Ansichten eines Regenwurms

Mit dem Regenwurm ist es so eine Sache. Meist nimmt ihn keiner wahr und ernst nehmen tut ihn kaum jemand. Und doch: meist ist er da und oft auch wichtig. Ein eigenes Leben hat er allemal, wenn auch überwiegend unter der Erde - da wühlt und gräbt er sich durch alles durch und kommt mit allem in Kontakt, was es da so gibt im Wurzelbereich und drunterhinaus. Was dahin gerät - und das meiste kommt früher oder später mal da an - betrifft ihn und seine Freunde. Ab und zu kommt Rupert (so der Name des Regenwurms) an die Erdoberfläche, um zu sehen, was die da oben schon wieder alles treiben. Und gibt Kunde davon seinen staunenden Kumpels im Erdreich und jenen über der Erde, die sich für ihn interessieren.

Der Letzte seiner Art

Fidel Castro wurde 90 Jahre alt – ein lebendes Denkmal.

Mensch stelle sich vor, er wäre seit 1959 an Fidel Castros Stelle: gerade das allseits verhasste Regime besiegt, an der Spitze einer Regierung, die von linken und bürgerlich-liberalen Kräften unterstützt wird.

Wenn die Vorgabe lautet, eine gerechte Gesellschaft aufzubauen und dafür zu sorgen, dass von außen (sprich: den USA) weder deren Wille aufgezwungen noch ein Regime-Wechsel erfolgreich initiiert wird, was würde mensch da tun?

Lieb, brav und nett sein? Dann hätte mensch erst gar keine Revolution machen brauchen. Am Ende wäre der Zustand jenem sehr ähnlich, wie er vor der Revolution bestand.

Trotz aller Misserfolge gab und gibt es auch großartige Erfolge. Alleine, dass Fidel Castro bzw. dessen Nachfolger nicht eingeknickt sind und sich seit bald 60 Jahren an der Macht halten konnten, nötigt dem Wurm Respekt ab.

Die Geschichte wird Fidel Castro freisprechen.

Sag’s mit Blumen im Arsch

Die Bewohner des Erdreichs haben allen Grund, von den Menschen nicht viel zu halten. Eines müssen sie aber anerkennen: in der Kunst haben die Menschen Großes geleistet. Unter anderem in der Malerei.

Mensch möge sich mal überlegen, welche Maler er kennt und wie diese sich voneinander unterscheiden. Da wird mensch feststellen, dass sich alle voneinander unterscheiden. Unter den bekannten Malern gibt es allerdings einen, der sich sehr von den anderen unterscheidet.

Und dieser eine ist vor 500 Jahren gestorben: der Dadaist Hieronymus Bosch.

Halbgott des Kinos: Fritz Lang

„Auf der Suche nach einem passenden Stoff für seinen ersten Tonfilm reist der Star-Regisseur Fritz Lang (Heino Ferch) 1930 von seinem turbulenten Umfeld in Berlin nach Düsseldorf, um bei den polizeilichen Ermittlungen des bekannten Kriminalrats Gennat (Thomas Thieme) über den brutalen Serienmörder Peter Kürten (Samuel Finzi) dabei zu sein. Doch in der fremden Umgebung wird er im Strudel der Ereignisse von seiner Vergangenheit eingeholt und steht vor unerwarteten Abgründen: seinen eigenen und denen in uns allen.

„Fritz Lang“ ist ein Kinospielfilm über einen der größten Regisseure der Filmgeschichte und die Entstehung seines Meisterwerks „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“. Eine furiose Mischung aus Legende und Tatsachen, packend inszeniert von Gordian Maugg als Kriminal-Thriller in Schwarz-Weiß.“

http://www.wfilm.de/fritz-lang/

Im April startete der Film in den Kinos. Anlass genug, sich über diesen Meister-Regisseur seine Gedanken zu machen, der im Dezember vor 125 Jahren geboren wurde und jetzt vor 40 Jahren gestorben ist.

