dieser feindseligen Einstellung offen auseinander setzen, statt sie weiterhin zu verdrängen. Warum geschieht dies nicht? Ich sehe dafür drei Gründe.

Erstens: die Schuldgefühle der Christen, vor allem der deutschen Protestanten, in Bezug auf die unrühmliche Vergangenheit ihrer Kirche im "Dritten Reich". Nie wieder will man in die Gefahr kommen, andere Religionen zu diskriminieren. Hier stellt sich freilich die Frage, warum es Islamisten, die ja militante Antisemiten sind, gestattet sein soll, moralisches Kapital aus dem vergangenen Leiden der Juden zu schlagen.

Zweitens: die gesinnungsethisch verordnete Fremdenliebe der Deutschen, die es ihnen verbietet, zwischen demokratischen und undemokratischen Ausländern und Kulturen zu unterscheiden.

Drittens: die Angst der christlichen Kirchen vor Machtverlust. Wenn nämlich der Anspruch des organisierten Islam, alle Muslime im Rahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu vertreten, zurückgewiesen wird, bliebe dies im Sinne der Gleichbehandlung nicht ohne Folgen für die Kirchen. Wer den Monopolanspruch der orthodoxen Muslime bestreitet, gefährdet das entsprechende christliche Monopol.“

http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/selig_sind_die_belogenen.html

Lohnenswert ist ein Gespräch mit Bassam Tibi im Hessischen Rundfunk. Auszüge daraus:

„… und der zweite Grund ist, dass Sie mir ein Forum geben, weil man mich in Deutschland totschweigt.“

„In Deutschland ist das unerwünscht … Die Herausforderung an Europa ist folgende: entweder gelingt es Europa, aus den Muslimen, die hier leben, europäische Bürger zu machen, und das erfordert auch Europäisierung des Islam, Muslime müssen dran beteiligt werden, also: Europäisierung des Islam, Europäisierung der Muslime, die hier leben, wir sind 20 Millionen inzwischen, oder: Europa wird islamisiert. Diejenigen, die Europa islamisieren wollen, das ist eine Minderheit unter den Muslimen, also unter den 20 Millionen sind vielleicht ein oder zwei Millionen, die sind sehr gut organisiert, sie kontrollieren die Moscheen, sie haben eine Infrastruktur und sie haben Geld.“

„Wenn es den Europäern nicht gelingt, den Migranten, vor allem den Muslimen, eine europäische Identität zu geben, dann wird es sehr viele Probleme in Europa geben.“

https://www.youtube.com/watch?v=-RlyW5TDUN8

https://www.youtube.com/watch?v=YZaYB_13_YA

Europäische Leitkultur

Der Begriff „Europäische Leitkultur“ (nicht zu verwechseln mit „Deutsche Leitkultur“) ist eine Schöpfung von Bassam Tibi. Aus einem weiteren Vortrag von ihm:

„Erstens und historisch gesehen, ist die Aufklärung ein Teil der Identität Europas. Die Aufklärung aufgeben hieße somit der Verzicht auf europäische Identität. Mein Buch „Europa ohne Identität?“, erschienen 1998, ist eine Verteidigung der Aufklärung …

Wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen und Zivilisationen zusammenkommen, müssen sie etwas Gemeinsames haben. Haben sie nichts gemeinsam, reden sie nicht miteinander, sondern aneinander vorbei, wie – Sie erlauben mir die Spitze – bei der „Allianz der Zivilisationen“. Miteinander reden heißt über Probleme reden und wie sie gelöst werden. Wenn man das nicht darf, dann haben wir auch keinen Dialog. Aufklärung sollte die gemeinsame Grundlage des globalen Diskurses und des globalen Friedens sein …

Wir leben im Zeitalter des Nihilismus. Das meint, ohne eine allgemein verbindliche Werteorientierung. Es gibt Menschen mit einer Wertorientierung, deren Leben von dieser Orientierung her bestimmt oder doch wesentlich mitbestimmt ist. Allgemein aber leben – das ist meine Wahrnehmung – in einer Zeit des Nihilismus, in der die Aufklärung „under fire“ ist.

Die Richtung, aus der die Kritik an der Aufklärung kommt, heißt die Postmoderne. Die Postmoderne beansprucht im Namen eines kulturellen Werterelativismus einen relativ bedingungslosen Respekt vor anderen Kulturen. Dem wird das europäische Denken, soweit es einen Anspruch auf universelle Geltung erhebt, als Universalismus entgegenstellt, auch diskreditiert, den es zu relativieren gilt. Respekt vor anderen Kulturen heißt akzeptieren was sie hervorbringen, heißt relativieren, selbst die Menschenrechte.

In Europa bedeutet Foltern die Verletzung der Menschenrechte. In der Türkei – ich weiß das, ich habe dort gelebt – gehört das zum Verhör in der Polizeistation dazu. Schläge auf die Fußsohlen, das kenne ich aus Damaskus, tun unheimlich weh. Dann reden die Leute. Das soll dann keine Verletzung der Menschenrechte sein. Der Respekt vor anderen Kulturen scheint zu fordern, es hinzunehmen, über Verletzung der Menschenrechte nicht zu sprechen …

Das Gegenteil von Absolutismus ist Relativismus. Die Europäer sind Relativisten geworden. Und Relativisten sind in der Auseinandersetzung mit Absolutisten die Verlierer. Das beste Buch über die Postmoderne hat Ernest Gellner geschrieben, mit dem Titel „Postmodernism, reason and religion“. Und auf Seite 85 können Sie lesen: „Their Attitude (of the culture relativists) is roughly that absolutism is to be tolerated“. Respekt vor anderen Kulturen ist etwas Hervorragendes. Aber eben nicht in der Art und Weise eines Blankoschecks. Das Problem Europas und der Europäer, allgemein zumindest: Andere Kulturen müssen respektiert werden, so wie sie sind. Europa denkt kulturrelativistisch. „Their attitude is roughly that absolutisms is to be tolerated if only it is sufficiently alien culturally”. Religiöse Fundamentalisten sind, so Gellner, absolutistisch und deswegen erfolgreich. Und was machen die Anhänger der Aufklärung? Ihnen wird Aufklärungsfundamentalismus, „fundamentallist rationalism“ vorgeworfen. Hier ist Gellner, den ich persönlich kannte und der für die Verteidigung der Aufklärung stritt, oft nicht verstanden worden. Er wollte damit die Verteidigung der Aufklärung nicht auf die Stufe des religiösen Fundamentalismus stellen, sondern zum Ausdruck bringen, wir müssen mit gleicher Kraft zur Aufklärung stehen wie die Fundamentalisten zu ihrer Religion.

Wenn Multikulturalität gelingt, das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen gelingt, dann gäbe es nichts, was dagegen sprechen könnte. Aber Multikulturalismus hat eine andere Bedeutung, die Bedeutung des:„any thing goes“, der Wertebeliebigkeit. Danach hätte ich kein Recht, andere Kulturen zu kritisieren, ich müsste sie respektieren, wie sie sind. Das Wichtigste aber, was ich bei Max Horkheimer in Deutschland gelernt habe, ist Kritik, Kritik ohne Tabus …

Aufklärung bleibt die Grundlage. Mit Fundamentalismus kann man so etwas nicht machen. Der Fundamentalismus kann viele Namen und viele Gesichter haben. Mit den großen amerikanischen Theologen, Martin Marty und Scott Apleby, der eine evangelisch, der andere katholisch, weiß ich mich einig: Die Religion kommt zurück. Aber nicht als Glaube, sondern mit den Anspruch, „remaking of the world”, die Welt neu gestalten, nach religiösen Prinzipien neu gestalten. Für den Augenblick einmal angenommen, hypothetisch, die Welt würde jetzt christlich organisiert, die Muslime könnten und würden das nicht akzeptieren, die Hindus nicht und auch die Sikhs nicht. – wie anders auch die Christen keine islamische Ordnung akzeptieren könnten und würden. Die Grundlage der Weltordnung kann daher nur religiös-neutral sein, also säkular. Die Aufklärung ist säkular. Natürlich, Europa ist christlich. Aber seit der Reformation, besonders seit der Renaissance, hat Europa die „sources of inspiration for the idea of Europe“ ausgetauscht, von Jerusalem nach Athen, vom Christentum zum Hellenismus. Natürlich bleibt das Christentum als private Religion in Europa dominant, aber die kulturelle Moderne wird vom Hellenismus, nicht vom Christentum geprägt. Diesen Hellenismus haben auch die Muslime in ihren besseren Tagen gesehen. Und so haben wir doch eine gemeinsame Grundlage. Und die heißt: Aufklärung als Primat der Vernunft.“

http://rollbrecht.eu/bt2/wp-content/uploads/2014/02/Vortrag-Wien_2012.pdf

Wertelosigkeit in Europa

Vor allem in den letzten Jahrzehnten gibt es zumindest im westlichen Europa die Tendenz, dass so ziemlich alles egal ist. Das hat den Vorteil, dass es extreme Positionen nicht mehr so einfach haben wie zu früheren Zeiten und mehr und mehr Menschen die Möglichkeit haben, nach ihrer eigenen Art und Weise leben zu können. Mehr oder weniger.

Im religiösen Bereich hat das die Folge, dass selbst gläubige Menschen entweder nicht wissen, was ihr Glauben beinhaltet oder sie sich schön reden. Hölle oder Teufel? Abgeschafft. „Frau hat in der Gemeinde zu schweigen“? In einigen christlichen Kirchen dürfen Frauen Priester werden und diejenigen, die das nicht erlauben, müssen sich scharfe Kritik anhören. Sex vor der Ehe, „wilde Ehe“, Scheidung, Homosexualität – gang und gäbe, kaum Kritik.

Einerseits ist das aus humanistischer Sicht ja erfreulich – andererseits hat das Treiben mit dem ursprünglichen Glauben nichts mehr zu tun und sie könnten’s dann gleich bleiben lassen.

Einige lassen’s tatsächlich bleiben und basteln sich ihre eigene Religion zusammen. Ein bisschen von hier, ein bisschen von da, ein bisschen von dort, wie es Einem halt so in den Kram passt. Esoterischer Blödsinn kommt dann auch noch dazu. Alles Irre.

Im säkularen Bereich gibt es die Aufklärung, zu deren Verteidigung Bassam Tibi aufruft. Jetzt frage mensch mal andere Menschen, etwa bei der Arbeit, was „Aufklärung“ bedeutet. Er kann sich sicher sein, dass das Wissen darüber erschreckend ist, nämlich kaum vorhanden.

Hier mal etwas Nachhilfe:

"Als wichtige Kennzeichen der Aufklärung gelten die Berufung auf die Vernunft als universelle Urteilsinstanz, der Kampf gegen Vorurteile, die Hinwendung zu den Naturwissenschaften, das Plädoyer für religiöse Toleranz und die Orientierung am Naturrecht. Gesellschaftspolitisch zielte die Aufklärung auf mehr persönliche Handlungsfreiheit (Emanzipation), Bildung, Bürgerrechte, allgemeine Menschenrechte und das Gemeinwohl als Staatspflicht. Viele Vordenker der Aufklärung waren optimistisch, eine vernunftorientierte Gesellschaft werde die Hauptprobleme menschlichen Zusammenlebens schrittweise lösen. Dazu vertrauten sie auf eine kritische Öffentlichkeit.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Aufkl%C3%A4rung

Wichtigster Aspekt der Aufklärung sind wohl die Menschenrechte. Um es einfach zu formulieren: jeder Mensch soll die gleichen Rechte haben. Unabhängig von dessen Geschlecht, Hautfarbe, Rasse, Glaube, Staatsangehörigkeit. Unter anderem.

Aus „Wikipedia“:

"Als Menschenrechte werden subjektive Rechte bezeichnet, die jedem Menschen gleichermaßen zustehen. Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet und dass diese egalitär begründeten Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind. Die Idee der Menschenrechte ist eng verbunden mit dem Humanismus und der im Zeitalter der Aufklärung entwickelten Idee des Naturrechtes. "

http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte

"Gewisse unveräußerliche und schützenswerte Rechte der menschlichen Individuen im staatlichen Rahmen haben Vordenker aufklärerischen staatstheoretischen Denkens wie Grotius, Locke oder Montesquieu mit je unterschiedlichem Akzent in ihren Gesellschafts- und Herrschaftsmodellen bereits berücksichtigt. Als allgemeine Menschenrechte sind solche Vorstellungen in erweiterter Form eingegangen in die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 1776, in die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte durch die Französische Nationalversammlung 1789 und schließlich in die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen 1948.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Aufkl%C3%A4rung#Menschenrechte_und_Volkssouver.C3.A4nit.C3.A4t

http://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf

Alle Religionen haben etwas gegen Aufklärung und Menschenrechte: zumindest Frauen und Nichtgläubige werden bei denen immer untergebuttert. Und nicht nur die. Selbst in angeblich „aufgeklärten“ Ländern der heutigen Zeit: da reicht es in Deutschland schon, einen Menschen zu heiraten, der geschieden ist. Wer in der Situation einen christlichen Arbeitgeber hat, kann, wenn er Pech hat und in der falschen Region lebt, mit lebenslangem Berufsverbot rechnen.

Für die Idee, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben sollten, waren lange Kämpfe erforderlich und viele sind dafür gestorben. Jetzt gibt es kaum noch welche, die sich dafür interessieren, alles relativieren und für alles andere Verständnis haben. Wo ist da der Widerstand gegen solche Kräfte, die die Errungenschaften der Aufklärung abschaffen wollen?

Wenn Bassam Tibi sich beklagt, dass er in Deutschland „totgeschwiegen“ wird und sich wie ein kleines Kind freut, wenn er mal ein „Forum“ bekommt, spricht das Bände.

Euro-Islam

Von ihrem Selbstverständnis her fühlen sich die meisten Muslime den Nicht-Muslimen überlegen. Wie bei Religionen halt so üblich. Nun haben die Muslime eine große Vergangenheit, in der sie weltweit führend waren. Müssen aber mitansehen, dass die muslimischen Länder kulturell, wirtschaftlich und politisch weit hinten sind und empfinden dies als Demütigung.

Eine besonders große Demütigung ist die Existenz des Staates Israel. Nach der endgültigen Niederlage im Jom-Kippur-Krieg von 1973 fragten sich die zahlenmäßig weit überlegenen Muslime bzw. Araber, warum sie das viel kleinere Israel nicht schlagen konnten. Die Antwort, die sie sich selbst gaben war, dass sie zu wenig glaubten. Gott ist ihnen böse, weil sie zu wenig glaubten.

Bis dahin war der Glaube eher im Niedergang begriffen. Von den Universitäten ausgehend, war das die Losung für die Zukunft: mehr glauben, auch mehr wörtlich glauben, dann wird alles gut. Dies war der Beginn des aktuellen islamischen Fundamentalismus.

Mensch frage heutzutage einen Moslem, warum die islamische Welt heute dermaßen hinten liegt. Die Antwort wird wohl immer die selbe sein: zu wenig Glaube.

Was macht die islamische Gemeinschaft mit solchen, die ein bisschen mehr glauben? Das gleiche, was andere Religions-Gemeinschaften auch machen: Verständnis dafür haben. Manches mag zwar weniger schön sein – aber es kommt ja aus dem Glauben heraus.

Moderate werden immer Verständnis für die Fanatiker haben und denen immer Hilfe gewähren.

Nun zu den übleren Zeitgenossen, deren erklärtes Ziel die Islamisierung Europas ist. Um noch mal Bassam Tibi zu zitieren: „Diejenigen, die Europa islamisieren wollen, das ist eine Minderheit unter den Muslimen, also unter den 20 Millionen sind vielleicht ein oder zwei Millionen, die sind sehr gut organisiert, sie kontrollieren die Moscheen, sie haben eine Infrastruktur und sie haben Geld.“

Aus einem Interview mit ihm in der österreichischen „Kleine Zeitung“:

„Auch in Österreich. Die Moslembrüder sind massiv präsent und haben viel Macht. Sie werden hier durch den Rechtsstaat geschützt.

Mit Moslembrüdern ist kein demokratischer Staat zu machen?

Sie spielen ein Doppelspiel: Nach außen reden sie liberal und demokratisch, in ihrem eigenen Kreis treten sie für einen Scharia-Staat ein …

Sie haben vor 20 Jahren einen Euro-Islam beschworen, einen sekulären Islam der sich von der Scharia verabschiedet. Sind die europäischen Muslime diesem Ideal seither näher gekommen?

