Ansichten eines Regenwurms

Mit dem Regenwurm ist es so eine Sache. Meist nimmt ihn keiner wahr und ernst nehmen tut ihn kaum jemand. Und doch: meist ist er da und oft auch wichtig. Ein eigenes Leben hat er allemal, wenn auch überwiegend unter der Erde - da wühlt und gräbt er sich durch alles durch und kommt mit allem in Kontakt, was es da so gibt im Wurzelbereich und drunterhinaus. Was dahin gerät - und das meiste kommt früher oder später mal da an - betrifft ihn und seine Freunde. Ab und zu kommt Rupert (so der Name des Regenwurms) an die Erdoberfläche, um zu sehen, was die da oben schon wieder alles treiben. Und gibt Kunde davon seinen staunenden Kumpels im Erdreich und jenen über der Erde, die sich für ihn interessieren.

House of Kurz

Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft.“ Jean Paul Sartre hatte einst diesen wahren Spruch getätigt und er passt wunderbar auf die Situation in Österreich.

Nach zwei Wochen, die an die englische (und von dieser inspirierten gleichnamigen US-amerikanischen Serie) „House of Cards“ mit ihren Intrigen und politischen Machtspielen erinnert, ist Sebastian Kurz nicht mehr Bundeskanzler. Bis zu den Neuwahlen im September hat der Bundespräsident ein mehr oder weniger unabhängiges „Experten-Kabinett“ ernannt.

Naturgemäß ist nicht alles aufgeklärt und wird es wohl auch nie sein – nichtsdestotrotz kann mensch nur selten dermaßen deutlich hinter die Kulissen blicken, wie sie sich derzeit auftun. Der offizielle Auslöser der Affäre, das „Strache-Video“ ist dabei völlig uninteressant.

 

Venedig in Öl

 

 

Nathalie Thanh Thuy Schwertner: „Ein Straßenverkäufer sitzt vor seinem Stand, den Kopf hinter einer Zeitung versteckt. Neben ihm aufgebaut sind neun Gemälde in unterschiedlichen Größen. Wie ein Mosaik ergeben sie zusammen eine Szenerie, die Touristen und Einheimischen in Venedig sehr bekannt ist: Ein gigantisches Kreuzfahrtschiff bahnt sich den Weg duch die Lagunenstadt – neben diesem wirken die Menschen unbedeutend klein.

Straßenmalerei in Venedig – was ist daran nun so besonders, fragst du dich? Nun: Es könnte sich bei dem Mann um keinen Geringeren als den berühmten Banksy handeln, der die Biennale crasht. Der Künstler hält seine Identität noch immer geheim. In der Vergangenheit sorgte er mit seinen Guerilla-Aktionen weltweit immer wieder für Aufsehen.

Anlass zu der Vermutung gibt der Künstler selbst auf Instagram. Er postete ein Video mit den Worten: „Ich stelle meinen Stand auf der Biennale in Venedig auf. Obwohl es das größte und prestigeträchtigste Kunstereignis der Welt ist, wurde ich aus irgendeinem Grund nie eingeladen.“

In dem Video ist zu sehen, wie der Stand von einem Unbekannten aufgebaut wird. Es endet passend mit einer Szene, die dem Motiv entspricht. Passanten bleiben stehen, unterhalten sich angeregt, auch eine Katze pausiert für eine Weile vor den Bildern. Von dem Künstler – keine Spur.

Tragen sie wirklich Banksys Handschrift? Der Titel „Venice in Oil“, also „Venedig in Öl“, gibt einen nächsten Hinweis darauf. Denn gerade wegen seiner gesellschaftskritischen und politisch gefärbten Werke polarisiert der Künstler weltweit und löste damit einen Hype um seine Person aus.

Offenbar spielt das jüngste Kunstwerk auf den boomenden Kreuzfahrt-Tourismus in Venedig an, der mitverantwortlich ist für den Overtourism in der Lagunenstadt. So sind es insbesondere Tagestouristen, die von den Kreuzfahrtschiffen in die schmalen Gassen der Lagunenstadt strömen und diese damit zum Platzen bringen. Der für diesen September geplante Eintrittspreis für Tagestouristen soll dem entgegensteuern.

Venedig in Öl“ könnte zudem auf die Verschmutzung der Luft und des Wassers hindeuten, was auf den herkömmlichen Schiffsantrieb mit Schweröl zurückzuführen ist. Bei der Verbrennung entstehen umweltbelastende Stickoxide, die auch in anderen Hafenstädten wie Kotor zu einem ernsthaften Problem für Natur und Mensch werden.

Und der Straßenkünstler scheint schon davor unerkannt in Venedig unterwegs gewesen zu sein. An einer Hausfassade wurde ein weiteres Kunstwerk entdeckt, das stark dem Stil Banksys ähnelt. Nachdem seit zwei Wochen über den Macher spekuliert wurde, lüftete der Brite das Geheimnis am Samstagmorgen bei Instagram.“

https://www.reisereporter.de/artikel/8324-kritik-an-kreuzfahrt-aktion-von-banksy-in-venedig

Banksy, siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/372-banksy.html hat mal wieder auf ein drängendes Menschheits-Problem hingewiesen: den Massentourismus, der massiv zu Lasten der Einheimischen geht. Gerade seit den letzten Jahren ist die Situation nicht mehr aushaltbar.