 

 

München, geschlossene Stadt

Ein Amok-Läufer lief in München Amok. So weit, so schlecht. Danach passierte Folgendes:

„Der Aufmarsch von Polizei und Spezialeinheiten, mit dem die Behörden auf den Amoklauf von David Ali S. im Olympia-Einkaufszentrum im Norden Münchens reagierten, ist in der jüngeren deutschen Geschichte beispiellos.

Die Polizei war mit allen verfügbaren Einsatzkräften, Unterstützung aus anderen Bundesländern sowie Antiterror-Einheiten der Bundespolizei und aus Österreich im Einsatz, insgesamt mit 2300 Mann. Über der ganzen Stadt kreisten Hubschrauber. Martialisch bewaffnete Polizisten und Panzerwagen beherrschten das Straßenbild.

Die Stadtverwaltung forderte die Bürger über das Smartphone-Warnsystem Katwarn auf, in ihren Wohnungen zu bleiben, und stellte den gesamten Verkehr bei U-Bahn, Straßenbahn und Bussen ein. Die Polizei rief Autofahrer auf, die Autobahnen in Richtung München zu verlassen, um anfahrenden Einsatzfahrzeugen die freie Durchfahrt zu ermöglichen. In mehreren Krankenhäusern wurde Katastrophenalarm ausgerufen. 18 Rettungshubschrauber aus ganz Bayern, Baden-Württemberg und Österreich standen bereit. Im Olympiapark wurde eine psychologische Betreuungsstelle für 350 Personen eingerichtet …

Zweieinhalb Stunden nach dem Amoklauf erschoss sich David Ali S. dann in der Nähe des Tatorts vor den Augen der Polizei. Diese Information, die die Lage beruhigt hätte, veröffentlichte die Polizei aber erst am folgenden Tag. „Gegen 20:30 Uhr“, heißt es in einer Polizeimitteilung vom Samstag, „hatte eine Streife der Münchner Polizei nördlich des Olympia-Einkaufszentrums Kontakt zum mutmaßlichen Täter. Als Reaktion auf die Ansprache der Beamten zog er unvermittelt seine Schusswaffe, hielt sie sich an den Kopf und erschoss sich.“

Anstatt den Großeinsatz zurückzufahren, weitete die Polizei ihn nach dem Selbstmord des Täters aus. Eine Viertelstunde danach sprach sie erstmals von einer „Terrorlage“. Es folgten Falschmeldungen über weitere Anschläge und Panikausbrüche an mehreren Orten der Stadt. Sie waren vor allem eine Folge des Polizeieinsatzes selbst. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, trug „zur Verunsicherung in München bei, dass viele Polizisten in Zivil, aber sichtbar bewaffnet unterwegs waren – und von Passanten für Terroristen gehalten wurden“.“

https://www.wsws.org/de/articles/2016/07/26/munc-j26.html

Was auch immer in München passiert sein mag – die offizielle Version kann nicht stimmen.

Die Wiedergeburt des Bassam Tibi

„Liebe Leserinnen und Leser

Mich als ein in Deutschland lebender muslimischer Migrant, der einen Aufklärungsislam vertritt, irritiert der durch die Kombination aus Irrsinn und Unwissenheit gekennzeichnete Islamstreit in der deutschen Öffentlichkeit. Die Bundeskanzlerin und die AfD haben die Gemeinsamkeit, kein Sachwissen über den Islam zu haben. Stattdessen streiten sie ideologisch darüber, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder nicht. Im Englischen fragt man in Fällen, bei denen die Debattierenden ohne Wissen streiten: „What are we talking about?“. Den Islam gibt es nicht, und so kann es keine nützliche Debatte über einen unterstellten „Eintopf-Islam“ geben.