Ich habe Anhänger. Sie haben voriges Jahr in Deutschland eine Bewegung gegründet: Verband europäisch-demokratischer Muslime. Ich bin keine Ein-Mann-Sekte, aber ich muss offen sagen, dass Islamisten in Europa, auch hier bei Ihnen in Österreich, stärker sind als wir. Die haben mehr Geld, mehr Mittel. Die verstorbene Innenministerin Liese Prokop hat mich zu einem Dialog mit dem früheren Vorsitzenden der Islamischen Glaubensgemeinschaft eingeladen. Er hat erklärt, dass sein Verband zu dem Ergebnis gekommen sei, dass mein Modell eindeutig abzulehnen sei. Ich habe gesagt: “Wenn Sie keinen europäischen Islam haben wollen, dann sind sie nicht für Integration.“ Ich bin aus Protest aufgestanden und weggegangen. Mit diesen Leuten kann man nicht seriös diskutieren.“

http://www.pi-news.net/2011/05/bassam-tibi-aus-der-traum-vom-euroislam/

Da hat Bassam Tibi Recht: mit diesen Leuten kann mensch nicht seriös diskutieren. Er hat wenigstens den Vorteil, dass er diese Sorte kennt, weiss, was sie wollen und wie mit ihnen umzugehen ist.

Das wissen andere nicht bzw. wollen das nicht wissen. Noch mal Bassam Tibi: „Sie spielen ein Doppelspiel: Nach außen reden sie liberal und demokratisch, in ihrem eigenen Kreis treten sie für einen Scharia-Staat ein.“

Jeglicher Kompromiss, jegliches Zugeständnis wird von dieser Sorte als Schwäche verstanden. Und sie schicken ihre Leute vor, um Stück für Stück ihre Ziele weiter zu verwirklichen: Lehrerinnen und Schülerinnen dürfen im Schulunterricht Kopftuch tragen (was in manchen islamischen Ländern als Demonstration des militanten Islams verboten ist), ihre Töchter dürfen vom Sexualkunde-Unterricht, vom Sportunterricht und von Klassenfahrten freigestellt werden, den Söhnen dürfen Teile vom Körper abgeschnitten und Tiere dürfen geschächtet werden. In den letzten beiden Punkten sind sie sich wenigstens mit den Menschen jüdischen Glaubens einig. Das Ende aller Wünsche dürfte dies noch nicht sein.

Dass in deutschen Groß-Schlachthöfen Tiere in Richtung Mekka geschlachtet werden, ist noch ein Kuriosum, das außer den Tieren (meistens Geflügel, das ja sowieso geschlachtet würde) niemandem schadet. Auch, dass beim Tötungsvorgang ein Schild mit der Basmala ("Im Namen Gottes (Gott ist groß)") angebracht ist. Dokumentiert im Film „Unser täglich Tier – Morden für die Rendite“ in den Minuten 22 und 33:

https://www.youtube.com/watch?v=vsFfWoa32yc

Nein, diese Sorte versteht nur eine Sprache: klare Kante. Ibn Warraq zitiert John Howard, den ehemaligen Ministerpräsidenten von Australien: „Er hat den in Australien lebenden Muslimen klar gesagt: "Wer hier lebt, der muss sich an unsere Gesetze halten. Wenn ihr unter der Scharia leben wollt, dann müsst ihr Australien verlassen." So klar hat sich kein anderer Politiker geäußert.“

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/islamkritiker-ibn-warraq-dieser-kalte-krieg-kann-100-jahre-dauern-a-499223.html

Oder wie der Kabarettist Serdar Somuncu:

https://www.youtube.com/watch?v=wBNyVj5pezM

Zusammenfassung

- die meisten Moslems sind friedlich, mehr oder weniger integriert und wollen in Ruhe ihren Glauben leben

- es gibt aber einflussreiche Moslems, die nach ihrer eigenen Tradition leben und die Gesellschaft, in der sie leben, entsprechend ändern wollen

- Probleme werden seitens der europäischen Länder oft ignoriert oder verharmlost

- seriöse Menschen, die die Probleme beim Namen benennen und zur Lösung beitragen wollen, werden in den Medien mehr oder weniger „totgeschwiegen“, teilweise sogar beschimpft

- die heutigen Europäer haben kaum noch gemeinsame Werte – wer seine Werte nicht kennt, kann sie auch nicht verteidigen

- Gutmenschen und Jünger des Multikulti leben im Wolkenkuckucksheim, Konservative sind inexistent

- das „normale Volk“ fühlt sich von der Politik und den Medien im Stich gelassen bis verarscht, regt sich aber vorrangig über Sachen auf, die dem Islam nicht speziell anzulasten sind

- es herrscht eine sehr große Unkenntnis des Islam auf allen Ebenen

- Religion ist die Wurzel allen Übels. Ohne die Deckung der Moderaten könnten die Radikalen nicht agieren

Wenn noch nicht mal die Menschen für die Aufklärung und die Menschenrechte eintreten, ist das traurig. Nichtsdestotrotz: der Wurm und die Bewohner des Erdreiches tun dieses.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/131-islam-in-europa.html

 

Artikel von Bassam Tibi aus 2016

 

Wenn es einen Menschen gibt, der sich kompetent über Deutschland, Islam und Moslems in Deutschland äußern kann, dann ist es Bassam Tibi. Das, was er zu sagen hat, ist wichtig. Über Deutschlands Vergangenheit, seine Gegenwart und seine Zukunft.

Hier nur einige Auszüge aus einigen Artikeln. Das alles und noch viel mehr gibt es auf Bassam Tibis Homepage zu lesen:

http://www.bassamtibi.de/?page_id=1099

 

 „Weltwoche“: Europa nach Merkel (Februar 2016)

 

„Die Masseneinwanderung arabischer und nordafrikanischer Muslime gefährdet die Stabilität und die Identität Europas. Parallelgesellschaften bilden sich bereits. Politik und Medien verdrängen und tabuisieren. Als gebürtiger Syrer schwanke ich zwischen Fassungslosigkeit und Staunen.

Das Jahr 2015 war dramatisch für Europa. Es war durch die Zuwanderung von zirka 1,5 Millionen Flüchtlingen aus Nahost und Afrika gekennzeichnet. Dies ist eine demografische Lawine, die von Schleuserbanden befördert worden ist. Die Mehrheit der Flüchtlinge sind Jugendliche und junge Männer. Obwohl dieses Ereignis von der deutschen Bundesregierung ausgelöst wurde, betrifft es ganz Europa. Aufgrund der Verlautbarungen der Kanzlerin, die ein «freundliches Gesicht» zeigen wollte, wurde laut Spiegel allein in Afghanistan eine Million Pässe ausgestellt, in Syrien und dem Irak blüht der Handel mit falschen Pässen. Es war global bekanntgeworden, dass in Westeuropa die Grenzen nicht mehr gelten. Ende August 2015 hat die Bundesrepublik offiziell ihre Grenzen für Flüchtlinge geöffnet. Es kamen Flüchtlinge ohne Ausweise oder mit gefälschten Papieren, sie wurden registriert und in die sozialstaatlichen Leistungen einbezogen. Das ging um die Welt und hat weitere Migrationsschübe verursacht.

Offiziell wurden in Deutschland 1,1 Millionen Flüchtlinge registriert, die restlichen 400 000 verstreuen sich über ganz Westeuropa.

Leugnung der Gefahren

Das Jahr 2015 endete so dramatisch, wie es begonnen hatte. In Köln und Hamburg drangen je zirka tausend arabische Flüchtlinge in die Neujahrsfeierlichkeiten beider Städte ein. Zunächst haben sie in größeren Gruppen Frauen umzingelt und diese dann in separaten kleineren Gruppen eingekesselt. Die eingekesselten Frauen wurden sexuell missbraucht und in einigen Fällen vergewaltigt und anschließend beraubt. Die Polizei glänzte durch Abwesenheit. Die Hunderte von Anzeigen geschundener Frauen stellen dieses Verhalten in Frage. Hiervon ausgehend will ich drei Problembereiche erläutern: die illegale Migration, ethnische Armut und Parallelgesellschaften. Diese Problembereiche werden in den europäischen Medien als Tabuzonen behandelt, zum Schutz der Flüchtlinge vor Vorurteilen.

Ich möchte vorausschicken, dass ich ein syrischer Migrant bin, der seit 1962 in Europa lebt. Bereits nach dem Zusammenbruch des Kommunismus gab es Migrationsschübe. Aber seit 2015 erleben wir eine Flüchtlingskrise, bei der es um das Schicksal Europas geht. Im Dezember hat das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) die Zahl der Flüchtenden mit sechzig Millionen beziffert. Diese werden durch Merkels Willkommenskultur angezogen. Wie frei kann man über dieses Thema sprechen? Warum wollen die meisten Flüchtlinge nach Europa kommen?

Vor der Aufnahme einer Debatte müssen zwei Fragen geklärt werden, um zu vermeiden, in eine akademische oder eine Links-rechts-Diskussion zu geraten. Die eine betrifft die Möglichkeit, objektive Erkenntnisse über den anstehenden Diskussionsgegenstand zu erlangen. Die andere bezieht sich auf das Recht der Meinungsfreiheit in der Diskussion über die zivilisatorische Identität Europas. Die offene Debatte wird heute als «populistische Panikmacherei» verfemt. Europäische Postmodernisten behaupten, dass es weder eine Objektivität noch einen universellen Rationalismus gebe. Es wird unterstellt, dass jede Erkenntnis nicht mehr als eines unter zahlreichen Narrativen sei, und noch mehr: Es gebe keine europäische Identität mehr, sondern nur noch eine undefinierbare Bevölkerung, gekennzeichnet durch Vielfalt und zahllose Minderheiten. Ich bin als syrischer Muslim aus Damaskus nach Europa gekommen, wo ich die kulturelle Moderne kennengelernt habe. Ich hatte das Glück, in den sechziger Jahren bei großen europäischen akademischen Lehrern zu studieren, als es den Unsinn der soeben zitierten Postmoderne noch nicht einmal gab. Die FAZ hat in einer Glosse zu einem von Marcel Proust entworfenen «Fragebogen», den ich 1995 ausfüllen durfte, über mich geschrieben, dass ich darüber staune, dass man die Europäer «nicht alleine über den Islam, sondern auch über die Grundlagen und Vorzüge ihrer eigenen westlich-säkularen Zivilisation aufklären» müsse. Die FAZ zitierte meine Zurückweisung der gesinnungsethischen Weltanschauung jener Europäer, die «eine Postmoderne auch gegenüber Diktatoren in Asien oder Afrika vertreten » – und dies unter dem Vorwand von Pluralismus und Werterelativismus propagieren. Auch heute, zwanzig Jahre später, trete ich gegen die Postmoderne an und stelle fest, dass es eine objektive Welt gibt, die Wissenschaftler erkennen können. Diese rationale Methode ist das Wichtigste, was ich als Syrer aus Damaskus in Europa gelernt habe. Ohne diese Methode wären die Erkenntnisse, die in diesem Artikel enthalten sind, undenkbar. Europäischer Nihilismus lässt die Menschen dermaßen erblinden, dass postmoderne Europäer objektives Wissen verleugnen und Gefahren wie die anstehende demografische Lawine aus der islamischen Welt nicht mehr sehen.

Ich bin ein Mensch, der das Europa der Freiheit gerne gegen die «Feinde der offenen Gesellschaft» (Popper) verteidigt. Als Sozialwissenschaftler stelle ich anhand der unzweifelhaften Zahlen fest, dass 2015 zirka 1,5 Millionen Menschen illegal nach Europa gekommen sind. Ich wiederhole die Zahl des UNHCR von sechzig Millionen Flüchtlingen, von denen einige Millionen bereits vor Europas Toren stehen. Es ertönt der mediale Ruf, dass Europa die Hauptlast dieser Völkerwanderung übernehmen solle. Doch Europa gefährdet seine Stabilität und Identität, wenn es duldet, dass diese Entwicklung unkontrolliert fortschreitet. Damit das nicht geschieht, müssen wir uns den Postmodernisten entgegenstellen, die Redefreiheit garantieren und eine verantwortungsethische Analyse der Lage vornehmen, die Europa als «Insel der Freiheit in einem Ozean der Gewaltherrschaft », wie Horkheimer es nennt, verpflichtet ist.

Ist Deutschland ein failed state?

In traditionellen Einwanderungsländern wie den USA, Kanada und Australien besteht der Staat auf der völligen Kontrolle der Einwanderung und unterwirft diesen Prozess strikten Regeln. Die illegale Migration in Europa ist genau das Gegenteil davon. Bei dieser unkontrollierten und naturwüchsigen Zuwanderung treten kriminelle Schleuserbanden an die Stelle des Rechtsstaates. Deutschland hat seit August 2015 die Kontrolle über seine Grenzen aufgegeben. Parallel zu diesem Chaos wird ein Propagandakrieg geführt, unter anderem mit gestellten Bildern von Kindern und Frauen, um jegliche Kritik als inhuman abzustempeln. Hierbei ist es empörend, zu sehen, wie Meinungsmacher die kriminellen Schleuser als Retter oder gar als Helden zelebrieren. Schleuser werden mit jenen verglichen, die während des Kalten Krieges Menschen aus Osteuropa vor dem Kommunismus in die Freiheit des Westens retteten. Nach Berichten von Sicherheitsexperten betragen die Einkünfte dieser Banden rund 56 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Zahl übertrifft die Einnahmen aus Drogenhandel und Prostitution bei weitem. Es trifft zu, dass Europa demografische Defizite hat und Einwanderer benötigt. Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut hat in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel jedoch darauf hingewiesen, dass ein Gros der Zuwanderer Analphabeten beziehungsweise nicht oder nur schlecht ausgebildet sind, weshalb sie langfristig vom Sozialstaat leben werden – oder wie Sinn es ausdrückte: «Der Sozialstaat wird lädiert.» Er beziffert die Sozialkosten dieser Million Migranten pro Jahr mit 21 Milliarden Euro. Europa ist reich und kann damit leben. Das eigentliche Problem ist, dass die heutige Migration nicht vom Rechtsstaat, sondern von kriminellen Banden kontrolliert wird. Es ist ein Fakt, dass nicht die Menschen nach Europa kommen, die als Arbeitskräfte benötigt werden. Unter den Migranten befinden sich zudem Kriminelle und Terroristen, die die Sicherheit Europas gefährden. An den Terroranschlägen in Paris vom November waren zwei Dschihadisten mit syrischen Pässen beteiligt, die in Griechenland registriert worden waren.

Wenn europäische Politiker wie die Bundeskanzlerin wiederholen, dass die von ihnen regierten Staaten die Grenzen nicht kontrollieren können, kann ich als Professor für Internationale Beziehungen nur staunen. Ich habe vierzig Jahre lang meinen Studenten auf vier Kontinenten beigebracht, dass ein Staat durch die Fähigkeit, seine Souveränität zu bewahren, definiert wird. Andernfalls gilt er als failed state. Es stellt sich die Frage, ob die Bundesrepublik unter Merkel ein failed state geworden ist. Die Zahl der illegalen Migranten von 1,5 Millionen wird zudem durch die Familienzusammenführung vervielfacht. Das ist eine gesellschaftliche Realität. In Deutschland täuschen die Medien ihre Rezipienten mit der Behauptung, die Flüchtlinge aus Syrien seien mehrheitlich Ärzte, Ingenieure beziehungsweise hochgebildete Akademiker. Ich habe vielmehr ungebildete Bauern und Jugendliche mit Gewaltneigung gesehen. Kurz: Die illegale Migration in ihrer nackten Realität erschüttert die Statik des Gemeinwesens aller europäischen Demokratien.

Mein zweites Thema ist die ethnische Armut. Auch ich finde den Kampf gegen die Armut ehrenvoll – aber eine verantwortungsethische Politik darf mit utopischen Vorstellungen wie der «Abschaffung der Armut» nicht verwechselt werden. Es gibt unterschiedliche gesellschaftliche Stufen der Armut. In Europa gelten Sozialhilfeempfänger als arm. Doch die hiesige Sozialhilfe ist oft höher als ein Mittelklasseeinkommen in den Herkunftsländern der Migranten. Der damalige Präsident Bill Clinton hatte während seiner Amtszeit eine Sozialhilfereform durchgeführt mit der Begründung, Sozialhilfe sei eine Hilfe in Not und kein Dauerzustand. Ein Großteil der Armutsflüchtlinge in Europa bleiben dauerhaft Sozialhilfeempfänger. Sie bilden eine soziale Unterklasse, die durch ihre Herkunft definiert wird. Diese ethnische Bestimmung ist sozialer Sprengstoff. Das klassische Beispiel hierfür sind die Banlieues von Paris, die fast ausschließlich von muslimischen Nord- und Westafrikanern bewohnt werden. Der britische Soziologe Anthony Giddens hat für diesen Zustand den Begriff «ethnische Armut» geprägt, um die soziale Realität bestimmter Minderheiten begrifflich zu erfassen. Aus langjähriger Forschung weiss ich, dass die muslimischen Armen die Schuld für ihre Misere in der Spannung zwischen Muslimen und «Ungläubigen» suchen, mit dem Resultat, dass sie nicht integrierbar sind – aber anfällig für Kriminalität und Extremismus.