 

Mehr Gesundheit, mehr Geld, mehr Freizeit, mehr Jobs

Larissa Holzki: „Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs wirkt wie ein Paukenschlag: Arbeit hat Grenzen! Dass Job und Freizeit immer mehr verschwimmen, dass Arbeitnehmer immer mehr das Gefühl haben, stets erreichbar sein zu müssen, ist unzumutbar. Die Mitgliedstaaten der EU müssen nun Arbeitgeber verpflichten, die tatsächliche Arbeitszeit zu erfassen, sagt der Gerichtshof. Er schützt damit die Arbeitnehmer vor ihren Arbeitgebern. Und er schützt sie auch vor sich selbst. Es war höchste Zeit.

Die obersten EU-Richter haben ihr Urteil ganz hoch aufgehängt. Sie berufen sich auf die Grundrechtecharta. Sie sagen damit, dass die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten und Ruhepausen ein Grundrecht ist, das mit großer Sorgfalt geschützt werden muss. Maximal 48 Stunden Arbeit pro Woche, mindestens elf Stunden Ruhezeit am Stück pro Tag und mindestens einmal in der Woche 24 Stunden Ruhezeit: Nicht weniger als die Achtung der Menschenwürde verlangt es, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich daran halten. Es gibt Grenzen der Entgrenzung.

Die Arbeitszeit kann zum Beispiel per Chipkarte im Büro erfasst werden, per Programm auf dem Laptop oder per App auf dem Smartphone. Das stellt der Gerichtshof den Mitgliedstaaten frei. Weder für den Betrieb noch den Mitarbeiter muss daraus ein großer bürokratischer Akt werden. Es könnte reichen, wenn sie ihren PC hochfahren. Fest steht: Die Arbeitszeit wird sichtbar werden, und schon das kann sehr viel ändern. Denn wenn Arbeitnehmer ihr Stundenkonto einsehen, wenn sie registrieren, wann sie ihre beruflichen E-Mails gecheckt haben, dann werden sie erkennen, wie viel ihrer Lebenszeit sie betrieblichen Interessen opfern - und wie sehr ihre Arbeit ihr Leben bestimmt. Die Arbeitszeiterfassung könnte wie ein Warnsignal vor dem Burnout wirken.

Für viele, die ihren Beruf mit Leidenschaft machen, steht Arbeitszeiterfassung im Widerspruch zu ihrem Selbstverständnis. Doch das ist gar nicht nötig. Niemand schreibt ihnen vor, dass sie ab sofort nur noch Dienst nach Vorschrift leisten dürfen. Es geht darum, sich bewusst zu werden, was man geleistet hat. Auch künftig wird jeder freiwillig Überstunden machen können. Arbeitgeber dürfen es bloß nicht erwarten, und sie werden sich fragen müssen, ob ihre Mitarbeiter wirklich die Wahl haben. Es gibt heute Mitarbeiter, die bis an die Grenzen ihrer Kräfte um die Gunst der Vorgesetzten wetteifern. Künftig sollte an der Grenze des Erlaubten für alle eine rote Linie zu sehen sein.“

https://www.sueddeutsche.de/karriere/arbeitszeiterfassung-arbeitszeit-kommentar-1.4445599

In aller Ruhe: es wird niemand gezwungen, weniger zu arbeiten. Die getane Arbeitszeit soll lediglich registriert werden. Ob bzw. mehr bezahlt wird, ist wieder ein anderes Thema. Der ins Spiel gebrachte Begriff der „Stechuhr“ ist manipulativ – es gibt, wie Larissa Holzki bereits erwähnte, heutzutage ganz andere Methoden der Zeiterfassung.

 

Erster und größter Naturforscher aller Zeiten

Mensch frage im westlichen Kulturkreis aufgewachsenen Menschen, welche Gemälde er kennt. Mona Lisa“ und „Das Abendmahl“ werden mit Sicherheit dabei sein. Beide von Leonardo da Vinci, der vor 500 Jahren starb.

Umso erstaunlicher, als die Malerei nur eine von mehreren Beschäftigungen war, denen Leonardo nachging. Sein Wert für die Menschheit liegt mit Sicherheit nicht in der Malerei, sondern in der Wissenschaft: für viele gilt er als „erster und größter Naturforscher aller Zeiten“.

 

Pleiten, Pest und Pranger

„„I was born in the year 1632, in the city of York, of a good family, though not of that country, my father being a foreigner of Bremen, who settled first at Hull“, so lautet der erste Satz im Weltbestseller „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe.

Kaum zu glauben, dass die weltweit bekannte Romanfigur Sohn eines Bremer Kaufmanns ist. Ursprünglich hieß Crusoe‘s Vater Kreuznaer, welches sich im Englischen zu Crusoe wandelte. Der Vater wanderte über Hull nach York in Nordengland aus, wo auch Robinson Crusoe aufwuchs.

Noch immer findet man Spuren der Romanfigur in Bremen. Heute steht in der Böttcherstraße das Robinson-Crusoe-Haus. Ludwig Roselius, der Gründer von Kaffee HAG, kaufte nach und nach alle Gebäude der Böttcherstraße auf und ließ sie im Stil des Expressionismus gestalten. Als letztes Gebäude wurde 1931 das Robinson-Crusoe-Haus fertiggestellt. Roselius wählte den Namen als Symbol für hanseatischen Tatendrang und Pioniergeist.“

https://blog.bremen-tourismus.de/bremer-koepfe-robinson-crusoe/

Wer sich wundert, dass die Roman-Figur des Abenteurers Robinson Crusoe für „hanseatischen Tatendrang und Pioniergeist“ steht, hat mit Sicherheit nur die stark verkürzte Version für Kinder bzw. Jugendliche gelesen oder gesehen – tatsächlich ist der vor 300 Jahren erschienene „Robinson Crusoe“ bis heute der Roman des Kapitalismus und Kolonialismus.

Und sein Autor Daniel Defoe einer der bedeutendsten und am meisten unterschätzten Schriftsteller aller Zeiten.