In dieser misslichen Situation gebührt der Monatszeitschrift Cicero ein großer Dank dafür, ab Juni 2016 eine Artikelserie mit der Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ gestartet zu haben. Cicero gab mir die Ehre, diese Serie mit einem Artikel im Juni-Heft unter der Überschrift „Ich kapituliere. Der Kopftuch-Islam hat den Euro-Islam besiegt.“ einzuleiten. Ich bin Urheber der Vision eines europäischen Reform-Islam, genannt Euro-Islam. Im vergangenen Vierteljahrhundert bin ich bei diesem Unternehmen sowohl von einer deutschen Kombination aus deutschem Staat und deutscher Staatskirche als auch von Islamisten und schriftgläubigen Muslimen angefeindet und bekämpft worden. Diese unheilige Koalition marginalisiert alle reformorientierten Euro-Muslime.

In dem fünf Seiten langen Cicero-Essay erkläre ich, worum es in der Debatte wirklich geht. Ich lade die offenen und vernunftgeleiteten Besucher meiner Webseite ein, meinen Cicero-Artikel zu lesen, um über den Irrsinn der Merkel-AfD-Islam-Debatte hinauszugehen und mit solidem Wissen zu erfahren, worum es geht.“

http://www.bassamtibi.de/?page_id=1099

So lautet der Beginn der Homepage von Bassam Tibi, der medial eine Wiedergeburt erlebt. Und diese Wiedergeburt spült ihn in der breiten Öffentlichkeit sehr viel weiter nach oben, als er jemals war.

Die Frage lautet: warum ist das so? Seit spätestens Anfang des Jahres ist Bassam Tibi immer präsenter in den Medien. Durch seinen oben erwähnten „Cicero“-Artikel im Juni und ein Interview in der „Welt“ Anfang Juli schlägt er immer höhere Wellen – obwohl er da absolut nichts Neues sagt.

„… und der zweite Grund ist, dass Sie mir ein Forum geben, weil man mich in Deutschland totschweigt.“

https://www.youtube.com/watch?v=-RlyW5TDUN8

Das Gespräch, das im Januar 2011 auf YouTube veröffentlicht wurde, zeigt deutlich, dass sich da etwas geändert hat: vor ein paar Jahren noch totgeschwiegen, jetzt lebendig geredet. Sehr zum Ärger derjenigen, die ihn (zumindest medial) lieber tot als lebendig sähen.

Hier ein Beispiel aus „Telepolis“:

„Die deutschen Islamophobiker haben einen neuen Shooting Star. Ganz jung ist er mit seinen 72 Jahren nicht mehr, aber das ist in einer Szene, die Thilo Sarrazin und Henryk M. Broder als Idole feiert, gerade guter Durchschnitt. Dafür hat es seine Person aber in sich: Der Mann ist selbst Syrer, dazu noch Professor, er kannte Adorno und Horkheimer. Und er sagt Sachen wie: "Die Syrer von heute sind Antisemiten". Wenn es einer wissen muss, dann doch wohl Bassam Tibi, der Professor aus Göttingen.

Bassam Tibi hat sich mit einem Interview in der "Welt" zum Liebling der deutschen Rechten katapultiert. Was er liefert, sind die üblichen Produkte, die ein gut sortierter rechtspopulistischer Gemischtwarenladen eben so führt: Merkel überflutet das Land mit Flüchtlingen, kriminelle Banden junger Männer treiben ihr Unwesen, der Islam verträgt sich nicht mit dem Grundgesetz. Garniert mit Beispielen von sozialschmarotzenden, kriminellen Ausländern, die Tibi getroffen haben will.

Auf der Rechten schlägt das Interview aber vor allem wegen der Person ein wie eine Bombe. Einer, der selbst aus Syrien kommt, sagt genau das, was sie schon immer dachten - das konnten sich deutsche Rechte nicht entgehen lassen.“

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48773/1.html

Dass das politische Gutmenschentum eins auf „Rumpelstilzchen“ macht, ist zumindest nachvollziehbar. Der aktuelle Hype um Bassam Tibi zeigt zumindest eines: die Politik gegenüber dem Islam bzw. islamischen Menschen in Deutschland ändert sich. Zumindest ist die Bereitschaft da, über dieses Thema nachzudenken. Zumindest jenseits spinnerischer Kreise. Und die darüber nachdenken sind nicht nur „deutsche Rechte“.