Islamische Enklaven

Ethnische Armut findet ihre reale soziale Entsprechung in europäischen Großstädten in «Parallelgesellschaften», ein Begriff, den ich in meiner Forschung über Migration in die deutsche Sprache eingeführt habe. Der amerikanische Islamwissenschaftler John Kelsay hat solche Gesellschaften, die in Europa existieren, aber nicht dazugehören, als Enklaven bezeichnet. Empirisch hat der Franzose Gilles Kepel diese «banlieues de l’Islam» am Pariser Beispiel untersucht. Es gibt sie indes nicht nur in Paris, sondern auch in Brüssel, London, Berlin, Köln.

Alle drei Gefahren – die unkontrollierte illegale Migration, die ethnische Armut und die Gettobildung – materialisieren sich in solchen Parallelgesellschaften. Historisch ließen sich die Banlieues von Paris und vergleichbare Parallelgesellschaften in Großbritannien als Folge der Kolonialzeit einstufen. Gesellschaftspolitisch werden sie wahrscheinlich niemals behoben werden können. Wenn nun in unserer Zeit, wie seit 2015, eine unkontrollierte und illegale, millionenstarke Zuwanderung nach Europa stattfindet, dann werden vergleichbare Parallelgesellschaften überall entstehen, auch in europäischen Ländern ohne Kolonialvergangenheit, wie zum Beispiel in Schweden. Ich wage die Prognose, dass eine ungehemmte Ausbreitung der Parallelgesellschaften in Europa den Zerstörungsprozess des Gemeinwesens einleitet. Osteuropäische Länder, die dieses Schicksal nicht hinnehmen wollen, werden in westlichen Medien mangelnder Solidarität bezichtigt. Es ist beängstigend, wie Deutschland in diesem Kontext einen moralischen Imperialismus praktiziert, der sogar mit wirtschaftlichen Sanktionen verbunden wird. Ich bin als Fremder in Europa geschützt vor dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit. Ich lebe und lehre seit 1973 in der Universitätsstadt Göttingen. Seit 2015 ist Göttingen nicht mehr die Stadt, die ich von früher kannte. Nicht mehr die flanierenden Studenten prägen das Gesicht der Stadt, sondern Armutsflüchtlinge, bärtige Islamisten mit ihren uniformierten Kopftuchfrauen sowie Jugendgruppen aus arabischen Ländern inklusive Eritreas. Ich frage mich, ob Europa diese Zerrüttung seines Gemeinwesens als Perspektive hinnehmen muss. Um mich vor dem Vorwurf zu schützen, Vorurteile gegen Kopftuchfrauen zu haben, zitiere ich aus dem Buch meiner türkisch-islamischen Kollegin Nilüfer Göle über Schleier: «Die zeitgenössische Verschleierung der Frauen dient der Unterstreichung, dass die Grenzen zwischen der islamischen und der westlichen Zivilisation unüberwindbar  sind.» Das muslimische Kopftuch ist das Emblem der Parallelgesellschaft.

Europa und die 60 Millionen Flüchtlinge

Wird Europa nach Merkels Parole «Wir schaffen das» weiter so handeln? Wie wird es mit sechzig Millionen fertig werden? Kann Europa sein demokratisches Gemeinwesen aufrechterhalten? Es fällt auf, dass die politischen Instanzen und die Medien die globale Flüchtlingskrise schicksalhaft hinnehmen und postulieren, dass Europa kraft seines Wohlstandes die Hauptlast der globalen Flüchtlingskrise tragen solle. Die USA haben noch nicht einmal 10 000 Syrer aufgenommen, die reichen arabischen Golfstaaten haben gar keine aufgenommen. Warum Europa? Die USA halten Europa moralische Vorträge, dabei könnte man bösartig sagen, dass Europa die USA auf Schadenersatz verklagen könnte – schließlich sind die von den USA ausgelösten Nahostkriege eine der Hauptursachen der Flüchtlingskrise.

Als Nichteuropäer, der von seinem jüdisch-europäischen Lehrer Max Horkheimer gelernt hat, sehe ich seit 2015 ein anderes Europa auf mich zukommen. Ich werde wütend, wenn Gesinnungsethiker solche Sorgen mit dem Vorwurf der Rechtsradikalität abtun. Als Syrer leide ich mit meinem Volk und danke Europa für die Aufnahme der Kriegsflüchtlinge. Aber weder sehe ich einen Fortschritt noch einen Humanismus darin, wenn Jugendbanden von Damaskus und Aleppo als No-Future-Generation nach Europa kommen.

Erheblicher als die Sicherheitsprobleme und die Kriminalität sind indes die Folgen der entstehenden Parallelgesellschaften. Sie und ihre ethnische Armut sind nicht nur eine Überlastung – Muslime der Parallelgesellschaften pflegen auch ein anderes Narrativ für die Zukunft und Identität Europas. Mich erinnern die Debatten deutscher Politiker über Obergrenzen der Zuwanderung an die Geschichte von Byzanz. Während dort im Jahr 1453 christliche Mönche über religiöse Formeln diskutierten, belagerte ein islamisch-osmanisches Heer die Stadt und nahm diese schließlich ein. Die islamischen Krieger haben Byzanz in Istanbul verwandelt. Heute diskutieren europäische Politiker über Obergrenzen für Flüchtlinge und deren Verteilung. Sie übersehen dabei die Zahl von rund sechzig Millionen Flüchtlingen, die vor den Toren Europas warten. Das ist Aufklärung und nicht Panikmache. Muslime nennen solche wertlosen Debatten im Rückblick auf den Fall Konstantinopels «byzantinisches Geschwätz».

Der Ursprung der Formel «Islamisierung Europas» geht nicht auf die fremdenfeindliche Propaganda der deutschen Pegida-Bewegung zurück. Der Begriff bringt die islamische Utopie zum Ausdruck, dass die Menschheit unter dem Banner des Islam zu vereinigen sei. Der von Saudi-Arabien dominierte arabische Weltkongress beschloss im Juli 1993 in Kairo, die in Europa lebenden Muslime im Rahmen einer neuen Strategie der «Da’wa» («Ruf zum Islam») zur Verbreitung des Islam zu mobilisieren. Das ist das Narrativ der islamischen Parallelgesellschaften, die bisher türkisch waren und heute um syrische, afghanische und irakische Migranten erweitert werden.

Bereits 1998 ging ich diesem Thema in meinem Buch «Europa ohne Identität?» nach. Heute, knapp zwei Jahrzehnte nach dessen Erscheinen, sehe ich mich bestätigt. Ein Europa der Flüchtlingslager und Parallelgesellschaften kann keine Identität mehr haben. Es ist jedoch noch nicht zu spät, den Trend zu stoppen – wenn die Europäer dies wirklich wollen.“

http://www.bassamtibi.de/wp-content/uploads/2016/02/wew_20160128_0_0_461.pdf

 

„Cicero“: Warum ich kapituliere (Juni 2016)

 

„Das Jahr 2015 markiert das Ende meiner Hoffnung auf eine Europäisierung des Islam. 2015 sind mehr als anderthalb Millionen Flüchtlinge aus der Welt des Islam, überwiegend aus meiner Heimat Syrien, nach Europa gekommen, unter denen ich keine einzige europäisch gekleidete Frau gesehen habe. Ich sehe bärtige Islamisten und Frauen in islamistischer Uniform und resigniere …

Im Jahre 1992 kristallisierte sich mir die Idee eines europäischen Islam weiter heraus … Es scheint, dass heute die Parallelgesellschaft über die Integration gesiegt hat. Darum gebe ich auf.

In Deutschland sind diese Themen tabu. Es ist nicht ungefährlich, sie anzusprechen. Deswegen wich ich in die USA aus, um in Berkeley, Cornell und Stanford über die Folgen der fehlenden Integration islamischer Migranten nachzudenken und zu schreiben. Selbst in Frankreich scheint das Projekt gescheitert. Die Frankreich-Korrespondentin der FAZ, Michaela Wiegel, erklärte, der Islam werde in Frankreich als Sicherheitsproblem betrachtet: Die Integrationsdebatte „wird in Paris unter dem Primat der Sicherheit geführt“. Deutsche Gutmenschen wollen hiervon nichts wissen …

Die Grundvoraussetzungen für einen europäischen Islam wären: 1. Trennung von Religion und Politik im Rahmen der Privatisierung des Glaubens. 2. Aufgabe der islamischen Konzepte von Dschihad und Scharia, die jede Integration behindern. 3. Islamische Akzeptanz der säkularen Demokratie als Werteorientierung für ein Gemeinwesen, in dem Muslime und Nichtmuslime als Citoyens leben. 4. Toleranz im Sinne der europäischen Aufklärung und nicht das, was Muslime unter Toleranz verstehen, nämlich Duldung von Christen und Juden als Dhimmi, untergeordnete Gläubige; diese Auffassung widerspricht der Grundidee Europas. 5. Aufgabe des islamischen Anspruchs auf Siyadat, Vorherrschaft und religiöse Überlegenheit der Muslime, zugunsten eines Pluralismus der Religionen.6. Bestimmung der in Europa lebenden Muslime als Individuen, nicht als Umma-Kollektiv, im Rahmen von individuellen Menschenrechten; Geschlechtergleichheit und Glaubensfreiheit gelten für Bürger einer Zivilgesellschaft als Individuen in einem demokratischen Gemeinwesen, nicht für ethnisch-religiöse Kollektive.

Wenn diese Vision von der Politik und von Muslimen nicht getragen werden kann, ist eine Europäisierung unmöglich. Es bleiben dann nur folgende Optionen für den Islam in Europa: ein Leben der Muslime in Parallelgesellschaften oder eine rein pragmatische Anpassung der Muslime an europäische Gesetze bei paralleler Ablehnung der Idee Europas. Beide Optionen würden sich erübrigen, wenn ein europäischer Islam von europäisierten Muslimen akzeptiert wird. Die Vision einer Europäisierung des Islam zu einem Euro-Islam, vergleichbar der Inkulturation des Islam im Senegal zu einem Afro-Islam, ist die einzige erfolgversprechende Integrationshandlung. Sie muss von Muslimen getragen werden. Das obrigkeitsstaatliche Denken deutscher Politiker erschöpft sich im Glauben, durch Gesetze und staatliche Politik die Muslime zu integrieren. Das kann niemals gelingen. Integration bedeutet Inklusion in ein Gemeinwesen, nicht Unterbringung, Sprachkurse und Versorgung von Staats wegen, wie der Begriff heute in Deutschland verhunzt wird.

Nach 9/11 und dem Applaus vieler islamischer Parallelgesellschaften in Westeuropa für diese Demütigung des Westens begann ich an meiner Vision eines Euro-Islam zu zweifeln. Ich bin Wahleuropäer, der Europa wegen des Grundrechts auf Denkfreiheit gewählt hat. Heute fühle ich mich in Deutschland von Verboten umgeben, mich kritisch über Islam und Islamismus sowie über Europa zu äußern. Schon Adorno kritisierte eine deutsche Denkart, bei der es üblich ist, „mit Rücksicht auf die Folgen, sich selbst zu verbieten,“ über „nicht wenige Fragen“ frei zu sprechen. Daraus entstehe „eine innere Zensurinstanz, die schließlich nicht nur die Äußerung unbequemer Gedanken, sondern diese selbst verhindert.“ Als Folge werde „jede Abweichung gereizt“ geahndet. Ich bin als Muslim und als Migrant Opfer dieser deutschen Denkweise, selbst wenn ich über meine eigene Religion und Kultur frei denke.

Kritik als Aufgabe ist schwierig, wenn rechtsradikale Kräfte wie Pegida kritisches Denken über den Islam für ihre Zwecke missbrauchen. Dennoch dürfen die drei Kritiken von Kant als Perlen der europäischen Identität niemals verkommen. Wir Demokraten in Europa, gleich welcher Religion, dürfen uns weder von islamischen noch von deutschen Kräften, die gegen einen offenen Euro-Islam sind, einschüchtern lassen.

In diesem Sinn möchte ich Karl Poppers „Offene Gesellschaft und ihre Feinde“ auf den Islam anwenden und über den offenen Euro-Islam und seine Feinde sprechen. Die Feinde sind einerseits die Islamisten und die schriftgläubigen orthodoxen salafistischen Muslime, die für Parallelgesellschaften gegen Citoyenneté kämpfen, sowie andererseits die deutschen und europäischen Feinde des offenen Islam, nicht nur unter Rechtspopulisten. Multikulturell gesinnte Europäer verbieten jede Islamkritik angeblich aus Respekt und um Islamophobie vorzubeugen. Eine Gruppe von aufgeklärten Muslimen und offenen Europäern hat 2014 das Buch „Freedom of Speech and Islam“ veröffentlicht und sich sorgenvoll geäußert über die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Rede; ich gehöre zu den Mitautoren. Sowohl aufgeklärte Muslime als auch europäische Anhänger der offenen Zivilgesellschaft werden mit quasidiktatorischen Mitteln Opfer der Einschränkung der Redefreiheit. Sie werden von Gegnern des offenen Islam zum Schweigen gebracht.“

 

„Welt“: Deutschland ist immer noch kein normales Land (Juli 2016)

 

„Welt: Haben Sie mit Flüchtlingen, die es ja sicherlich auch in Göttingen gibt, gesprochen?

Tibi: Ich habe sicherlich in den letzten eineinhalb Jahren mit mehreren Tausend Syrern gesprochen, ob in Göttingen, Frankfurt, Berlin, München. Die meisten von ihnen, habe ich am Dialekt festgestellt, sind keine Städter, sondern vom Land. Und unter ihnen gibt es viele Antisemiten. Dieser Kultur habe ich mich sehr entfremdet. Unter all den Leuten, die ich sprach, war übrigens kein einziger Arzt und auch kein Ingenieur.

Welt: Sind Sie empört, dass so viele Menschen kommen?

Tibi:In Damaskus gibt es Überbevölkerung. Aus der 700.000-Metropole meiner Kindheit sind 3,5 Millionen Menschen geworden. Es gibt Straßengangs, viele Schulabbrecher. Letztens sprach ich eine Frau auf dem Markt von Göttingen an und fragte sie auf Syrisch, ob sie politischer Flüchtling wäre. Sie kannte das Wort überhaupt nicht. Sie kam aus dem Süden Syriens mit ihrem Mann. Für die Flucht haben sie viel Geld bezahlt. Was sollen sie hier machen? Davor habe ich Angst. Anthony Giddens spricht von "ethnischer Armut". Die Konflikte sind doch programmiert. Für Euphorie seitens der Deutschen gibt es nun wirklich keinen Grund.

Welt: Sie glauben also, dass die Flüchtlinge nur hierher wollen, weil sie in Deutschland gut alimentiert werden?

Tibi: Ich kenne eine somalische Familie, die schon im amerikanischen Ohio gelebt hatte. Der Vater beklagte sich, dass man in Amerika arbeiten müsse und wenig verdiene. Er hat es geschafft, aus Amerika nach Deutschland zu kommen und zu suggerieren, er wäre gerade aus Somalia geflohen. Amerika hat ihm nicht gefallen. Also hat er gelogen. Nun hat er eine Wohnung und die vier Kinder bringen ihm insgesamt so viel Geld ein, wie ich als pensionierter Professor beziehe. Er ist schon drei Jahre hier und spricht kein Wort Deutsch. Das wird er auch nicht lernen. Man muss über solche Fälle reden dürfen!

Welt: Am meisten sorgt alle Europäer die muslimische Migration. Kann man sagen, dass sich Muslime weniger gut integrieren als andere Minderheiten, und hat dies mit der Religion zu tun?

Tibi: Als ich das Bundesverdienstkreuz von Roman Herzog verliehen bekam, erklärte ich ihn scherzhaft zu meinem politischen Imam. "Ich füge mich Ihnen", sagte ich ihm und damit bräche ich muslimisches Gesetz, denn man dürfe nur seinem Imam folgen. Ein Muslim darf zwar vorübergehend in einer nichtislamischen Gesellschaft leben. Aber er darf sich nicht fügen. So sind viele erzogen.

Welt: Sie haben doch das Wort vom "Euro-Islam" erfunden.

Tibi: Es muss einen Reformislam geben, so etwas wie eine Reformation. Der Islam muss veränderbar sein, auch wenn viele Muslime das vehement ablehnen. Das war immer meine Vision und das ist auch kein Diktat "der Europäer", wie dubiose Islamwissenschaftler behaupten. Jede Religion braucht Rationalismus und Reformation. Es gab Ansätze, Sufi-Muslime etwa, wo man kritische Textexegese betreibt und den Glaubensakt als etwas Persönliches zwischen sich und Allah betrachtet. Die wurden in den muslimischen Ländern unterdrückt. Und auch hier in Europa, wo die Muslime sich frei fühlen können wie sonst nirgendwo, redet man nicht gerade fröhlich über Reformen. Ich bin flügellahm geworden, habe ja auch gesagt, dass ich kapituliere und befürchte, dass wir auf dem Weg zu noch größeren Parallelgesellschaften sind.

Welt: Die Deutschen loben sich derzeit als unglaublich modern und dynamisch. Sie aber sagen, das Land sei in all den 54 Jahren, die Sie hier schon leben, immer noch ethnisch-exklusiver Kultur. Übertreiben Sie nicht?

Tibi: Ich bin wissenschaftlich qualifiziert, bin Professor in Harvard gewesen und habe Bücher publiziert, die international anerkannt wurden. Aber in Deutschland ist es mir trotz fünfzig Bewerbungen nicht gelungen, die Uni Göttingen zu wechseln. Ich bin aussortiert worden als Ausländer. Aber natürlich, um Sie zu beruhigen, hat sich das Land verändert und ist moderner geworden in all den Jahren.

Welt: Sie wirken enttäuscht, fühlen sich nicht respektiert. Sie sagen, der Pass reiche nicht, die Sprache auch nicht. Ja, was denn noch?

Tibi: Ich will Zugehörigkeit. Ich will dazugehören. Das, was die Amerikaner "Sense of Belonging" nennen. Fußballer Thomas Müller sagte kürzlich, deutscher als Özil und Boateng könne man nicht sein. Wie die im Fußball sind, so bin ich in Nahost-Studien (lacht).

Welt: Den Deutschen fehle die Identität, sagen Sie.

Tibi: Ich war Berater der US-amerikanischen Armee vor dem Irakkrieg und wohnte auf einem Campus in der Nähe von Washington. Dort erlebte ich geborene Sudanesen, Perser. Sie sangen am Morgen hochemotional die Hymne und sagten: "Ich würde für Amerika sterben." Können Sie sich einen Türken vorstellen, der so etwas unter der deutschen Flagge sagt? Ich würde mich gerne als Deutscher begreifen, aber nicht im Sinne des Blutes. Ich bin Staatsbürger, ich bin Grundgesetzbürger. Deutsche Identität ist natürlich nicht nur Nazi-Identität, wie heute noch viele Linke verkünden. Deutsche Identität auf Hitler zu reduzieren, ist Gewalt gegen die Deutschen. Aber es ist hier schwieriger. Cameron kann von "Britishness" sprechen. "Die Einwanderer müssen unsere Britishness akzeptieren und respektieren." Ich möchte gerne in einem normalen Land leben. Deutschland ist aber immer noch nicht normal.

Welt: Sie haben das Wort "Leitkultur" geprägt. Und sind selbst mittlerweile skeptisch.

Tibi: Die Diskussion ist lange schon kontaminiert. Leitkultur wird als Deutschtum abgetan, als Sauerkraut und Spießertum, besonders jetzt durch die AfD. Meine Leitkultur ist das Grundgesetz und die ganzen Werte, die damit verbunden sind. Man muss zu seinen Werten stehen. "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Welch magischer Satz.

Welt: Aber was sagt der syrische Bauer zum Grundgesetz?

Tibi: Ich lehrte jüngst an der American University of Cairo. Es gibt dort keine Demokratie. Es wird nicht diskutiert. Der Polizist sagt, wo es langgeht. Wenn diese Menschen hierherkommen und erleben konziliante, freundliche Polizisten, meinen sie, das sei kein Polizist, sondern eine Witzfigur. Sie fühlen sich nicht frei, sondern verloren.

Welt: Warum haben Sie diese Verlorenheit nicht erlebt? Wie haben Sie den Weg gefunden zu Frankfurt, zu Adorno, Horkheimer, zu 68?

Tibi: Bei den beiden habe ich, und das klingt fast schon rassistisch, das logische analytische Denken gelernt. Und ich habe unter Deutschen gelebt, nicht in einer syrischen Parallelgesellschaft. Ich lernte deutsche Sitten und Gebräuche unter anständigen deutschen Linken beim SDS. Das war für mich meine Heimat. Die zehn Jahre in Frankfurt fühlte ich mich wie ein Deutscher, obwohl ich noch nicht einmal eingebürgert war. Ich hatte Frau und Kind. Der Sohn, Fabian-Fuad, ging in den Kindergarten bei Cohn-Bendit. Er lebt übrigens heute immer noch in Frankfurt und betreibt eine Bar, die "Tibi-Bar" in Bockenheim.

Ich habe aber auch das andere erlebt: Arabische Freunde kamen an die Uni und sagten empört, meine Freundin säße da mit anderen Männern zusammen. Ich antwortete, das seien ihre Kommilitonen und es sei schließlich eine Mensa. Sie fragten, ob ich keine Ehre hätte. Das war schon damals nicht meine Welt! Eine Frau war bei denen entweder eine Mutter oder nur ein Sexualobjekt. Alles ist übersexualisiert. Meine Freunde sagten dann abfällig, ich benähme mich "deutsch". Ich glaube, so ist das heute noch bei vielen Muslimen.

Welt: Die Parallelgesellschaften sind einerseits instinktiv entstanden, weil viele in der Fremde mit Vertrauten zusammen sein wollen, das kennt man auch von Deutschen im Ausland. Aber irgendwann werden sie zur Einbahnstraße.

Tibi: Man landet nicht richtig in Europa. Ich kenne die libanesische Parallelgesellschaft in Berlin gut. Da gibt es viele Kriminelle. Die türkischen sind zwar besser, die Menschen leben aber auch oft so, als seien sie noch in der Türkei. Und wenn Sie jetzt sehen, welchen Einfluss Erdogan über die türkischen Verbände auf die türkischstämmigen Deutschen auszuüben versucht, dann hören Sie die Nachtigall trapsen.

Welt: Es gibt aber auch viele Ausländer, die wir nicht sehen, die integriert sind, die ihre Steuern zahlen, ihre Kinder in die Schulen schicken und nicht auffallen wollen.

Tibi: Vielleicht fünf bis zehn Prozent der Muslime in Deutschland leben wie ich, europäisch. Voraussetzung ist eine ökonomisch gesicherte Basis und die Sprache. Das sind oft Mittelständler. Aber selbst das schützt nicht. Sogar syrische und iranische Ärzte in Göttingen leben unter sich, und wenn Deutsche dazukommen, fühlen sich die Deutschen fremd.

Welt: Wieso sehen Sie in Angela Merkels Politik nur eine des Versagens und des undemokratischen Diktats? Sie bringen immer wieder ihre DDR-Sozialisation ins Spiel und sagen, sie "entwestliche" das Land. Ist dies nicht auch rassistisch?

Tibi: Es gibt ein Buch, das ist für mich die Bibel der Demokratie: John Stuart Mills "On Liberty". Das war Pflichtlektüre für die Nachkriegsdeutschen. Ich studierte bei Carlo Schmid, dem Mitverfasser des Grundgesetzes. Die DDR-Menschen sind nicht in diesem westlichen Geiste erzogen worden. Und mit Merkels Entscheidung, eineinhalb Million Menschen ins Land zu lassen, verändert sich Deutschland immens. Das sehen Sie schon an Göttingen: Die Stadt war früher sehr studentisch, 20 Prozent waren Ausländer, eine verträumte, idyllische Stadt. Heute sieht sie aus wie ein Flüchtlingslager. Da laufen die Gangs, ob afghanisch oder eritreisch, durch die Straßen, und man bekommt es mit der Angst. Das Göttinger Gemeinwesen ist erschüttert. Und über all das: keine Sitzung oder Debatte des Bundestages! Alles der Alleingang einer Frau.

Welt: Sie reden wie die AfD.

Tibi: Wenn man etwas Kritisches sagt, kommt gleich die AfD-Keule! Wir brauchen hier endlich eine Debattenkultur, die diesen Namen auch verdient. Das ist Demokratie. Wir müssen nicht übereinstimmen. Aber wenn ich widerspreche, darf man sich nicht gleich hämisch über mich äußern.

Welt: Was machen wir jetzt mit Ihrer Beschreibung von Göttingen?

Tibi: Ich finde die Lage unerträglich. Da kommen Menschen mit keiner Ausbildung und wenig Geld. Und sie erleben eine prosperierende Gesellschaft. All das ist hart erarbeitet. Das kann man nicht einfach verschenken. Mit der Zeit werden aus diesen Gruppen Gangs, die sich das dann holen. Göttingen wird in einem Jahr eine Stadt voller Kriminalität. Und das verdanken wir Frau Merkel. Das ist keine Einwanderung wie im Falle Amerikas, wo man sich die qualifizierten Immigranten aussucht. Das hier ist eine demografische Lawine, die über uns schwappt. Der Begriff wurde von Wolfgang Schäuble benutzt, und er hat sich auch nicht dafür entschuldigt. Mehrere Millionen warten darauf, zu kommen. Die Sache ist noch nicht gegessen. Ich war zehn Jahre nicht in Ägypten, und heute gibt es 15 Millionen Menschen mehr seither. Alle wollen herkommen, einschließlich der Universitätsprofessoren. Ich habe in Kamerun gelehrt, in Senegal, in Nigeria, ich kenne Afrika sehr gut. Es gibt keine einzige Demokratie in Schwarzafrika. Die Armut wächst. Über Libyen werden Millionen kommen und die Probleme der Armut werden sich dennoch nicht lösen.

Welt: Man nennt Sie immer noch einen "Syrer mit deutschem Pass". Aber der deutsche Pass, das zeigte gerade eine Umfrage, ist in der Tat der begehrteste auf der ganzen Welt. Er ist ein riesiger Türöffner.

Tibi: Der Pass bedeutet Wohlstand, Sicherheit. Adorno ist 1950 zurückgekehrt und gefragt warum, sagte er, es sei die Identifikation mit der Sprache. Ich spreche viele Sprachen, aber Deutsch ist meine Lieblingssprache. Meine akademische Karriere machte ich in den USA. Ich war 18 Jahre in Harvard, dort gibt es eine Community, die lebt sehr eng miteinander zusammen, sie essen, sie feiern. In Göttingen lehrte ich 37 Jahre, aber da habe ich das nie so erlebt. Immer, wenn ich zurückkam, sagte ich: "Ich gehe zu Ulla zurück." Ulla ist seit 40 Jahren meine Frau. Die deutsche Sprache, in der ich 30 Bücher verfasst habe, und Ulla sind für mich meine Heimat.“

http://www.welt.de/debatte/article156781355/Deutschland-ist-immer-noch-kein-normales-Land.html

 

„Basler Zeitung“: Diese Männer denken: Deutsche Frauen sind Schlampen (Juli 2016)

 

„BaZ: Herr Tibi, Sie schrieben vor Kurzem in der Bild-Zeitung: «Deutsche pendeln zwischen den Extremen: Fremdenfeindlichkeit oder Fremdeneuphorie. Es gibt kein Mittelmaß.» – Gibt es einen deutschen Hang zum Extremismus?

Bassam Tibi: Ich lebe seit 54 Jahren unter Deutschen und auf der Basis dieser Erfahrung glaube ich, ein Urteil fällen zu können. Ich beobachte, dass die Deutschen unausgeglichen sind. Entweder sie sind für etwas oder dagegen. Ein Mittelmaß gibt es nicht. Das sage aber nicht nur ich. Zwei deutsch-jüdische Philosophen haben dasselbe beobachtet. Helmuth Plessner schrieb, dass die Deutschen immer wieder «dem Zauber extremer Anschauungen verfallen». Theodor W. Adorno spricht von einer deutschen Krankheit, die er «Pathos des Absoluten» nennt.

Diese Unausgeglichenheit mag ein Phänomen der Deutschen sein. Was aber ist der Grund dafür?

Georg Lukacs spricht von «Eigentümlichkeiten der geschichtlichen Entwicklungen Deutschlands». Als England und Frankreich den Weg zur Nation gefunden haben, waren die Deutschen noch komplett verstritten: Sie hatten keine politische Kultur und gaben sich der Kleinstaaterei hin. Die Art, wie Deutschland 1871 vereinigt wurde, ist nicht normal. Die Deutschen haben Identitätsprobleme seit dem 19. Jahrhundert.

Und welche Rolle spielt Hitler?

Hitler war kein Unfall, er war programmiert. Adorno schrieb: Wäre Hitler in Frankreich oder England aufgetaucht, man hätte ihn nur ausgelacht. In Deutschland wurde er bejubelt. Hitler war einer von Deutschlands Sonderwegen.

Auch die deutsche Flüchtlingspolitik stellen Sie in die Reihe dieser Sonderwege. Können Sie das erklären?

Der französische Präsident sagt: Wir nehmen 30 000 Syrer und dann ist Schluss. Die deutsche Bundeskanzlerin nimmt 1,5 Millionen Flüchtlinge auf und weigert sich selbst dann noch, eine Obergrenze einzuführen. Das ist ein Sonderweg, wie er für die Deutschen typisch ist. In einem Streitgespräch in der Welt mit dem jüdischen Journalisten Henryk Broder sagte ein Künstler: «Wir sind Deutsche, wir können keine Normalität haben.» Da fragte Broder: «Wieso nicht?» Da sagte der Künstler: «Wir haben die Juden ermordet.» Da sagte Broder: «Ich bin Jude und ich möchte in einem normalen Land leben.» – Diese Normalität herzustellen, wäre wichtig für Deutschland. Aber die Eliten aus Wissenschaft, Politik und Medien weigern sich dagegen.

Deutschland verärgert Sie, gleichzeitig haben Sie auch Mitleid mit den Deutschen. Wieso eigentlich?

Meine Heimat ist heute Göttingen. Die Stadt hat mehrere Tausend Flüchtlinge aufgenommen und die bestimmen, wo es langgeht. Die machen viel Lärm auf den öffentlichen Plätzen und bringen Unruhe in die Innenstadt. Wenn ich mich gestört fühle, sage ich: «Machen Sie bitte das Radio aus.» Oder: «Sprechen Sie bitte leise.» Ich habe keine Angst, dies zu tun. Die Deutschen aber haben Angst, weil sie sich fürchten, als Rassisten bezeichnet zu werden. Darum habe ich Mitleid mit ihnen. Die sind so eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr trauen zu sagen, was sie denken.

Sie selber sind Syrer. Ihre zweite Heimat Deutschland nimmt Hunderttausende Ihrer Landsleute auf – Sie müssten sich doch darüber freuen.

Ich fahre sehr viel Taxi, denn ich habe kein Auto. Das Schönste am Taxifahren sind die Gespräche mit den Deutsch-Türken und Deutsch-Iranern. Die denken genau wie ich. Wir haben es geschafft, hier Arbeit, Freiheit und ein bisschen Ruhe zu inden. Diese 1,5 Millionen Flüchtlinge bringen Unruhe in diese Gesellschaft. Wir deutschen Ausländer haben Angst um unsere Integration. Der hässliche Deutsche ist stets Nazi oder Gutmensch. Das sind die beiden Seiten derselben Medaille. Ich habe Angst, dass die Gutmenschen von heute morgen Nazis sind.

Weil sie sich plötzlich überfordert fühlen könnten?

Ja.

Sie selber waren ein Antisemit, als Sie nach Deutschland kamen.

Ich bin in Damaskus geboren und habe da bis zum 18. Lebensjahr gelebt. In der Schule und in den Medien habe ich jeden Tag gehört, dass die Juden Verschwörer und Feinde der Araber sind – das war die Hintergrundmusik meiner Kindheit. Ich kam als Judenhasser nach Deutschland, nicht weil ich Bassam Tibi bin, sondern weil ich in dieser antisemitischen arabischen Kultur aufgewachsen bin. Die meisten Syrer sind Antisemiten.

Wie haben Sie diesen Antisemitismus abgelegt?

Ich hatte das Glück, bei zwei großartigen jüdischen Philosophen in Frankfurt zu lernen: Adorno und Horkheimer. Adorno hat mein Leben verändert, er hat mich von meinem Antisemitismus geheilt. Wenn Adorno Jude ist, dachte ich, dann können Juden nicht schlecht sein. Ich war später der erste Syrer, der nach Israel reiste und öffentlich sagte: Ich anerkenne das jüdische Volk und sein Recht auf Staatlichkeit in Israel. In Syrien galt ich deswegen als Landesverräter.

Sie sprechen syrische und arabische Flüchtlinge spontan auf der Straße an und reden mit Ihnen, wie Sie in der Bild-Zeitung schrieben.

Ja, und ich kriege Informationen, die Deutsche nicht bekommen. Denn die Syrer sprechen mit den Behörden nicht so ungezwungen wie mit mir.

Was erfahren Sie über ihre Vorstellungen vom Leben, ihre Erwartungen an Deutschland?

Ich gebe Ihnen zwei Beispiele. Ein Palästinenser, der in Damaskus lebte: Er ist in Göttingen, sein Asylverfahren wird sehr langsam bearbeitet. Der Grund: Die deutschen Behörden sind überlastet. Er sagte zu mir: «Die Juden sind schuld.» Ich fragte: «Was haben die Juden mit dem deutschen Asylverfahren zu tun?» Er: «Hast du nicht gesehen, hier in Göttingen gibt es eine Judenstraße und da sitzen sie und regieren die Stadt.» – Ich versuchte, mit ihm rational zu reden, aber das hatte keinen Sinn. Ein anderer Syrer: anerkannter Asylant, vier Kinder, spricht kein Wort Deutsch. Er wollte von der Stadt ein Auto haben, diese hat es ihm aber verweigert. Er sagte mir: «Das waren Juden, die das entschieden haben.»

Sind das repräsentative Beispiele?

Ja. Diese Menschen sind sozialisiert in einer antisemitischen Kultur.

Ihnen geht die «arabische Lärmkultur» auf die Nerven. Wie reagieren Ihre Landsleute, wenn Sie sie im öffentlichen Raum zurechtweisen?

Ich habe eine Methode im Umgang mit diesen Leuten. Ich gehe hin und sage auf Arabisch: «Mein Name ist Bassam Tibi. Ich bin aus Damaskus, ich bin Moslem wie du, ich lebe hier und bin dankbar dafür.» Dann sage ich: «Ihr benehmt euch unanständig. Das ist gegen syrische Sitten.» – Ich beschäme sie also, und wenn das nicht funktioniert, zitiere ich Verse aus dem Koran und sage, sie würden sich unislamisch benehmen. Ich kenne den Koran in-und auswendig, mit Suren kriege ich sie klein. Glauben Sie mir: Wenn ich Arabisch rede mit arabischen Argumenten, habe ich mehr Macht über diese Leute als ein deutscher Polizist.

Der normale Deutsche kann nicht Arabisch und kommt nicht aus Damaskus. Sie wünschten sich aber gerade, dass Deutsche mehr reklamieren, wie Ihre Kultur funktioniert. Wie soll das gehen?

Ich habe lange in Amerika gelebt. Muslimische Jugendliche in Boston, New York und Washington haben eine Mischung aus Angst und Respekt, wenn sie einen Polizisten sehen. Sie wissen, dass sie ins Gefängnis kommen, wenn sie ihn frech behandeln. Die deutschen Ordnungsbehörden müssen Ausländer, die sich gegen den Staat verächtlich verhalten, in die Schranken weisen. Das passiert aber nicht. Die Angst vor dem Rassismus-Vorwurf ist in Deutschland größer als die Angst vor dem Verfall der öffentlichen Ordnung.

Die Medien akzentuieren stark die Dankbarkeit der Flüchtlinge für die deutsche Gastfreundschaft. Erleben Sie das auch so oder überwiegt eine realitätsfremde Erwartungshaltung?

Es überwiegen die hohen Erwartungen, aber diese sind auch rational erklärbar. Wir leben in einer globalisierten Welt: Die Leute sehen schon in ihren Herkunftsländern, dass es in Deutschland tolle Wohnungen, blonde Frauen und den Sozialstaat gibt. Ich war gerade in Kairo: Da ist eine Zweizimmerwohnung ein Luxus. Ein Mann, der in Kairo heiraten will, muss dem Vater des Mädchens nachweisen, dass er eine Zweizimmerwohnung hat. Hier in Göttingen kenne ich 16-jährige Araber, die für sich alleine eine Zweizimmerwohnung haben. Und wer mit 16 eine Zweizimmerwohnung hat, will mit 18 ein Auto! Aber der Sozialhilfesatz reicht dazu nicht aus.

Darin wittern Sie ein großes Enttäuschungspotenzial.

Ja. Denken Sie, selbst der dankbare Syrer, der mit Merkel das berühmte Selfie gemacht hatte, war vor ein paar Wochen im Fernsehen und erklärte, er sei nun von Merkel enttäuscht: Er wolle Arbeit, ein sicheres Einkommen und eine Wohnung. Wir werden große soziale Konflikte erleben.

Wie können Sie sich da so sicher sein?

Erstens, weil Deutschland die hohen materiellen Erwartungen nicht erfüllen kann. Zweitens, weil diese Flüchtlinge ein Wertesystem haben, das mit der Moderne nicht vereinbar ist. Die Syrer, mit denen ich rede, sagen: «Die Deutschen haben keine Ehre, weil ihre Frauen mit jedem schlafen.» Sie sagen: «Mit meiner Frau, mit meiner Tochter und Cousine kann nicht jeder herumschlafen. Die sind meine Ehre.»

Was bedeutet das im Umgang mit deutschen Frauen?

Wir haben das in der Silvesternacht von Köln gesehen. Hunderte junge muslimische Männer behandelten Frauen als Freiwild.

Diese Männer wissen, dass sie eine Straftat begehen. Denken sie trotzdem: Deutsche Frauen sind einfach Schlampen, die man belästigen kann?

Beides trifft zu. Sie wissen, dass es gesetzlich verboten ist. Aber sie denken auch: Deutsche Frauen sind Schlampen. Und dazu kommt das Wissen, dass ihr Handeln keine Folgen hat. Deutsche Polizisten haben im Umgang mit Flüchtlingen Angst. Sie haben nicht vor den Flüchtlingen Angst, sondern Angst davor, als Rassist bezeichnet zu werden, wenn sie Flüchtlinge zurechtweisen. Das ist aber ein verheerendes Signal. Viele Neuankömmlinge halten Deutsche deshalb für Weicheier. Sie nehmen Deutsche gar nicht ernst.

Sie haben die Ereignisse auch mit einer Rache der Verlierer erklärt. Vereinfacht gesagt: Die, die das Auto und die schöne Wohnung nicht kriegen, rächen sich am deutschen Mann, indem sie seine Frau missbrauchen.

Vergewaltigung von Frauen ist ein Mittel der Kriegsführung in Syrien. Alle Kriegsparteien machen das. Die Flüchtlinge, die hierherkommen, kommen aus dieser Kultur und nicht alle sind Opfer. Wenn solche Männer nicht kriegen, was sie erwarten, werden sie wütend. In der Kultur, aus der ich komme, will man Leute demütigen, die einen wütend machen. Im Orient demütigt man einen Mann, indem man seine Frau demütigt: durch Vergewaltigung. Meine Vermutung ist, dass diese jungen muslimischen Männer in Köln die Frauen demütigen wollten, und hinter dieser Demütigung steht die Demütigung des deutschen Mannes. Die Frau ist ein Instrument dafür.

Sie sagen: Köln war nur der Anfang. Warum blicken Sie so negativ in die Zukunft?

Wenn es dem deutschen Staat gelingt, Flüchtlinge zu integrieren, dann gibt es keine Probleme. Aber ich sehe kein Integrationskonzept, keine Einwanderungspolitik, ich sehe nur Chaos.

Patriarchalisch gesinnte Männer aus frauenfeindlichen Kulturen lassen sich nicht integrieren, sagen Sie. Was soll ein Staat mit solchen Männern machen, wenn er sie nicht ausschaffen kann?

Die Leute, die hier sind, müssen umerzogen werden. Die Deutschen waren 1945 mehrheitlich Nazis. Hitler hat mit der Zustimmung der Mehrheit der Deutschen regiert. Die Deutschen wurden vom Westen umerzogen zu Demokraten. Ich verlange eine Umerziehung für die Migranten aus der Welt des Islams: eine Umerziehung aus der patriarchalischen Kultur hin zur Demokratie.

Solche Bemühungen hat Deutschland mit seinem Integrationsgesetz auch in die Wege geleitet.

Davon habe ich nichts bemerkt. Die Deutschen denken, alles könne per Gesetz geregelt werden, das ist Teil ihres obrigkeitsstaatlichen Denkens. Das ist Teil des deutschen Sonderwegs. Wertevermittlung ist aber eine gesellschaftliche Aufgabe.

Warum haben Deutsche solche Probleme, ihre Werte zu vermitteln?

Ich umarme Sie für diese Frage! Ich habe in Amerika noch keinen muslimischen Immigranten erlebt, der nicht gesagt hätte: I am an American. Alle meine türkischen Freunde in den USA sagen das! Ich habe einmal auf einer US-Militärbasis Vorträge über den Islam für amerikanische Offiziere gehalten und gesehen, wie Leute, die in Sudan, in der Türkei und in Syrien geboren sind, weinend unter der amerikanischen Flagge standen und die Hymne sangen. «Integration is providing a sense of belonging» – Integration bedeutet Zugehörigkeit. Ich selbst habe hier in fünfzig Jahren aber nur geschlossene Türen erlebt. Neulich fragte mich eine TV-Moderatorin in einer Talkshow: «Schämen Sie sich, dass Sie Syrer sind?» Ich sagte: «Ich schäme mich nicht, aber ich möchte Deutscher sein.»

Sie sind ja Deutscher!

Ich bin deutscher Staatsbürger, aber kein Deutscher. Ich gelte als Syrer mit deutschem Pass. In Deutschland unterscheidet man zwischen dem Staatsbürger und dem Deutschtum. Ich füge mich und nenne mich Syrer. Der deutsche Pass gibt mir Rechtssicherheit und ich nehme mir die Rechte, die viele Deutsche gar nicht brauchen.

Sie kamen als Syrer und Antisemit nach Deutschland. Mittlerweile sind Sie eingebürgert und machten eine wahnsinnige wissenschaftliche Karriere in diesem Land. Ihr Beispiel macht doch Hoffnung, dass Integration gelingen kann.

Sie sagen, ich habe hier eine wahnsinnige Karriere gemacht – das stimmt nicht! Ich bin mit 28 Jahren Professor in Göttingen geworden, aber das war auch das Ende meiner Karriere in Deutschland. Meine Karriere habe ich in Amerika gemacht. In Deutschland bin ich ausgegrenzt, getreten und gemobbt worden. Eine Willkommenskultur habe ich nie erlebt. Der einzige Grund, warum ich hier blieb, ist meine deutsche Familie. Die wollte nicht nach Amerika gehen. Die Entscheidung war womöglich falsch.

Warum haben Sie den deutschen Pass angenommen?

Ich wollte Deutscher sein. 1971 habe ich einen Antrag gestellt. Es hat fünf Jahre gedauert, bis ich ihn bekommen habe. In diesen fünf Jahren wurde ich unheimlich gedemütigt. Ich hatte einen deutschen Doktortitel, eine deutschsprachige Habilitation geschrieben. Aber stellen Sie sich vor: Auf dem Amt diktierte mir ein deutscher Polizist einen Text aus der Bild-Zeitung, um meine Deutsch-Kenntnisse zu prüfen. – Wie wollen die Deutschen 1,5 Millionen Muslime integrieren, wenn sie mich, der ich dreißig Bücher in deutscher Sprache geschrieben habe, nicht integrieren konnten?

Sind Muslime besonders schwer integrierbar?

Seien wir ehrlich, ein Hindu oder Buddhist integriert sich sicher leichter. Das Gerede, die schlechte Integration von Muslimen habe mit dem Islam nichts zu tun, ist Quatsch. Der Islam macht den Muslimen Schwierigkeiten bei der Integration, solange er nicht reformiert ist.

Das heisst: In Deutschland tritt gerade der Worst Case ein. Schlecht integrierbare Menschen treffen auf eine Gesellschaft, die nicht fähig ist, Menschen zu integrieren?

Genau! Ich hatte zwei Vorstellungen im Leben und kreierte dazu zwei Begriffe: den des Euro-Islams und den der Leitkultur. Heute muss ich einsehen: Deutschland ist unfähig, eine Hausordnung für das friedliche Zusammenleben anzubieten. Die Muslime in Deutschland sind ihrerseits unwillig, sich zu einem europäischen Islam zu bekennen. Ich halte mittlerweile beides für Utopien. Ich kapituliere.

Schafft nicht die deutsche Willkommenskultur die Grundlage für ein neues Verhältnis zu den Migranten?

Im Januar 2016 schrieb die Zeit: «Sind wir verrückt oder sind das die anderen?» Die Zeitung beschrieb eine direkte Linie von der Empfangs-Euphorie der Deutschen zu Auschwitz. Die Deutschen sind nicht an den Münchner Bahnhof gegangen, weil sie die Flüchtlinge lieben, sondern weil sie versuchen, ihre Schuldgefühle am Mord an den Juden mit Willkommenskultur zu kompensieren. Das ist keine gute Grundlage. Der Historiker August Winkler nennt das eine Kultur der Selbstgefälligkeit.

Das ist eine große Unterstellung. Sie und Winkler maßen sich an, die Motive der Menschen, die helfen, zu kennen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe Angst vor diesen Deutschen.

Die Schweizer fordern Anpassung rigoroser ein als die Deutschen. 2009 bestimmte das Volk, dass in der Schweiz keine Minarette mehr gebaut werden dürfen. Sie sind Moslem: Verletzt dieser Entscheid Ihre Gefühle?

Zum islamischen Glauben gehört eine Moschee, und eine Moschee ohne Minarett kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich bin Sozialwissenschaftler und ich mache Kompromisse.

Das heisst?

Ich möchte mich nicht festlegen. Der größte Kompromiss von muslimischer Seite wäre: eine Moschee, aber ohne Minarett. Der weniger große Kompromiss wäre: eine Moschee mit Minarett, aber ohne Aufruf zum Gebet. Denn dieser Lärm ist ein Störfaktor für Nicht-Muslime. Aber nicht nur für diese! Ich habe jahrelang in Kairo gelebt und in Jakarta – zwei große islamische Städte. Ich konnte sehen, wie die Preise der Immobilien in einem Quartier jeweils rapide gesunken sind, wenn eine neue Moschee gebaut wurde. Wenn der Muezzin kommt, gehen viele Muslime nicht zum Gebet, sie verkaufen ihre Wohnung.

Herr Tibi, ich wurde auf Sie erst kürzlich aufmerksam und da habe ich mich gewundert: Wie ist es möglich, dass ein deutscher Islamexperte mit Ihrem Renommee, der dazu noch aus Syrien kommt, von deutschen Medien in Zeiten der Flüchtlingskrise nicht befragt wird?

Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert Denk- und Redefreiheit. Die deutsche politische Kultur steht aber nicht in Einklang mit dem Grundgesetz. Es gibt kritische Meinungen, die in diesem Land nicht gefragt sind. Für die gibt es einen Maulkorb. Ich war der Islam- und Nahostexperte des deutschen Fernsehens, ich war 17 Jahre lang regelmäßiger Gastautor der FAZ und habe für alle größeren deutschen Zeitungen geschrieben. Dann bin ich aus allen Medien entfernt worden. Erst 2016 bin ich mit Hilfe von Alice Schwarzer und einer Journalistin der Welt in die Medien zurückgekehrt. Ich hätte hier viel zu sagen, aber meine Meinung will man nicht hören.

Jetzt können Sie sich ja wieder äußern.

Ja, ich kriege langsam, aber sehr langsam, die Freiheit, meine Sorgen auszusprechen. Der Türöffner war Köln.“

http://www.bassamtibi.de/?p=2800

 

„Wirtschaftswoche“: Weitere islamische Staaten werden zerbrechen (Juli 2016)

 

„Islamische Staaten scheitern an der Aufgabe, eine Balance zwischen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu schaffen. Das Problem ist ein entwicklungsfeindliches Menschenbild, sagt der Islamologe Bassam Tibi. Für Optimismus sieht er keinen Anlass.

WirtschaftsWoche Online: Als geborener Syrer sprechen Sie vermutlich oft mit arabischstämmigen Flüchtlingen in Deutschland. Sie sind aber auch häufig in arabischen Ländern. Welche Vorstellungen herrschen dort über die wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und Europa?

Bassam Tibi: Ich war im März und April als Gastprofessor an der American University in Kairo. Wenn man vom Flughafen in die Stadt fährt, sieht man unglaublich viele Werbeplakate – mehr als in Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf. Das gilt nicht nur für Kairo, sondern auch für Algier, Lagos, Jakarta. Diese Werbung auf Plakaten und in den Medien zeigt schöne Häuser, schöne Frauen, schöne Autos. Die Leute dort bekommen also die Vorstellung: Europa ist das Paradies, da liegt das Geld auf der Straße. Ich habe in Kairo mit vielen jungen Menschen, mit Studenten gesprochen. Aber auch mit Bettlern. Es hat sich herumgesprochen – durch Frau Merkel – dass die Türen nach Deutschland auf sind. Und die Leistungen und die Funktionen des deutschen Sozialstaates sind sehr bekannt. Die Leute wissen das alles genau. Aus dieser Mischung: Werbung auf der einen Seite und einer Bundeskanzlerin, die sagt: Willkommen! ergeben sich natürlich Anziehungseffekte.

Aber die Mehrheit der hier Ankommenden will doch arbeiten, oder etwa nicht?

Man muss differenzieren. Die jüngeren Leute hoffen, Arbeit zu finden und Karriere zu machen. Aber ich kenne hier in Göttingen einige Araber und Afrikaner, die ihre Familie dabei haben und so um die 50 Jahre alt sind. Die sagen, sie können nicht arbeiten. Die haben keine berufliche Perspektive. Sie können nicht Deutsch, haben keinen Beruf. Außerdem bekommen sie mit Frau und vier Kindern so viel Unterhalt wie ich als pensionierter Professor.

Der Migrationsforscher Ruud Koopmans sieht im Gegensatz zu vielen anderen den Islam als Integrationshindernis. Ist da was dran?

Ich sehe das auch so. Als mir der frühere Bundespräsident Roman Herzog das Bundesverdienstkreuz verlieh, sagte ich ihm: Ich breche eine islamische Regel, indem ich Sie als mein Staatsoberhaupt anerkenne. Ein Muslim kann nur unter der Führung eines islamischen Imam leben. Das hat mit Fundamentalismus gar nichts zu tun. Nach dem Scharia-Recht dürfen Muslime eigentlich nicht auf Dauer in einem nicht-islamischen Land leben – nur vorübergehend. Und wenn sie das tun, dürfen sie sich nicht integrieren.

Wie dominant ist Ihrer Einschätzung nach diese Auffassung bei den jetzt einwandernden Muslimen?

Ich fürchte, die Mehrheit vertritt das. Das ist keine Frage der Bildung. Es gibt eine islamische Sozialisation, die bildungsunabhängig ist. Ich habe in meiner 40-jährigen Laufbahn als Wissenschaftler in 22 islamischen Ländern gelebt und gearbeitet. In Senegal, Kamerun, Nigeria, in fast allen arabischen Ländern, in Pakistan, in Indonesien. Auch Analphabeten sind dort sozialisiert in einem islamischen Wertesystem. Als Muslim weiß man, dass man einen Nichtmuslim als Staatsoberhaupt nicht akzeptiert.

Zu Max Webers Zeiten vor etwa 100 Jahren diskutierte man viel über den Einfluss der Religionen auf die Wirtschaft. Weber unterstellte, dass der Islam die wirtschaftliche Entwicklung bremse – vor allem weil es kein „profanes Recht“ und keine Ethik der Leistung wie im Calvinismus gebe - Stichwort „innerweltliche Askese“.

Die Gegenstimme zu Weber ist einer meiner Lehrer: Maxime Rodinson mit seinem Buch „Islam et Capitalisme“. Er mogelt sich um eine eindeutige Antwort herum. Der Islam ist seiner Ansicht nach eingebettet in die Tatsache, dass es keinen Kapitalismus gibt in der islamischen Welt. 1987 haben deutsche Soziologen gemeinsam mit Rodinson ein Buch über „Max Webers Sicht des Islams“ veröffentlicht. Die waren mehrheitlich der Ansicht, dass Religion für die wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige Rolle spielen kann. Das denke ich auch. Ich bin zwar sonst Anhänger von Rodinson, aber in dieser Frage stimme ich nicht mit ihm überein.

Im Protestantismus gibt es eine Ethik der Arbeit. Wie ist das im Islam?

Zur islamischen Ethik gehört auch: Man muss arbeiten. Zum Aufruf zum Gebet „Hayya 'ala s-salat“ gehört auch der Aufruf „Hayya 'ala al – Falah“. „Falah“ bedeutet „schaffen, arbeiten“. Man könnte das also auch als: „An die Arbeit!“ übersetzen. Die islamische Ethik ist gegen Faulheit. Das Problem liegt woanders.

Und zwar?

Nach Max Weber ist Berechenbarkeit eine zentrale Voraussetzung für eine moderne Gesellschaft. Wirtschaftsbeziehungen müssen berechenbar sein. Das gibt es in islamischen Gesellschaften nicht. Da heißt es „In scha'a llah“ - wenn Allah will. Wenn jemand fragt: Werden wir Erfolg haben?, sagt man: „Tawakkal-'Ala-Allah“  - Verlasse dich auf Allah. Das Problem für die wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit ist das Menschenbild des Islam, das sich vom europäischen sehr unterscheidet. Im Islam gehört der Mensch immer zu einem Kollektiv. Ich selbst habe auch erst in Frankfurt gelernt, dass ich ein Individuum bin. Für Immanuel Kant gehört zu diesem Prinzip des Individuums, dass der Mensch autonom ist, also verantwortlich für sein Verhalten. Im Islam ist es umgekehrt: Ich bin ein "Makhluq", ein Geschöpf Gottes. Allah steuert mich. Wenn ich Erfolg habe, ist es der Wille Gottes. Ein Unternehmer ist ein Individuum, das verantwortlich für sein wirtschaftliches Verhalten ist. Das gibt es im Islam nicht …

Wir erleben seit einigen Jahren den Zerfall mehrerer islamischer Staaten. Sie haben das schon vor vielen Jahren vorausgesagt. Was ist die Ursache?

Das Hauptproblem in der Welt des Islam ist doch dieses: Ein geringes Wirtschaftswachstum und ein riesiges Bevölkerungswachstum. Beispiel Ägypten: Ich war in diesem Jahr nach 10 Jahren Unterbrechung dort. In der Zwischenzeit hat die Bevölkerung von rund 80 auf 96 Millionen Menschen zugenommen. Aber die wirtschaftliche Entwicklung war im gleichen Zeitraum gering. Diese Diskrepanz ist auch das Hauptmotiv nach Europa zu kommen. Und die große Schere zwischen demographischer und wirtschaftlicher Entwicklung zerstört die Legitimation des Staates. Zur Ursachenbekämpfung der Migration, über die Angela Merkel immer redet, gehört eine gesunde Proportion von wirtschaftlicher und demographischer Entwicklung. Ich weiß nicht, wie Merkel das machen will.

Wird der Zerfall weitergehen?

Es werden noch weitere Staaten zerbrechen. Ägypten ist stabil, Marokko auch. Aber in den nächsten zwei oder drei Jahren könnte es in Jordanien passieren. Irgendwann wird auch Saudi-Arabien zerfallen und die Staaten am Golf. In Kuweit und den Vereinten arabischen Emiraten sind nur rund 20 Prozent der Bevölkerung Einheimische, die große Mehrheit sind Ausländer aus Asien und Afrika. Wie lange werden die sich noch unterdrücken lassen? Noch halten die Regime mit Geld aus den Öl-Einnahmen die Entwicklung auf. Mein Freund Volkhard Windfuhr, der für den Spiegel aus islamischen Ländern berichtete, prophezeit, dass als nächstes die Türkei zerfallen wird. Erdogan trägt zur Destabilisierung bei.

Sie sind sehr pessimistisch.

Die Meinungsführer in Deutschland wollen über diese Dinge nicht reden. Positiv denken, lautet die Devise. Aber dadurch verschwinden die Fakten nicht.“

http://www.wiwo.de/politik/ausland/bassam-tibi-weitere-islamische-staaten-werden-zerbrechen/13871676.html

 

Nachtrag: zu früh gefreut

 

Da weiss der Wurm jetzt auch nicht, was er davon halten soll. Er gibt zumindest Bassam Tibi in der „Basler Zeitung“ von Anfang August 2016 wieder:

„Diesen Artikel schreibe ich als ein westasiatischer Muslim aus Damaskus, der in Deutschland als «Syrer mit deutschem Pass» lebt. Ich beklage mich über die Unterdrückung meines Grundrechtes auf Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, die mir das deutsche Grundgesetz garantiert.

Der Anlass ist dieser: Die Zeitung Die Welt durchbrach eine totale Verbannung meiner Person aus den deutschen Medien, die von 2002, nach der Veröffentlichung meines Buches «Islamische Zuwanderung. Die gescheiterte Integration», bis heute verhängt worden ist. Schon damals wollten Politiker und Meinungsherrscher die Botschaft des zitierten Buches, nämlich die gescheiterte Integration islamischer Zuwanderer, nicht hören. Die Beendigung der Verbannung erfolgte Anfang Juli, als Die Welt mir eine ganze Seite für ein Interview widmete. Darin sprach ich – wie auch in dem Interview in der Basler Zeitung – über die Flüchtlingskrise und deren Folgen, die ich unter anderem an der Innenstadt von Göttingen illustrierte. Göttingen wird nicht mehr von Studenten, sondern von Armutsflüchtlingen geprägt. Das gilt auch für andere deutsche Städte.

Es gab zwei entgegengesetzte Reaktionen auf das Interview, eine aus der Bevölkerung und die andere aus Medien und Politik. Zum einen wurde mein E-Mail-Account von Hunderten Mails überflutet, worin die Bevölkerung Dank dafür zum Ausdruck brachte, dass ich offen das sage, was normalen Deutschen verboten ist, laut zu sagen. Im Gegensatz zu dieser Zustimmung erfolgte eine konzertierte Aktion von Presse und Politik mit heftigen Attacken gegen mich. Der Höhepunkt dieser Angriffe war eine Aktion aller Parteien der Stadt Göttingen mit dem grünen Politiker Jürgen Trittin an der Spitze. Das Göttinger Tageblatt hat diese am 7. Juli veröffentlicht.

Trittin beleidigt mich und exkommuniziert mich «aus der Wertegemeinschaft des Grundgesetzes». Hiergegen wollte ich mich wehren und schrieb einen Artikel über die Beschneidung meiner Meinungsfreiheit für Die Welt. Doch hat diese Zeitung, die am 4. Juli mit dem zitierten Interview die Tür öffnete, diese wieder geschlossen mit dem beleidigenden Vermerk, mein Artikel sei «ein Dokument der Larmoyanz und Selbstbezüglichkeit», und die Zusammenarbeit beendet. Es bleibt mir nur die Möglichkeit, wie einst meine jüdischen Lehrer Adorno und Horkheimer in die Schweiz zu flüchten und die Verteidigung der Meinungsfreiheit vorzunehmen. Deutsche Zeitungen lehnen es ab, meine Gedanken zu veröffentlichen, weil sie in die Kategorie «unbequeme Gedanken» (Theodor W. Adorno) eingeordnet werden. Davon werde ich niemals ablassen.

Die Göttinger Aktion gegen mich wurde von Jürgen Trittin und dem Oberbürgermeister der Stadt angeführt; beide wurden flankiert von SPD- und CDU-Politikern und sogar vom Göttinger Polizeipräsidenten, der soziologische Prognosen über Kriminalität polizeilich abtut. In dem Bericht des Göttinger Tageblatts steht, der Oberbürgermeister von Göttingen ­«verurteilt Tibi». Meine wissenschaftlich begründeten Beobachtungen ­werden von ihm als «vorurteilsvolle Aussagen» diffamiert.

Ich habe bisher gedacht, in einem Rechtsstaat dürfe nur ein Gericht ­«verurteilen», nicht ein Politiker. Das Grundgesetz gewährt Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit, die Stadtverwaltung Göttingens offensichtlich nicht. Trittin wirft mir, dem arabischen Muslim aus Westasien, ohne Beweise ­«rassistische Klischees» und «Hass gegen Menschen» vor.

Ich kenne Trittin aus den 1970er- Jahren, als er in Göttingen aktiv im Kommunistischen Bund und ich ­Professor war. Die Tatsache, dass ich ein Marxist der Frankfurter Schule war, missfiel den kommunistischen Gruppen (K-Gruppen). Diese hatten in den 1970ern einen immensen Einfluss auf die Universität, besonders auf die Sozialwissenschaftliche Fakultät.

Trittin war in jenen Jahren in den K-Gruppen sehr prominent, wie der Wikipedia-Artikel über ihn dokumentiert. Diese K-Gruppen haben meinen kritischen Marxismus als «ketzerischen Salon-Marxismus» verfemt und mich damals aus dem Marxismus exkommuniziert; ich wurde zur Zielscheibe ihrer Angriffe. Daraus folgte ein Psychoterror bis zur körperlichen Bedrohung. Der Psychoterror nahm ein solches Ausmaß an, dass ich 1977 seelisch und körperlich zusammenbrach und mich in eine mehrmonatige klinische Behandlung begeben musste. 1977/1978 war ich nicht mehr arbeitsfähig. Das sind meine Erinnerungen an die K-Gruppen, zu denen Trittin gehörte. Heute, 40 Jahre danach, werde ich laut Göttinger Tageblatt aus der «Wertegemeinschaft des Grundgesetzes» exkommuniziert. In Göttingen hat die Exkommunikation somit eine Tradition.

Meine von deutschen Gesinnungsethikern als «Vergehen» beanstandeten Meinungsäußerung erfolgte in drei Interviews: In der Welt, zeitgleich in der Basler Zeitung, und zuletzt in der Wirtschaftswoche. In Deutschland zwingen die Meinungsmacher die Bevölkerung, ein Narrativ von einer Willkommenskultur zu übernehmen, wonach die zirka 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Nahost und Afrika ein Segen für Europa seien. An dieser irrationalen Veredelung des Fremden zum «bonne sauvage» zweifle ich, der ich selbst ein Fremder aus Westasien bin. Ich sehe die Gewalttaten im Juli und glaube nicht an das, was deutsche Gesinnungsethiker predigen. Stattdessen handle ich als Verantwortungsethiker, der Probleme beleuchtet und aufklärt. Trittin fordert mich nach dem Bericht des Göttinger Tageblattes auf, mich für meine Meinungsäußerung zu «entschuldigen», und droht mit «Konsequenzen». Ich denke nicht daran, mich für meine Überzeugungen zu entschuldigen. Der Bericht im Göttinger Tageblatt vom 25. Juli, die klitzekleine Stadt Göttingen werde «weitere 800 Flüchtlinge» aufnehmen, bestärkt mich darin, zu meinen Aussagen zu stehen.

Es wird in Göttingen, wie überall in Deutschland, mehr Kopftuch-Islam und mehr aggressive jugendliche Cliquen geben. Weiterhin behauptet die Stadtverwaltung laut dem Bericht, «es gebe keine Probleme», und die Stadtverwaltung weist jede Kritik als «haltlos» zurück. Es gilt also weiterhin: Augen verschließen und den Mund halten. Ich weigere mich, mich anzuschließen; ich lehne es ab, mich wie die Mehrzahl der Deutschen zu verhalten, nämlich mich zu ducken und zu schweigen.

Nach der Veröffentlichung bekam ich Hunderte Mails mit Dank aus der Bevölkerung dafür, dass ich als nicht- europäischer Ausländer meine Meinung offen äußere, wie es normale deutsche Menschen nicht tun können.

Aus den Mails wähle ich eine, die ich anonymisiert zitiere. «… mit großer Freude las ich Ihre Interviews in der Welt und in der Basler Zeitung. Bedauerlicherweise ist es uns Deutschen, ohne Gefahr zu laufen, Repressalien zu erleiden, nicht oder kaum möglich, so deutliche Worte zur derzeitigen Lage unseres Landes zu äußern. Die Mittel, die dabei angewendet werden, erinnern mich und viele andere Menschen aus meinem Bekanntenkreis an düstere Zeiten dieses und vieler anderer Länder der Welt. So erfolgen Drohungen und Angriffe … Schlägertrupps, Aufstachelungen gegen Andersdenkende, die in Mordversuchen an politischen oder Meinungsgegnern münden, berufliche Kündigungen, gesellschaftliche Ausgrenzung sowie Bespitzelung und Beleidigung der Bürger, wie man es sonst nur aus totalitären Staaten kennt…»

Darf ein Land, in dem die Dinge so wie in der zitierten Mail ausgeführt geschehen, sich noch demokratisch nennen? Das ist keine willkürlich ausgewählte Zuschrift. 99 Prozent der Mails, die ich erhalte, enthalten ähnliche Aussagen. Ich weigere mich, die Verurteilung dieser Menschen durch das herrschende Narrativ als rechtsradikal und populistisch zu übernehmen.“

http://bazonline.ch/ausland/ich-weigere-mich-zu-schweigen/story/15417039

 

Kritik von links: linke Rassisten

 

In Einzelheiten mag mensch ja noch eine andere Meinung als Bassam Tibi haben. Die hat der Wurm in kleineren Punkten auch. So ist Angela Merkel mit Sicherheit nicht alleine für etwas verantwortlich zu machen – Deutschland ist keine Ein-Mensch-Diktatur, in der ein Mensch jeglichen Unfug beschließen und durchsetzen kann.

Nichtsdestotrotz hat Bassam Tibi in den wesentlichen Punkten Recht. Wer mit Moslems zu tun hatte und sich mit dem Islam beschäftigt hat, wird Bassam Tibi in den meisten Punkten vorbehaltlos zustimmen.

Bassam Tibi ist selbst Moslem, kennt sowohl den Islam als auch die Muslime sehr gut. Und genau das macht ihn zum Hassobjekt vor allem linker Rassisten. „Rassisten“ deshalb, weil diese Menschen nicht interessiert, wie ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen ist, sondern wie dieser bzw. diese dessen Meinung nach zu sein haben.

Ein gutes Beispiel, wie Bassam Tibi von dieser Seite aus diffamiert wird, lässt sich recht gut im bereits erwähnten „Telepolis“-Artikel ablesen:

Die deutschen Islamophobiker haben einen neuen Shooting Star. Ganz jung ist er mit seinen 72 Jahren nicht mehr, aber das ist in einer Szene, die Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder als Idole feiert, gerade guter Durchschnitt. Dafür hat es seine Person aber in sich: Der Mann ist selbst Syrer, dazu noch Professor, er kannte Adorno und Horkheimer. Und er sagt Sachen wie: "Die Syrer von heute sind Antisemiten". Wenn es einer wissen muss, dann doch wohl Bassam Tibi, der Professor aus Göttingen.

Bassam Tibi hat sich mit einem Interview in der "Welt" zum Liebling der deutschen Rechten katapultiert. Was er liefert, sind die üblichen Produkte, die ein gut sortierter rechtspopulistischer Gemischtwarenladen eben so führt: Merkel überflutet das Land mit Flüchtlingen, kriminelle Banden junger Männer treiben ihr Unwesen, der Islam verträgt sich nicht mit dem Grundgesetz. Garniert mit Beispielen von sozialschmarotzenden, kriminellen Ausländern, die Tibi getroffen haben will.

Auf der Rechten schlägt das Interview aber vor allem wegen der Person ein wie eine Bombe. Einer, der selbst aus Syrien kommt, sagt genau das, was sie schon immer dachten - das konnten sich deutsche Rechte nicht entgehen lassen.

Eine besondere Note bekam das Interview dadurch, dass Tibi nicht nur Sarrazins Mantra "Deutschland schafft sich ab" übernommen hat, sondern auch noch ganz konkret den Untergang von Göttingen durch Migranten voraussagte. "Die Stadt war früher sehr studentisch, 20 Prozent waren Ausländer, eine verträumte, idyllische Stadt", sagt Tibi …

Deutlich schärfere Kritik an Tibi kam von Jürgen Trittin, der grüner Bundestagsabgeordneter für Göttingen ist. "Prof. Tibi belegt, dass die Verrohung des politischen Klimas, das Befördern von Vorurteilen kein Privileg von Benachteiligten ist. Es sind die gesellschaftlichen Eliten, es sind Professoren wie Bassam Tibi, die solche Bilder hoffähig machen", schrieb er. "Aus der Wertegemeinschaft des Grundgesetzes hat Tibi sich verabschiedet."

Repräsentativ sind Tibis Tausend Stichproben also nicht. Seine wenigen, subjektiven Eindrücke widersprechen den bisherigen Untersuchungen. Bleibt die Frage: Was reitet Bassam Tibi, so über seine früheren Landsleute herzuziehen? Hier lohnt ein Blick zurück, auf Ralph Giordano.

Als der Publizist Ende 2014 verstarb, schrieb die taz in einem Nachruf, seine Islamophobie könnte auch mit seinem elitären Bildungshintergrund zu tun haben: "Wahrscheinlich fiel es ihm schwer, den Einwandern aus niedrigen Schichten auf Augenhöhe zu begegnen." Das mag zutreffen, würde zumindest vieles erklären.

Bei Bassam Tibi stimmt es ganz sicher, sein "Welt"-Interview trieft nur so von Snobismus

Doch der junge Dr. Tibi machte in Deutschland rasch Karriere, wurde Professor. Der Rest ist Name-Dropping, und das betreibt Tibi im "Welt"-Interview gerne und ausführlich: Adorno und Horkheimer lernte er kennen, Ernst Bloch, die deutschen Linken beim SDS, Carlo Schmid, den Mitverfasser des Grundgesetzes. Sein Sohn ging bei Daniel Cohn-Bendit in den Kindergarten, von Roman Herzog bekam er das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Man braucht nicht groß zwischen den Zeilen zu lesen: Bassam Tibi, der Aristokrat von Damaskus, will keine ungebildete Prolls vom syrischen Land in seiner Nachbarschaft. Wie schrieb die Basler Zeitung so schön: "In seinem Büro weist Tibi empört darauf hin, dass er den Raum mit zwei älteren Professoren teilen muss." Es ist wirklich nicht mehr auszuhalten in Deutschland. Und an allem Schuld ist Merkel."

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48773/1.html

Es geht also um reine Stimmungsmache – sachlich widerlegt wird Bassam Tibi nicht. Seine zentralen Thesen werden noch nicht mal angeführt. Hauptsache, Stimmung machen und ein paar Brocken hinschmeissen à la „Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder“ und den „elitären Bildungshintergrund“ eines Ralph Giordano ins Spiel bringen.

Mit wie vielen Menschen Bassam Tibi geredet hat, mag dahin gestellt sein. Wie die meisten arabischen Männer redet auch Bassam Tibi sehr gerne und er hat mit Sicherheit mit sehr vielen Neuangekommenen geredet. Und er kann diese wesentlich besser beurteilen, als all jene Rassisten, die in ihnen nur das Positive und den „edlen Wilden“ sehen.

Was der Wurm vom Konstrukt des „edlen Wilden“ hält (nämlich nichts), hat er deutlich zu erkennen gegeben. Unter anderem hier: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/206-kipling.html

„Vorurteile“, die Bassam Tibi von Jürgen Trittin unterstellt werden, hat er auch keine – er hat Urteile.

 

Kritik an links

 

Mina Ahadi

Fassungslos stehen solche Menschen den Linken gegenüber, die selbst religiösem, vor allem islamischem Fanatismus entronnen sind. Entweder auf kleiner privater Ebene oder auf der größeren politischen Ebene. Zu Letzteren gehört Mina Ahadi. Sie ist überzeugte Kommunistin, die nach der Machtübernahme des militanten Islam 1979 im Iran fliehen musste. Ihr Mann wurde während dieser Zeit aus politischen Gründen hingerichtet.

Relativ ausführlich hatte der Wurm in http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/182-taxi-teheran.html über sie berichtet.

Dezember 2015: „Die Religionskritikerin und Kommunistin Mina Ahadi schrieb vor wenigen Tagen einen offenen Brief an Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Partei "Die Linke". Mit deutlichen Worten kritisiert Ahadi darin die Haltung der Partei zum politischen Islam. Der hpd dokumentiert den Brief in ganzer Länge.

Sehr geehrte Sahra,

seitdem ich deine Rede im deutschen Bundestag gehört habe, bin ich erstaunt und fassungslos. Und zwar deshalb, weil du ebenso wie die Partei "Die Linke" die politische Lage nicht richtig einschätzt. Du hast dich in jener lebhaften Rede gegen Brutalität und Krieg ausgesprochen. Du hast davon geredet, dass der Terror nicht mit Bomben zu bekämpfen sei. Ich füge meinerseits hinzu, dass die Lösung des Problems die Einbeziehung verschiedener Faktoren erforderlich macht. Nicht mit Bomben kann der Terror bekämpft werden, aber auch nicht mit Schweigen und einer verharmlosenden Darstellung des politischen Islam.

Es ist eine bittere Wahrheit, dass die westlichen Staaten – Amerika, England, Frankreich – auf den politischen Islam zur Sicherung eigener Macht gesetzt haben. In Ländern wie dem Iran, dem Irak, Afghanistan, dem Sudan usw. haben die Terrorbanden der islamischen Bewegung das Leben von Millionen von Menschen beeinträchtigt oder gar zerstört. Um es deutlicher zu sagen: Ich rede über Steinigung, Zwangsverschleierung und Massenhinrichtungen. Ich rede von den offiziellen Gesetzen, nach denen du und ich halb so viel Wert sind wie die Männer.

Als Iranerin habe ich hautnah den abscheulichen und ekelhaften Charakter der Bewegung des politischen Islam erlebt und seit 36 Jahren bekämpft. Nach deiner lebhaften Rede habe ich gegoogelt, um zu wissen, wie oft die Führerin der Linkspartei über das Verbrechen der islamischen Bewegung lebhafte Reden gehalten hat. Google hat meine Hoffnung zunichte gemacht. Nicht eine Minute lang hast du jemals eine Rede über die Steinigung, das Auspeitschen der Frauen, die Hinrichtung z. B. das Erhängen der Atheisten/innen, Kommunisten/innen usw. gehalten. Google hat mir gesagt, dass unter dem Namen Sahra und islamische Bewegung nichts zu finden ist.

Ich hoffe, dass du von mir gehört hast. Ich bin eine Bürgerin, die seit Jahren in fast allen Städten Deutschlands gegen Steinigung, Hinrichtung, Burka, Frauenfeindlichkeit und islamischen Terrorismus Reden gehalten hat und die nicht zuletzt Kritik an der Politik der westlichen Staaten, auch Deutschlands, geübt hat. Ich war aber niemals euer Gast. Weshalb? Weil deine Partei fortwährend die islamische Bewegung als Verkörperung des Befreiungskampfes der Bevölkerung – jener Länder, aus denen wir kommen – gegen imperialistische Machtherrschaft versteht, und vielleicht verstehst auch du es so. Ihr bewertet jede Taktik und Aktion dieser Verbrecher als "antiimperialistisch".

Die islamische Bewegung an sich ist eine Bewegung zur Unterdrückung der Bevölkerung im Allgemeinen und der Linken im Besonderen. Diese Bewegung terrorisiert und mordet nach islamischer Überzeugung und nach den Gesetzen des Koran.

Die islamische Bewegung nahm im Iran, dem Land, aus dem auch dein Vater stammt, Form an – als Antwort und zur Zerschlagung jener Revolution, die linke Charakterzüge besaß.

Der "Islamische Staat" als Zwillingsbruder der "Islamischen Republik" begann im Iran. Seine barbarische Errichtung ging mit bestialischem Massenmord an Tausenden von jungen Menschen einher. Bis heute habe ich keine einzige Zeile deiner Partei zu einer Verurteilung der Verbrechen von der iranischen Entsprechung der DAESH (IS) gelesen. Warum?

Wir, du und ich, sind Linke und Kommunistinnen. Wir sind uns in Deutschland noch nicht begegnet, denn wir haben unterschiedliche Positionen zur der großen Katastrophe des Jahrhunderts, nämlich dem grausamen islamischen Terrorismus. Niemals habt ihr die verbrecherische Rolle des politischen Islam in der jetzigen Welt erkannt. Ihr habt die Apologeten des Multikulturalismus und Postmodernismus unterstützt. Ihr habt uns – Frauen, die diesen Psychopathen in die Hände gefallen und zu Gefangenen geworden waren – ignoriert. Ihr habt euch mit eurer Arbeit und eurem Leben beschäftigt. Nichts findet man in euren politischen Bekundungen zur Unterstützung der Frauenbewegung in den islamisch beherrschten Ländern. Warum?

Ich bin eine iranische Kommunistin. Viele Jahre meines Lebens habe ich gegen ein Monster gekämpft, das von den westlichen Ländern ins Leben gerufen wurde. Wir haben im Iran die Politik der Steinigungen, Hinrichtungen und Frauenunterdrückung dieser Bewegung zurückgedrängt, während unsere linken Freunde und insbesondere linke Frauen im Westen die Steinigungen gleichgültig hinnahmen. Ich hoffe du weißt, was ich meine.

Als eine Frau aus dem Iran – unter der Herrschaft des islamischen Terrorismus – klage ich an:

  • die westlichen Staaten, die den ins Mittelalter gehörenden Reaktionären geholfen haben,
  • die Intellektuellen, die uns ruhig stellen wollten und von Harmlosigkeit des Islams erzählten,
  • die Linken, die schwiegen oder die Augenwischerei betrieben, die erzählten, dass Hinrichtung ein Bestandteil unserer Kultur sei.

Schließt eure Augen und lebt weiter, und schließlich ihr, als Linke mit politischer Verantwortung in der Gesellschaft, ihr seid noch einen Schritt weiter gegangen und habt erzählt, es gäbe keine Probleme. Manchmal habt ihr den Ex-Staatspräsidenten Ahmadinedschad als Sieger über das US-imperialistische Amerika bejubelt.

Du hast im Bundestag über Afghanistan und die falsche Politik, die die Entwicklung der Taliban ermöglichte, gesprochen. Zur falschen Politik gehörte nicht nur die Bombardierung und die Entsendung von Militär, sondern sie umfasste auch die Weichenstellung zur afghanischen Regierungsbildung, wiederholt verteidigt durch die deutsche Regierung auf der Afghanistan-Konferenz, bei der alle modernen und säkularen politischen Kräfte ausgeschlossen bleiben und Bürgerrechte durch religiös-ethnisches Recht ersetzt wird.

2011 veranstalteten wir in Bonn eine Kundgebung gegen die beschlossene falsche Politik von zehn Jahren der Afghanistan-Konferenz. Wir waren der Meinung, dass diese Politik den Weg für weitere jahrelange blutige Auseinandersetzungen in Afghanistan vorbereitet. Leider beteiligte sich niemand von euch an dieser Protestkundgebung.

Verehrte Sahra,

wir sind gegen Krieg und Terror, gegen Terrorismus des Staates und islamischen Terrorismus. Angesichts der momentanen Lage erfordert linke Politik die Bildung einer dritten Front sowohl gegen Staatsterror als auch gegen islamischen Terror. Leider steht deine Partei nicht in der Kampffront gegen den islamischen Terrorismus. Daher gehört sie meines Erachtens nicht zum linken Lager.

Der Kommunismus ist die richtige, schöpferische Antwort auf die Probleme der Menschheit für ein besseres Leben. Ignorieren der Probleme, Übersehen der Schwierigkeiten und falsche Interpretation des antiimperialistischen Kampfes haben euer Verhältnis zu der Bevölkerung in den islamisierten Ländern zerstört. Als langjährige Kämpferin gegen den politischen Islam stelle ich fest, dass ihr das Problem entweder nicht richtig einschätzt oder es ignoriert. Aus diesem Grund habt ihr seit 36 Jahren keinen Platz an unserer Seite im Kampf gegen den politischen Islam eingenommen.

Ich hoffe, dass dieser Brief ein Nachdenken ermöglicht. Seit Jahren hat sich die islamische Bewegung in Deutschland mit dem Bau von Moscheen, mit Zwangsverschleierung, Trennung der Geschlechter in den Schulen usw. ausgebreitet. Viele Deutsche sind zu Recht über die Zurückdrängung der relativ säkularen Prinzipien Deutschlands besorgt – und eure Partei steht wie üblich auf der Seite der Islamisten.

Denkt bitte darüber nach.

Ich warte auf eine Antwort zu diesem Brief.

Hochachtungsvoll

Mina Ahadi“

http://hpd.de/artikel/12550

 

Cornelius Courts

 

Der Wurm stimmt nicht mit allem überein, was Cornelius Courts über die „Regressive Linke“ schreibt – aber es handelt sich um eine gute Diskussions-Grundlage.

April 2016: „Ich mag keine Religionen. Gar keine. Keine metaphysisch orientierten wie Christentum und Islam und keine politischen wie Faschismus und Kommunismus. Deswegen beobachte ich seit einiger Zeit mit Sorge den Aufstieg einer neuen Religion, die man mit Maajid Nawaz als die „regressive Linke“ bezeichnen könnte, und ihren Einsatztruppen den „social justice warriors“ (dt. Soziale-Gerechtigkeits-Krieger).

Die Positionen der regressiven Linken (ReLi; war so nicht auch die Abkürzung für Religion zu Schulzeiten?) sind grundsätzlich im linken politischen Spektrum zu verorten und viele davon sind grundsätzlich gut und richtig, etwa soziale Gerechtigkeit, Gleichstellung von Frauen und homosexuellen Lebensgemeinschaften und der Kampf gegen Rassismus. Das Problem entsteht, wie bei allen Religionen, wenn bei der Verfechtung eigentlich guter und vernünftiger Werte bestimmte Personengruppen bevorzugt, irrationale Argumente verwendet und jegliche Kritik von außen grundsätzlich als Anmaßung, Geisteskrankheit oder untrügliches Zeichen von Extremismus, Rassismus, Sexismus und sonstiger, bei Bedarf auch gern neu zu erfindender Ismen deklariert werden. Auf diese Weise wird das Gedankengebäude jeder Religion und so auch dieser zu einer hermetisch abgedichteten Echokammer, in der nur die eigenen Ansichten bestehen können und immer lauter werden.

Die ReLi ist dabei, wie die meisten Religionen, ein überaus merkwürdiges und zutiefst widersprüchliches Phänomen: extrem selbstgerecht jedoch voll antiwestlichen Selbsthasses nimmt sie moralische Überlegenheit für sich in Anspruch und verteidigt doch höchst unmoralisches Verhalten, sie behauptet, Rassismus zu bekämpfen und bemüht sich doch um Sonderrechte für bestimmte Personengruppen auf ethnischer oder religiöser Grundlage, sie weist Minderheiten eine Opferrolle zu, um jemanden zu haben, den sie beschützen kann, wendet sich dann aber gegen Minderheiten innerhalb dieser Minderheiten, sie genießt alle Früchte und Annehmlichkeiten des Kapitalismus und zelebriert gleichzeitig ihre Verachtung dafür ….

Nach dem Einzug von Identitätspolitik und dem Konzept der Intersektionalität beurteilt die ReLi Menschen nun aufgrund ihrer Hautfarbe und wägt ab, wie sehr diese Menschen unterdrückt wurden. Weiße sind privilegiert und müssen irgendwie für die Taten ihrer Vorfahren vor hunderten Jahren zur Verantwortung gezogen werden, während Schwarze, selbst wenn sie Millionäre sind, „nichts als ihre Ketten zu verlieren“ haben. Und genau das ist regressiv: das liberale Prinzip freiheitlich-demokratischer Gesellschaften anzugreifen, nach dem man einander als gleich(wertig) auffasst, unabhängig von Dingen wie Rasse, Geschlecht usf. und genau diese Angriffe kommen nun ausgerechnet von ganz links. Man könnte auch sagen, die ReLi ist soweit links, daß ihre Positionen denen der Rechten ähneln (dreimal links abbiegen und man geht nach rechts).

„Regressiv“ ist die ReLi auch deshalb, weil sie illiberale Taktiken einsetzt, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die liberale Prinzipien wie Kunst- und Meinungsfreiheit verteidigen. Unliebsame Äußerungen werden von der ReLi dann unter dem Banner der „politischen Korrektheit“ bekämpft und dabei durchaus eine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nicht nur in Kauf genommen sondern tatsächlich gefordert, aus Angst, Minderheiten zu beleidigen. Dies birgt die Gefahr der Zensur durch Minderheiten, wenn diese entscheiden wollen/dürfen, was als Beleidigung oder Angriff oder auch nur als „Mikroaggression“ gilt. Denn alles und jeder ist irgendwann für irgendwen eine potentielle Beleidigung oder Kränkung und inzwischen gibt es eine ganze Kultur (vor allem im Internet) der ewig Beleidigten und Gekränkten. Es ist soweit gekommen, daß jemand an etwas, was man gesagt hat, Anstoß nimmt, nicht weil er/sie selbst dadurch beleidigt wurde, sondern weil das Gesagte vielleicht beleidigend oder kränkend für eine andere Person oder Gruppe sein könnte. Die Blüten, die das an einigen Universitäten in den USA bereits getrieben hat, sind wahrhaftig grotesk, aber auch die Opferbeschuldigung im Zusammenhang mit den Attentaten gegen Charlie Hebdo ist ein Ausfluss dieser Geisteshaltung.

Progressive sind egalitär und streben ein gerechtes System der Rassengleichheit an, Regressive sehen hingegen nur das Schlechteste im Menschen und statt allem, das jemand sagt, erst einmal mit einer wohlwollenden Hermeneutik zu begegnen, verwenden sie es als Knüppel mit einem hyperempfindlichen Auslöser um ihn oder sie niederzuschlagen.

Dabei ist die ReLi auf dem islamischen Auge blind: viele ReLi-Anhänger sind selbst Atheisten oder Agnostiker und doch ist die Kritik am Islam, die ohne Grund und irrationalerweise aber berechnend mit Rassismus gleichgesetzt wird, in diesen Kreisen ein unantastbares Tabu, ganz egal wie schlimm, provokant oder verbrecherisch etwas ist, das ein Moslem gesagt oder getan hat. Bizarrerweise wird die Unkritisierbarkeit des Islam, die dieser ja auch gerne für sich selbst einfordert, dabei den anderen Werten, z.B. Frauenrechten, einfach übergeordnet: während also in den Industrienationen (berechtigterweise) Frauenquoten in Unternehmensvorständen und weniger sexistische Videospiele gefordert werden, ignoriert man unter dem Deckmantel des Kulturrelativismus das millionenfache Elend unterdrückter Frauen in islamischen Ländern („ist halt deren Kultur, wer sind wir, daran Kritik zu üben?“). Doch nicht nur dort: in England wird z.B. kaum gegen islamisch motivierte weibliche Genitalverstümmelung vorgegangen und wurde jahrelang angesichts des unfassbaren Unrechts von Rotherham weggesehen, weil eine strafrechtliche Verfolgung und die Feststellung, daß die Täter jeweils Moslems sind/waren, ja als rassistisch aufgefasst werden könnte.

Der Grund für diese obszöne Duldungsstarre, für diese Toleranz der Intoleranz ist natürlich nicht die (inhaltliche) Befürwortung der islamischen Religion, sondern ein vorauseilend gehorsames und fehlgeleitetes Wiedergutmachungsbestreben gegenüber Menschen aus Regionen, die vornehmlich islamisch sind, geboren aus unangebrachter, wohlfeiler stellvertretender Schuldübernahme („white guilt“) für historisches Unrecht wie etwa den Kolonialismus oder die Sklaverei. Der Preis dafür ist nicht nur moralischer Relativismus sondern auch ein ‚Rassismus der geringeren Erwartungen‘ gegenüber Moslems …

Aber die ReLi hilft der Rechten auch auf eine andere, indirekte Weise: indem sie bestimmte nicht extremistische politische Positionen, wie etwa Kritik am Islam oder Bedenken gegenüber einer unregulierten Zuwanderung, so tabuisiert und stigmatisiert, daß sie nur noch von der ebenso stigmatisierten extremen Rechten vertreten werden können, treibt sie Bürger und Wähler, die diese Position vertreten und politisch repräsentiert sehen wollen, in die Arme solcher Parteien wie der AfD oder noch braunerer Gesellen (Deutschland) bzw. solcher Kanaillen wie Donald Trump (USA).

Die Mittel, die die ReLi zur Erreichung ihrer Ziele einsetzt, sind dabei sehr häufig überaus unlauter, auch das ein Kennzeichen von Religionen. Sie arbeitet nicht nur mit der Unterdrückung von Meinungen (s.o.) und Ad-Hominem-Angriffen auf ihre Gegner, da werden etwa moslemische Islamkritiker als „keine echten Moslems“ bezeichnet, weil sie nicht zum Narrativ der Moslems als homogener, unterdrückter Gruppe passen und kreischende Proteste gegen Auftritte von Frauen wie Ayaan Hirsi Ali organisiert. Die ReLi schreckt auch vor Quotemining, bewußten Falschdarstellungen, und selbst glatten Lügen nicht zurück, weil es wichtiger ist, daß eine Behauptung zum aufwendig konstruierten Bild eines verhassten Widersachers passt, als daß sie stimmt, weil also für sie die Wahrheit weniger wichtig ist, als „den Krieg zu gewinnen“. Ganz Religion eben.

Erste Anzeichen für das Aufkeimen der ReLi auch in Deutschland gibt es längst, daher ist es wichtig, darauf aufmerksam zu machen und sich jetzt und auch in Zukunft nicht von diesen Leuten, ihrer Propaganda und ihren Kampfbegriffen (Rassismus, „Islamophobie“ etc.) einschüchtern, zum Schweigen bringen oder in irgendwelche Ecken drängen zu lassen und trotzdem und gerade jetzt für Toleranz, Freiheit, Humanismus und gleiche Rechte für jeden Menschen einzustehen.“

http://scienceblogs.de/bloodnacid/2016/04/07/die-neue-religion-der-regressiven-linken/

 

Bankrott-Erklärung des Konservativismus

 

Wenn sich selbst hassende deutsche Linke oder weltfremde Spinner aus dem linken Spektrum Blödsinn erzählen, mag das zwar unsagbar auf den Geist gehen. Aber wurm hat sich wenigstens halbwegs daran gewöhnt. Das ist halt so.

Was wurm aber sehr erstaunt, ist die Abwesenheit der Konservativen. Gibt es die überhaupt noch im Lande? Wenn ja, dann zumindest nicht in Debatten um wichtige gesellschaftliche Fragen.

„Man muss zu seinen Werten stehen“ sagt Bassam Tibi. Wo und was bitte sollen die Werte der Konservativen sein?

Bassam Tibis Begriff der „europäischen Leitkultur“ (also hauptsächlich der Aufklärung) hat ein Friedrich Merz im Jahr 2000 aufgenommen unter dem Begriff der „deutschen Leitkultur“: „Zu einer breiten öffentlichen Diskussion kam es jedoch erst, als Friedrich Merz, damals Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag, am 25. Oktober 2000 in der „Welt“ Regeln für Einwanderung und Integration als freiheitlich-demokratische deutsche Leitkultur forderte und sich gleichzeitig gegen Multikulturalismus wandte.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Leitkultur

Friedrich Merz wollte nicht dasselbe wie Bassam Tibi und wurde von den meinungsbildenden Medien negativ beurteilt bzw. sogar ins Lächerliche gezogen nach dem Motto „Bayern können auch nicht richtig Deutsch sprechen“. Der Begriff „Sauerkraut“ erlebte seine Hochkonjunktur.

Auch heute noch wird die Thematik der Leitkultur ins Lächerliche gezogen.

Es ist nicht konservativ, wenn hunderttausende Menschen ohne Ausweis und Überprüfung ins Land kommen.

Es ist nicht konservativ, sich nicht an bestehende EU-Gesetze zu halten.

Es ist nicht konservativ, diejenigen Länder zu beschimpfen, die sich an die bestehenden EU-Gesetze halten.

Es ist nicht konservativ, die Suppe, die mensch sich selbst eingebrockt hat, andere auslöffeln zu lassen – also andere Länder unter Druck zu setzen, damit sie diejenigen, die illegal nach Deutschland gelassen wurden, übernehmen sollen.

Es ist nicht konservativ, erst Jahre lang Polizeistellen abzubauen und dann vermehrt Kleinkriminelle und Drogenhändler auf die Bevölkerung loszulassen – bei Autounfällen oder Wohnungseinbrüchen kommt seit geraumer Zeit kaum noch die Polizei.

Es ist nicht konservativ, die Innenstädte verkommen zu lassen.

Es ist nicht konservativ, zu lügen und so zu tun, als gäbe es gar keine Probleme.

Diejenigen, die halbwegs geradeaus denken können, wenden sich von jenen medialen und politischen Kräften ab, die nicht die Wahrheit sagen und denen keine Lösung der Probleme zuzutrauen ist. Wozu auch? Diese schaffen erst die Probleme und dann tun sie auch noch so, als ob es diese gar nicht gäbe.

Bassam Tibi mit seinen Werten der europäischen Leitkultur steht für solche Werte, die immer mehr in Gefahr geraten und die zu retten sind.

Was passiert mit solch einem Mahner und Werte-Vertreter? Er wird totgeschwiegen. Auch und gerade von konservativer Seite. Viele, viele Jahre lang.

Wenn Bassam Tibi wieder da zu sein scheint, ist das zumindest ein positives Zeichen.

 

Zum Weiterlesen

 

Über Rupert Neudeck und sein Buch „Es gibt ein Leben nach Assad – Syrisches Tagebuch“:

„01.10.2012

„Heute haben wir einen Aufruf veröffentlicht, in dem wir die Bundesregierung um eine Quote für die Aufnahme von 10.000 syrischen Flüchtlingen bitten … Als Akt der Menschlichkeit sollte die Bundesregierung zumindest den in Deutschland lebenden Syrern erlauben, ihre Angehörigen zu sich zu holen und sie hier zu versorgen …

Zweiter Fall: Ein Deutsch-Syrer aus Aachen will seine Schwester nach Deutschland holen. Durch seine Einladung und seine Verpflichtungserklärung, dass er für eine gewisse Zeit für alles aufkommen wird, konnte sie unter großer Gefahr die Grenze nach Jordanien überwinden und ein Visum bei der deutschen Botschaft in Amman beantragen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt mit einer Begründung, bei der man sich angesichts der Bilder, die täglich in der Tagesschau und der heute-Sendung zu sehen sind, an den Kopf fasst. Es sei kein ausreichender Nachweis vorhanden, dass sie ‚nach Syrien zurückkehren‘ wolle. Nun sitzt die Schwester in Amman fest. Nach Syrien kann sie ja schlecht zurück! Gnädigerweise teilte ihr das deutsche Konsulat aber mit, sie habe ‚das Recht auf Widerspruch innerhalb von vier Wochen‘. Da kann ich nur sagen: Bravo, deutsche Diplomatie und Außenpolitik. Wenn wir den Krieg schon nicht stoppen können, sollten wir wenigstens einige der syrischen Menschen aufnehmen, die im Moment so Entsetzliches durchmachen.“

18.04.2013

„Die beiden journalistischen Kollegen Martin Durm und Jörg Armbruster haben heute einen geharnischten Brief an das Auswärtige Amt geschrieben, in dem es um die Aufnahme von Flüchtlingen und die humanitäre Hilfe für Syrien geht. Sie fragen, wie viele Flüchtlinge inzwischen in Deutschland aufgenommen worden seien. Außerdem wollen sie wissen, ob es richtig sei, dass weder Deutschland noch die EU Hilfe für die Zivilisten im Kriegsgebiet leiste und wenn ja, warum nichts in diese Richtung geschehe, obgleich doch so viel möglich und nötig sei.

Ich bin sehr dankbar, dass einmal jemand diese Fragen in dieser Härte gestellt hat.“

Anders ausgedrückt: der deutschen Regierung und zum größten Teil auch der deutschen Bevölkerung geht es zutiefst am Arsch vorbei, was die syrische Bevölkerung im Bürgerkrieg erleiden musste und muss.

Die Gutmenschen-Show, die Regierung und ein Teil der Bevölkerung letzten Herbst wg. Flüchtlings-Aufnahme abgezogen haben, ist zutiefst unglaubwürdig.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/230-menschen-fischer.html

 

Siehe auch: 

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/131-islam-in-europa.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/186-kater-vor-der-tuer.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/189-ein-gutmensch-ist-ein-schlechter-mensch.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/205-ausgelassene-stimmung.html

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/208-europaeisches-selbstverstaendnis.html

 

 

Dada

 

„Wir lieben Tabak, ihr hasst ihn.

Die Liebe wird siegen.“

 

„Die EU, sie wird vergehn,

unser Tabak bleibt bestehn.“

 

Dies sind die Eingangssprüche einer dadaistischen Webseite der Tabak-Lobby unter dem Namen „Ihr uns auch“: https://www.ihr-uns-auch.de/

 

„Seit Einführung der Industriezigarette hat sich die Lebenserwartung in Deutschland verdoppelt.“

„Darum geht es hier

Die Kampagne „Ihr uns auch, EU“ ist Ausdruck unseres Protestes gegen die Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie TPD2, deren auffälligstes Merkmal die sogenannten Schockfotos oder Ekelbilder sind, die fortan auf unseren Produkten prangen werden.“

Eine besondere dadaistische Aktion ist das Sammelalbum für die Schockbilder. Das Sammelalbum, in welches die diversen Schockbilder geklebt werden können, kann körperlich bestellt oder als pdf-Version ausgedruckt werden.

Und dort gibt es jede Menge dadaistischer Texte wie

„P.S.: Das Raucherbein, so hält sich hartnäckig ein Internet-Mythos, ist nach seinem Entdecker, dem Mediziner Franz Ferdinand Raucher (1864-1930) benannt.“

(Franz Ferdinand Raucher dürfte übrigens eine Erfindung des Schriftstellers Friedrich Torberg sein)

Den Springteufel mit EU-Logo auf dem linken Oberarm sollte sich mensch auch nicht entgehen lassen:

https://www.ihr-uns-auch.de/index.php/category/ekelalbum/

 

 

 

 

Es gibt selbst dadaistische Pflanzen und dadaistische Botaniker, die diesen Pflanzen den entsprechenden Namen geben.

Dazu gehört der „Wart-ein-bisschen-Strauch“, der im Film „Die Götter müssen verrückt sein“ eine Rolle spielt. Dabei handelt es sich um keinen Scherz: der Strauch heisst tatsächlich so.

Die Bilder wurden auf der „Solitaire Lodge“ in Namibia aufgenommen.

„Wart-ein-bisschen oder Omukaru (Ziziphus mucronata) Dieser Baum ist eine Pflanzenart aus der Familie der Kreuzdorngewächse (Rhamnaceae). Seinen Namen verdankt dieser wehrhafte Baumbusch dem Umstand, dass er dem eiligen Wanderer gerne mit seinen tückischen Krummdornen den Hut vom Kopf zieht oder das Hemd beim Vorbeigehen zerreißt. Diese Eigenschaft macht ihn auch zu einer beliebten Heckenpflanze.“

http://www.gesünderleben.at/ernaehrung/die-heilkraft-der-wuestenapotheke